VfGH V10/96

VfGHV10/9630.9.1996

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer FleischuntersuchungsgebührenV mangels Legitimation des antragstellenden Tierarztes; Erwirkung eines Feststellungsbescheides über die Gebührlichkeit des dem Fleischuntersuchungsorgan zustehenden Entgelts bzw Klage auf Auszahlung desselben beim Verfassungsgerichtshof zumutbar

Normen

B-VG Art137 / sonstige Klagen
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Oö FleischuntersuchungsgebührenV 1995
B-VG Art137 / sonstige Klagen
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Oö FleischuntersuchungsgebührenV 1995

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. 1.a) Den Antragsbehauptungen zufolge ist der Antragsteller selbständiger Tierarzt in Schenkenfelden/Oberösterreich. Den Antragsausführungen kann entnommen werden, daß er als Fleischuntersuchungsorgan i.S. des Fleischuntersuchungsgesetzes, BGBl. 522/1982, idF des BG BGBl. 118/1994 sowie i.S. des O.ö. Fleischuntersuchungsgebührengesetzes, LGBl. 69/1995 (O.ö. FlUGG) tätig ist.

Die aufgrund des O.ö. FlUGG von der O.ö. Landesregierung am 28. August 1995 erlassene O.ö. Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung, LGBl. 70/1995, (O.ö. FlUGV 1995) legt die Höhe der für die Fleischuntersuchung zu entrichtenden Gebühren und auch jene der den Fleischuntersuchungsorganen zustehenden Entgelte fest (Näheres s.u. I.1.c).

b) Der Antragsteller begehrt mit dem vorliegenden, auf Art139 (Abs1 letzter Satz) B-VG gestützten Antrag vom 11. Dezember 1995, den §1 Abs3 und den §4 Abs1 der O.ö. FlUGV 1995 kostenpflichtig aufzuheben. Er legt mit näherer Begründung dar, weshalb diese Verordnungsbestimmungen dem Gesetz (nämlich dem O.ö. FlUGG) widersprächen.

Zur Antragslegitimation führt er aus:

"Zum Nachweis meiner Antragslegitimation verweise ich darauf, daß ich als Tierarzt selbständig berufstätig bin und meine Praxis in 4192 Schenkenfelden Nr. 280, betreibe. Durch die in §1 Abs3 und §4 Abs1, angefochtene Verordnung wird in meine Rechtssphäre unmittelbar und aktuell eingegriffen. Als nicht in meinem Dienstverhältnis zu einer Gemeinde stehendes Fleischuntersuchungsorgan habe ich Anspruch auf eine angemessene Entlohnung, welche durch die angefochtene Verordnung nicht gewährleistet ist. Es steht mir aber auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung um mich gegen diese rechtswidrigen Bestandteile dieser Verordnung zur Wehr setzen zu können. Meine Antragslegitimation ist daher gegeben."

c) Die zur Aufhebung beantragten Verordnungsbestimmungen lauten im Zusammenhang (die zu prüfenden Stellen sind hervorgehoben):

"§1

Höhe der Gebühren

(1) Für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung, die Durchführung der Trichinenschau, die Kontrolluntersuchung und die Überprüfungen gemäß dem Fleischuntersuchungsgesetz, BGBl. Nr. 522/1982, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 118/1994, haben die Abgabepflichtigen folgende Gebühren zu entrichten:

Tarifposten Gesamt- Grundgebühr Gemeinde- Ausgleichs-

gebühr (Gebühr für gebühr kassengebühr

das Fleisch-

untersuchungs-

organ

S S S S

A. Für die Schlacht-

tier- und

Fleischunter-

suchung:

(je Tier)

1. Einhufer und

Rinder 68,-- 61,-- 1,-- 6,--

2. Kälber bis

220 kg

Lebendgewicht 35,-- 30,50 0,50 4,--

3. .....

B. Für die Durch-

führung der

Trichinenschau

(je Tier) ... ... ... ...

C. .....

(2) .....

(3) Erreichen die gemäß §1 Abs1 Spalte 2 zu entrichtenden Gebühren für alle anläßlich eines Untersuchungsganges durchgeführten Untersuchungen (Tarifposten A bis G) zusammen nicht S 135,--, so erhöht sich die zu entrichtende Gebühr gemäß §1 Abs1 Spalte 2 auf S 135,-- (Mindestgebühr).

§2

Abschläge

.....

§3

Zuschläge

.....

§4

Wegentschädigung

(1) Für das Zurücklegen der Wege zur Durchführung der sich aus §1 Abs1 ergebenden Untersuchungen, Überprüfungen und Kontrollen gebührt bei Entfernungen über 1 km eine Wegentschädigung von S 5,-

- für jeden zurückgelegten Kilometer.

(2) .....

§5

Gebührenanteile der

Fleischuntersuchungsorgane, Gemeinden und

Fleischuntersuchungs-Ausgleichskasse

(1) Von den zu entrichtenden Gebühren entfallen

1. die Grundgebühr gemäß §1 Abs1 Spalte 2, die Gebühren gemäß §1 Abs3, §2 Abs1 und 3 und §3 sowie die Wegentschädigungen gemäß §4 auf die Fleischuntersuchungsorgane.

2. ....."

2. Landesrat Dr. H A erstattete namens der O.ö. Landesregierung - allerdings ohne Bezugnahme auf einen entsprechenden kollegial gefaßten Landesregierungsbeschluß - eine als "Gegenschrift" bezeichnete Äußerung. Darin wird das Begehren gestellt, den Antrag als unbegründet abzuweisen.

Auf die Frage, ob ein Landesregierungsbeschluß vorliegt (vgl. hiezu z.B. VfSlg. 10739/1985), braucht nicht eingegangen zu werden, weil - wie unten zu II.2 dargelegt wird - der Antrag ohnehin zurückzuweisen ist, was auch ohne weiteres Verfahren erfolgen kann (s. §19 Abs3 Z2 lite VerfGG).

II. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Frage der Zulässigkeit des Antrages erwogen:

1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 11726/1988, VfGH 28.11.1994 V125/94).

2. Ein solcher zumutbarer Weg steht dem Antragsteller hier offen:

Dem §6 Abs1 O.ö. FlUGG zufolge haben die Gemeinden die Höhe der zu entrichtenden Fleischuntersuchungsgebühr dem Abgabepflichtigen vorzuschreiben. Nach §6 Abs5 leg.cit. haben die Gemeinden das dem Fleischuntersuchungsorgan zustehende Entgelt bis zum 20. des Abrechnungsmonats zu überweisen.

Die Höhe des dem Fleischuntersuchungsorgan zustehenden (im öffentlichen Recht wurzelnden - vgl. §4 Abs2, 5, 6 und 7 FleischuntersuchungsG) Entgeltes ergibt sich (u.a.) aus der Spalte 2 des §1 Abs1, aus §1 Abs3 und aus §4 Abs1 O.ö. FlUGV (Texte s.o. I.1.c). Die Erlassung eines der Auszahlung des Entgeltes vorangehenden (Titel-)Bescheides sieht das Gesetz nicht vor.

Sofern allerdings über die Gebührlichkeit des dem antragstellenden Fleischuntersuchungsorgan zustehenden Entgeltes Streit besteht, hätte die Behörde mit (Feststellungs-)Bescheid zu entscheiden (vgl. z.B. VfSlg. 7172/1973, 8976/1980, 9045/1981, 10266/1984, 10756/1986, 12024/1989).

Liegt ein Streitfall nicht vor, so steht dem Fleischuntersuchungsorgan die Möglichkeit offen, beim Verfassungsgerichtshof eine Klage nach Art137 B-VG einzubringen (vgl. z.B. VfSlg. 11356/1987, 12197/1989, 13642/1993).

In jedem Fall hat also das Fleischuntersuchungsorgan (hier der Antragsteller) die Möglichkeit, seine Bedenken auf einem der beiden Wege an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, ohne jenen des Individualantrages beschreiten zu müssen.

Der Antrag war daher mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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