VfGH B1525/93,B1266/94

VfGHB1525/93,B1266/94B1525/93,B1266/9417.6.1995

Anlaßfallwirkung der Aufhebung des §6 der Bebauungsvorschriften der Marktgemeinde Perchtoldsdorf vom 17.12.85 idF des Beschlusses vom 25.02.87 mit E v 17.06.95, V353/94 ua.

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

 

Spruch:

Die beschwerdeführenden Parteien sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

Der mit der zu B1525/93 protokollierten Beschwerde bekämpfte Bescheid wird insoweit aufgehoben, als damit die Vorstellung abgewiesen wurde. Der mit der zu B1266/94 protokollierten Beschwerde bekämpfte Bescheid wird zur Gänze aufgehoben.

Das Land Niederösterreich ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei der zu B1525/93 protokollierten Beschwerde die mit S 15.000,- und der beschwerdeführenden Partei der zu B1266/94 protokollierten Beschwerde die mit S 18.000,-

bestimmten Prozeßkosten zuhanden ihrer Rechtsvertreter binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung wurde der Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Perchtoldsdorf, mit dem ihr der Auftrag zur Entfernung einer auf dem Grundstück Nr. 1594, KG Perchtoldsdorf, errichteten Gerätehütte, eines Ponyhengstunterstandes sowie einer Pferdekoppel erteilt wurde, "bezüglich der Pferdekoppel und des Ponyhengstunterstandes" stattgegeben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Im übrigen wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen.

In der auf Art144 B-VG gestützten, zu B1525/93 protokollierten Beschwerde bekämpft die Beschwerdeführerin den Bescheid insoweit, als damit die Vorstellung abgewiesen wurde, und rügt die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, "nämlich des §6 der Bebauungsvorschriften-Textteil der Marktgemeinde Perchtoldsdorf, beschlossen in der Sitzung des Gemeinderates vom 17. Februar 1985" (im folgenden: Bebauungsvorschriften).

2. Mit Bescheid derselben Behörde wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers der zu B1266/94 protokollierten Beschwerde gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Perchtoldsdorf, mit dem der Antrag auf Bewilligung für den Neubau eines Holzhauses auf den Grundstücken Nr. 1689/2 und 1690, KG Perchtoldsdorf, mit einer Grundfläche von ca. 40 m2 zur landwirtschaftlichen Nutzung der erwähnten Grundstücke (Nuß- und Obstkultur), wegen Widerspruchs zu den Bebauungsvorschriften abgewiesen.

In der auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf "Freiheit der Berufsausübung" und Unverletzlichkeit des Eigentums sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung der seiner Meinung nach gesetzwidrigen Bebauungsvorschriften.

3. Die Niederösterreichische Landesregierung beantragte in ihren Gegenschriften die Abweisung der Beschwerden. Ebenso begehrte die Marktgemeinde Perchtoldsdorf in ihren Äußerungen die Abweisung der Beschwerden.

II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlaß dieser Beschwerden gemäß Art139 B-VG beschlossen, §6 der Bebauungsvorschriften der Marktgemeinde Perchtoldsdorf vom 17. Dezember 1985, neugefaßt durch Beschluß des Gemeinderates der Marktgemeinde Perchtoldsdorf vom 25. Februar 1987, kundgemacht an der Amtstafel der Marktgemeinde Perchtoldsdorf am 1. Juni bis 15. Juni 1987, von Amts wegen auf seine Gesetzmäßigkeit zu überprüfen.

2. Mit Erkenntnis vom 17. Juni 1995, V353/94 ua., hat er diese Bestimmung gemäß Art139 Abs1 B-VG als gesetzwidrig aufgehoben.

III. 1. Die belangte Behörde

hat bei Erlassung der angefochtenen Bescheide jeweils eine gesetzwidrige Verordnungsbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Parteien nachteilig war.

2. Die beschwerdeführenden Parteien wurden also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10303/1984, 10515/1985).

Die Bescheide waren daher in dem im Spruch bezeichneten Umfang aufzuheben.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 2.500,-

B1525/93) bzw. S 3.000,- (B1266/94) enthalten. Kosten für Stempelmarken sind im Pauschalsatz enthalten. Da keine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, waren die unter diesem Titel begehrten Kosten nicht zuzusprechen.

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