VfGH B629/93

VfGHB629/9313.12.1993

Zurückweisung einer Beschwerde gegen ein Schreiben des Parlamentsdirektors betreffend die Höhe der vierteljährlichen Zuwendung an den Klub der FPÖ nach dem KlubfinanzierungsG 1985 mangels Bescheidcharakter der angefochtenen Erledigung; Bescheid keine Voraussetzung für Liquidierung der Beiträge im Sinne des KlubfinanzierungsG 1985; Möglichkeit einer Klage gemäß Art137 B-VG

Normen

B-VG Art137 / Liquidierungsklage
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
KlubfinanzierungsG 1985 §1 ff
B-VG Art137 / Liquidierungsklage
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
KlubfinanzierungsG 1985 §1 ff

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer sind zur ungeteilten Hand schuldig, den unter der Bezeichnung "Club Liberales Forum der Abgeordneten des österreichischen Nationalrates" als beteiligte Partei einschreitenden Abgeordneten zum Nationalrat, Dr. Heide Schmidt, Dr. Friedhelm Frischenschlager, Mag. Thomas Barmüller, Hans Helmut Moser und Klara Motter, zHd. ihres Rechtsvertreters, die mit S 17.250,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Die vom Präsidenten des Nationalrates begehrten Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Begründung

I. 1.a) Mit Schreiben vom 4. Feber 1993 teilte Dr. Jörg HAIDER als "Obmann der Freiheitlichen Parlamentsfraktion" dem Präsidenten des Nationalrates unter anderem mit, daß an diesem Tag fünf namentlich genannte Abgeordnete aus dem "freiheitlichen Parlamentsklub" ausgetreten seien. Am 8. Feber 1993 teilten diese fünf aus dem "Klub der Freiheitlichen Partei Österreichs" ausgetretenen Abgeordneten dem Präsidenten des Nationalrates mit, daß sie sich zu einem parlamentarischen Klub im Sinne des §7 GOG mit dem Namen "Liberales Forum" zusammengeschlossen hätten. (Näheres zu dieser Vorgeschichte siehe den Beschluß vom heutigen Tag, B563/93. Bei der bezogenen Rechtsvorschrift handelt es sich um das Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975), BGBl. 410/1975, idF BGBl. 720/1988, (GOG NR).)

b) Am 25. Feber 1993 richtete der Abgeordnete Dr. Josef MOSER als "Clubdirektor der FPÖ" an den Parlamentsdirektor nachstehendes Ersuchen:

"Bezugnehmend auf unser in der vorigen Woche gestelltes Ersuchen um bescheidmäßige Absprache der Auswirkungen der Klubbildung des Liberalen Forums auf den Freiheitlichen Parlamentsklub ersuche ich nunmehr schriftlich um ehestmögliche Absprache, in welcher Höhe sich die Klubmittel, Ausschußanzahl, etc. für unsere Fraktion geändert haben."

Darauf reagierte der Parlamentsdirektor mit folgendem, an den "Clubdirektor der Freiheitlichen Partei Österreichs" gerichteten, mit 26. Feber 1993 datierten Schreiben:

"Sehr geehrter Herr Clubdirektor!

In Erledigung Ihres Schreibens vom 25.d.M. darf mitgeteilt werden, daß dem Klub der Freiheitlichen Partei Österreichs aufgrund der Bestimmungen des Klubfinanzierungsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 156, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 742/1990, ab 1. April 1993 eine vierteljährliche Zuwendung in folgender Höhe angewiesen wird:

gem. §§2 bis 3 S 2.667.126,--

gem. §4 S 2.400.413,40

gem. §4a (1) S 666.781,50

gem. §4a (2) S 400.068,90

zusammen hiemit S 6.134.389,80

Die Anweisung des Betrages wird zeitgerecht veranlaßt werden.

Ergänzend darf hinzugefügt werden, daß bei der Berechnung dieses Betrages der von Klubobmann Dr. Haider mitgeteilte Austritt von fünf Abgeordneten zum Nationalrat aus dem Klub der FPÖ zu berücksichtigen war, daß hingegen die Tatsache, daß sich die fünf aus der FPÖ ausgetretenen Abgeordneten gemäß §7 GOG zu einem eigenen Klub zusammengeschlossen haben, für die Höhe der Klubdotierung der FPÖ ohne jede Auswirkung ist. Darüber hinaus ist zu bemerken, daß sich durch den Austritt von Bundesrat Mag. Lakner aus dem FPÖ-Klub keine rechnerische Veränderung ergeben hat.

Mit vorzüglicher Hochachtung

.....(eh. Unterschrift)".

2. Am 13. April 1993 brachten

a) der "Klub der Freiheitlichen Partei Österreichs, der Abgeordneten zum Österreichischen Nationalrat",

b) Dr. Jörg HAIDER, Abgeordneter zum Nationalrat und Klubobmann der FPÖ,

c) die "Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) als Wahlpartei", und

d) die "Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)"

beim Verfassungsgerichtshof die vorliegende, auf Art144 (Abs1) B-VG gestützte Beschwerde ein.

Diese wendet sich gegen das unter Pkt. 1.b wiedergegebene - von den beschwerdeführenden Parteien als Bescheid qualifizierte, dem Präsidenten des Nationalrates zugerechnete - Schreiben vom 26. Feber 1993. In der Beschwerde wird die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Erledigung beantragt.

3. Der Präsident des Nationalrates legte die bezughabenden Akten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der begehrt wird, die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen, sowie den Beschwerdeführern den Ersatz der Prozeßkosten aufzuerlegen.

4.a) Darauf replizierten die beschwerdeführenden Parteien und hielten ihre Anträge aufrecht, worauf der Präsident des Nationalrates eine Duplik abgab.

b) Unter der Bezeichnung "Club Liberales Forum der Abgeordneten des österreichischen Nationalrates" erstatteten die fünf (im Spruch namentlich genannten) Abgeordneten, die ihren Austritt aus dem FPÖ-Klub erklärt hatten (s.o. I.1.a), als beteiligte Partei eine Äußerung. Darin wird u.a. die Zulässigkeit der Beschwerde bestritten sowie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:

1. Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden.

Zu klären ist also zunächst, ob das angefochtene Schreiben überhaupt ein "Bescheid" iS dieser Verfassungsvorschrift ist.

a)aa) Die beschwerdeführenden Parteien bejahen den Bescheidcharakter und führen hiezu in der Beschwerde aus:

"Die den Bescheid erlassende Behörde - 1. Präsident des NR - ist (wenn auch materiell nicht zuständig) durch die Parlamentsdirektion als Dienststelle eindeutig bezeichnet.

Die Erledigung besteht in der mit einem ordentlichen Rechtsmittel nicht mehr bekämpfbaren Kürzung der Klubmittel für das 2. Quartal 1993 (ab 1.4.1994). Sie wendet sich konkret und individuell an den Klub der FPÖ, welcher um eine Entscheidung (auch) in dieser Sache eingekommen ist.

Die Erledigung ist ein Akt der Hoheitsverwaltung und nicht der Gesetzgebung.

Der erste Präsident ist in dieser Eigenschaft oberste Verwaltungsbehörde und wird in seiner Eigenschaft als Verwaltungsorgan gem. Art30 Abs6 B-VG tätig.

Die Erledigung ist rechtsgestaltend, weil die Finanzierungsmittel für den Klub der FPÖ gekürzt werden, sie ist rechtsfeststellend und rechtsgestaltend, weil sie für die Zukunft die Klubmittel in rechtswidrigerweise neu festlegt.

Es liegt daher eine in Mitteilungsform verschleierte bescheidmäßige Erledigung vor."

bb) Der Präsident des Nationalrates verneint in seiner Gegenschrift die Bescheidqualität der bekämpften Erledigung:

"Bei dem angefochtenen Schreiben der Parlamentsdirektion handelt es sich nicht um einen Bescheid im Sinne des Art144 B-VG, sondern die bloße Mitteilung, in welcher Höhe Zuwendungen nach dem Klubfinanzierungsgesetz, BGBl. 156/1985 (WV) idF BGBl. 742/1990 dem Klub der Freiheitlichen Partei Österreichs angewiesen werden.

Diese Mitteilung entspricht auch der Rechtslage, da gemäß §5 leg.cit. die Beiträge und Zuwendungen den Klubs vierteljährlich jeweils im vorhinein anzuweisen sind.

Eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für eine Bescheiderlassung findet sich im Klubfinanzierungsgesetz nicht.

§5 leg.cit. legt die Annahme nahe, daß es sich hier um eine reine Liquidierungsbestimmung handelt, die die ex lege entstehenden Ansprüche der Klubs zur Grundlage hat.

Gegen die Qualifikation des beschwerdegegenständlichen Schreibens als Bescheid spricht auch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum Parteiengesetz 1975. Dabei ist davon auszugehen, daß die Zuwendungen nach dem Parteiengesetz rechtlich ähnlich gestaltet sind wie die nach dem Klubfinanzierungsgesetz. Insbesondere ist weder im Parteiengesetz noch im Klubfinanzierungsgesetz hinsichtlich dieser Zuwendungen eine Bescheiderlassung vorgesehen. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 27. Februar 1989, VfSlg 11944 eine Klage gemäß Art137 B-VG auf Zuwendungen gemäß §2 Abs2 litc leg.cit. als zulässig angesehen. Solche Klagen sind aber nur zulässig, wenn vermögensrechtliche Ansprüche gegenüber den Gebietskörperschaften gegeben sind, die weder im ordentlichen Rechtsweg, noch durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind. Wäre ein Bescheid nach dem Parteiengesetz möglich gewesen bzw. hätte der Verfassungsgerichtshof das in dem zitierten Erkenntnis angeführte Schreiben des Bundeskanzleramtes, mit dem die Liquidierung von Zuwendungen nach dem Parteiengesetz abgelehnt wurde, als Bescheid gewertet, so hätte der Verfassungsgerichtshof die Klage zurückgewiesen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes liegt nicht Hoheitsverwaltung, sondern Privatwirtschaftsverwaltung vor, wenn der Gesetzgeber den Verwaltungsträger mit keinen Zwangsbefugnissen - z.B. mit der Ermächtigung zur Bescheiderlassung - ausgestattet hat (vgl. VfSlg 3262, 3483, 3491, 4034). Ein solcher Fall liegt bei der Anweisung von Zuwendungen nach dem Klubfinanzierungsgesetz vor.

Das AVG war weder nach dem Klubfinanzierungsgesetz, noch nach dem EGVG im gegebenen Fall anzuwenden.

Es ist daher davon auszugehen, daß Ansprüche nach dem Klubfinanzierungsgesetz allenfalls im Weg einer Klage nach Art137 B-VG geltend zu machen und nicht durch Bescheid zu erledigen sind. Dies umso mehr, als nach dem Klubfinanzierungsgesetz - anders als in §3 Abs4 Parteiengesetz - die Liquidierung von Zuwendungen nicht aufgrund eines 'Begehrens' erfolgt.

Da die Erlassung eines Bescheides weder gesetzlich vorgesehen war, noch die belangte Behörde einen solchen Bescheid erlassen hat, ist nach Auffassung der belangten Behörde die Prozeßvoraussetzung des Vorliegens eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde nicht erfüllt."

cc) Dem halten die beschwerdeführenden Parteien in ihrer Replik entgegen:

"Von einer bloßen Mitteilung der Rechtslage über die Klubmittelkürzung durch die Parlamentsdirektion kann schon deshalb nicht gesprochen werden, weil der Erste Präsident des Nationalrates sich seinerseits von Gutachtern die Rechtslage (als Voraussetzung für seine 'Entscheidung') mitteilen ließ und er schon Tage und Wochen vor seiner 'Entscheidung' verkündet hat, daß es auf seine Interpretation der Rechtslage ankommt und daß seine Interpretation die entsprechende Klarstellung herbeiführen wird. Er hat zwischen mehreren Rechtsfragenlösungsmöglichkeiten (angeblich) abgewogen. Durch seine 'Entscheidung' wurde das individuelle Rechtsverhältnis jenes Personenkreises, der wünscht, ein Klub zu sein, nämlich das 'Liberale Forum' gestaltet und festgestellt. In der Folge - eben als Folgemaßnahme - kam es durch seine 'Entscheidung' auch zu der Kürzung der Klubmittel des Klubs der FPÖ. Auch diese erfolgte in Bescheidform. Daß der Erste Präsident des Nationalrates einerseits dabei versuchte, die anstehende Verwaltungsangelegenheit normativ zu entscheiden, andererseits aber auch versucht, so zu tun, als ob er keinen individuellen Verwaltungsakt gesetzt hätte, wirft ein bezeichnendes Licht auf seine persönliche Qualifikation und seine politische Einstellung zur Bundesverfassung, insbesondere zu Artikel 26 B-VG. Er wollte und will nunmehr den von ihm gesetzten normativen Verwaltungsakt einerseits als 'Ergebnis ex lege' und andererseits als Akt der Gesetzgebung kaschieren, um die durch seine Entscheidung in ihren Rechten verkürzten Beschwerdeführer um die Möglichkeit der Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof zu bringen. Der subjektiven Deutung dieses Vorganges als 'gerichtsfreien Hoheitsakt' kommt aber keine Relevanz zu. Es käme dies einem Akt der Gesetzgebung durch eine Einzelperson gleich.

Die persönlichen Motive des Ersten Präsidenten des Nationalrates haben (sieht man vom offenkundigen 'Bescheidwillen' ab) hier außer Betracht zu bleiben. Die bescheidmäßige Erledigung war jedenfalls rechtswidrig und die ausgeübte Kompetenz angemaßt. Letztlich spricht aber für den Bescheidcharakter auch der Umstand, daß der Erste Präsident des Nationalrates mehrfach öffentlich erklärte, er wolle, daß der Verfassungsgerichtshof seine Entscheidung überprüfe. Überprüfen kann man nur eine Entscheidung (Bescheid) einer Verwaltungsbehörde. Gleichzeitig verhindert gerade er allerdings diese Überprüfung.

Insgesamt darf nicht übersehen werden, daß die erfolgte Erledigung ('Entscheidung') eine bindende Wirkung für alle Beteiligten herbeiführen sollte. Dies ergibt sich auch aus den schon erörterten Folgemaßnahmen, deren Herbeiführung ja das eigentliche Ziel der 'Entscheidung' waren.

Wenn nunmehr argumentiert wird, daß weder nach dem Parteiengesetz, noch nach dem Klubfinanzierungsgesetz eine Bescheiderlassung vorgesehen ist, so hätte, wenn eine solche nicht gewollt war, der Erste Präsident des Nationalrates schon aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit erklären müssen, daß er für die Fällung einer Entscheidung nicht kompetent ist. Genau das hatte er aber nicht getan. Letztlich stellt sich die vom Ersten Präsidenten Dr. Heinz Fischer gewählte Vorgangsweise insgesamt als Zynismus gegenüber den Beschwerdeführern dar:

Einerseits wird eine Entscheidung getroffen, die die Beschwerdeführung im Vergleich zu dem Zeitraum vor der Entscheidung schlechter stellt.

Andererseits wird die Anfechtbarkeit der Entscheidung durch Maßnahmen verwehrt, die die Tatsache der Entscheidung verschleiern sollen. Zum Beweis für die Doppelzüngigkeit der Vorgangsweise dient dabei auch die öffentliche Äußerung, man hoffe, der Verfassungsgerichtshof wolle und werde die Richtigkeit der Entscheidung überprüfen."

dd) Auch in der von den im Spruch genannten fünf Abgeordneten zum Nationalrat unter der Bezeichnung "Club Liberales Forum der Abgeordneten des österreichischen Nationalrates" erstatteten Äußerung (s.o. I.4.b) wird zur Frage Stellung genommen, ob das angefochtene Schreiben als Bescheid zu werten ist:

"Eine Bescheidbeschwerde gemäß Art144 B-VG setzt das Vorhandensein eines nicht mehr anfechtbaren Bescheides voraus. Es ist daher zu untersuchen, ob es sich bei der angefochtenen Mitteilung um einen Bescheid handelt. Zwar ist nicht zwingend notwendig, daß ein Bescheid ausdrücklich als solcher bezeichnet ist; damit eine Handlung aber auch dann, wenn sie nicht in normaler Bescheidform erfolgt, zu einem Bescheid im Rechtssinn wird, muß sie eine hoheitliche Erledigung der Verwaltungsbehörde enthalten, durch die in bestimmten einzelnen Angelegenheiten gegenüber individuell bestimmten Personen in einer förmlichen und der Rechtskraft fähigen Weise über Rechtsverhältnisse materiellrechtlicher oder verfahrensrechtlicher Art abgesprochen wird. Mindestvoraussetzungen für einen Bescheid sind also unter anderem, daß eine Verwaltungsbehörde und daß diese im Rahmen der Hoheitsverwaltung tätig wurde. Der Präsident des Nationalrates agiert unzweifelhaft in bestimmten, in Art30 B-VG genannten Angelegenheiten als Verwaltungsbehörde, und ist somit grundsätzlich bescheidfähig. Die beschwerdegegenständliche Mitteilung ist trotzdem nicht als Bescheid zu qualifizieren, da die andere der genannten Voraussetzungen, nämlich im konkreten Fall Tätigwerden der belangten Behörde in behördlicher Funktion, fehlt. Der Gesetzgeber hat die Durchführung des Clubfinanzierungsgesetzes ausdrücklich weder der Hoheits- noch der Privatwirtschaftsverwaltung zugewiesen. Für die Beurteilung, welcher der beiden möglichen Verwaltungsformen die Mitteilung der belangten Behörde zuzuordnen ist, ist daher maßgebend, ob die belangte Behörde in dieser Angelegenheit mit Zwangsbefugnissen ausgestattet wurde. Dies ist eindeutig zu verneinen. Die Mitteilung des Parlamentsdirektors vom 26. Februar 1993 ist demnach entsprechend der ständigen Judikatur des VFGH im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung ergangen, somit kein Bescheid und daher auch nicht mit einer Beschwerde gemäß Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof anfechtbar. Den Beschwerdeführern wäre es freigestanden, allenfalls Klage nach Art137 B-VG zu erheben."

b)aa) Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt die Frage untersucht, ob eine bei ihm bekämpfte, nicht als Bescheid bezeichnete Erledigung dennoch als Bescheid iS des Art144 Abs1 B-VG zu qualifizieren ist.

In seiner bisherigen ständigen Judikatur kam er zum Ergebnis, daß dies dann angenommen werden muß, wenn die Erledigung gegenüber individuell bestimmten Personen eine Verwaltungsangelegenheit in einer der Rechtskraft fähigen Weise normativ regelt, wenn sie also für den Einzelfall bindend die Gestaltung oder Feststellung von Rechtsverhältnissen zum Inhalt hat, ob sie nun in Form eines Bescheides nach den §§56 ff. AVG ergeht oder nicht (vgl. zB VfSlg. 4986/1965, 6187/1970, 8744/1980, 9244/1981, 9444/1982, 11077/1986, 11415/1987, 12321/1990; 12753/1991, S 786 f.). Mangelt es an der nach dem AVG für Bescheide vorgesehenen Form, muß deutlich erkennbar sein, daß die Behörde dennoch den - objektiv erkennbaren - Willen hatte, mit der Erledigung gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen (vgl. zB VfSlg. 8560/1979, 10119/1984). Ob dies der Fall ist, kann sich daraus ergeben, ob die Behörde von Rechts wegen verpflichtet ist, einen Bescheid zu erlassen (vgl. VfSlg. 9520/1982, S 153 f.).

Wenn nach der anzuwendenden Rechtslage überhaupt kein Bescheid zu erlassen war, ist nicht anzunehmen, daß einem formlosen Schreiben Bescheidqualität innewohnt (vgl. zB VfSlg. 8672/1979, S 231); ob eine Erledigung, die nicht den für Bescheide geltenden Formerfordernissen (§§58 ff. AVG) entspricht, inhaltlich als Bescheid zu werten ist, ist vor dem Hintergrund der geltenden Rechtslage zu beurteilen (vgl. zB VfSlg. 10270/1984, 10368/1985; 12753/1991, S 786 f.).

bb) Ausgehend von dieser Rechtsprechung - von der abzurücken kein Anlaß besteht - ist die bekämpfte Erledigung nicht als Bescheid iS des Art144 Abs1 B-VG einzustufen:

Wenngleich das angefochtene Schreiben nicht die formellen Merkmale eines Bescheides aufweist, könnte es nach der in der vorstehenden sublit. aa) wiedergegebenen Vorjudikatur zwar dennoch als Bescheid qualifiziert werden, wenn deutlich der objektiv erkennbare Wille des für den Präsidenten des Nationalrates handelnden Parlamentsdirektors vorgelegen wäre, eine normative Regelung zu treffen, nämlich ein konkretes Rechtsverhältnis bindend zu gestalten oder festzustellen.

Eine Wertung als Bescheid ist aber vor dem Hintergrund der geltenden Rechtslage ausgeschlossen:

Nach dem hier maßgebenden Bundesgesetz, mit dem die Tätigkeit der Klubs der wahlwerbenden Parteien im Nationalrat und im Bundesrat erleichtert wird (Klubfinanzierungsgesetz 1985), BGBl. 156/1985, idF der Novelle BGBl. 742/1990, haben zur Erfüllung ihrer parlamentarischen Aufgaben die parlamentarischen Klubs der Abgeordneten zum Nationalrat und Mitglieder des Bundesrates Anspruch auf einen Beitrag zur Deckung der ihnen daraus erwachsenden Kosten (§1). Die Höhe der als "Beiträge" bezeichneten Geldleistungen ist in den §§2, 2a und 3, jene der als "Zuwendungen" benannten Geldleistungen in den §§4 und 4a geregelt. Dem §5 zufolge sind die Beiträge und Zuwendungen nach den §§2 bis 4a den Klubs vierteljährlich jeweils im vorhinein anzuweisen. Gemäß §6 ist mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes, soweit sie nicht dem Präsidenten des Nationalrates obliegt, der Bundesminister für Finanzen betraut.

Der vom "Freiheitlichen Parlamentsklub" geltend gemachte Anspruch auf Beiträge und Zuwendungen iS des KlubfinanzierungsG 1985 ist - wie sich aus dem Gesetzeswortlaut ergibt - ohne vorangehendes Verfahren zu liquidieren; dies wird durch die jahrelang geübte Praxis bestätigt. Weder das KlubfinanzierungsG 1985 noch eine andere gesetzliche Vorschrift sehen vor, daß über Bestand oder Umfang des Anspruchs durch Bescheid zu befinden wäre. Die Liquidierung der Geldleistungen setzt also keinen Bescheid voraus.

Werden die Beiträge und Zuwendungen nach Ansicht eines Klubs gesetzwidrigerweise überhaupt nicht oder in zu geringer Höhe angewiesen, so steht diesem die Möglichkeit offen, beim Verfassungsgerichtshof eine Klage nach Art137 B-VG einzubringen (siehe hiezu das Erkenntnis vom heutigen Tag, A10/93, betreffend die Klage des Parlamentarischen Klubs der Freiheitlichen Partei Österreichs der Abgeordneten zum Nationalrat und Mitglieder des Bundesrates).

Dieses Ergebnis entspricht der ständigen neueren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, etwa VfSlg. 8243/1978, 12197/1989 und 12312/1990 (betr. Vergütung für die Erstattung von Gutachten nach dem KFG 1967), 8997/1980 (betr. Bezug eines Stadtrates aufgrund der Bgld. Gemeindeordnung), 12311/1990 (betr. Vergütung für die Tätigkeit als Prosektor nach dem Kärntner Gesetz über das Leichen- und Bestattungswesen).

Es steht nicht im Widerspruch zu der die Liquidierung von Beamtenbezügen betreffenden Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, wonach in diesen Fällen (vorerst) eine Liquidierungsklage nach Art137 B-VG unzulässig ist, weil ein Feststellungsbescheid erwirkt werden kann. Dies gilt nämlich nur deshalb, weil das DienstrechtsverfahrensG iVm dem AVG einen solchen Bescheid vorsieht (vgl. zB VfSlg. 7172/1973, 7173/1973, 8371/1978, 8976/1980, 11836/1988, 12024/1989; 12197/1989, S 359 f.; 12313/1990). Nur im Fall, daß die Gebührlichkeit dem Grunde und der Höhe nach unstrittig ist - etwa dann, wenn bereits ein dienstrechtlicher Bescheid existiert - ist die bloße Liquidierung der Bezüge (d.i. der technische Vorgang der Auszahlung) mit Klage nach Art137 B-VG geltend zu machen (zB VfSlg. 11356/1987, 12024/1989).

cc) Die Beschwerde war daher mangels Bescheidcharakters der angefochtenen Erledigung als unzulässig zurückzuweisen.

Bei diesem Ergebnis war weder darauf einzugehen, ob der Präsident des Nationalrates hier als Verwaltungsbehörde oder nicht vielmehr in Ausübung der Staatsfunktion Gesetzgebung gehandelt hat (zur Frage der Unterscheidung der Staatsfunktionen Gesetzgebung und Verwaltung vgl. insbesondere VfSlg. 4864/1964, 6110/1969, 6277/1970, 7607/1975, 11882/1988, 12262/1990; VfGH 7.10.1958 B204,205/58; 18.6.1993 B569,669/92), noch war die Legitimation der vier Beschwerdeführer zu erörtern. Ebenso hatte eine Auseinandersetzung mit den zahlreichen, aus Anlaß des in Rede stehenden Geschehens erstatteten Gutachten und literarischen Äußerungen zu unterbleiben, die sich mit der - hier nicht zu entscheidenden - Frage einer etwaigen Klubbildung des "Liberalen Forums" beschäftigen.

dd) Eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, erübrigt sich.

III. 1. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

2.a) Dem Präsidenten des Nationalrates waren Verfahrenskosten nicht zuzusprechen, weil der von ihm (offenbar für die Erstattung der Gegenschrift und für die Vorlage der Verwaltungsakten) als belangte Behörde begehrte Kostenersatz im Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht vorgesehen ist (vgl. zB VfSlg. 11917/1988, S 610, und die dort zitierte weitere Vorjudikatur).

b) Hingegen war den unter der Bezeichnung "Club Liberales Forum der Abgeordneten des Österreichischen Nationalrates" als beteiligte Partei einschreitenden fünf Abgeordneten zum Nationalrat gemäß §88 VerfGG der beantragte Kostenersatz zu gewähren. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 2.875,-- enthalten.

Um diesen Kostenspruch treffen zu können, war es nicht erforderlich zu untersuchen, ob der "Club Liberales Forum der Abgeordneten des österreichischen Nationalrates" überhaupt in rechtswirksamer Weise existent geworden ist (nämlich als Klub von Abgeordneten "derselben wahlwerbenden Partei" iS des §7 erster Satz GOG NR), oder ob für eine gültige Klubbildung die Zustimmung des Nationalrates iS des §7 dritter Satz GOG NR erforderlich gewesen wäre. Der Kostenzuspruch hat nämlich unabhängig davon zu erfolgen, ob es sich bei der einschreitenden Gruppierung um einen Nationalratsklub, einen etwaigen Parlamentsklub des Liberalen Forums (zur Unterscheidung Nationalratsklub - Parlamentsklub

s. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom heutigen Tag, A10/93) oder um die hinter dem "Club" stehenden fünf (im Spruch namentlich erwähnten) Abgeordneten gehandelt hat.

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