Normen
B-VG Art98 Abs2
B-VG Art98 Abs4
Sbg UmweltfondsG §11
Sbg UmweltfondsG §14
Sbg UmweltfondsG 2. Abschnitt ."Stromerzeugungsabgabe".
F-VG §9
F-VG §14
B-VG Art98 Abs2
B-VG Art98 Abs4
Sbg UmweltfondsG §11
Sbg UmweltfondsG §14
Sbg UmweltfondsG 2. Abschnitt ."Stromerzeugungsabgabe".
F-VG §9
F-VG §14
Spruch:
Der 2. Abschnitt ("Stromerzeugungsabgabe") sowie die §§11 und 14 des Salzburger Umweltfondsgesetzes, LGBl. für das Land Salzburg Nr. 50/1992, werden als verfassungswidrig aufgehoben.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.
Der Landeshauptmann von Salzburg ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt für das Land Salzburg verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu B417-433/93, B 461 - 470/93, B472/93, B474/93, B475/93, B477/93, B478/93, B 487 - 492/93, B495/93, B496/93, B847/93, B862/93, B934/93, B 1713 - 1720/93, B1860/93, B168/94 sowie zu B249/94 Beschwerden gemäß Art144 B-VG gegen Bescheide der Salzburger Landesregierung anhängig, mit denen den Beschwerdeführern bzw. beschwerdeführenden Gesellschaften Teilbeträge der Stromerzeugungsabgabe für das Jahr 1992 bzw. 1993 vorgeschrieben wurden bzw. die Verpflichtung beschwerdeführender Gesellschaften festgestellt wurde, die Stromerzeugungsabgabe zu entrichten. Die beschwerdeführenden Parteien machen in ihren Beschwerden ua. geltend, daß sie wegen Anwendung des - ihrer Meinung nach verfassungswidrigen - Salzburger Umweltfondsgesetzes, LGBl. 50/1992, in ihren Rechten verletzt wurden. Aus Anlaß dieser Beschwerden hat der Verfassungsgerichtshof beschlossen, den 2. Abschnitt sowie die §§11 und 14 des genannten Gesetzes gemäß Art140 Abs1 B-VG auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen.
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Umweltfondsgesetzes, LGBl. 50/1992, lauten:
"1. Abschnitt
...
2. Abschnitt
Stromerzeugungsabgabe
Gegenstand der Abgabe
§3
(1) Das Land erhebt von der Erzeugung elektrischer Energie im Land Salzburg eine ausschließliche Landesabgabe (Stromerzeugungsabgabe).
(2) Von der Stromerzeugungsabgabe ist die Erzeugung elektrischer Energie für den eigenen Bedarf des Betreibers (u.a. auch für den Pumpbetrieb bei Speicherkraftwerken) und mittels Kraft-Wärme-Kupplung in Anlagen zur Erzeugung von Fernwärme ausgenommen.
Bemessungsgrundlage und Höhe der Abgabe
§4
(1) Bemessungsgrundlage der Stromerzeugungsabgabe ist die Menge elektrischer Energie, die im Jahr vor der Abgabepflicht erzeugt worden ist.
(2) Die Stromerzeugungsabgabe beträgt 2 g je erzeugte Kilowattstunde.
Abgabepflichtiger
§5
Zur Entrichtung der Stromerzeugungsabgabe ist der Betreiber der Stromerzeugungsanlage verpflichtet.
Fälligkeit
§6
Die Stromerzeugungsabgabe ist in vier gleichen Teilbeträgen am 1. Feber, 1. Mai, 1. August und 1. November fällig.
3. Abschnitt
...
4. Abschnitt
Gemeinsame Bestimmungen
Aufzeichnungen und Abgabenerklärung
§11
(1) Die Abgabepflichtigen haben Aufzeichnungen über die Menge des jährlich in ihren Wasserkraftanlagen erzeugten elektrischen Stromes bzw. über die Zahl der Kraftfahrzeuge zu führen, die ihre Mautstraßen jährlich benutzt haben. Die Aufzeichnungen sind nach Stromerzeugungsanlagen bzw. Mautstraßen sowie nach Monaten zu gliedern.
(2) Die Abgabepflichtigen haben bis spätestens zum ersten Fälligkeitstermin im Jahr (§6 bzw. §10) bei der Abgabenbehörde erster Instanz eine Abgabenerklärung einzureichen. In der Abgabenerklärung sind die Bemessungsgrundlagen für die jeweilige Abgabe, gegliedert nach Stromerzeugungsanlagen bzw. Mautstraßen, anzugeben und die jeweilige Jahresabgabe auszuweisen.
...
Inkrafttreten
§14
(1) Dieses Gesetz tritt mit dem zweiten auf seine Kundmachung folgenden Monat in Kraft.
(2) Für das Jahr 1992 sind die Stromerzeugungs- und die Straßenerhaltungsabgabe in einer Höhe zu erheben, die dem Zeitraum ab dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bis zum Jahresende entspricht. Diese Abgabenschuld ist zu den im §6 bzw. §10 festgelegten Zeitpunkten anteilig zu entrichten. Zum ersten Fälligkeitszeitpunkt ist auch die erste Abgabenerklärung einzureichen."
3. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinen Prüfungsbeschlüssen (VfGH 10.3.1994, B417/93 ua.; VfGH 14.6.1994, B249/94) davon aus, daß der zweite Abschnitt sowie die §§11 und 14 des Salzburger Umweltfondsgesetzes, LGBl. 50/1992, bei seiner Entscheidung über die angeführten Beschwerden präjudiziell seien. Mit Rücksicht auf folgende Bedenken beschloß er, die genannten Bestimmungen gemäß Art140 Abs1 B-VG auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen:
Der Verfassungsgerichtshof war vorläufig der Auffassung, daß bei Erlassung des Salzburger Umweltfondsgesetzes §9 F-VG 1948 nicht beachtet wurde und demgemäß dieses Gesetz nicht auf dem verfassungsrechtlich für Landesabgabengesetze vorgesehenen Weg zustandegekommen sei.
Der Verfassungsgerichtshof ging vorläufig davon aus, daß gemäß Art98 Abs4 B-VG für den Weg der Landesgesetzgebung, soweit diese Abgaben zum Gegenstand hat, die Bestimmungen des F-VG 1948, so insbesondere dessen §9, heranzuziehen seien. Er war ferner der Auffassung, daß §9 erster Satz F-VG 1948 mit dem Klammerausdruck "(Art98 Abs2 des Bundes-Verfassungsgesetzes)" in Zusammenhang mit der Notwendigkeit eines Wiederholungsbeschlusses bei Vorliegen eines Einspruchs der Bundesregierung gegen einen Gesetzesbeschluß eines Landtages über Landes(Gemeinde)abgaben zum Ausdruck bringen wollte, daß entsprechend der ursprünglichen Fassung dieser Bestimmung das Einspruchsverfahren gemäß §9 F-VG 1948 wegen jeder Gefährdung von Bundesinteressen stattzufinden habe. Der B-VG-Novelle BGBl. 175/1983, mit der die Zulässigkeit eines Einspruchs der Bundesregierung gegen einen Gesetzesbeschluß eines Landtages (, soweit er nicht Abgaben zum Gegenstand hat, weil dafür gemäß Art98 Abs4 B-VG eben die speziellen Bestimmungen des F-VG 1948 gelten,) "auf einen behaupteten Eingriff in die Zuständigkeit des Bundes" beschränkt wurde, sei nicht zu entnehmen, daß der Bundesverfassungsgesetzgeber dadurch auch die Einspruchsbefugnis der Bundesregierung gegenüber Abgabengesetzesbeschlüssen gemäß §9 F-VG 1948 beschränken wollte. §9 F-VG 1948 sehe daher für Gesetzesbeschlüsse von Landtagen, die Abgaben zum Gegenstand haben, ein unbeschränktes Einspruchsrecht der Bundesregierung wegen Gefährdung von Bundesinteressen vor. Der Verfassungsgerichtshof hegte mithin das verfassungsrechtliche Bedenken, daß die Kundmachung des Gesetzesbeschlusses des Salzburger Landtages vom 11. März 1992 im Landesgesetzblatt gegen §9 F-VG 1948 verstieß, weil trotz eines mit der Gefährdung von Bundesinteressen begründeten Einspruchs der Bundesregierung vor der Kundmachung weder ein Wiederholungsbeschluß des Salzburger Landtages gefaßt wurde noch das weitere Verfahren gemäß §9 F-VG 1948 stattfand.
Darüber hinaus wurde im Prüfungsbeschluß das Bedenken aufgegriffen, daß die Regelung der Stromerzeugungsabgabe in den in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Salzburger Umweltfondsgesetzes auch §7 Abs2 F-VG 1948 in Verbindung mit §7 Abs1 Finanzausgleichsgesetz 1989, BGBl. 687/1988, (nunmehr §7 Abs1 Finanzausgleichsgesetz 1993, BGBl. 30,) sowie §8 Abs4 F-VG 1948 widerspricht.
4. In ihren Äußerungen vom 22. Juni 1994 (G101-153/94) und vom 13. Oktober 1994 (G202/94) beantragt die Salzburger Landesregierung, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Salzburger Umweltfondsgesetzes, LGBl. 50/1992, nicht als verfassungswidrig aufzuheben.
4.1. Der in Rede stehende Gesetzesbeschluß sei zu Recht ohne vorherige Fassung eines Beharrungsbeschlusses kundgemacht worden, da der Klammerausdruck in §9 F-VG 1948 keine Verweisung darstelle, sondern allenfalls "erläuternde, eventuell begriffsbildende Funktion" habe. Dies ergebe sich nicht nur aus der Stellung des Klammerausdruckes im Satzbau, sondern auch aus inhaltlichen Überlegungen: Eine Verweisung liege - so die Salzburger Landesregierung - (nach Koja, Zur Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit statischer und dynamischer Verweisungen, ÖJZ 1979, S. 29) erst vor, wenn durch sie "die Geltung der verwiesenen Norm auf den Geltungsbereich der Verweisung ausgedehnt würde, der allein durch sie ... auch im Geltungsbereich der Verweisungsnorm in Kraft trete". Da Art98 Abs2 B-VG "nicht (allein) durch den Hinweis im §9 erster Satz F-VG anwendbar" werde, habe auch dieser Hinweis bloß deklaratorische Wirkung.
4.2. Selbst wenn man den Klammerausdruck in §9 F-VG 1948 als Verweisung qualifiziere, sei diese jedenfalls als dynamische Verweisung zu verstehen.
Die normative Kraft der Bestimmungen des Art98 Abs1 bis 3 B-VG ergibt sich nach Ansicht der Salzburger Landesregierung aus diesem selbst und nicht erst aus §9 F-VG 1948, da §9 F-VG 1948 offenkundig den Bestand des Art98 Abs2 B-VG voraussetze. Zwar deute die Bestimmung des Art98 Abs4 B-VG in eine andere Richtung, diese Bestimmung sei jedoch in historischer Interpretation lediglich als "Hinweis auf im F-VG 1948 bestehende Sonderregelungen für Gesetzesbeschlüsse, die Abgaben zum Gegenstand haben, zu verstehen".
Vor dem Hintergrund des Art13 B-VG werde in historischer Interpretation "die Qualifikation des F-VG als lex specialis, und damit die Anwendbarkeit des B-VG für Bereiche, die nicht von der Spezialnorm erfaßt sind," deutlich.
Die Einleitung im §9 erster Satz F-VG 1948 sei weiters konditional formuliert und knüpfe an einen erhobenen Einspruch und einen gefaßten Beharrungsbeschluß an, deren Rechtsgrundlagen offenkundig in einer anderen Rechtsquelle zu finden sind. §9 erster Satz F-VG 1948 treffe daher auch bei grammatikalisch-systematischer Interpretation nur eine Sonderregelung für den im Einleitungssatz dargestellten Fall, daß die Bundesregierung gegen einen Gesetzesbeschluß des Landtages, der Abgaben zum Gegenstand hat, Einspruch erhoben und der zuständige Landtag einen Wiederholungsbeschluß gefaßt hat.
Der Finanzverfassungsgesetzgeber habe daher in §9 F-VG 1948 nur an den Fall eines Einspruches der Bundesregierung mit nachfolgendem Beharrungsbeschluß des Landtages die Konsequenz geknüpft, daß die Bundesregierung daraufhin ihre Einwendungen aufrecht erhalten kann, worauf ein besonderes Verfahren vor einem gemeinsamen Ausschuß des Nationalrates und des Bundesrates folgt.
Durch die Formulierung des Art98 Abs2 B-VG, wonach sich der Einspruch nur auf einen behaupteten Eingriff in die Zuständigkeit des Bundes gründen dürfe, ergebe sich, daß für den Fall, daß dem Bund Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei, ein Einspruch mit der Begründung der Gefährdung von Bundesinteressen verfassungsrechtlich unzulässig sei, was die absolute Nichtigkeit dieses Verwaltungsaktes bedeute.
Nach Ansicht der Salzburger Landesregierung müßten auch die bezüglichen Vorschriften einheitlich interpretiert werden: So werde bereits eine weitere Verweisung in §9 F-VG auf Art98 B-VG - in Lehre und Staatspraxis unbestritten - als dynamische Verweisung qualifiziert:
Während Art98 Abs1 B-VG vor der Novelle 1974, BGBl. 444, das "zuständige Ministerium" als Adressat für den Gesetzesbeschluß des Landtages festlege, sei seit der B-VG-Novelle 1974 das Bundeskanzleramt Adressat dieser Mitteilung, die Verweisung in §9 F-VG also dynamisch zu verstehen. "Es kann zu einem Normenkomplex, der das weitere Gesetzgebungsverfahren nach der Beschlußfassung durch den Landtag zum Gegenstand hat, nicht nach der Rosinentheorie einmal diese und dann wieder jene Interpretationsmethode angewendet werden, wie man es eben braucht." Auch die in Rede stehende Verweisung des §9 F-VG 1948 auf Art98 Abs2 B-VG sei daher als dynamische Verweisung anzusehen.
Überdies entspreche die Annahme einer dynamischen Verweisung in §9 F-VG 1948 auf Art98 Abs2 B-VG dem historischen Willen des Gesetzgebers bei der B-VG Novelle BGBl. 175/1983: Mit der Änderung des Art98 Abs2 zweiter Satz B-VG im Jahre 1983 sei einer Forderung der Länder Rechnung getragen worden, es sei damit die Forderung A/21 des Forderungsprogrammes 1976 der Bundesländer teilweise erfüllt worden.
Punkt A/21 des Forderungsprogrammes 1976 lautet:
"21. Gegen Gesetzesbeschlüsse eines Landtages soll die Bundesregierung nur wegen behaupteten Eingriffs in die Bundeszuständigkeiten Einspruch erheben können.
Grund:
In der Praxis hat sich das Einspruchsrecht des Bundes wegen Gefährdung von Bundesinteressen nahezu zu einer Aufsicht über die Landesgesetzgebung entwickelt. Dieser Entwicklung können die Länder nicht länger untätig zusehen. Das Einspruchsrecht des Bundes muß daher auf den Bereich der Wahrung echter Bundesinteressen beschränkt werden.
Durchführung: Im Art98 Abs2 B-VG hat es zu lauten: 'Wegen eines behaupteten Eingriffes in die Bundeszuständigkeiten kann die Bundesregierung ...'."
Auch wenn sich in den Materialien zur zitierten B-VG-Novelle 1983 keine ausdrückliche Aussage zum Verhältnis der Einschränkung des Einspruchsrechtes im Art98 Abs2 B-VG zu §9 F-VG 1948 finde, könne der Umstand des Unterbleibens einer klaren Aussage in den Erläuterungen nicht die Grundlage für die Interpretation der Verfassung sein und zu Lasten der Länder gehen.
Dem Argument, der Verfassungsgesetzgeber 1983 habe §9 F-VG 1948 nicht gesehen, weil sonst §9 F-VG 1948 "unterlaufen" und beinahe gegenstandslos wäre, hält die Salzburger Landesregierung entgegen, daß §9 F-VG 1948 seine volle Bedeutung behalte, "wenn Gesetzesinitiativen vom Landtag selbst ausgehen oder der Bund nicht in das Begutachtungsverfahren eingebunden war oder allgemein für den durch den einfachen Bundesgesetzgeber bestimmten Bereich der finanzverfassungsmäßigen Kompetenzen zur Erlassung von Abgabengesetzen". Im übrigen gebe es keine sinnvolle Begründung für das "gesteigerte Einspruchsrecht des Bundes" nach §9 F-VG 1948 aus verfassungspolitischen Erwägungen, da die Befugnisse des Landesgesetzgebers nach der Finanzverfassung ohnehin außerordentlich beschränkt seien: Der Bundesgesetzgeber könne auf Grund seiner Finanzausgleichshoheit jede Landes(Gemeinde) abgabe "rechtlich an sich ziehen, außer Hebung setzen, teilen, umwidmen etc.".
Nach Auffassung der Salzburger Landesregierung habe daher der Einspruch der Bundesregierung vom 12. Mai 1992 gegen den Gesetzesbeschluß des Salzburger Landtages vom 15. März 1992 betreffend das Umweltfondsgesetz die verfassungsrechtlichen Grenzen überschritten und sei daher als nicht erhoben zu betrachten gewesen. Der Gesetzesbeschluß mußte nach Ansicht der Salzburger Landesregierung daher im Landesgesetzblatt kundgemacht werden.
4.3. Im übrigen widerspricht die Salzburger Landesregierung auch den aus §7 Abs2 F-VG 1948 (in Verbindung mit §7 Abs1 Finanzausgleichsgesetz 1993) und §8 Abs4 F-VG 1948 abgeleiteten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen.
5. In den über Einladung des Verfassungsgerichtshofes abgegebenen Äußerungen zu G101-153/94 gehen die Ämter der Kärntner, Oberösterreichischen, Tiroler, Vorarlberger und Wiener Landesregierung von der Rechtmäßigkeit des Salzburger Umweltfondsgesetzes in formeller und materieller Hinsicht aus; die Ämter der Burgenländischen, Niederösterreichischen und Steiermärkischen Landesregierungen erstatteten keine Äußerungen.
5.1. Das Amt der Kärntner Landesregierung geht hinsichtlich des Verhältnisses von §9 F-VG 1948 zu Art98 Abs1 bis 3 B-VG davon aus, daß "§9 F-VG 1948 das in Art98 Abs1 bis 3 B-VG geregelte Verfahren der Mitwirkung der Bundesregierung an der Landesgesetzgebung, im besonderen Fall die Mitwirkung der Bundesregierung bei der Erzeugung von (Landes-)abgabengesetzen insgesamt ... voraussetzt" und lediglich für eine bestimmte Verfahrenssituation (Einspruch der Bundesregierung und Wiederholungsbeschluß des Landtages bei Abgabengesetzesbeschlüssen) eine Sonderregelung trifft.
Ginge man vom gegenteiligen, in der Literatur vertretenen Verständnis aus, wonach durch die Verweisungsregel des Art98 Abs4 B-VG das Regelungssystem des Art98 B-VG erst durch die Rückverweisung des §9 F-VG 1948 auf die zuerst genannte Bestimmung zur Anwendung kommen könne, so würde sich der Rückverweis des §9 F-VG 1948 ausdrücklich nur auf die Regelung des Art98 Abs2 B-VG beziehen; die Anwendbarkeit der übrigen Verfahrenselemente des Art98 B-VG im Mitwirkungsverfahren der Bundesregierung bei der Erzeugung von Abgabengesetzen der Länder müßte hingegen erst im Analogieweg hergeleitet werden. Die Regelung des Art98 Abs3 B-VG (Zustimmung der Bundesregierung zur vorzeitigen Kundmachung) könnte bei der in der Literatur vertretenen Rechtsauffassung selbst im Wege der Analogie im Mitwirkungsverfahren nach §9 F-VG 1948 nicht anwendbar gemacht werden, weil es sich diesfalls um keine "echte Lücke" handle.
Die Regelung des Mitwirkungsverfahrens der Bundesregierung an der Landesgesetzgebung in Art98 Abs2 B-VG sei seit Inkrafttreten des F-VG 1948 in zweifacher Hinsicht geändert worden: Einerseits wurde durch die B-VG Novelle 1974, BGBl. 444, die Verpflichtung der Länder beseitigt, die Gesetzesbeschlüsse der Landtage dem "zuständigen Bundesministerium" zuzuleiten. Weiters wurde die - auf eine Forderung der Bundesländer zurückgehende - Beschränkung des Einspruchsrechts der Bundesregierung gegen Gesetzesbeschlüsse eines Landtages auf "behauptete Eingriffe in die Bundeszuständigkeit" in der B-VG Novelle 1983, BGBl. 175, berücksichtigt. Demgemäß liegt es nach Ansicht des Amtes der Kärntner Landesregierung - entgegen der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes, "daß §9 erster Satz F-VG 1948 mit dem Klammerausdruck ... zum Ausdruck bringen wollte, daß entsprechend der ursprünglichen Fassung dieser Bestimmung das Einspruchsverfahren gemäß §9 F-VG 1948 wegen jeder Gefährdung von Bundesinteressen stattzufinden hat" - nahe, daß eine Änderung der Vorschriften über das allgemeine Mitwirkungsverfahren an der Landesgesetzgebung gemäß Art98 B-VG auch auf Verfahren gemäß §9 F-VG 1948 "durchschlägt".
Schließlich verweist das Amt der Kärntner Landesregierung auf das bundesstaatliche Grundprinzip der österreichischen Bundesverfassung, welches seinen Niederschlag unter anderem in der Einrichtung einer "relativ autonomen Landesgesetzgebung" finde. "Im Hinblick auf das Gebot der verfassungskonformen bzw. baugesetzkonformen Auslegung von Rechtsvorschriften ... ergibt sich auch aus dem bundesstaatlichen Grundprinzip der österreichischen Bundesverfassung ein weiterer Anhaltspunkt für das vom Amt der Kärntner Landesregierung vertretene Rechtsverständnis."
5.2. Nach Ansicht des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung scheint der Bundesgesetzgeber mangels praktischer Bedeutung des Verfahrens nach §9 F-VG 1948 bewußt auf das unbeschränkte Einspruchsrecht der Bundesregierung auch hinsichtlich Abgabengesetzen verzichtet zu haben. Während die in §9 F-VG 1948 enthaltene Verweisung auf Art98 Abs2 B-VG jedenfalls insoweit dynamisch zu sehen sei, als sie diese Bestimmung in der Fassung der B-VG Novelle 1974 erfaßt, sei auch die Verweisung auf Art98 Abs2 B-VG der B-VG Novelle 1983 dynamisch zu sehen. "Es kann dem Bundes-Verfassungsgesetzgeber wohl nur schwer zugesonnen werden, daß er eine Verweisung hinsichtlich eines Teiles der verwiesenen Norm als statisch, hinsichtlich des anderen Teiles der verwiesenen Norm aber als dynamisch verstanden wissen wollte, ohne dies in irgendeiner Form im Gesetzestext zum Ausdruck zu bringen."
Die Annahme des Verfassungsgerichtshofes, die Verweisung in §9 F-VG 1948 auf Art98 Abs2 B-VG sei als statische Verweisung zu betrachten, da das "komplizierte und auf politische Einigung und nicht auf Verfassungsmäßigkeitskontrolle angelegte Verfahren nach §9 F-VG 1948 ... unterlaufen und beinahe gegenstandslos" würde, wenn das Einspruchsrecht der Bundesregierung auch im Anwendungsbereich des §9 F-VG denselben Beschränkungen wie nach Art98 Abs2 B-VG unterliegt, sei durch Erfahrungen aus der Praxis nicht zu stützen. Die praktische Bedeutungslosigkeit des Verfahrens nach §9 F-VG 1948 resultiere nicht daraus, daß das Einspruchsrecht des Bundes den Einschränkungen des Art98 Abs2 B-VG unterliegt, sondern daraus, daß der Bund durch das Ausschöpfen aller wesentlichen Abgabenobjekte den Ländern von vornherein die Möglichkeit genommen hat, im Bereich der verbleibenden Abgabenobjekte eine Gefährdung von Bundesinteressen herbeizuführen. Daraus ergebe sich, daß eine Gefährdung von Bundesinteressen in der Regel gleichzeitig als Eingriff in die Zuständigkeit des Bundes auf dem Gebiet des Finanzwesens gedeutet werden könne.
5.3. Das Amt der Tiroler Landesregierung vertritt die Ansicht, daß §9 F-VG 1948 an Art98 B-VG anknüpft, der in den ersten drei Absätzen das Einspruchsverfahren gegen Gesetzesbeschlüsse des Landtags überhaupt regelt und in Abs4 für Beschlüsse über Abgabengesetze auf das F-VG 1948 verweist. §9 F-VG 1948 setze somit den Bestand des Einspruchsrechtes nach Art98 B-VG voraus. Art98 Abs4 B-VG sei daher als rein deklarative Norm zu werten, mit der lediglich auf die Besonderheiten im Rahmen des landesgesetzlichen Abgabenrechtes hingewiesen werden soll.
5.4. Die Ämter der Wiener und Vorarlberger Landesregierungen gehen ebenfalls von einem dynamischen Verständnis der Verweisung des §9 F-VG 1948 auf Art98 Abs2 B-VG aus und verweisen insbesondere auf die Motive des Verfassungsgesetzgebers der B-VG Novelle 1983, in Entsprechung des Forderungsprogrammes der Bundesländer 1976 die Länderrechte auszubauen. "Das Schweigen des Verfassungsgesetzgebers aus dem Jahre 1983 zu §9 F-VG 1948, wobei vor allem die Verweisung nach wie vor unverändert blieb, kann daher unter Heranziehung der Motive des Verfassungsgesetzgebers nicht so interpretiert werden, daß in dem speziellen Bereich des Art98 Abs2 B-VG (nur) hinsichtlich der Einspruchsgründe eine länderfreundliche Regelung ausgeschlossen bleiben sollte (so das Amt der Wiener Landesregierung)."
II. 1. Da sowohl die Beschwerden, die Anlaß für die amtswegige Einleitung der Gesetzesprüfungsverfahren waren, zulässig sind als auch die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen, die einen in sich zusammenhängenden Regelungskomplex über die Einhebung der sogenannten Stromerzeugungsabgabe bilden, eine Voraussetzung für die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über jene Beschwerden sind, sind die Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.
2. Das Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, daß bei Erlassung des Salzburger Umweltfondsgesetzes §9 F-VG 1948 nicht beachtet wurde und demgemäß jenes Gesetz nicht auf dem bundesverfassungsrechtlich für Landesabgabengesetze vorgesehenen Weg zustande kam, trifft zu.
a. Art98 Abs4 B-VG lautet:
"(4) Für Gesetzesbeschlüsse der Landtage, die Abgaben zum Gegenstand haben, gelten die Bestimmungen des Finanz-Verfassungsgesetzes."
§9 erster Satz F-VG 1948 lautet:
"Wenn die Bundesregierung gegen einen Gesetzesbeschluß eines Landtages über Landes(Gemeinde)abgaben Einspruch erhebt und der Landtag seinen Beschluß bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder (Art98 Abs2 des Bundes-Verfassungsgesetzes) wiederholt, so entscheiden, falls die Bundesregierung ihre Einwendung nicht zurückzieht, darüber, ob der Einspruch aufrecht zu bleiben hat, der Nationalrat und der Bundesrat durch einen ständigen gemeinsamen Ausschuß."
Art98 Abs2 B-VG, den die Bestimmung des §9 F-VG 1948 zitiert, lautete in seiner Fassung vor der B-VG-Novelle BGBl. 175/1983 wie folgt:
"(2) Wegen Gefährdung von Bundesinteressen kann die Bundesregierung gegen den Gesetzesbeschluß eines Landtages binnen acht Wochen von dem Tag, an dem der Gesetzesbeschluß beim Bundeskanzleramt eingelangt ist, einen mit Gründen versehenen Einspruch erheben. In diesem Fall darf der Gesetzesbeschluß nur kundgemacht werden, wenn ihn der Landtag bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder wiederholt."
Art98 Abs2 B-VG idF der B-VG-Novelle BGBl. 175/1983 lautet (der durch die genannte Novelle eingefügte Satz ist hervorgehoben):
"(2) Wegen Gefährdung von Bundesinteressen kann die Bundesregierung gegen den Gesetzesbeschluß eines Landtages binnen acht Wochen von dem Tag, an dem der Gesetzesbeschluß beim Bundeskanzleramt eingelangt ist, einen mit Gründen versehenen Einspruch erheben. Wenn dem Bund vor Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens über den Gesetzesbeschluß Gelegenheit zur Stellungnahme zum zugrunde liegenden Entwurf gegeben worden ist, darf sich der Einspruch nur auf einen behaupteten Eingriff in die Zuständigkeit des Bundes gründen. Im Falle eines Einspruches darf der Gesetzesbeschluß nur kundgemacht werden, wenn ihn der Landtag bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder wiederholt."
b. Anders als die Salzburger Landesregierung meint, läßt sich der Sinngehalt des - ansonsten nämlich überflüssigen - Art98 Abs4 B-VG nicht darauf beschränken, den Vorrang der speziellen Vorschriften des F-VG 1948 über die Erlassung von Landesabgabengesetzen vor den in den Abs1 bis 3 des Art98 B-VG enthaltenen allgemeinen, nach Auffassung der Salzburger Landesregierung an sich auch für Landesabgabengesetze geltenden Bestimmungen über die Mitwirkung der Bundesregierung bei der Erlassung von Landesgesetzen zu bestätigen. Durch Art98 Abs4 B-VG wird vielmehr vorerst die Anwendung der Abs1 bis 3 des Art98 B-VG auf Gesetzesbeschlüsse der Landtage, "die Abgaben zum Gegenstand haben", schlechthin ausgeschlossen. Erst dadurch, daß §9 F-VG 1948 ebenfalls mit der Möglichkeit eines Einspruchs der Bundesregierung "gegen einen Gesetzesbeschluß eines Landtages über Landes(Gemeinde)abgaben" sowie einem Wiederholungsbeschluß des Landtages rechnet und in diesem Zusammenhang Art98 Abs2 B-VG zitiert, ergibt sich die Notwendigkeit, auch Gesetzesbeschlüsse der Landtage über Abgaben einem an Art98 Abs2 B-VG orientierten Einspruchsverfahren zu unterwerfen, ehe der ständige Ausschuß gemäß §9 F-VG 1948 über die Aufrechterhaltung des Einspruchs der Bundesregierung entscheidet. In diesem Zusammenhang darf auch nicht vernachlässigt werden, daß gemäß §14 F-VG 1948 (idF des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. 818/1993, das die vordem im Abs2 des §14 F-VG 1948 enthaltene Regelung unverändert ließ,) das in §9 F-VG 1948 vorgesehene Verfahren auch anzuwenden ist, "falls die Bundesregierung gegen einen Gesetzesbeschluß eines Landtages, durch den die Aufnahme von Anleihen (Darlehen) allgemein oder für einen Einzelfall geregelt wird, Einspruch erhebt, und der Landtag seinen Beschluß wiederholt".
Für die Bekanntgabe der Gesetzesbeschlüsse der Landtage wurde anstelle des ursprünglich dafür von Art98 B-VG genannten "zuständigen Bundesministeriums" durch die B-VG-Novelle 1974, BGBl. 444, das Bundeskanzleramt als Empfangsstelle derart verfassungsgesetzlich verankert, daß - wie aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu jener B-VG-Novelle 1974 ersichtlich ist - mit der verfassungsrechtlichen Bestimmung des Bundeskanzleramtes als Adressat der Landtagsgesetzesbeschlüsse für die Länder ganz allgemein die diesbezügliche verfassungsrechtliche Unklarheit beseitigt werden sollte (Jabloner, Die Mitwirkung der Bundesregierung an der Landesgesetzgebung, 1989, S. 258). Demgegenüber fehlt es im Zusammenhang mit der B-VG-Novelle, BGBl. 175/1983, an jedem Hinweis, daß dadurch der Bundesverfassungsgesetzgeber die Einspruchsbefugnis der Bundesregierung gegenüber Abgabengesetzesbeschlüssen der Landtage gemäß §9 F-VG 1948 beschränken wollte. Fehlt es aber an einer entsprechenden Anordnung des Bundesverfassungsgesetzgebers, so ist die Entscheidungszuständigkeit des aus dem Nationalrat und dem Bundesrat gebildeten ständigen gemeinsamen Ausschusses gemäß der Sonderbestimmung des §9 F-VG 1948 weiterhin darauf gerichtet, über jedwede, durch den Landesabgabengesetzesbeschluß bewirkte und im Einspruch der Bundesregierung präzisierte Gefährdung von Bundesinteressen zu befinden und nicht nur den Eingriff in Bundeszuständigkeiten zu beurteilen.
Wäre der Einspruch der Bundesregierung auch bei Abgabengesetzesbeschlüssen eines Landtages und die dem Wiederholungsbeschluß des Landtages folgende Entscheidungszuständigkeit des ständigen gemeinsamen Ausschusses "darüber, ob der Einspruch aufrecht zu bleiben hat," auf den "behaupteten Eingriff in die Zuständigkeit des Bundes" beschränkt, so wäre damit der ständige gemeinsame Ausschuß, ein zur Konfliktaustragung auf politischem Weg bestimmtes, daher auch von allgemeinen Vertretungskörpern besetztes Kollegialorgan, lediglich mit der Vorabentscheidung einer verfassungsrechtlichen Frage, nämlich der Kompetenz der Länder zur Erlassung von Landesabgabengesetzen, betraut. Daß es schon von der Grundkonzeption des §9 F-VG 1948 nie der Sinn der Einrichtung des ständigen gemeinsamen Ausschusses war, diesen lediglich mit der Lösung von verfassungsrechtlichen Kompetenzkonflikten zwischen Bund und Ländern zu befassen, beweist insbesondere auch die Zuständigkeit des gemeinsamen ständigen Ausschusses, über einen Einspruch der Bundesregierung gegen einen Gesetzesbeschluß eines Landtages, durch den die Aufnahme von Anleihen (Darlehen) geregelt wird, gemäß §14 F-VG 1948 (jetzt idF BGBl. 818/1993), im Falle der wiederholten Beschlußfassung zu entscheiden. Da ein Eingriff in die Zuständigkeit des Bundes durch einen Landtagsgesetzesbeschluß über Darlehensaufnahmen von vornherein kaum in Betracht kommt, wäre die - vom Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1993 ausdrücklich aufrecht erhaltene - Bestimmung des (nunmehrigen) §14 F-VG (vordem §14 Abs2 F-VG 1948) praktisch obsolet, wollte man die Tätigkeit des ständigen gemeinsamen Ausschusses gemäß §9 F-VG 1948 auf Gesetzesbeschlüsse eines Landtages beschränken, die von der Bundesregierung wegen eines behaupteten Eingriffs in die Zuständigkeit des Bundes beeinsprucht werden.
§9 F-VG 1948 sieht daher sowohl für Gesetzesbeschlüsse der Landtage, die Abgaben zum Gegenstand haben, als auch für Gesetzesbeschlüsse von Landtagen, welche die Aufnahme von Anleihen (Darlehen) regeln, ein unbeschränktes Einspruchsrecht der Bundesregierung wegen Gefährdung von Bundesinteressen vor. Die durch die B-VG-Novelle, BGBl. 175/1983, bewirkte Einschränkung des Einspruchsrechtes der Bundesregierung auf Eingriffe in die Zuständigkeit des Bundes gemäß Art98 Abs2 B-VG idF der zitierten Novelle gilt nicht für Einsprüche, die das Verfahren nach §9 F-VG 1948 vor dem ständigen gemeinsamen Ausschuß im Falle eines Wiederholungsbeschlusses des Landtages auslösen. Das Verfahren vor dem ständigen gemeinsamen Ausschuß des Nationalrates und des Bundesrates gemäß §9 F-VG 1948 will vielmehr im Wege der politischen Konfliktlösung "eine gleichwertige Berücksichtigung gesamtstaatlicher Ziele und des Sonderwillens der Landtage" (so Pfaundler, Das Einspruchsrecht der Bundesregierung gegen Gesetzesbeschlüsse der Landtage über Steuern, Der österreichische Volkswirt, 1946, Nr. 27, S. 1) bewirken, die über die Garantie der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung hinausgeht. Auch in der Literatur (Jabloner, Die Mitwirkung der Bundesregierung an der Landesgesetzgebung, 1989, S. 259) wird demgemäß zu §9 F-VG 1948 die Auffassung vertreten, daß es nicht die Absicht des Verfassungsgesetzgebers war, mit der B-VG-Novelle BGBl. 175/1983 "das komplizierte und auf politische Einigung und nicht auf Verfassungsmäßigkeitskontrolle angelegte Verfahren ... (zu) 'unterlaufen' und beinahe gegenstandslos" dadurch zu machen, "daß die Bundesregierung nach einem Begutachtungsverfahren gegen Gesetzesbeschlüsse, die finanzpolitische Interessen des Bundes verletzen, keinen Einspruch erheben kann". (Ähnlich schon vorher Adamovich-Funk, Österreichisches Verfassungsrecht, 3. Aufl., 1985, S. 223; ferner auch Ruppe, in: Neuordnung der Kompetenzverteilung in Österreich, Hrsg. Republik Österreich, Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst, o. J., S. 371.)
c. Die Bundesregierung beschloß in ihrer Sitzung vom 12. Mai 1992, gegen den Gesetzesbeschluß des Salzburger Landtages vom 11. März 1992 über die Einrichtung eines Salzburger Umweltfonds (Salzburger Umweltfondsgesetz) gemäß §9 F-VG 1948 in Verbindung mit Art98 Abs2 B-VG Einspruch zu erheben. Dieser Einspruch wurde mit der Gefährdung von Bundesinteressen begründet. Das Salzburger Umweltfondsgesetz wurde dessenungeachtet ohne weiteres Verfahren im 11. Stück des Landesgesetzblattes für das Land Salzburg, ausgegeben am 30. Juni 1992, kundgemacht. Einen Wiederholungsbeschluß faßte der Salzburger Landtag nicht.
Die Kundmachung des Gesetzesbeschlusses des Salzburger Landtages vom 11. März 1992 im Landesgesetzblatt verstößt gegen §9 F-VG 1948 in seiner oben, unter Punkt II.2.b., dargelegten Bedeutung, weil trotz eines mit der Gefährdung von Bundesinteressen begründeten Einspruchs der Bundesregierung vor der Kundmachung kein Wiederholungsbeschluß des Salzburger Landtages gefaßt wurde und auch das weitere Verfahren gemäß §9 F-VG 1948 vor dem ständigen gemeinsamen Ausschuß nicht stattfand. Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Salzburger Umweltfondsgesetzes, LGBl. 50/1992, waren sohin als verfassungswidrig aufzuheben.
d. Angesichts dieses Ergebnisses der Gesetzesprüfungsverfahren erübrigt es sich, auch den weiteren, vom Verfassungsgerichtshof in seinen Prüfungsbeschlüssen geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die aufgehobenen Gesetzesbestimmungen nachzugehen.
III.Die Verpflichtung zur Kundmachung der Aufhebung stützt sich auf Art140 Abs5 B-VG.
Dies konnte vom Verfassungsgerichtshof angesichts der erschöpfenden Erörterung der maßgeblichen Verfassungsfrage in den vorgelegten Schriftsätzen gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung beschlossen werden.
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