Normen
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Spruch:
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist schuldig, dem Beschwerdeführer, zu Handen seines Rechtsvertreters, die mit S 15.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Berufungssenat des Ehrengerichts- und Disziplinarausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat mit dem im Instanzenzug - und zwar im dritten Rechtsgang (s. VwGH 14.5.1985, Zl. 84/04/0125, und VfGH 12.10.1988, B1228/86 (vgl. VfSlg. 11872/1988)) - ergangenen Bescheid ("Erkenntnis") vom 2. März 1990, Zl. 79/81, (dem Beschwerdeführer zugestellt am 5. März 1991), den Beschwerdeführer - einen Steuerberater - schuldig erkannt,
"die Berufspflicht verletzt zu haben nach §39 Abs1 WTBO (Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung) im Zusammenhang mit Pkt. 1, Z1 u. 4 der Werbeverbotsrichtlinien wiederverlautbart nach dem Beschluß des Vorstandes der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 25.6.1979, veröffentlicht in Beilage 2 'Kammer der Wirtschaftstreuhänder' Nr. 10/79 sowie eine Beeinträchtigung des Standesansehens nach §47 Abs1 WTBO begangen zu haben, durch Anführung der vollen Anschrift 'Völkermarkter Ring 1, 9020 Klagenfurt' und der Berufsbezeichnung 'Wirtschaftstreuhänder' und 'Steuerberater' nach dem Inhaltsverzeichnis eines 'Raiffeisen-Unternehmer-Service' bezeichneten Rundschreibens, Steuerinformation II/81 und III/81 des Raiffeisenverbandes Kärnten, das unaufgefordert einem unbestimmbaren Personenkreis im Jahre 1981 zugesandt wurde."
Über den Beschwerdeführer wurde deshalb gemäß §48 WTBO die Strafe der Verwarnung verhängt.
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 (Abs1) B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen (darunter der im folgenden Pkt. II.1. näher zitierten "Werbeverbotsrichtlinien") behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3. Der Berufungssenat des Ehrengerichts- und Disziplinarausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der begehrt wird, der Beschwerde keine Folge zu geben.
II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat am 27. November 1991 beschlossen, aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Präambel sowie des Pkt. I ("Berufswidrige Werbung") Z1 und 4 der vom Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder am 25. Juni 1979 beschlossenen "Werbeverbotsrichtlinien" (kundgemacht in der Beilage zur Druckschrift "Kammer der Wirtschaftstreuhänder" Nr. 10/1979) einzuleiten.
2. Mit Erkenntnis vom 24. Juni 1992, V313/91, V18/92, hat der Verfassungsgerichtshof festgestellt, daß diese Verordnungsbestimmungen gesetzwidrig waren.
III. Die belangte Behörde hat somit eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10303/1984, 10515/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
IV. 1. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 2.500,-- enthalten.
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