VfGH A4/98

VfGHA4/9828.2.2000

Zurückweisung einer Klage gegen den Bund auf Auszahlung eines besoldungsrechtlichen Anspruchs eines Universitätsprofessors; keine bloße Liquidierung von Bezügen angesichts der strittigen Rechtsfrage der Anwendbarkeit des neu geschaffenen Gehaltsschemas zum maßgeblichen Zeitpunkt; bescheidmäßiger Abspruch der Dienstbehörde erforderlich

Normen

B-VG Art137 / Bescheid
B-VG Art137 / Liquidierungsklage
BDG 1979 §247e Abs3
GehG 1956 §48 Abs1
UOG 1993 §21
B-VG Art137 / Bescheid
B-VG Art137 / Liquidierungsklage
BDG 1979 §247e Abs3
GehG 1956 §48 Abs1
UOG 1993 §21

 

Spruch:

Die Klage wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. 1. Der Kläger ist a.o. Universitätsprofessor an der juridischen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz. Er ist mit 1. Jänner 1996 in die letzte Gehaltsstufe (15) des für a.o. Universitätsprofessoren gemäß §48 Abs1 GehaltsG 1956 geltenden Gehaltsschemas vorgerückt.

2. Mit der auf Art137 B-VG gestützten Klage gegen den Bund begehrt der Kläger die Bezahlung von ATS 3.641,-- (brutto) samt 4 v.H. Zinsen seit 3. Jänner 1998 (gemeint anscheinend seit 1. März 1998). Diesen vermögensrechtlichen Anspruch begründet er wie folgt:

"Durch die 2. BDG-Novelle 1997, BGBl I 109, wurde ein einheitliches Gehaltsschema für Universitätsprofessoren eingeführt, das sich vom alten Schema für ao Professoren vor allem dadurch unterscheidet, daß zwei weitere Gehaltsstufen eingeführt wurden. Bei Anwendung des neuen Schemas auf mein Dienstverhältnis würde ich mit Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1.3.1998 in eine höhere Gehaltsstufe vorrücken.

§247e Abs3 BDG, die maßgebliche Übergangsbestimmung für das Inkrafttreten, macht jedoch die Anwendbarkeit der neuen Vorschriften zusätzlich davon abhängig, daß der ao Univ.-Prof. an einer Universität tätig ist, auf die das UOG 1993 bereits anwendbar ist. Ist dies nicht der Fall, kämen die neuen Bestimmungen erst zu jenem Zeitpunkt zur Anwendung, an dem die Umorganisation der jeweiligen Universität in das UOG 1993 abgeschlossen ist. Am 1.3.1998 waren die meisten kleineren Universitäten bereits ins UOG 1993 'gekippt'. Würde ich meiner Dienstpflicht an einer dieser Universitäten nachkommen, wäre das neue Schema mit 1.3.1998 auf mich anwendbar.

...

Die Verknüpfung meiner dienstrechtlichen Stellung mit der Umorganisation meiner Universität ist sachlich überhaupt nicht zu rechtfertigen. Zum einen liegt es auf der Hand, daß der zeitliche Aufwand für die vom UOG 1993 geforderten fundamentalen Organisationsveränderungen an kleinen Universitäten weit schneller zu bewerkstelligen sind als an großen; ein Umstand, dem das BMWV in seiner Verordnung BGBl 1995/447 im übrigen sogar selbst Rechnung getragen hat. So gesehen ist es kein Wunder, daß die Universität Graz, die zu den größten österreichischen Universitäten zählt, diese Umorganisation noch nicht geschafft hat.

Davon abgesehen gibt es aber überhaupt keinen sachlichen Zusammenhang zwischen Umorganisation und dienstrechtlicher Stellung. Ehemalige ao Univ.-Prof. und nunmehrige Universitätsprofessoren an 'gekippten' Universitäten haben keine anderen Dienstpflichten als ao Professoren an nicht gekippten Universitäten. Im übrigen geht ja der Gesetzgeber selbst von der Gleichwertigkeit der vor dem 'Kippen' erbrachten Tätigkeiten aus, denn die Bezahlung eines ao Professors der Gehaltsstufen 1 bis 15 bleibt auch nach dem 'Kippen' völlig unverändert.

Eine gehaltsmäßige Verbesserung ergibt sich nur für jene ao Professoren alten Typs, die von der Dienstzeit her für die Gehaltsstufe 13 oder 14 des neuen Universitätsprofessorenschemas in Frage kommen, denn nur diese beiden Stufen finden keine Entsprechung im Schema der ao Professoren. Benachteiligt werden können durch diese Anknüpfung des neuen Schemas an das 'Kippen' also nur ao Professoren alten Typs jenseits der Gehaltsstufe 15. Ein Differenzierungsgrund für die Schlechterstellung bloß altgedienter ao Professoren alten Typs läßt sich erst recht nicht finden.

Der Gesetzgeber selbst hat außerdem, soweit es für ihn günstiger ist, für dienstrechtliche Veränderungen einen vom 'Kippen' völlig unabhängigen Zeitpunkt des Inkrafttretens gewählt. So können ao Professoren schon ab 1.10.1997 nicht mehr zum 31.12. in den Ruhestand treten, sondern erst mit Abschluß des Studienjahres, somit mit 30.9. des Folgejahres (§247c Abs2 BDG).

Überdies besteht praktisch kein Einfluß dieser kleinen Gruppe von ao Professoren auf das Tempo der Umstrukturierung ihrer Universität. Eine sachliche Rechtfertigung läßt sich deshalb auch nicht darin erblicken, daß diese Bestimmung die Umorganisation der Universität beschleunigen soll. Hinzuweisen ist auch darauf, daß der Gesetzgeber selbst die gravierenden Änderungen im Dienstrecht insbesondere des Mittelbaues in keiner Weise mit der Umorganisation nach dem UOG 1993 verknüpft hat."

Weiters bringt der Kläger vor, daß seine Einstufung in das neue Gehaltsschema trotz diesbezüglicher Aufforderung mit Schreiben vom 25. Februar 1998 nicht vorgenommen worden sei.

Zur Zulässigkeit der Klage führt er sodann wörtlich aus:

"Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes ist nach Art137 B-VG gegeben, weil weder die ordentlichen Gerichte zuständig sind, noch der Verwaltungsweg vorgesehen ist. Gemäß §247e Abs3 BDG ist die Behörde zur Erlassung des Feststellungsbescheides bezüglich meiner dienstrechtlichen Stellung erst zum Zeitpunkt des vollen Wirksamwerdens des UOG 1993 an der Karl-Franzens-Universität Graz verpflichtet. Vor dem 'Kippen' ist sohin die Möglichkeit den Verwaltungsweg zu beschreiten nicht gegeben. Zudem ist der Feststellungsbescheid lediglich dazu notwendig, den Zeitpunkt des 'Kippens' festzustellen. Eine verfassungskonforme Regelung hätte eines Feststellungsbescheides überhaupt nicht bedurft."

3. Der durch den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr vertretene Bund erstattete eine Gegenschrift, in der er primär begehrt, die Klage als unzulässig zurückzuweisen; diesbezüglich wird folgendes dargelegt:

"Besoldungsrechtliche Ansprüche von Beamten werden nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (z.B: VfSlg. 3259/1937, 8371/1978, 11.836/1988) in der Regel in drei Phasen-Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung - verwirklicht. Die letzte Phase (Auszahlung) ist ein technischer Vorgang, der nur der Verwirklichung vorangegangener Bescheide dient, also selbst nicht durch Bescheid zu erledigen ist, sodaß für die Entscheidung über ein solches Liquidierungsbegehren die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs gemäß Art137 B-VG gegeben ist.

Geht es nicht bloß um die Liquidierung eines besoldungsrechtlichen Anspruches, sondern um die Rechtsfrage seiner Gebührlichkeit, so ist darüber mit Bescheid der zuständigen Behörde zu entscheiden.

Im gegenständlichen Fall ist die dienst- und besoldungsrechtliche Einstufung und somit die Höhe der besoldungsrechtlichen Ansprüche des Klägers strittig. Der Kläger hätte bei der beklagten Behörde einen diesbezüglichen Feststellungsbescheid beantragen können. Offensichtlich im Bewußtsein, daß die derzeitige Verwendungsgruppe und Gehaltsstufe und damit die derzeitige Gehaltshöhe seiner gegenwärtigen dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung entspricht, hat der Kläger einen diesbezüglichen Feststellungsbescheid niemals verlangt. Aus der Verpflichtung, zu dem im §247e Abs3 BDG 1979 vorgesehenen Zeitpunkt den Feststellungsbescheid über die Überleitung zu erlassen, ist nicht abzuleiten, daß vor diesem Zeitpunkt eine bescheidmäßige Absprache über einen allfälligen Antrag des Beschwerdeführers verfahrensrechtlich unmöglich wäre. Die Bescheiderlassung über seinen Antrag auf Überleitung ins Gehaltsschema der Universitätsprofessoren gemäß §21 UOG 1993 bereits zum 1.3.1998 hat der Beschwerdeführer, offenbar in Kenntnis der rechtlichen Unzulässigkeit einer positiven Erledigung, nicht einmal abgewartet. Im vorliegenden Fall geht es dem Kläger nicht um Liquidation des gesetzlich feststehenden Anspruches, sondern um die Auszahlung eines höheren als im Gesetz vorgesehenen Betrages, da das Gesetz (§247e Abs3 BDG 1979 i.V.m. §48 GG 1956) seiner Meinung nach verfassungswidrig sei. Der Kläger behauptet die Verfassungswidrigkeit der maßgeblichen Übergangsbestimmung §247e Abs3 BDG 1979 mit der Begründung, daß die Anknüpfung der dienstrechtlichen Stellung an die Implementierung des neuen Organisationsrechts an den Universitäten seiner Meinung nach gleichheitswidrig sei. Er ficht die einschlägigen rechtlichen Grundlagen inhaltlich an, ohne den dafür vorgesehenen Weg der Individualbeschwerde gemäß Art144 B-VG zu wählen."

Zusammenfassend nimmt die Gegenschrift den Standpunkt ein, daß die Klage nicht die Liquidation eines nach den geltenden Rechtsvorschriften zustehenden Betrages zum Inhalt habe, sondern ein Betrag begehrt werde, der dem Kläger aufgrund der geltenden Rechtslage nicht zustehe und außerdem eine Entscheidung im Verwaltungsweg offenstünde, wie der parallel gestellte Überleitungsantrag des Klägers zeige.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Klage erwogen:

1. Nach Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

2. Im vorliegenden Fall handelt es sich zweifelsfrei um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, weil dieser auf ein bestehendes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis gestützt wird. Entgegen der Meinung des Klägers ist über den von ihm geltend gemachten Anspruch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erkennen.

3. Besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten werden in der Regel in drei Phasen - Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung - verwirklicht. Die letzte Phase (Liquidierung, Auszahlung) ist ein technischer Vorgang, der nur der Verwirklichung der vorangegangenen Bescheide dient, also selbst nicht durch Bescheid zu erledigen ist, sodaß für die Entscheidung über ein solches Liquidierungsbegehren die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art137 B-VG gegeben ist (so die ständige, mit VfSlg. 3259/1957 eingeleitete Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes; vgl. VfSlg. 8371/1978, 11.836/1988, 14.947/1997 mwN, ebenso etwa VwGH 4. Mai 1983, Zl. 82/09/0138). Geht es nicht bloß um die Liquidierung eines besoldungsrechtlichen Anspruches, nämlich den technischen Vorgang der Auszahlung, sondern um die Rechtsfrage seiner Gebührlichkeit, so ist darüber im Streitfall mit Bescheid der zuständigen (Dienst-) Behörde zu entscheiden (vgl. die mit VfSlg. 7172/1973 und 7173/1973 beginnende Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, weiters VfSlg. 11.395/1987, 11.836/1988, 12.024/1989, 14.947/1997 und 15.041/1997).

4.1. Im Hinblick auf die vom Kläger verfochtene Rechtsauffassung ist strittig, ob seine Überleitung in das einheitliche Gehaltsschema für Universitätsprofessoren durch die 2. BDG-Novelle 1997, BGBl. I 109/1997, bereits mit 1. März 1998 zu erfolgen hatte, obwohl das UOG 1993 an der Karl-Franzens-Universität Graz - an welcher der Kläger tätig ist - noch nicht voll wirksam ist, was jedoch gemäß §247e Abs3 Z2 leg.cit. Voraussetzung für die Überleitung in die Gruppe der Universitätsprofessoren iS. des §21 UOG 1993 und damit für die Anwendbarkeit des neu geschaffenen Gehaltsschemas ist. Es geht bei der vorliegenden Klage nicht (bloß) um die Liquidierung von Bezügen, nämlich den technischen Vorgang ihrer Auszahlung, sondern um Rechtsfragen der Handhabung dienst- und besoldungsrechtlicher Bestimmungen. Darüber ist aber im Streitfall durch Bescheid der zuständigen Dienstbehörde zu entscheiden (vgl. VfSlg. 15.041/1997 mwN), zumal ein rechtliches Interesse des Klägers an der Feststellung gegeben ist, ob das erwähnte Gehaltsschema auf ihn bereits anwendbar ist bzw. ob dies schon ab dem 1. März 1998 zuträfe.

4.2. Dem Einwand des Klägers, ein Feststellungsbescheid sei zufolge §247e Abs3 letzter Satz BDG 1979, idF der 2. BDG-Novelle 1997, frühestens ab 1. März 1998 zu erwirken, kann insofern nicht gefolgt werden, als die eben zitierte Gesetzesbestimmung lediglich die Verpflichtung begründet, zu einem bestimmten Zeitpunkt (nämlich an den "Universitäten gemäß UOG 1993" mit 1. März 1998, an den anderen Universitäten mit dem Zeitpunkt des vollen Wirksamwerdens des UOG 1993, frühestens jedoch mit 1. März 1998) einen Feststellungsbescheid bezüglich der dienstrechtlichen Stellung der kraft Gesetzes übergeleiteten Universitätsprofessoren zu erlassen. Diese Verpflichtung zur Erlassung eines dienstrechtlichen Feststellungsbescheides besonderer Art schließt aber keineswegs aus, daß ein Antrag auf Feststellung der Überleitung in ein anderes Gehaltsschema durch Bescheid ein taugliches Mittel der Rechtsverfolgung bildet, das einen Anspruch des Klägers auf Erlassung eines solchen Feststellungsbescheides begründet (vgl. hiezu VfSlg. 11.836/1988, 15.041/1997 mwN); ein derartiger Feststellungsbescheid beträfe nicht nur die dienstrechtliche Stellung des Klägers sondern hätte auch seine besoldungsrechtliche Einstufung zum Gegenstand. Ob ein solcher Bescheid allerdings dem Inhalt nach dem Begehren des Klägers Rechnung tragen würde, ist im gegebenen Zusammenhang ohne Belang.

4.3. Da somit über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch mit Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu entscheiden ist, sind die Prozeßvoraussetzungen des Art137 B-VG nicht gegeben.

5. Im übrigen ist anzumerken, daß der Kläger bereits am 25. Februar 1998 einen Antrag einbrachte, ihn mit Wirkung vom 1. März 1998 in das Gehaltsschema für Universitätsprofessoren nach der 2. BDG-Novelle 1997 überzuleiten. Mit Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr wurde dieser Antrag abgewiesen. Daß der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde zu B1269/98 mit Beschluß vom 30. November 1999 ablehnte und hiebei den Bedenken des Klägers gegen die Verfassungsmäßigkeit des §48 Abs11 GehaltsG, BGBl. 54/1956 idF BGBl. I 109/1997, nicht Rechnung trug, ist in bezug auf die Zulässigkeit der vorliegenden Klage ohne rechtliche Bedeutung (vgl. VfSlg. 14.647/1996; als auch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur Zulässigkeit von Individualanträgen:

VfSlg. 14.022/1995, 15.137/1998).

6. Die Klage war sohin wegen Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.

7. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.

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