Normen
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
Krankenordnung der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter Punkt 33
B-KUVG §69
ASVG §456
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
Krankenordnung der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter Punkt 33
B-KUVG §69
ASVG §456
Spruch:
Punkt 33 der Krankenordnung der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, kundgemacht in der Sozialen Sicherheit 1978, Amtliche Verlautbarungen Nr. 13/1978 und Nr. 14/1978, samt seinem Anhang in der Fassung der Amtlichen Verlautbarung Nr. 37/1988, Soziale Sicherheit 1988, war gesetzwidrig.
Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist verpflichtet, diesen Ausspruch unverzüglich im Bundesgesetzblatt II kundzumachen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Beschluß vom 1.12.1998, 10 ObS 380/98z, stellte der Oberste Gerichtshof (im folgenden: OGH) als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen aus Anlaß einer Revision des Klägers gegen ein Urteil des Oberlandesgerichtes Graz beim Verfassungsgerichtshof den auf Art89 Abs2 B-VG gestützten Antrag, gemäß Art139 Abs4 B-VG auszusprechen, daß Punkt 33 der Krankenordnung der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Soziale Sicherheit 1978, Amtliche Verlautbarung Nr. 13 und 14/1978, samt seinem Anhang in der Fassung der Sozialen Sicherheit 1988, Amtliche Verlautbarung Nr. 37/1988, - außer Kraft gesetzt durch die 20. Änderung der Krankenordnung (kundgemacht in der Sozialen Sicherheit 1996, Amtliche Verlautbarung Nr. 42/1996) - gesetzwidrig war.
Dieser Antrag erging in Erweiterung des Antrages des OGH vom 11.6.1996, 10 ObS 2163/93b, der lediglich auf den Pkt. 33 der Krankenordnung, nicht aber auch auf den Anhang zu diesem Punkt gerichtet war und den der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 5.10.1998 zur Zahl V99/96 als zu eng gefaßt zurückgewiesen hat.
1.2. In seinem Antrag gibt der OGH die angefochtene Vorschrift samt ihrem Anhang in den genannten Fassungen wörtlich wieder und führt dazu aus, daß dem Kläger im September 1994 nach vorangegangener zahnärztlicher Beratung im Unterkiefer eine 15-teilige Brückenkonstruktion eingesetzt worden sei, die mit zwei Freiendgliedern für die beiden rechten unteren Mahlzähne und dem Ersatz der vier Frontzähne sowie dem Ersatz der beiden linken unteren Backenzähne und anschließenden Mahlzähne bis zum unteren Weisheitszahn reiche. Die Brücke, die rechts auf den beiden Backenzähnen und im anschließenden Eckzahn, links am Eckzahn und dem Weisheitszahn fixiert sei, mache im gesamten einen stabilen Eindruck und weise keine Lockerung auf. Die Gebißsanierung habe sich beim Kläger als medizinisch notwendig erwiesen. Es wäre aber auch eine Lösung in Form eines abnehmbaren Zahnersatzes möglich gewesen.
Nach der derzeitigen Lehrmeinung aller Universitätskliniken Österreichs sei die beim Kläger gewählte Brückenkonstruktion als riskant zu beurteilen, doch könne angenommen werden, daß die Konstruktion beim Kläger eine Haltbarkeitsdauer von rund sechs bis acht Jahren erreichen werde.
Mit Bescheid vom 25.10.1994 habe die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (im folgenden: BVA) den Antrag des Patienten auf Ersatz der Kosten des Zahnersatzes mit der Begründung abgewiesen, daß die Brücke Anlaß zu statischen bzw. medizinischen Bedenken gebe.
Gegen diesen Bescheid habe der Patient Klage mit dem Begehren erhoben, die BVA zu einer Ersatzleistung in Höhe von S 21.000,-- zu verpflichten, da pro Zahn eine Ersatzleistung von zumindest S 1.400,-- erbracht werde. Da von der beklagten Partei gemäß §69 Abs2 iVm Abs6 B-KUVG die Kosten der Beschaffung des unentbehrlichen Zahnersatzes in der Höhe des Betrages zu ersetzen seien, der bei Inanspruchnahme eines Vertragspartners aufzuwenden gewesen wäre, müsse sie daher jedenfalls für den Ersatz von 15 Zähnen ß S 1.000,-- aufkommen.
Die beklagte Partei habe die Klagsabweisung mit der Begründung beantragt, daß die Brücke zu statischen und medizinischen Bedenken Anlaß gebe. Außerdem handle es sich um eine Freiendbrücke, sodaß aufgrund des Punktes 33 Abs2 der Krankenordnung der BVA Kosten hiefür nicht zu übernehmen seien.
Das Erstgericht habe dem Klagebegehren abgesehen von der in weiterer Folge unangefochten gebliebenen Abweisung des Zinsenbegehrens mit der Begründung stattgegeben, daß eine Ersatzleistung nach Punkt 33 Abs2 der Krankenordnung der BVA nicht in Frage komme, weil die Brückenkonstruktion mit Risikofaktoren behaftet sei. Es bestehe jedoch die Verpflichtung der beklagten Partei, dem Kläger gemäß §69 Abs2 B-KUVG den unentbehrlichen Zahnersatz zu gewähren.
Über Berufung der beklagten Partei sei das Klagebegehren vom Berufungsgericht abgewiesen worden. Es habe ausgeführt, daß die beklagte Partei gemäß §69 Abs2 B-KUVG nur den unentbehrlichen Zahnersatz zu gewähren und dementsprechend nur Leistungen zu erbringen habe, die zur Erreichung des angestrebten Zieles zweckmäßig seien. Die Brückenkonstruktion im Unterkiefer des Klägers entspreche jedoch aus verschiedenen Gründen nicht dem von der herrschenden Lehre geforderten Standard und sei daher bedenklich und riskant. Aus diesem Grund scheide ein Anspruch gemäß Punkt 33 der Krankenordnung aus. Auf §69 Abs6 B-KUVG könne der Anspruch nicht gestützt werden, weil diese Bestimmung nur eine Regelung für den Fall der Inanspruchnahme eines Nichtvertragsarztes treffe, jedoch keinen eigenständigen Leistungsanspruch schaffe. Ein Bereicherungsanspruch scheide aus, weil Ansprüche gegen den Versicherungsträger nur im Rahmen des sozialversicherungsrechtlichen Schuldverhältnisses geltend gemacht werden könnten.
Gegen dieses Urteil richte sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde. Die beklagte Partei habe beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
2.1. Zur Präjudizialität der angefochtenen Vorschrift führt der OGH aus, daß sich der dem Ersatzanspruch des Klägers zugrunde liegende Sachverhalt im September 1994 und damit vor Inkrafttreten der 20. Änderung der Krankenordnung der BVA ereignet habe, welche in dem neu eingefügten Punkt 75 bestimme, daß u.a. Punkt 33 der Krankenordnung samt ihrem Anhang auf Sachverhalte, die sich nach Ablauf des Tages der Kundmachung der
20. Änderung ereignen, nicht mehr anzuwenden sei. Der gesamte Punkt 33 der Krankenordnung sei bei der Prüfung des Anspruches des Klägers anzuwenden. Einerseits werde durch dessen Abs1 im Zusammenhang mit dem Anhang zur Krankenordnung die Höhe des Zuschusses zu den im Abs1 genannten Zahnersatzleistungen festgelegt; andererseits lege der Abs2 dieser Vorschrift grundsätzliche Voraussetzungen für den Leistungsanspruch fest und bestimme überdies Leistungsausschlüsse für bestimmte Arten des Zahnersatzes.
Bei der Krankenordnung handle es sich um eine Verordnung, wobei sich deren Punkt 33 als Durchführungsbestimmung zu §69 Abs2 B-KUVG darstelle. Die Vorgangsweise des Erstgerichtes, das den Anspruch des Klägers nach Punkt 33 Abs2 letzter Satz der Krankenordnung verneinte, die Berechtigung des Begehrens jedoch unmittelbar aus §69 Abs2 B-KUVG ableitete, sei daher verfehlt. Solange eine wirksame Verordnung bestehe, die einen Anspruch ausschließe, sei es unzulässig, unter Übergehung der Verordnung die die Grundlage der Verordnung bildenden gesetzlichen Bestimmungen als Anspruchsgrundlage heranzuziehen. Grundsätzlich bilde die Verordnung die Entscheidungsgrundlage. Punkt 33 der Krankenordnung, sowie sein, im Sinne des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 5.10.1998, V99/96, in untrennbarem Zusammenhang stehender Anhang, seien daher präjudiziell.
2.2. Gegen die angefochtene Vorschrift hegt der OGH die folgenden Bedenken:
Aus §456 ASVG ergebe sich, daß der Träger der Krankenversicherung eine Krankenordnung aufzustellen habe, in welcher insbesondere die Pflichten der Versicherten und der Leistungsempfänger im Leistungsfalle, das Verfahren bei der Inanspruchnahme von Leistungen der Krankenversicherung und die Kontrolle der Kranken zu regeln seien. Der angefochtene Punkt 33 der Krankenordnung regle jedoch nicht eine der genannten Angelegenheiten, sondern lege fest, für welche Leistungen des Zahnersatzes die beklagte Partei Zuschüsse leiste, und welchen Erfordernissen der Zahnersatz entsprechen müsse, damit hiefür eine Leistung der Krankenversicherung erbracht werde. Für eine solche Regelung fehle jedoch die gesetzliche Grundlage im B-KUVG. Wenn auch das Wort "insbesondere" im §456 ASVG zulasse, daß in der Krankenordnung auch andere als die im Gesetz ausdrücklich angeführten Angelegenheiten geregelt werden, so müsse es sich doch im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung um den angeführten vergleichbare Angelegenheiten handeln, weil sonst §456 ASVG wegen Undeterminiertheit verfassungswidrig wäre. Diese Bedenken träfen - wiederum im Sinne des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 5.10.1998, V99/96 - in gleicher Weise auch auf den Anhang des Punktes 33 der Krankenordnung zu.
Im übrigen weist der OGH darauf hin, daß der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis VfSlg. 13236/1992 die Bestimmung des §12 Abs3 der Krankenordnung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern als gesetzwidrig aufgehoben habe, weil dort entgegen dem dem §456 ASVG entsprechenden §214 BSVG Regelungen über die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Zahnersatz enthalten gewesen seien.
Nach §69 B-KUVG sei zwar die Gewährung der Zahnbehandlung nach Maßgabe der Bestimmungen der Satzung vorgesehen; eine Regelungsbefugnis hinsichtlich des unentbehrlichen Zahnersatzes nach §69 Abs2 B-KUVG könne dieser Vorschrift aber nicht entnommen werden. Aus der Systematik der zitierten Vorschrift könnte allerdings geschlossen werden, daß man die Ermächtigung des §69 Abs1 B-KUVG, nähere Regelungen im Wege der Satzung zu erlassen, auch auf Zahnersatzleistungen beziehen könne. Diese Frage könne jedoch auf sich beruhen, weil die angefochtene Vorschrift keine Satzungsbestimmung, sondern eine solche der Krankenordnung sei.
3.1. Der angefochtene Punkt 33 der Krankenordnung der BVA, Amtliche Verlautbarung Nr. 13/1978 und Nr. 14/1978, Soziale Sicherheit (vom 15.2.) 1978, lautet wie folgt:
"33. (1) Die BVA gewährt für die Kosten von vertraglich nicht sichergestellten, individuell angefertigten Zahnkronen, Stiftzähnen und Brücken je Einheit einen Zuschuß bis zur Höhe des im Anhang zur Krankenordnung angeführten Betrages, wenn die Erhaltung eines Zahnes mit gesunder oder sanierter Wurzel bzw. die Wiederherstellung seiner Funktion durch andere konservierende Methoden nicht mehr möglich ist. Dieser Zuschuß wird bei neuerlicher Anfertigung von Zahnkronen, Stiftzähnen und Brücken frühestens nach Ablauf von vier Jahren geleistet.
(2) Weitere Voraussetzungen für die Gewährung des Zuschusses ist die Beseitigung einer störenden Lücke durch den Stiftzahn; Zahnbrücken müssen einen für die Kaufunktion empfindlichen Zahnmangel beheben oder störende Lücken beseitigen. Bei entsprechender medizinischer Indikation schließt ein herausnehmbarer Zahnersatz im gleichen Kiefer die Gewährung des Zuschusses zu den Kosten einer Zahnbrücke nicht aus. Freiendbrücken im Seitenzahnbereich sowie Brücken, die zu statischen oder medizinischen Bedenken Anlaß geben, werden nicht vergütet."
3.2. Der "Anhang zur Krankenordnung" lautet idF der Amtlichen Verlautbarung Nr. 37/1988, Soziale Sicherheit 1988:
"Zu Punkt 23:
...
Zu Punkt 33. (1)
Für Zahnkronen, Stiftzähne und Brücken wird je Einheit ersetzt:
Ab 1.1.1975 bis ...................................S 1.200,-
..."
3.3. In der Sozialen Sicherheit 1996, Amtliche Verlautbarung Nr. 42/1996, wurde die 20. Änderung der Krankenordnung der BVA verlautbart, mit welcher dem Punkt 74 der Krankenordnung der folgende Punkt 75 angefügt wurde:
"Wirksamkeit
75. Auf Sachverhalte, die sich nach Ablauf des Tages der Kundmachung der 20. Änderung ereignen, sind folgende Bestimmungen dieser Krankenordnung nicht mehr anzuwenden:
Punkt 1 Abs2 bis 5; ... ; Punkte 29 bis 33; ... ; Punkte 72 bis 74 sowie der Anhang zur Krankenordnung."
3.4. §456 Abs1 ASVG idF BGBl. Nr. 20/1994, der nach §158 B-KUVG hinsichtlich der Krankenordnung der BVA gilt, hat folgenden Wortlaut:
"§456. (1) Die Träger der Krankenversicherung haben eine Krankenordnung aufzustellen, die insbesondere die Pflichten der Versicherten und der Leistungsempfänger im Leistungsfalle, das Verfahren bei Inanspruchnahme von Leistungen der Krankenversicherung und die Kontrolle der Kranken zu regeln hat.
§455 Abs1 ist anzuwenden."
3.5. §69 B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967 idF BGBl. Nr. 35/1973, lautet wie folgt:
"Zahnbehandlung und Zahnersatz"
§69. (1) Zahnbehandlung ist nach Maßgabe der Bestimmungen der Satzung zu gewähren. Als Leistungen der Zahnbehandlung kommen chirurgische Zahnbehandlung, konservierende Zahnbehandlung und Kieferregulierungen, letztere soweit sie zur Verhütung von schweren Gesundheitsschädigungen oder zur Beseitigung von berufsstörenden Verunstaltungen notwendig sind, in Betracht.
(2) Die Versicherungsanstalt hat den unentbehrlichen Zahnersatz zu gewähren.
(3) Zahnbehandlung und Zahnersatz werden als Sachleistungen durch Vertragsärzte, Wahlärzte, nach den Bestimmungen des Dentistengesetzes, BGBl. Nr. 90/1949, auch durch Vertragsdentisten oder durch Wahldentisten oder durch Ärzte beziehungsweise Dentisten in eigenen hiefür ausgestatteten Einrichtungen der Versicherungsanstalt oder in Vertragseinrichtungen gewährt. §63 Abs2 gilt hiebei entsprechend. Insoweit Zuzahlungen zu den Leistungen der Zahnbehandlung und des Zahnersatzes vorgesehen sind, müssen diese in den Zahnambulatorien und bei den freiberuflich tätigen Vertragsfachärzten und Vertragsdentisten gleich hoch sein. In der Satzung und im Vertrag nicht vorgesehene Leistungen dürfen in den Zahnambulatorien nicht erbracht werden; in den Zahnambulatorien dürfen aber jedenfalls jene Leistungen erbracht werden, die am 31. Dezember 1972 Gegenstand eines Vertrages waren.
(4) Bei der Inanspruchnahme der chirurgischen oder konservierenden Zahnbehandlung durch einen Vertragsarzt oder Vertragsdentisten oder in einer eigenen Einrichtung (Vertragseinrichtung) der Versicherungsanstalt ist ein Zahnbehandlungsschein vorzulegen.
(5) Bei der Inanspruchnahme der Zahnbehandlung (der Gewährung des Zahnersatzes) als Sachleistung hat der Versicherte einen Behandlungsbeitrag zu entrichten. §63 Abs4 ist entsprechend anzuwenden, wobei im Falle der Inanspruchnahme skelettierter Metallprothesen einschließlich der Klammerzähne sowie von kieferorthopädischen Behandlungen die Satzung auch einen höheren Behandlungsbeitrag vorsehen kann.
(6) Nimmt der Anspruchsberechtigte nicht die Vertragspartner (§128) oder die eigenen Einrichtungen (Vertragseinrichtungen) der Versicherungsanstalt zur Erbringung der Sachleistung der Zahnbehandlung (des Zahnersatzes) in Anspruch, so gebührt ihm der Ersatz der Kosten einer anderweitigen Zahnbehandlung (der anderweitigen Beschaffung eines unentbehrlichen Zahnersatzes) in der Höhe des Betrages, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner aufzuwenden gewesen wäre. §59 ist entsprechend anzuwenden.
(7) Für die Übernahme von Reise(Fahrt-) bzw. Transportkosten gilt §83 entsprechend."
4.1. Der Vorstand der BVA hat eine Äußerung erstattet und die Verordnungsakten vorgelegt.
In der Äußerung wird zur Präjudizialität ausgeführt, daß, sollte der Anfechtung stattgegeben werden, hinsichtlich des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens keine Änderung der Rechtslage bewirkt werden würde. Als Entscheidungsgrundlage sei nämlich primär §69 Abs2 B-KUVG heranzuziehen, wonach unentbehrlicher Zahnersatz zu gewähren sei. Wie jedoch schon das Gericht zweiter Instanz zutreffend festgestellt habe, sei eine unzweckmäßige Brücke kein unentbehrlicher Zahnersatz iSd gesetzlichen Bestimmungen. Von der Zweckmäßigkeit eines Zahnersatzes könne nämlich nur gesprochen werden, wenn die gesetzte Maßnahme nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft objektiv geeignet gewesen sei, die beeinträchtigten Funktionen wieder herzustellen. Gehe man von dieser rechtlichen Beurteilung des Zahnersatzes aus, so scheide ein Kostenersatzanspruch bereits gemäß §69 Abs2 B-KUVG aus, ohne daß auf allfällige Durchführungsnormen zu dieser Bestimmung abzustellen wäre. Punkt 33 der Krankenordnung sei daher nicht anzuwenden und somit nicht präjudiziell. Selbst bei anderer Ansicht wäre nicht der gesamte Punkt 33 der Krankenordnung, sondern nur der letzte Satz des Punktes 33 Abs2 für die Entscheidung des OGH präjudiziell. Bei "exakter Betrachtung" habe es der OGH unterlassen, die bekämpfte Verordnungsstelle genau zu umschreiben.
Die Krankenordnung der Krankenversicherungsträger sei, historisch gesehen, als ein Leitfaden zur Inanspruchnahme der Leistungen betrachtet worden. Gemäß §158 B-KUVG iVm §465 ASVG seien die Themen, die in der Krankenordnung zu regeln sind, insbesondere die Pflichten der Versicherten und Leistungsempfänger im Leistungsfall, die Kontrolle der Kranken und das Verfahren bei Inanspruchnahme von Leistungen der Krankenversicherung. Gerade dieser Verfahrensteil dürfe aber nicht isoliert als reine Sammlung von Formalvorschriften zur Inanspruchnahme von Leistungen gesehen werden, sondern müsse im Kontext mit den anderen Rechtsquellen des Sozialversicherungsrechts auch materiell-rechtliche Hinweise enthalten.
Die angefochtene Bestimmung sollte die Anspruchsberechtigten dazu anhalten, bei der Versorgung mit dem unentbehrlichen Zahnersatz jenen zu wählen, der dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entspricht. Insofern lasse sich Punkt 33 der Krankenordnung durchaus als verfahrensleitende Bestimmung verstehen. Sollte diese Vorschrift nicht unter den Begriff der Verfahrensregelung subsumierbar sein, so handle es sich bei ihr aufgrund des aufgezeigten Zusammenhanges zumindest um eine vergleichbare Angelegenheit, die nach einer verfassungskonformen Interpretation des §456 ASVG in der Krankenordnung enthalten sein könne.
4.2. Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat den Verordnungsakt vorgelegt, im Hinblick auf das Erkenntnis VfSlg. 13236/1992 jedoch von der Erstattung einer Äußerung abgesehen.
5.1. Der Antrag ist zulässig.
Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iS des Art140 B-VG bzw. des Art139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, daß die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlaßfall bildet (zB VfSlg. 9811/1983, 10296/1984, 11565/1987, 12189/1989).
Der OGH hat die Präjudizialitätsfrage offenkundig denkmöglich bejaht: Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist ein Anspruch auf Ersatzleistung für eine Brücke und damit für eine Form des Zahnersatzes, hinsichtlich welcher der Punkt 33 der Krankenordnung der BVA in seinem Abs1 und 2 die Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschusses durch die BVA regelt. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluß vom 5.10.1998, V99/96, ausführte, bestimmt die Tarifposition "zu Punkt 33. (1)" des Anhanges zur Krankenordnung, der seinerseits einen Teil der Krankenordnung bildet, den für den Zahnersatz je Einheit konkret zu ersetzenden Geldbetrag und steht somit zu Punkt 33 der Krankenordnung in einem unmittelbaren, ihre Anwendbarkeit begründenden Sachzusammenhang.
Dem steht nicht entgegen, daß, wie die BVA in ihrer Äußerung ausführt, ein allfälliger Abschluß des Normenprüfungsverfahrens im Sinne des Antrages aufgrund bestehender gesetzlicher Vorschriften keine "Änderung der Rechtslage" (gemeint: kein anderes Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens im Anlaßfall) bewirken würde. Die Wirkung eines Normenprüfungsverfahrens auf das Anlaßverfahren ist nämlich ohne Bedeutung für die Präjudizialität (vgl. VfSlg. 4469/1963).
5.2. Der Antrag ist auch begründet.
Nach §456 Abs1 ASVG - diese Bestimmung ist zufolge des §158 B-KUVG anzuwenden - haben die Träger der Krankenversicherung eine Krankenordnung aufzustellen, die insbesondere die Pflichten der Versicherten und der Leistungsempfänger im Leistungsfalle, das Verfahren bei Inanspruchnahme von Leistungen der Krankenversicherung und die Kontrolle der Kranken zu regeln hat. Einen solchen Inhalt weist die angefochtene Vorschrift jedoch nicht auf. Sie normiert vielmehr Kriterien, denen ein Zahnersatz entsprechen muß, damit der Versicherungsträger eine Leistung gewährt und bestimmt in ihrem Anhang den für den je Einheit des Zahnersatzes konkret zu ersetzenden Geldbetrag.
Auch die Verwendung des Wortes "insbesondere" im §456 ASVG vermag, wie der OGH in seinem Antrag zutreffend ausführt, keine gesetzliche Deckung für die im Punkt 33 der Krankenordnung der BVA getroffene Regelung abzugeben, weil sonst §456 ASVG mangels hinreichender Determinierung selbst verfassungswidrig wäre (vgl. VfSlg. 13236/1992). Sonst findet sich keine Vorschrift im B-KUVG, die als ausreichende gesetzliche Deckung des angefochtenen Punktes 33 der Krankenordnung der BVA samt seinem Anhang herangezogen werden könnte. Auch die Vorschrift des §69 B-KUVG, welche Zahnbehandlung und Zahnersatz zum Gegenstand hat, ermächtigt nicht die Krankenordnung zu einer Regelung der getroffenen Art, sondern - was hier aber nicht näher zu prüfen ist - allenfalls die Satzung, welche aber gemäß §144 Abs1 Z4 B-KUVG von der Generalversammlung zu beschließen ist.
6. Die angefochtene, mit der Kundmachung der 20. Änderung der Krankenordnung in der Sozialen Sicherheit 1996 - somit vor dem Zeitpunkt dieses Erkenntnisses - außer Kraft getretene Verordnungsregelung entbehrte daher der gesetzlichen Deckung. Es war daher gemäß Art139 Abs4 B-VG auszusprechen, daß der angefochtene Punkt 33 der Krankenordnung der BVA samt seinem Anhang gesetzwidrig war.
Die Verpflichtung der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales zur unverzüglichen Kundmachung dieses Auspruches im Bundesgesetzblatt gründet auf Art139 Abs5 B-VG iVm §60 Abs2 VerfGG.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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