Normen
B-VG Art137 / ord Rechtsweg
KO §27 ff
B-VG Art137 / ord Rechtsweg
KO §27 ff
Spruch:
Die Klage wird als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
1. In der auf Art137 B-VG gestützten, gegen den Bund (Bundesminister für Finanzen) gerichteten Klage vom 24.4.1997 bringt die klagende Gesellschaft vor, daß mit Beschluß des LG Eisenstadt vom 4.6.1992 über ihr Vermögen das Konkursverfahren zu GZ S 14/92 eröffnet und ein namentlich genannter Rechtsanwalt zum Masseverwalter bestellt worden sei. Das von der Gesellschaft betriebene Bauunternehmen sei vom Masseverwalter weiterbetrieben und so einige Baustellen fertiggestellt worden; andere Baustellen seien noch vor der Konkurseröffnung fertiggestellt gewesen. Das Finanzamt Oberwart habe die Umsatzsteuer für das Jahr 1992 auf Grundlage der Umsatzsteuervoranmeldungen für dieses Jahr mit S 2.779.281,-- festgesetzt. Der Masseverwalter habe in der Folge aber nicht berücksichtigt, daß es sich bei diesen Umsatzsteuerforderungen teilweise um Konkursforderungen und teilweise um Masseforderungen gehandelt habe und habe daher die Umsatzsteuer in voller Höhe entrichtet. Hinsichtlich der Umsatzsteuer betreffend die vor Konkurseröffnung fertiggestellten Bauvorhaben könne es sich nämlich nur um eine Konkursforderung handeln. Diese Forderung in Höhe von
S 1.042.184,-- sei somit irrtümlich als Masseforderung zur Einzahlung gebracht worden. Wäre sie hingegen richtig als Konkursforderung behandelt worden, hätten das Finanzamt und in weiterer Folge der Bund wie alle anderen Gläubiger im anschließenden Zwangsausgleich bloß eine Quote von 20 % erhalten, weshalb dem Finanzamt (und damit dem Bundesminister für Finanzen) ein Mehrbetrag in Höhe der klagsgegenständlichen Summe von S 865.427,-- zugekommen sei. Nach rechtskräftiger Aufhebung des Konkurses infolge Abschluß des Zwangsausgleiches sei dieser Überzahlungsbetrag mit Schreiben vom 2.5.1994 und 3.11.1995 beim zuständigen Finanzamt erfolglos geltend gemacht worden. Ein Guthaben auf dem Steuerkonto bestehe nicht.
1.1 Zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes führt die klagende Gesellschaft aus, daß das Finanzamt in Vollziehung von Abgabensachen, sohin in Bundesangelegenheiten und unter Ausübung von Hoheitsgewalt tätig geworden sei. Zur Entscheidung über die Rückerstattung der gegenständlichen Zahlung der Nichtschuld sei weder ein Zivilgericht zuständig (OLG Wien, EvBl. 1988/67), noch habe eine Verwaltungsbehörde darüber bescheidmäßig abzusprechen. Die irrtümliche Entrichtung einer Abgabe könne zwar zu einem Guthaben des Abgabepflichtigen führen, über dessen Rückzahlung die Abgabenbehörden nach §§239 ff. BAO zu entscheiden hätten; Voraussetzung dafür sei aber ein Guthaben iSd. §215 BAO. Da ein solches Guthaben nicht vorliege, habe eine bescheidmäßige Erledigung nicht zu erfolgen.
1.2. Die beklagte Partei sei auch passiv klagslegitimiert, da die Pflicht zur Rückerstattung jene Gebietskörperschaft treffe, in deren Vollzugsbereich die Behörde tätig geworden sei. Gem. Art10 Abs1 Z4 B-VG seien Bundesfinanzen, insbesondere öffentliche Abgaben, die ausschließlich oder teilweise für den Bund einzuheben seien, Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung. Gem. §7 Abs1 FAG handle es sich bei der Umsatzsteuer um eine gemeinschaftliche Bundesabgabe iSd. §6 Abs1 Z2 lita F-VG.
1.3. Da bislang trotz Aufforderung keine Zahlung erfolgt sei, begehrt die klagende Gesellschaft die beklagte Partei urteilsmäßig zu verhalten, ihr den Betrag von S 865.427,-- samt 5 % Zinsen ab 3.5.1994 und die Prozeßkosten in der Höhe von S 89.511,07 zu bezahlen.
2. Der Bundesminister für Finanzen hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, mit der im wesentlichen die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes für die vorliegende Klage bestritten wird, da der klagenden Partei gem. §239 BAO einen Rückzahlungsantrag an das zuständige Finanzamt richten und damit einen Bescheid erwirken könne. Der Bundesminister beantragt daher die Klage aus Formalgründen zurückzuweisen.
2.1. Darauf hat die klagende Gesellschaft repliziert und ausgeführt, daß der Einwand der beklagten Partei unbeachtlich sei, da ein Antrag gem. §239 BAO nur dann zielführend sei, wenn ein Guthaben iSd. §215 Abs4 leg. cit. vorliege; das sei dann der Fall, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften die Summe aller Lastschriften übersteige und somit ein Überschuß zugunsten des Abgabepflichtigen vorliege. Ein Guthaben in Höhe des Klagsbetrages habe aber niemals vorgelegen.
2.2. Mit Schreiben vom 19.8.1997 gestand der Bundesminister zwar zu, daß "die Einbringung eines Rückzahlungsantrages jedenfalls nur dann sinnvoll erscheint, wenn ein rückzahlbares Guthaben auf dem Abgabenkonto des Rückzahlungswerbers ausgewiesen ist. Die Verrechnung der vom Masseverwalter selbstberechneten und entrichteten Umsatzsteuer erfolgte nach §214 Abs4 lita BAO und konnte naturgemäß zu keinem rückzahlbaren Guthaben führen." Der Abgabenpflichtige habe aber die Möglichkeit, bei Bedenken über die Höhe einer Zahlungspflicht, innerhalb der dreißigjährigen Verjährungsfrist einen Antrag auf Ausfertigung eines Abrechnungsbescheides nach §216 BAO einzubringen. Die Bestimmung des §216 BAO ermögliche dem Abgabepflichtigen die Klärung abgabenbehördlicher Gebarungsakte, auch wenn diese den Angaben des Abgabepflichtigen entsprechend erfolgt seien. Da die Einbringung eines Antrages auf Ausfertigung eines Abrechnungsbescheides noch nicht verjährt und über diesen Antrag mit rechtsmittelfähigem Bescheid abzusprechen sei, sei die Klage unzulässig.
2.3. Die klagende Partei hat auch darauf repliziert und ausgeführt, daß gem. §216 BAO kein Abspruch darüber erzielt werden könne, ob am Abgabenkonto des Gemeinschuldners gebuchte Zahlungsverpflichtungen und Gutschriften Masseforderungen oder Konkursforderungen seien. Im gegenständlichen Fall sei jedoch gerade die Differenzierung in Masseforderungen oder Konkursforderungen bzw. der Abspruch darüber Voraussetzung für die Feststellung eines Guthabens. §216 BAO habe daher im gegenständlichen Fall keine Relevanz, weshalb der Einwand der beklagten Partei unbeachtlich sei.
3. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Frage der Zulässigkeit erwogen:
3.1. Nach Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof u.a. über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.
3.2. Mit der vorliegenden Klage wird die Rückerstattung von (behauptetermaßen) irrtümlich als Masse- (anstatt als Konkurs-)forderungen gewerteten Umsatzsteuerbeträgen begehrt, die dem Bund bezahlt worden seien.
Damit macht die klagende Partei nicht etwa einen sich aus der irrtümlichen Zahlung einer Nichtschuld (bzw. aus der daraus folgenden Bereicherung des Bundes) ergebenden Rückforderungsanspruch geltend, zumal sie nicht in Zweifel zieht, daß eine fällige Umsatzsteuerforderung in der genannten Höhe auch tatsächlich rechtens bestanden hat. Sie macht vielmehr lediglich geltend, daß der Bund auf diese Forderung, die bloß eine Konkursforderung gewesen sei, dadurch eine zu dieser Zeit und in dieser Höhe nicht gebührende Deckung erlangt hat, daß sie als Masseforderung befriedigt wurde.
Damit ficht sie bloß die Zahlung des Masseverwalters wegen inkongruenter Deckung an. Die Klage ist somit eine vom Typus der §§27 ff KO. Für derartige Klagen, die auf die Anfechtung einzelner Rechtshandlungen (hier: der Zahlung einer öffentlich-rechtlichen Schuld) abzielen, sind aber auch dann die ordentlichen Gerichte zuständig, wenn die Zahlung zur Erfüllung einer (dem Grund und der Höhe nach unbestrittenen) öffentlich-rechtlichen Forderung gedient hat und die Gebührlichkeit der Zahlung ausschließlich von konkursrechtlichen Gesichtspunkten abhängt. Auch wenn das Konkursrecht bzw die Anfechtungsordnung nur verkürzten Gläubigern ein Anfechtungsrecht einräumt (wie es scheint), so ändert dies hinsichtlich der Anfechtung durch den ehemaligen Gemeinschuldner nichts an der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte, sondern wäre eine Frage der Sachentscheidung.
Die Klage war daher als unzulässig zurückzuweisen.
4. Dies konnte gem. §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
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