VfGH V55/00

VfGHV55/0027.11.2000

Keine Gesetzwidrigkeit der Festlegung der Baugrenzlinie einer Garage zum benachbarten Grundstück in einem Bebauungsplan; keine Beeinträchtigung des Grundstücks des Nachbarn; keine Gesetzwidrigkeit wegen Unterschreitung des gesetzlichen Seitenabstandes

Normen

B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
Bebauungsplan der Gemeinde Hallwang vom 27.12.96
Sbg BebauungsgrundlagenG §25 Abs7 lita
Sbg RaumOG 1992 §31 Abs5
Sbg RaumOG 1992 §40 Abs1
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
Bebauungsplan der Gemeinde Hallwang vom 27.12.96
Sbg BebauungsgrundlagenG §25 Abs7 lita
Sbg RaumOG 1992 §31 Abs5
Sbg RaumOG 1992 §40 Abs1

 

Spruch:

Die Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Hallwang vom 27. Dezember 1996 "Bebauungsplan der Grundstufe, (§28 ROG 1992), SO - Bereich Mayrwies", kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde Hallwang in der Zeit zwischen 15. Jänner 1997 und 29. Jänner 1997, wird, soweit sie auf dem Grundstück GP 2110/14, KG Hallwang I, die Baugrenzlinie der Garage zum Grundstück GP 2117/2 festlegt, nicht als gesetzwidrig aufgehoben.

Im Übrigen wird das Verordnungsprüfungsverfahren eingestellt.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist eine zu B2985/97 protokollierte Beschwerde gemäß Art144 B-VG gegen einen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 20. Oktober 1997 anhängig, mit dem der Vorstellung des beschwerdeführenden Nachbarn gegen den dem Bauwerber die nachträgliche baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Garage auf dem Grundstück GP 2110/14, KG Hallwang, bestätigenden Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde Hallwang vom 12. März 1997 keine Folge gegeben wurde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) und in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm ("Bebauungsplan der Grundstufe, (§28 ROG 1992), SO - Bereich Mayrwies") verletzt.

Die Salzburger Landesregierung als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

2. Aus Anlass der Beschwerde gegen den Vorstellungsbescheid der Salzburger Landesregierung hat der Verfassungsgerichtshof am 13. Juni 2000 beschlossen, gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Hallwang vom 27. Dezember 1996 "Bebauungsplan der Grundstufe, (§28 ROG 1992), SO - Bereich Mayrwies", kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde Hallwang in der Zeit zwischen 15. Jänner 1997 und 29. Jänner 1997, soweit sie auf dem Grundstück GP 2110/14, KG Hallwang I, die Baugrenzlinie der Garage zum Grundstück GP 2117/2 und die Baufluchtlinie der Garage zur Verkehrsfläche, Grundstück GP 2111/1 festlegt, von Amts wegen zu prüfen. Der Gerichtshof nahm jedoch in Aussicht, dass im Verordnungsprüfungsverfahren der Beschlussfassung zugrundeliegende sachliche Erwägungen zur Abänderung des angefochtenen Bebauungsplans offen gelegt werden, die als ausreichend angesehen werden könnten.

Der Verfassungsgerichtshof stellte den Sachverhalt bezüglich der Erlassung des in Prüfung gezogenen Bebauungsplans dar und ließ die Frage des Umfangs der Präjudizialität des in Prüfung gezogenen Bebauungsplans offen.

3. Aus folgenden Gründen hegte der Verfassungsgerichtshof jedoch Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplans der Gemeinde Hallwang vom 27. Dezember 1996:

"(...) Es scheint, dass keine der gesetzlich festgelegten Voraussetzungen für die Änderung der das Grundstück betreffenden Festlegungen des Bebauungsplanes vorlag.

Nach §40 Abs1 lita und b ROG 1992 LGBl. Nr. 98/1992 idF LGBl. Nr. 47/1996 sind Bebauungspläne bei Änderung des Flächenwidmungsplanes oder Planungen und sonstigen Maßnahmen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zu ändern, soweit dies erforderlich ist. Der Verfassungsgerichtshof vermag vorläufig aus den Verwaltungsakten nicht zu ersehen, dass im vorliegenden Fall eine Änderung des Bebauungsplanes, soweit er sich auf die Festlegungen der Garage auf dem Grundstück GP 2110/14 bezieht, im Sinne dieser Vorschrift geboten gewesen wäre.

Auch die im §40 Abs1 ROG 1992 normierte Voraussetzung für die Änderung von Bebauungsplänen dürfte nicht vorgelegen sein. Nach dieser Bestimmung können Bebauungspläne geändert werden, wenn die Änderung dem räumlichen Entwicklungskonzept der Gemeinde und dem Flächenwidmungsplan entspricht und hiedurch eine dem bisherigen Bebauungsplan entsprechende bauliche Entwicklung nicht erheblich gestört wird.

Im Hinblick auf das Erfordernis der dem bisherigen Bebauungsplan entsprechenden baulichen Entwicklung scheint auch eine Auseinandersetzung mit den baulichen Festlegungen in Bezug auf Nachbargrundstücke erforderlich zu sein.

Es hat den Anschein, dass der in Rede stehende Änderungs-Bebauungsplan in dem hier präjudiziellen Umfang nicht eine Sanierung von Ausnahmefällen aus sachlichen Gründen vorgenommen hat, sondern punktuell und ohne erkennbaren sachlichen Grund eine Regelung für ein einziges Grundstück allein zu dem Zweck getroffen hat, um für die nachträgliche Erteilung der Baubewilligung für die auf dem Grundstück 2110/14 in Widerspruch zum ursprünglichen Bebauungsplan, nämlich in rechtswidriger Unterschreitung des darin festgelegten Seitenabstandes zum Grundstück 2117/2, errichtete Garage die (bis dahin fehlende) rechtliche Grundlage zu schaffen. Damit dürfte der Verordnungsgeber gegen das - auch für ihn geltende - Gleichheitsgebot verstoßen haben. Die bisherige Judikatur (siehe etwa VfSlg. 15.104/1998 mwH) zur nachträglichen Sanierung flächen- bzw. bebauungsplanwidriger Bauführungen durch den Verordnungsgeber sah bereits in dem ausschließlichen Sanierungszweck der Verordnung einen Mangel sachlicher Erwägungen.

Im Erkenntnis VfSlg. 14.681/1996 nahm der Verfassungsgerichtshof eine Gleichheitsverletzung an, wenn der Gesetzgeber schlechthin eine nachträgliche Baubewilligung ursprünglich rechtswidrig errichteter Bauten vorsieht. Die Tatsache, dass die Maßnahme ausschließlich einem Sanierungszweck dient, schadet dabei noch nicht. Er hob §3 Tir. Freilandbautengesetz idF LGBl. 82/1994 auf und sprach aus:

'Der Verfassungsgerichtshof bleibt auch bei seiner, bereits in seinen Prüfungsbeschlüssen angedeuteten Auffassung, daß es der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber nicht verwehrt, in bestimmten Fällen die nachträgliche Erteilung der Baubewilligung für bereits errichtete Bauwerke vorzusehen, die im Widerspruch zur Flächenwidmung errichtet oder verwendet werden, sofern sich in jenen Fällen die nachträgliche Erteilung der Baubewilligung sachlich rechtfertigen läßt. So erschiene es beispielsweise sachlich gerechtfertigt, daß der Gesetzgeber unter ausnahmehaft formulierten Voraussetzungen eine Bauführung auch im Freiland für zulässig erklärt, weil überwiegende und entsprechend konkretisierte öffentliche Interessen (etwa an der Erhaltung einmal geschaffenen Wohnraums für die Bevölkerung und für diese notwendiger Gewerbebetriebe) das öffentliche Interesse an der Durchsetzung einer Freilandwidmung überwiegen oder weil trotz der Freilandwidmung die Bauführung im Einzelfall mit den Zielen der örtlichen Raumordnung für vereinbar angesehen werden kann oder weil auch eine Umwidmung des betreffenden Grundstücks sachlich zu rechtfertigen wäre. Im Gegensatz zum Titel des Freilandbautengesetzes, der nur von der 'ausnahmsweisen' Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland handelt, sieht das Gesetz jedoch völlig undifferenziert und schlechthin für vor dem 2. Jänner 1984 widmungswidrig errichtete oder verwendete Baulichkeiten eine nachträgliche Baubewilligung vor und ist somit auch keiner verfassungskonformen Auslegung im Wege der teleologischen Reduktion seines sachlichen Anwendungsbereiches auf sachlich gerechtfertigte Ausnahmefälle zugänglich.'

In den Erkenntnissen vom 3. März 1999, G132/98, G200/98, G219/98, G17/99, G31/99 zu §113 Abs2a und 2b der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. für das Land Niederösterreich 8200-13 und §77 Abs1 zweiter Satz der NÖ Bauordnung 1996, LGBl. für das Land Niederösterreich 8200-0, und VfSlg. 14.763/1997 zu ArtII der Novelle zum Burgenländischen Raumplanungsgesetz, hatte der Verfassungsgerichtshof die gleichen verfassungsrechtlichen Bedenken, nämlich dass es dem Gleichheitssatz widerspricht, wenn der Gesetzgeber schlechthin, ohne sachliche Differenzierung Personen, die sich rechtswidrig verhielten, indem sie nicht nur ohne die gesetzlich erforderliche Baubewilligung, sondern möglicherweise auch unter Missachtung der rechtskräftigen Verweigerung einer Baubewilligung entgegen der rechtsverbindlichen Flächenwidmung ein Bauwerk errichteten, besser stellt als jene Personen, die in Übereinstimmung mit der Rechtsordnung auf eine konsenslose Bauführung entgegen der bestehenden Flächenwidmung verzichteten.

(...) Die ergänzenden Erläuterungen zum Bebauungsplan scheinen der Beschlussfassung des Gemeinderats vom 27. Dezember 1996 nicht zugrunde gelegt worden zu sein. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass im Verordnungsprüfungsverfahren der Beschlussfassung zugrundeliegende sachliche Erwägungen zur Abänderung des angefochtenen Bebauungsplans offen gelegt werden, die als ausreichend angesehen werden können.

Dem Vorbringen der belangten Behörde, es handle sich bei dem vorläufig in Prüfung gezogenen Bebauungsplan um einen Rechtsakt sui generis, ist vorläufig entgegen zu halten, dass die Garage gemäß §33 Abs2 ROG 1992 (Bauhöhe) möglicherweise kein oberirdisches Geschoss darstellt ('...über mindestens die Hälfte seiner Fläche mehr als einen Meter über das angrenzende gewachsene Gelände oder bei Geländeabtragung über das neu geschaffene Niveau herausragt.'), jedoch einen der Definition der Baugrenz-, bzw. Baufluchtlinien §31 Abs1 und 3 ROG 1992 entsprechenden oberirdischen Bau.

(...) Dazu kommt, dass der vorläufig in Prüfung gezogene Bebauungsplan auch mit einer inhaltlichen Gesetzwidrigkeit behaftet zu sein scheint.

§25 Abs3 und 7 Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz, LGBl. Nr. 69/1968 idF LGBl. Nr. 47/1996 lauten:

'§25

...

(3) Für den Abstand der Bauten von der Grundgrenze gegen die Verkehrsfläche gilt die Baufluchtlinie oder die Baulinie. Im übrigen müssen die Bauten im Bauplatz so gelegen sein, daß ihre Fronten von den Grenzen des Bauplatzes jeweils einen Mindestabstand im Ausmaß von Dreiviertel ihrer Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe, jedenfalls aber von 4 m, haben. Grenzt der Bauplatz an Flächen an, die ihrer Bodenbeschaffenheit nach nicht bebaubar sind (Gewässer, Böschungen u. dgl.), vermindert sich dieser Abstand auf die Hälfte dieses Abstandes, nicht jedoch unter 4 m. Die Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe ist an der jeweiligen Front vom gewachsenen Gelände aus zu berechnen. Nicht als oberste Dachtraufe gelten hiebei Traufen von bloß geringfügiger Länge, die keinen negativen Einfluß auf die sonst gegebenen Besonnungs- und Belichtungsverhältnisse ausüben (Traufen von Krüppel- oder Schopfwalmen).

...

(7) Die vorstehenden Bestimmungen gelten nicht

a) wenn aus Gründen der Erhaltung eines gegebenen Ortsbildes eine besondere Lage des Baues im Bauplatz erforderlich ist;

b) für Betriebsbauten innerhalb der im Flächenwidmungsplan als Industriegebiete ausgewiesenen Gebiete, jedoch nicht hinsichtlich der Abstände dieser Bauten von der Grenze des Industriegebietes;

c) für Betriebsbauten innerhalb der im Flächenwidmungsplan als Gewerbegebiet ausgewiesenen Gebiete hinsichtlich des Abstandes zueinander;

d) für Transformatorenstationen mit einer bebauten Fläche bis zu 50 m²;

e) für Sonderbauten im Sinne des §33 Abs4 Z. 2 ROG 1992;

f) für Nebengebäude für Wirtschaftsräume (Waschküchen, Brennstofflager, Abstellräume u. dgl.), wenn sie eine Höhe von 3 m bis zur Dachtraufe und eine bebaute Fläche von 50 m² nicht überschreiten und wenn sie auf benachbarten Bauplätzen an der Grundgrenze aneinander gebaut und einheitlich gestaltet werden.'

Die durch den Bebauungsplan auf dem Grundstück 2110/14 festgelegte Baugrenzlinie der Garage zum Grundstück 2117/2 beträgt 0,5 m. Das krasse Abweichen der im Bebauungsplan festgelegten Baugrenzlinie von den gesetzlichen Mindestabständen scheint durch die Gemeindevertretung keiner nachprüfbaren Rechtfertigung unterzogen worden zu sein.

(...) Die Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Hallwang vom 27. Dezember 1996 'Bebauungsplan der Grundstufe, (§28 ROG 1992), SO - Bereich Mayrwies' dürfte somit, soweit sie auf dem Grundstück 2110/14 die Baugrenzlinie der Garage zum Grundstück 2117/2 und die Baufluchtlinie der Garage zur Verkehrsfläche, Grundstück GP 2111/1 Garage festlegt, gegen das Gleichheitsgebot verstoßen und gesetzwidrig sein."

4. Die Gemeinde Hallwang erstattete eine Äußerung, in der sie die in Prüfung gezogene Verordnung mit folgenden Argumenten verteidigt:

Die Gemeinde Hallwang habe nicht beabsichtigt, eine punktuelle und unsachliche Regelung für ein einziges Grundstück zu treffen, um die nachträgliche Erteilung der Baubewilligung der Garage zu ermöglichen, sondern habe vielmehr einen im Ortsteil Mayrwies durchaus üblichen Zustand an Bebauungsbedingungen hergestellt und insofern dem Gleichheitsprinzip Genüge getan. Es sei aus Kostengründen und wegen des zu erwartenden neuen Raumordnungsgesetzes kein Bebauungsplan für den gesamten Bereich erstellt worden.

Die Gemeinde habe versucht, Klarheit in einer widersprüchlichen Situation zu schaffen. Nachdem das Bauvorhaben mit dem Bebauungsplan aus dem Jahr 1959 nicht übereinstimmte, sei das Vorhaben unter Bedachtnahme auf die gegebene Bebauungsstruktur in diesem Ortsteil modifiziert worden und 1990 ein vom Bauwerber angeregter, neuer Bebauungsplan erlassen worden. Im Zuge diverser Vorstellungsverfahren habe sich herausgestellt, dass der Bebauungsplan aus dem Jahr 1990 gesetzwidrig sei, da er keine Legende und keinen Erläuterungsbericht aufweise und insbesondere die Festlegung der Baufluchtlinien zu unterschiedlichen Interpretationen der Behörden geführt habe (Annahme der Baufluchtlinie von 5 bzw. 7 m in der Bauplatzerklärung bzw. Baubewilligung). Weiters sei unklar gewesen, ob es sich bei der Garage um einen oberirdischen Bau handle, für den die Baugrenz- bzw. -fluchtlinien maßgeblich seien (wie noch ein Schreiben der Ortsplanerin an die Gemeinde Hallwang vom 4. November 1996 zeige). Da die Errichtung der Garage der Planungsabsicht der Gemeinde Rechnung getragen habe, da auch die übrigen Häuser in diesem Ortsteil Garagen in ähnlicher Situierung aufgewiesen hätten, habe man im Jahr 1992 beabsichtigt, den Bebauungsplan 1990 zu ändern. Dies sei in der Folge nach einem Gutachten des Bauamtes bei der BH Salzburg-Umgebung abgelehnt worden, da der Bebauungsplan aus dem Jahr 1990 sowieso den Bauabsichten des Eigentümers entspräche. Der Bebauungsplan aus dem Jahr 1959, der mit dem "gesetzwidrigen" Bebauungsplan aus dem Jahr 1990 abgeändert werden sollte, habe nie existiert bzw. sei mangels Kundmachung nur eine Parzellierung. Auch sei man von diesem "Bebauungsplan" bei der Bebauung dieses Ortsteils im Zuge der Bauplatzerklärungen regelmäßig abgewichen.

Die Situierung der Garage entspreche der üblichen Bauweise des Ortsteils, der durch eine nicht unerhebliche Hangneigung geprägt sei. Als Vorteil gegenüber anderen Garagen sei zu vermerken, dass die Garagenzufahrt nicht direkt auf die Straße weise und daher die Zu- und Abfahrten nicht zu Beeinträchtigungen des Verkehrs auf der Gemeindestraße führen. Auch befinde sich auf dem Bauplatz eine Freifläche, auf der Fahrzeuge auf dem eigenen Grund abgestellt werden können.

Die Bebauungssituation sei allen Mitgliedern des Gemeinderats klar gewesen, auch dass die Garage keine Beeinträchtigung der Belichtungs- und Besonnungsverhältnisse auf dem Grundstück des Beschwerdeführers herbeiführen könne, da sie dieses Grundstück nur geringfügig überrage. Daher hätten keine Bedenken bestanden, die Baugrenzlinie so festzulegen. Es sei auch darauf Rücksicht genommen worden, dass das Wohnobjekt des Beschwerdeführers ebenfalls den gesetzlichen Mindestabstand zur Bauplatzgrenze F. unterschreite. Die mangelhafte Dokumentation der Grundlagenforschung sei zuzugeben, aber sei bedingt durch die jahrelange Auseinandersetzung mit dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Bebauungsplans aus 1959 und die Verwirrung um den Bebauungsplan aus 1990. Die Gemeinde Hallwang sei äußerst bemüht gewesen eine den gesetzlichen Bestimmungen und der üblichen Bebauung des Ortsteils Mayrwies entsprechende Lösung zu finden.

5. Die Salzburger Landesregierung erstattete ebenfalls eine Äußerung, in der sie die in Prüfung gezogene Verordnung rechtfertigt und einen Lageplan vorlegte.

Zur Frage der Präjudizialität verweist die Landesregierung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Z95/06/0107) und führt aus, dass der auf derselben Straßenseite angrenzende Nachbar kein subjektives Recht auf Einhaltung einer bestimmten Baufluchtlinie zur Verkehrsfläche habe.

Zu den inhaltlichen Bedenken führt die Landesregierung aus, dass die Änderung des Bebauungsplans in §40 Abs1 erster Satz ROG begründet sei. Die Übereinstimmung der Änderung des Bebauungsplans mit dem räumlichen Entwicklungskonzept und dem Flächenwidmungsplan sei nicht bestritten worden. Die dem bisherigen Bebauungsplan entsprechende bauliche Entwicklung würde gemäß der für Raumplanungsangelegenheiten zuständigen Abteilung nicht erheblich gestört werden. Sie habe dies durch einen Lageplan belegt, der zeige, dass die Situierung der Garage der üblichen Bauweise in diesem Ortsteil entspreche. Laut der Planungsabteilung sei die in der gutachterlichen Stellungnahme vom 25. Februar 1983 angeführte planerische Zielsetzung der "Freihaltung des Straßenraumes in baulicher und sichtmäßiger Hinsicht" auf Grund der gegebenen Baulichkeiten, Einfriedungen und Thujenhecken nicht mehr möglich.

Die in Rede stehende Garage überrage nun mit immerhin einer Gesamthöhe von ca. 3 m (am tiefsten Punkt gemessen) auf Grund der gegebenen Hanglage die angrenzende Grundparzelle 2117/2 nur geringfügig. Aufgrund der Lage sei mit keiner Beeinträchtigung der Besonnung und Belichtung sowie Lärmbeeinträchtigung gemäß §31 Abs5 ROG (Baugrenzlinien) zu rechnen. Beim Bau von Garagen würden außerdem in Bezug auf erforderliche Mindestabstände andere Wertungen bestehen als bei anderen Bauten. Gemäß §13 Abs4 Garagenordnung könnten Kleingaragen unter bestimmten Voraussetzungen auch direkt an der Nachbargrenze zugelassen werden - dies auch ohne Zustimmung oder trotz Verweigerung der Zustimmung des Nachbarn (vgl. §13 Abs5 Garagenordnung), der somit nur ein Recht auf Ausübung des Ermessens im Sinne des Gesetzes habe. Die Verordnung sei somit sachlich gerechtfertigt.

6. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt auszusprechen, die Verordnung nicht wegen Gesetzwidrigkeit aufzuheben.

7. Der Beschwerdeführer des Anlassverfahrens erstattete ebenfalls eine Äußerung.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes, dass die zu B2985/97 protokollierte Beschwerde zulässig ist, hat sich als zutreffend erwiesen.

Der Verfassungsgerichtshof ist allerdings nunmehr der Ansicht, dass der Bebauungsplan vom 27. Dezember 1996 nur hinsichtlich der Baugrenzlinie der Garage auf dem Grundstück GP 2110/14 zum Grundstück GP 2117/2 präjudiziell ist, da der Beschwerdeführer als ein auf derselben Straßenseite angrenzender Nachbar kein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der Baufluchtlinie gegenüber der Verkehrsfläche hat (vgl. VwGH, Z95/06/0107 vom 14.9.1995).

2. Der Verfassungsgerichtshof vermag jedoch seine oben wiedergegebenen Bedenken gegen den Bebauungsplan vom 27. Dezember 1996 auch bezüglich der Baugrenzlinie angesichts des sich darauf beziehenden Vorbringens der Gemeinde Hallwang im Verordnungsprüfungsverfahren und des von der Salzburger Landesregierung vorgelegten Lageplanes ("Garageneinfahrten Petersberg- und Zweigstraße") nicht aufrecht zu erhalten.

Der Bebauungsplan traf zwar eine nur für zwei Grundstücke geltende Regelung und schuf für die nachträgliche Erteilung der Baubewilligung der auf dem Grundstück 2110/14 im Widerspruch zum ursprünglichen Bebauungsplan errichteten Garage eine rechtliche Grundlage. Im Gegensatz zu den im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken wurde der Bebauungsplan nicht schlechthin zur nachträglichen Sanierung der Garage erlassen. Ihm lagen vielmehr sachliche Erwägungen zugrunde.

Sachliche Erwägungen, die einen Änderungsanlass des Bebauungsplans darstellen, sind grundsätzlich an Hand vorgelegter Akten nachzuweisen. Die Offenkundigkeit der Situierung der Garagen in dem an das Grundstück GP 2110/14 angrenzenden Gebiet (Petersberg- und Zweigstraße) - dargestellt in dem vorgelegten Lageplan - stellt jedoch eine ausreichende sachliche Rechtfertigung dar. Etliche Garagen wurden - wie aus dem Lageplan ersichtlich ist - unter Unterschreitung des gesetzlichen Mindestabstandes (gemäß §25 Abs3 Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz) errichtet, so auf den Grundstücken GP 2110/23, 2110/22, 2111/6, 2111/25, 2111/11, 2111/17, 2110/41; auch das Haus des Beschwerdeführers auf dem Grundstück GP 2117/2 hält zumindest punktuell den gesetzlichen Mindestabstand zum Grundstück GP 2110/14 nicht ein. Die Änderung des Bebauungsplans entspricht dem Flächenwidmungsplan und dem räumlichen Entwicklungskonzept und stört auch nicht erheblich eine dem bisherigen Bebauungsplan entsprechende bauliche Entwicklung (vgl. die Lage der übrigen Garagen). Somit war ein Änderungsanlass des Bebauungsplans gemäß §40 Abs1 ROG 1992 gegeben.

Die Baugrenzlinien sind unter Berücksichtigung der Besonnungs- und Belichtungsverhältnisse sowie der Lärmbeeinträchtigung der bestehenden oder zur Errichtung kommenden Bauten (§31 Abs5 ROG 1992) festzulegen. Eine derartige Beeinträchtigung des Grundstücks des Beschwerdeführers ist offenkundig nicht gegeben, da die Garage auf dem Grundstück GP 2110/14 aufgrund der Hanglage das Grundstück des Beschwerdeführers GP 2117/2 nur geringfügig überragt (dies ergibt sich auch aus einem von der belangten Behörde vorgelegten Foto).

§25 Abs7 lita Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz erlaubt eine Unterschreitung des gesetzlichen Mindestabstandes für die Festlegung von Baugrenzlinien ("wenn aus Gründen der Erhaltung eines gegebenen Ortsbildes eine besondere Lage des Baues im Bauplatz erforderlich ist") im Bebauungsplan. Die besondere Lage der Garage in Hanglage, die mangelnde Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks des Beschwerdeführers durch die errichtete Garage und die ähnliche Situierung von Garagen in dem an das Grundstück des Bauwerbers angrenzenden Gebiet rechtfertigen die den gesetzlichen Seitenabstand zum Grundstück des Beschwerdeführers unterschreitende Festlegung der Baugrenzlinie. Die vom Verfassungsgerichtshof gegen den Bebauungsplan der Gemeinde Hallwang vom 27. Dezember 1996 gehegten Bedenken treffen nicht zu.

Es war daher auszusprechen, dass die in Prüfung gezogene Verordnung vom 27. Dezember 1996 im Umfang der Präjudizialität nicht als gesetzwidrig aufgehoben und im Übrigen das Verordnungsprüfungsverfahren eingestellt wird.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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