VfGH A5/99

VfGHA5/9919.6.2000

Zulässigkeit der Liquidierungsklage eines pensionierten Landesbeamten gegen ein Land auf Auszahlung im Wege der Kompensation einbehaltener Ruhegenußanteile; Gegenforderung aufgrund einer an den Dienstgeber gerichteten Lohnsteuernachforderung infolge Neuberechnung von Sachbezugswerten für die Nutzung von arbeitgebereigenen Kraftfahrzeugen; Stattgabe der Klage aufgrund des zivilrechtlichen Charakters des eingewendeten Rückforderungsanspruchs; keine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Entscheidung über diese Gegenforderung; hingegen öffentlich-rechtliche Natur des bescheidmäßig zuerkannten Ruhegenusses

Normen

B-VG Art137 / Liquidierungsklage
B-VG Art137 / Zinsen
ABGB §1358
ABGB §1333, §1334
BAO §6, §7
EStG §83
PG 1965 §3 ff
Tir LandesbeamtenG 1994 §2
B-VG Art137 / Liquidierungsklage
B-VG Art137 / Zinsen
ABGB §1358
ABGB §1333, §1334
BAO §6, §7
EStG §83
PG 1965 §3 ff
Tir LandesbeamtenG 1994 §2

 

Spruch:

Das Land Tirol ist schuldig, dem Kläger zu Handen seines Vertreters den Betrag von ATS 68.647,20 samt 4 % Zinsen seit 1. März 1999 sowie die mit ATS 7.371,13 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Der Kläger, ehemals Landesamtsdirektor beim Amt der Tiroler Landesregierung, wurde auf Grund seiner diesbezüglichen Erklärung gemäß §15 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) iVm. §2 des Landesbeamtengesetzes 1994 mit Ablauf des 30. September 1995 in den Ruhestand versetzt. Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 13. Juli 1995 wurde der dem Kläger gemäß §§3 bis 7 des Pensionsgesetzes 1965 iVm. §2 des Landesbeamtengesetzes 1994 ab 1. Oktober 1995 gebührende monatliche Ruhegenuss sowie die nach den Bestimmungen des Nebengebührenzulagengesetzes 1971 zustehende Nebengebührenzulage festgesetzt.

Der Ruhegenuss wurde bis Oktober 1998 ungeschmälert ausgezahlt. Von November 1998 bis März 1999, also über einen Zeitraum von fünf Monaten, wurde seitens der beklagten Partei monatlich ein Teil des Ruhegenusses einbehalten. Dieser Abzug wurde im Wesentlichen damit begründet, dass dem Land Tirol mit Bescheid des zuständigen Finanzamtes für den Prüfungszeitraum 1. Jänner 1989 bis 31. Dezember 1992 aufgrund der Neuberechnung der Sachbezugswerte für die Nutzung von arbeitgebereigenen Kraftfahrzeugen eine Lohnsteuernachzahlung vorgeschrieben worden sei, wobei sich der auf den Kläger entfallende Anteil auf eben den einbehaltenen Betrag belaufe.

1.2. Mit der vorliegenden Klage gemäß Art137 B-VG macht der Kläger die Auszahlung des einbehaltenen Teiles seines Ruhebezuges geltend. Im Einzelnen wird in der Klage ausgeführt:

"Die beklagte Partei begründet den in 5 Raten aufgeteilten Abzug in ihren an den Kläger gerichteten Schreiben vom 27.7.1998 und 14.10.1998 im wesentlichen damit, daß dem Land Tirol mit Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom 22.2.1996 für den Prüfungszeitraum 1.1.1989 bis 31.12.1992 auf Grund der Neuberechnung der Sachbezugswerte für die Nutzung von arbeitgebereigenen Kraftfahrzeugen eine Lohnsteuernachzahlung vorgeschrieben worden wäre, wobei sich der auf den Kläger entfallende Betrag auf S 68.647,20 belaufen hätte. Das Land Tirol hätte gegen diesen Bescheid Berufung erhoben und auf Grund der abweisenden Berufungsvorentscheidung einen Vorlageantrag an die Abgabenbehörde II. Instanz gestellt. Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion vom 16.10.1997 wäre die Berufung als unbegründet abgewiesen worden. Der beim Verwaltungsgerichtshof vom Land Tirol eingebrachten Beschwerde wären nur geringe Erfolgsaussichten einzuräumen. Das ausschlaggebende Argument der Berufungsentscheidung würde darin liegen, daß der für den Ansatz des halben Sachbezugswertes von maximal S 3.500,- erforderliche Nachweis, das arbeitgebereigene Kraftfahrzeug sei nicht mehr als 500 km monatlich im Jahresdurchschnitt für private Zwecke benützt worden, nicht erbracht wurde. Die beklagte Partei hätte durch Nachzahlung der zunächst zuwenig abgeführten Lohnsteuer eine fremde Schuld im Sinne des §1358 ABGB beglichen und würde daher vom Kläger den Ersatz der Lohnsteuernachzahlung fordern.

Der Kläger hat sich mehrfach gegen den Einbehalt von Bestandteilen seines Ruhegenußbezuges ausgesprochen und auch dargelegt, daß es ihm bei rechtzeitiger Beiziehung zum Finanzverfahren auch möglich gewesen wäre, die exakte Trennung der beruflich gefahrenen von den privat gefahrenen Kilometern mit dem arbeitgebereigenen Dienstfahrzeug erweislich zu machen. Über die Fahrten Dienststelle - Wohnung hinaus wurden seitens des Klägers zu keinem Zeitpunkt Privatfahrten getätigt.

...

Die behauptete Regreßforderung der beklagten Partei besteht jedoch im konkreten Fall schon deshalb nicht zurecht, da ihr Einwendungen, im wesentlichen Schadenersatzforderungen des Klägers, gegenüberstehen. Die beklagte Partei ist ihren Verpflichtungen zur Wahrung der Interessen ihres Dienstnehmers, des Klägers, nicht nachgekommen. Insbesondere hat die beklagte Partei die Aufklärungs- und Warnpflichten im Zusammenhang mit den zentralen steuerrechtlichen Erfordernissen bei der Führung von Fahrtenbüchern schuldhaft vernachlässigt, als sie auch die Sorgfaltspflicht des Dienstgebers durch die Nichtbeiziehung im Finanzverfahren nicht gewahrt hat, mit der Folge, daß entscheidungsrelevante Beweise, wie die Zeugeneinvernahme des Fahrers, nicht aufgenommen und vorliegende Beweise, wie das Fahrtenbuch, nicht richtig bewertet wurden. Der Fahrer des Dienstkraftfahrzeuges hätte, auch wenn er sich an Einzelfahrten nicht mehr erinnert, bestätigen können, daß über die oben erwähnten Fahrten Dienststelle - Wohnung hinaus nie Privatfahrten getätigt wurden, als sich auch aus dem Fahrtenbuch heraus eine exakte Trennung der beruflich von den privat gefahrenen Fahrtkilometern vornehmen läßt. Die beklagte Partei hat zu verantworten, daß sie den Kläger zu keinem Zeitpunkt über die steuerrechtlich wesentlichen Punkte beim Ausfüllen der Fahrtenbücher hingewiesen hat, vielmehr wurde er angehalten, die Fahrtenbücher in der 'bisher üblichen Weise weiterzuführen', ohne über die steuerlichen Konsequenzen informiert zu werden. Die beklagte Partei hat zudem durch die mangelnde Kontrolle der vom Kläger geführten Fahrtenbücher eine für diesen steuerrechtlich aussichtslose Situation herbeigeführt, welche Schadenersatzansprüche des Klägers begründet. Die Fahrtenbücher wurden seitens der beklagten Partei als Dienstgeber weder auf ihre steuerrechtlich korrekte Führung überprüft, noch überhaupt zur Berechnung der Lohnsteuer herangezogen. Auch wurden seitens der beklagten Partei als Dienstgeber jene beruflichen Fahrten, die mit dem Dienstkraftwagen durch andere Abteilungen durchgeführt wurden, nur mangelhaft aufgezeichnet.

Die Regreßforderung der beklagten Partei ist aus den dargelegten Gründen nicht berechtigt, jedenfalls jedoch bestritten. Sie ist darüber hinaus zivilrechtlicher Natur, sodaß nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 14618/1996, 5732/1968, 6198/1970 u.a.) zur Entscheidung über den Bestand oder Nichtbestand solcher, noch nicht titelmäßig festgestellter Gegenforderungen die Zivilgerichte berufen sind.

Da die beklagte Partei trotz schriftlicher Aufforderung innerhalb der ihr gesetzten Frist Zahlung nicht geleistet hat, ist der Kläger zur Klagsführung gezwungen.

...

Klagslegitimation:

Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes ist nach Art137 B-VG gegeben, da der klägerische Anspruch im öffentlichen Recht wurzelt, sohin weder die ordentlichen Gerichte zuständig sind, noch ein Verwaltungsweg vorgesehen ist. Die Klage ist auf die Auszahlung des von der beklagten Partei einbehaltenen Teiles des Ruhegenusses gerichtet. Der Ruhegenuß ist mit Bescheid der beklagten Partei vom 13.7.1995 zuerkannt und auch im einzelnen bemessen worden. Der Anspruch auf diesen Ruhegenuß steht daher auf Grund des bezeichneten Bescheides, der Berechnung des Ruhegenusses als Beilage zu diesem Bescheid, sowie der jeweiligen Bezugsnachweise fest und ist öffentlich-rechtlicher Natur. Über den klagsweise geltend gemachten Liquidierungsanspruch ist nicht im ordentlichen Rechtsweg zu entscheiden. Er ist auch nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen.

Klagstitel:

Die beklagte Partei ist zur Zahlung des dem Kläger bescheidmäßig zuerkannten Ruhegenusses verpflichtet. Der Einbehalt von Teilen des Ruhegenusses erfolgte rechtsgrundlos auf Grund einer unberechtigten, bestrittenen und auch titelmäßig nicht festgestellten Gegenforderung. Die beklagte Partei ist daher zur Leistung der in Abzug gebrachten Ruhegenußbeträge über 5 Monate zu je S 13.729,44, insgesamt sohin S 68.647,20, verpflichtet.

Urteilsbegehren:

Da Zahlung trotz Aufforderung nicht geleistet wurde, wird beantragt zu fällen das

Urteil:

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger den Betrag von S 68.647,20 samt 4% Zinsen seit 1.3.1999 sowie die Kosten dieses Rechtsstreites binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen."

2. Die beklagte Partei hat die Akten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie mit näherer Begründung den Antrag stellt, die Klage abzuweisen. Darin wird dem Vorbringen des Klägers, es bestünde kein Rechtsgrund für die beklagte Partei, der sie zum Einbehalt von Teilen des Ruhegenusses berechtigen würde, im Wesentlichen Folgendes entgegengehalten:

"Wenn daher der Arbeitgeber vom Finanzamt wegen zu wenig abgezogener Lohnsteuer in Anspruch genommen wird, tritt er gemäß §1358 ABGB insoweit in die Rechte des Gläubigers ein und ist befugt, vom Arbeitnehmer den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern. Die Lohnsteuerabfuhr steht im Zusammenhang mit der Erfüllung der Entgeltforderung des Arbeitnehmers, sodass eine Aufrechnung der Gegenforderung des Arbeitgebers (Lohnsteuernachzahlung) mit der Entgeltforderung des Arbeitnehmers jedenfalls zulässig ist. Für eine solcherart rechtlich zulässige Aufrechnung bedarf es nicht der Zustimmung des Arbeitnehmers und Steuerpflichtigen."

3. Aus den vorgelegten Akten ergibt sich Folgendes:

3.1. In dem in der Klage erwähnten, an den Kläger gerichteten Schreiben der beklagten Partei vom 27. Juli 1998 wurde ausgeführt:

"Mit Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom 22. Februar 1996 wurde dem Land Tirol für den Prüfungszeitraum 1.1.1989 - 31.12.1992 aufgrund der Neuberechnung der Sachbezugswerte für die Nutzung von arbeitgebereigenen Kraftfahrzeugen eine Lohnsteuernachzahlung vorgeschrieben, wobei sich der auf Sie entfallende Betrag auf S 68.647,20 beläuft. Das Land Tirol hat gegen diesen Bescheid Berufung erhoben und aufgrund der abweisenden Berufungsvorentscheidung einen Vorlageantrag an die Abgabebehörde II. Instanz gestellt. Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion vom 16.10.1997, Zl. 80.176-8/96, wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Der beim Verwaltungsgerichtshof vom Land Tirol eingebrachten Beschwerde, über die noch nicht entschieden ist, räumt die Finanzabteilung des Amtes im Hinblick auf die bestehende Judikatur nur geringe Aussicht auf Erfolg ein.

Das ausschlaggebende Argument der vorliegenden Berufungsentscheidung liegt darin, daß der für den Ansatz des halben Sachbezugswertes von max. S 3.500,-- erforderliche Nachweis nicht erbracht wurde, das arbeitgebereigene Kraftfahrzeug sei nicht mehr als 500 km monatlich im Jahresdurchschnitt für private Zwecke benützt worden; daher ist der Sachbezugswert in vollem Umfang anzusetzen. Die detaillierten Ausführungen dazu entnehmen Sie bitte der beiliegenden Ablichtung der Entscheidung der Finanzlandesdirektion.

Das Land Tirol hat Ende 1997 die Lohnsteuernachforderung beglichen, da ein Arbeitnehmer selbst von den Abgabebehörden nicht auf Zahlung der Lohnsteuer in Anspruch genommen werden kann. Für seine Steuerverbindlichkeit haften Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemäß §6 Abs1 u. §7 BAO gemeinsam als Gesamtschuldner. Der Dienstgeber Land Tirol hat durch Nachzahlung der zunächst zuwenig abgeführten Lohnsteuer eine fremde Schuld im Sinne des §1358 ABGB beglichen und tritt insoweit in die Rechte des Gläubigers ein. Das Land Tirol ist im Sinne der ihm verfassungsrechtlich auferlegten Pflicht zum sparsamen, wirtschaftlichen und gesetzmäßigen Handeln verpflichtet, von Ihnen den Ersatz der Lohnsteuernachzahlung zu fordern.

Wir werden uns erlauben, sofern von Ihnen kein Einwand erhoben wird, den Betrag im Hinblick auf die Höhe in drei Teilbeträgen vom Oktober-, November- und Dezemberbezug einzubehalten."

3.2. Darauf hat der Kläger mit Schreiben vom 15. September 1998 wie folgt geantwortet:

"Zum Schreiben ... vom 27.7.1998, erhalten am 9.9.1998, teile ich mit, daß ich mit dem Einbehalt einer Lohnsteuernachforderung von meinem Bezug keinesfalls einverstanden bin. Um dazu eine ausführliche Stellungnahme abgeben zu können, ersuche ich, mir eine Ablichtung der Berufung des Landes Tirol gegen den Haftungs- und Zahlungsbescheid des Finanzamtes Innsbruck vom 22. März 1996 zuzusenden."

3.3. In einem weiteren Schreiben vom 25. September 1998 hat der Kläger Folgendes ausgeführt:

"Nach Bekanntwerden der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über bundeseinheitliche Sachbezugswerte hat die Tiroler Landesregierung über Anregung des damaligen LH-Stv. Ing. M. die private Verwendung von Dienstfahrzeugen durch Regierungsmitglieder und die damit verbundene steuerliche Belastung diskutiert. Nach längerer Debatte, zu der auch die Meinung der Finanzabteilung eingeholt wurde, kam man überein, jedes Regierungsmitglied müsse auf Grund der bisher gewonnenen Erfahrungen selbst erklären, ob und in welchem Ausmaß das zur Verfügung gestellte Dienstfahrzeug für private Zwecke benützt werde. Eine diesbezügliche schriftliche Erklärung sei der Landesbuchhaltung zu übergeben. Das Fahrtenbuch sei weiterhin zu führen. Über Befragen wurde ausdrücklich betont, diese nunmehr beschlossene Regelung habe auch für den LAD zu gelten. Bei dieser Sitzung der Landesregierung war ich anwesend.

...

Das mir zur Verfügung stehende Dienstfahrzeug wurde nicht ausschließlich von mir benützt. Es stand unter anderem auch der für das Veranstaltungswesen zuständigen Präsidialabteilung III zur Verfügung.

In Entsprechung der Festlegung der Landesregierung habe ich der Landesbuchhaltung gegenüber schriftlich erklärt, das Dienstfahrzeug für Privatfahrten u. zw. ausschließlich von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück zu benützen, wobei das Fahrzeug keinesfalls mehr als 500 km monatlich im Jahresdurchschnitt für private Zwecke in Anspruch genommen werde. Im Fahrtenbuch wurden vom Fahrer meine Privatfahrten (Wohnung - Arbeitsstätte und zurück) stets getrennt von den Dienstfahrten festgehalten.

...

Seit Ende der Sechzigerjahre besitze ich ohne Unterbrechung einen Privat-PKW. Mit diesem Fahrzeug bin ich, insbesondere wenn der Dienstwagen anderweitig benötigt wurde, wiederholt auch dienstlich unterwegs gewesen (z.B. Vertretung des Landes bei Veranstaltungen). Auch bin ich zur Arbeitsstätte mit öffentlichen Beförderungsmitteln oder mit meinem eigenen PKW gefahren. Den Dienstwagen zu Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte habe ich deshalb in Anspruch genommen, weil für mich als LAD das Ausmaß der Dienstzeiten nicht immer vorhersehbar war, damals öffentliche Beförderungsmittel zu meiner Wohnstätte nur eingeschränkt verkehrten und auch die Benützung meines Privat-PKWs durch die sattsam bekannte Parkplatznot im Bereich des Landhauses nicht immer zielführend war.

Obwohl, wie im Schreiben der Präs. I-648/1 vom 27.7.1998 ausgeführt wurde, Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam als Steuerschuldner haften, habe ich von der Prüfung des Finanzamtes Innsbruck und von einer Berufung des Landes Tirol gegen den Haftungs- und Zahlungsbescheid des Finanzamtes Innsbruck vom 22.2.1996 erst durch das Schreiben des Präs. I vom 27.7.1998 (erhalten am 9.9.1998) Kenntnis erlangt. Diesem Schreiben war die rechtskräftige Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion beigelegt. Die Berufungsschrift des Landes Tirol wurde mir über mein Ersuchen mit Schreiben der Präs. I vom 23.9.1998, somit gleichfalls erst nach der Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion übermittelt. So war es mir verwehrt, zur Abwendung einer Steuerschuld die entsprechenden Aufklärungen zu geben oder Beweisanträge zu stellen. Bereits eine Einvernahme des Fahrers A. als Zeuge hätte eindeutig ergeben müssen, daß sich meine Privatfahrten auf die Strecke Wohnung - Landhaus und zurück beschränkten und die 500 km monatlich im Jahresdurchschnitt nie überschritten wurden. Wie ich aus den mir zur Verfügung gestellten Unterlagen entnehmen muß, wurde von Seite des Landes zwischen Regierungsmitgliedern als Dienstgeber und meiner Person als weisungsunterworfener Dienstnehmer nicht unterschieden. Es wurde auch nicht auf die sehr wohl vorhandene konkrete Darstellung meiner Privatfahrten im Fahrtenbuch eingegangen.

Wie ich bereits ausführte, stand der Dienstwagen nicht mir allein zur Verfügung. Es mag sein, daß der Fahrer zum Teil meine Dienstfahrten und z.B. die Dienstfahrten der Präsidialabteilung III zusammenfassend darstellte. Meine eingeschränkten Privatfahrten wurden davon aber immer getrennt aufgezeichnet.

Die Fahrtstrecke von meiner Wohnung zur Arbeitsstätte betrug 4 km. Auch wenn ich als Maximum diese Strecke am Tag 4 mal zurückgelegt hätte, hätte ich die 500 km monatlich im Jahresdurchschnitt nie erreichen können.

Meines Wissens mußte der Fahrer die Fahrtenbuchblätter in ca. Monatsabständen dem Amt zur Prüfung abliefern. Nachdem ich (auch nach Verordnung des Finanzministers) nie eine Beanstandung oder Anregung erfuhr, konnte ich davon ausgehen, daß die Darstellung der Dienst- und Privatfahrten ordnungsgemäß erfolgt ist.

Der eingangs erwähnten Festlegung der Landesregierung habe ich unverzüglich entsprochen. Als weisungsunterworfener Beamter konnte ich davon ausgehen, daß bei Beachtung dieser Anordnung der Regierung die zur Bewertung des Sachbezuges notwendigen Unterlagen ordnungsgemäß vorliegen. Wenn sich die Anordnung der Regierung durch eine Entscheidung der Finanzlandesdirektion nachträglich als nicht haltbar herausstellte, kann mir das nicht angelastet werden.

Somit sehe ich mich außerstande, die Regreßforderung des Landes gegen mich anzuerkennen und einem Einbehalt zuzustimmen."

3.4. Die beklagte Partei hat dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 14. Oktober 1998 geantwortet:

"In Beantwortung Ihres Schreibens vom 25. September 1998 dürfen folgende Aspekte dargelegt werden:

In einem Schreiben der Landesamtsdirektion vom 9. Mai 1989 an den Präsidenten des Tiroler Landtages, den Landeshauptmann, die Mitglieder der Tiroler Landesregierung, den Landesamtsdirektor, den Landesamtsdirektorstellvertreter sowie die Bezirkshauptmänner wurden die genannten Personen über die Problematik der steuerrechtlichen Auswirkungen einer Benutzung von Dienstkraftfahrzeugen auch zu privaten Zwecken informiert; beigefügt war eine Darstellung des Vorstandes der Abteilung VIIa betreffend die 'Gesetzes- und Erlaßlage über die steuerliche Berücksichtigung der Privatnutzung von Dienstfahrzeugen sowie von Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte'. Diese Fragestellung war in der Folge auch ein Thema in der Regierungssitzung am 22. Mai 1989; laut Beschlußprotokoll Nr. 15 haben Sie die von Herrn Landeshauptmannstellvertreter T. gestellte Frage nach der steuerlichen Auswirkung der Benützung von Dienstkraftwägen zu Privatzwecken beantwortet. Im Protokoll wird dazu ausgeführt: 'Zur weiteren Frage von Landeshauptmannstellvertreter M. nach der Abgrenzung der Verwendung von Dienstfahrzeugen durch die Regierungsmitglieder legt Landesamtsdirektor Dr. G. dar, hiefür bestehe keine strikte Regelung, die Regierungsmitglieder hätten unter ihrer eigenen Verantwortung eine ausgewogene Praxis entwickelt. Landeshauptmann P. hält dazu fest, die für den Einsatz der Dienstwägen bisher geübte Praxis solle weiter eingehalten werden.' Es ist daher davon auszugehen, daß spätestens seit diesem Zeitpunkt die betroffenen Personen über die Rechtslage informiert waren und ihre weitere Vorgangsweise in Kenntnis dieser Rechtslage erfolgt ist.

Auch wenn Sie im Zuge des Berufungsverfahrens nicht die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme erhalten haben, wurden seitens des Landes Tirol alle verfügbaren Unterlagen vorgelegt und alle Argumente gegen die erstinstanzliche Entscheidung vorgebracht, sodaß kein entscheidungrelevantes Versäumnis des Landes Tirol vorliegt.

Wir sehen uns daher trotz Ihres Vorbringens verpflichtet und befugt, die Lohnsteuernachzahlung in der Höhe von S 68.647,20 in - wie telefonisch besprochen - fünf Teilbeträgen einzubehalten und werden damit im November beginnen."

3.5. In Erwiderung des letzten Satzes dieses Schreibens hat der Kläger der beklagten Partei mit Note vom 3. November 1998 mitgeteilt, dass er mit der Regressforderung des Landes und dem Einbehalt entsprechender Beträge von seinen Bezügen nach wie vor nicht einverstanden sei.

3.6. Mit Schreiben vom 11. Feber 1999 hat sich schließlich der Rechtsvertreter des Klägers an die beklagte Partei wie folgt gewandt:

"Mit Schreiben vom 27.07. und 14.10.1998 haben Sie den Einbehalt von Teilen des Ruhegenußbezuges aufgrund einer Lohnsteuernachzahlung in fünf Teilbeträgen bekanntgegeben. Mein Mandant hat sich gegen diese Abzüge ausgesprochen und seinen Standpunkt umfassend begründet. Seit November 1998, sohin vier Auszahlungsmonate betreffend, wurden Ihrerseits nunmehr Einbehalte in Höhe von jeweils S 13.729,44, insgesamt sohin S 54.917,76, getätigt.

Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage ist jedoch festzuhalten, daß die Abzüge zu Unrecht erfolgten. Ich habe Sie daher aufzufordern, den Betrag von S 54.917,76 auf eines meiner unten angeführten Konten zur Anweisung zu bringen, sowie den auf den Monat März 1999 entfallenden Ruhegenußbezug meiner Mandantschaft ungeschmälert zukommen zu lassen. Für die Veranlassung der Nachzahlung nehme ich mir eine Frist von 14 Tagen in Vormerk, ansonsten ich beauftragt bin, alle gegebenen rechtlichen Schritte zur Durchsetzung der Ansprüche meines Mandanten wahrzunehmen."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf Grund des diesbezüglich unwidersprochen gebliebenen Klagsvorbringens sowie der dem Verfassungsgerichtshof vorliegenden Akten ist im Wesentlichen von folgendem maßgeblichen Sachverhalt auszugehen:

Die beklagte Partei als (frühere) Dienstgeberin des Klägers wurde mit rechtskräftigem Bescheid des zuständigen Finanzamtes wegen zu wenig (einbehaltener und) abgeführter Lohnsteuer bei der Versteuerung der Sachbezugswerte für die Nutzung von arbeitgebereigenen Kraftfahrzeugen in Anspruch genommen. Im Zusammenhang damit behielt die beklagte Partei im Zeitraum November 1998 bis März 1999 monatlich ersatzweise einen Teil des dem Kläger gebührenden Ruhegenusses ein.

2. Die Klage ist zulässig. Sie ist auf die Auszahlung des von der beklagten Partei einbehaltenen Teiles des Ruhegenusses gerichtet. Der Ruhegenuss ist - dem unwidersprochen gebliebenen Klagsvorbringen zufolge - mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 13. Juli 1995 zuerkannt und auch im Einzelnen bemessen worden. Der Anspruch auf diesen Ruhegenuss ist öffentlich-rechtlicher Natur. Über ihn ist nicht im ordentlichen Rechtsweg zu entscheiden. Der klagsweise geltend gemachte Liquidierungsanspruch ist - da es an einer diesbezüglichen Vorschrift mangelt - auch nicht durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen.

Die Prozessvoraussetzungen gemäß Art137 B-VG sind daher gegeben (VfSlg. 3259/1957, 5732/1968, 6198/1970, 14.618/1996).

III. 1. Der Ruhegenussanspruch des Klägers wird von der beklagten Partei weder dem Grunde noch der Höhe nach bestritten.

2. Die beklagte Partei hat aber im verfassungsgerichtlichen Verfahren ihre schon früher geäußerte Auffassung wiederholt, dass ihr gegenüber dem Kläger ein - mit ATS 68.647,20 bezifferter - zivilrechtlicher Rückforderungsanspruch zustehe, der sie zur Kompensation berechtige. Sie stützt sich dabei im Wesentlichen darauf, dass ihr aufgrund der Neuberechnung der Sachbezugswerte für die Nutzung von arbeitgebereigenen Kraftfahrzeugen eine Lohnsteuernachzahlung vorgeschrieben worden sei. Durch Nachzahlung der zunächst zu wenig abgeführten Lohnsteuer habe sie eine fremde Schuld beglichen; daraus sei ihr der erwähnte zivilrechtliche Rückforderungsanspruch gegen den Kläger erwachsen.

3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich schon mehrfach - zuletzt etwa in seinem Erkenntnis VfSlg. 14.618/1996 uHa. die Vorjudikatur - mit der Rechtsstellung des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers bei der Erhebung der Lohnsteuer befasst. Im hier vorliegenden Zusammenhang ist dazu Folgendes zu bemerken:

Gemäß den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988 wird bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Einkommensteuer als Lohnsteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (§47 EStG 1988). Diese Erhebung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie unter wesentlicher Mitwirkung des Arbeitgebers vor sich geht (VfSlg. 7571/1975, 7947/1976). Zwar ist gemäß §83 Abs1 leg.cit. der Arbeitnehmer beim Lohnsteuerabzug Steuerschuldner; der Arbeitgeber haftet aber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr (§82 leg.cit.) der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer. Die persönliche Haftung des Arbeitgebers wird dabei gegebenenfalls - dies ist im hier vorliegenden Fall geschehen - durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht (§224 Abs1 BAO). Der Arbeitnehmer selbst kann - von den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen des §83 Abs2 EStG 1988 abgesehen - hiefür nicht in Anspruch genommen werden.

Gemäß der allgemeinen Regelung des §7 Abs1 BAO werden Personen, die nach den Abgabenvorschriften für eine Abgabe haften, durch die Geltendmachung dieser Haftung zu Gesamtschuldnern und sind gemäß §6 Abs1 BAO Personen, die nach den Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, §891 ABGB). Ungeachtet der Modifikationen, die sich diesbezüglich aus der erwähnten Sonderbestimmung des §83 EStG 1988 ergeben, gilt dies grundsätzlich auch für das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Bezug auf die lohnsteuerrechtlichen Verpflichtungen (VfSlg. 4347/1963, 4815/1964). Daraus folgt aber insbesondere, dass der Arbeitgeber bei der Abfuhr der vom Arbeitnehmer einbehaltenen Lohnsteuer an den Bund eine fremde Schuld im Sinne des §1358 ABGB bezahlt, für die er persönlich haftet; wenn er daher wegen zu wenig bezahlter Lohnsteuer in der oben bezeichneten Weise in Anspruch genommen wird, so tritt er gemäß §1358 ABGB insoweit in die Rechte des Gläubigers ein und ist befugt, vom Arbeitnehmer den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern (OGH 17.6.1987, 14 Ob A80/97).

3.2. Die zivilrechtliche Qualifikation dieses Anspruches, die sich aus den oben zitierten abgabenrechtlichen Regelungen ergibt, besteht unabhängig davon, ob das zugrundeliegende Dienstverhältnis öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Charakter trägt (vgl. hiezu §85 Abs1 EStG 1988, wonach die Körperschaften des öffentlichen Rechts die Lohnsteuer wie alle sonstigen Arbeitgeber einzubehalten haben; s. dazu VfSlg. 7975/1977).

Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass der von der beklagten Partei behauptete Rückforderungsanspruch ein zivilrechtlicher ist. Da er vom Kläger bestritten wird, hätten darüber die ordentlichen Gerichte zu befinden. Eine zivilgerichtliche Entscheidung über diese Forderung liegt aber nicht vor.

Wenn man nun der beklagten Partei weiters darin folgen wollte, dass sie dieser Rückforderungsanspruch gegenüber dem Ruhegenussanspruch des Klägers zur Kompensation berechtige, so ist dazu im hier anhängigen Verfahren Folgendes zu bemerken:

Der Verfassungsgerichtshof hat schon in seinem Erkenntnis VfSlg. 5732/1968 ausgeführt, es ergebe sich aus Art137 B-VG, dass eine bestrittene Forderung, über die die zuständige Behörde noch nicht entschieden hat, jedenfalls dann nicht als aufrechenbare Gegenforderung angesehen werden kann, wenn sie entweder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen oder über sie durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu entscheiden ist. Andernfalls käme nämlich der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über den Bestand oder Nichtbestand der Gegenforderung Rechtskraft gemäß §35 VerfGG 1953, §411 Abs1 letzter Satz ZPO zu; der Verfassungsgerichtshof würde die Grenzen seiner durch die Verfassung bestimmten Zuständigkeit überschreiten. Unter Hinweis auf das zitierte Erkenntnis VfSlg. 5732/1968 hat dieser Gerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 6198/1970 unterstrichen, dass dem Verfassungsgerichtshof die Zuständigkeit fehlt, über eine Gegenforderung zu entscheiden, wenn sich der Anspruch nicht gegen eine im Art137 B-VG genannte Partei richtet.

Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei dieser Meinung.

Ausgehend davon ergibt sich für den hier vorliegenden Fall Folgendes:

Die in Betracht kommende Gegenforderung ist eine zivilrechtliche Forderung, über die im ordentlichen Rechtsweg zu erkennen ist; sie wird bestritten, das zuständige Gericht hat über sie noch nicht entschieden. Schon deshalb ist der Verfassungsgerichtshof somit nicht zuständig, über diese Gegenforderung zu entscheiden. Auf den Umstand, dass die Gegenforderung sich nicht gegen eine in Art137 B-VG genannte Gebietskörperschaft richtet, der für sich ebenfalls zur Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes führt (vgl. VfSlg. 15.174/1998 mwH), braucht daher nicht eingegangen werden.

IV. 1. Das auf Auszahlung des von der beklagten Partei teilweise einbehaltenen Ruhegenusses des Klägers gerichtete Klagebegehren ist daher berechtigt. Dem Klagebegehren war vollinhaltlich Folge zu geben.

Auch ein Anspruch auf Zinsen ist gegeben. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Erkenntnis VfSlg. 28/1919 in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass die Bestimmungen der §§1333 und 1334 ABGB über Verzugszinsen auch bei Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisses anzuwenden sind, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt. Unter dieser Voraussetzung sind im Falle des Verzuges des Schuldners von diesem dem Gläubiger Verzugszinsen zu leisten (vgl. zB VfSlg. 11.064/1986).

Dem - nicht bestrittenen - Zinsenbegehren war ausgehend vom vorliegenden Sachverhalt (vgl. insbesondere das unter I.3.6. wiedergegebene Schreiben des Klägers an die beklagte Partei) stattzugeben (vgl. dazu VfSlg. 14.618/1996).

2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §41 VerfGG 1953 iVm. §41 ZPO und §35 Abs1 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von ATS 811,84 enthalten.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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