VfGH B421/90

VfGHB421/9024.6.1992

Anlaßfallwirkung der Aufhebung des §1 Abs2 und §4 Abs1 der Wettbewerbsrichtlinien 1985, beschlossen vom Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder am 06.12.85, mit E v 24.06.92, V313/91, V18/92.

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist schuldig, dem Beschwerdeführer, zu Handen seines Rechtsvertreters, die mit S 15.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Berufungssenat des Ehrengerichts- und Disziplinarausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid ("Erkenntnis") vom 18. Dezember 1989 den Beschwerdeführer - einen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater - schuldig erkannt,

"1986 eine Berufspflichtverletzung nach §39 Abs1 Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung (WTBO) im Zusammenhang mit §1 Abs2 und §4 der Wettbewerbsrichtlinien, Amtsblatt der Kammer Nr. 2/1986, in Wien durch Einschaltung einer Personalsuchanzeige auf Seite 105 der 'Steuer- und Wirtschaftskartei' Nr. 15 vom 25.5.1986 in einer die ganze Seite umfassenden Größe sowie durch Beigabe einer Werbeschrift für die GRT Revisions- und Treuhandgesellschaft m.b.H., GRT-Robol & Co. zum Programm der Veranstaltung 'Karriere 2000' der Wirtschaftsuniversität Wien, begangen zu haben."

Über den Beschwerdeführer wurde deshalb gemäß §48 WTBO die Strafe der "strengen Verwarnung" verhängt.

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 (Abs1) B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen (darunter der im folgenden Pkt. II.1. näher zitierten "Wettbewerbsrichtlinien") behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Der Berufungssenat des Ehrengerichts- und Disziplinarausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder als belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der begehrt wird, der Beschwerde keine Folge zu geben.

II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat am 29. Feber 1992 beschlossen, aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des §1 Abs2 und des §4 Abs1 der vom Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder am 6. Dezember 1985 beschlossenen "Wettbewerbsrichtlinien" (kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Beilage zur Druckschrift "Kammer der Wirtschaftstreuhänder" Nr. 2/1986) einzuleiten.

2. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, V313/91, V18/92, hob er diese Verordnungsbestimmungen als gesetzwidrig auf.

III. Die belangte Behörde hat somit eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.

Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10303/1984, 10515/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

IV. 1. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 2.500,-- enthalten.

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