Normen
B-VG Art12 Abs1 Z3
B-VG Art15 Abs6
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
ÜG 1920 §3 Abs1
AgrBehG §1 Abs1
AgrBehG §5
AgrBehG §7 Abs1
WWSGG
Krnt Wald- und Weideservituten-LandesG §1, §41
B-VG Art12 Abs1 Z3
B-VG Art15 Abs6
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
ÜG 1920 §3 Abs1
AgrBehG §1 Abs1
AgrBehG §5
AgrBehG §7 Abs1
WWSGG
Krnt Wald- und Weideservituten-LandesG §1, §41
Spruch:
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden sind.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Agrarbezirksbehörde Villach wies mit Bescheid vom 10. September 1987 den Antrag der Beschwerdeführer auf Feststellung, daß ihnen als Miteigentümern einer näher bezeichneten landwirtschaftlichen Liegenschaft auf einem bestimmten, im Eigentum Dritter stehenden Grundstück ein Weiderecht zustehe, mit der Begründung als unzulässig zurück, daß das (Krnt.) Gesetz betreffend die Ablösung, Regelung und Neuregelung der Wald-, Weide- und Felddienstbarkeiten, LGBl. für Kärnten 41/1920 (im folgenden: ARLG), nur eine Ablösung, Regelung und Neuregelung von Wald-, Weide- und Felddienstbarkeiten, nicht aber auch die Feststellung des Bestehens oder des Inhaltes solcher Rechte vorsehe, weshalb hierüber nicht die Agrarbehörden, sondern die Gerichte zu entscheiden hätten.
Die gegen diesen Bescheid gerichtete Berufung der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 25. Jänner 1988 als unbegründet abgewiesen. In Übereinstimmung mit der Behörde erster Instanz ging die Berufungsbehörde davon aus, daß das ARLG nicht auch die Feststellung des Bestehens von Dienstbarkeiten der hier in Rede stehenden Art- die zivilrechtlicher Natur seien - den Verwaltungsbehörden übertragen habe und deshalb die Erlassung eines entsprechenden Feststellungsbescheides durch die Verwaltungsbehörde nicht in Betracht komme, der Rechtsstreit über den Bestand der fraglichen Dienstbarkeit vielmehr vor den ordentlichen Gerichten auszutragen sei.
2. Gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.
3. Der Landesagrarsenat beim Amt der Kärntner Landesregierung als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Die belangte Behörde hat, indem sie die Berufung der Beschwerdeführer abwies, einen mit dem erstinstanzlichen Bescheid übereinstimmenden neuen Bescheid erlassen (s. etwa die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 5970/1969, 6016/1969), mit dem der Antrag der Beschwerdeführer auf Feststellung des Bestehens eines Weiderechtes der Sache nach wegen (sachlicher) Unzuständigkeit der Agrarbehörde zurückgewiesen wurde. Gegen diesen Bescheid ist gemäß §7 Abs1 des Agrarbehördengesetzes 1950, BGBl. 1/1951 (idF der Agrarbehördengesetznovelle 1974, BGBl. 476), eine Berufung an den Obersten Agrarsenat nicht zulässig. Der Instanzenzug ist somit erschöpft. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist die Beschwerde zulässig.
2. Die Beschwerdeführer halten das ARLG, auf das sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich berufen hat - die Erstbehörde hatte dieses Gesetz im Spruch ihres Bescheides angeführt - der Sache nach deshalb für verfassungswidrig, weil es anders als §33 Abs2 des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, Anlage 3 zur Kundmachung der Bundesregierung über die Wiederverlautbarung von Rechtsvorschriften auf dem Gebiete der Bodenreform, BGBl. 103/1951 (im folgenden: Wald- und Weidenutzungsgrundsatzgesetz 1951 - WWNGG 1951) nicht vorsehe, daß die Agrarbehörden auch außerhalb eines Verfahrens zur Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung mit Ausschluß des Rechtsweges ua. über die Frage des Bestandes von Nutzungsrechten (wozu nach §1 Abs1 Z2 des eben erwähnten Grundsatzgesetzes auch die Weiderechte auf fremdem Grund und Boden zählten) entscheiden. Insofern stehe, da der Kärntner Landesgesetzgeber der Verpflichtung zur Erlassung eines Ausführungsgesetzes innerhalb der vorgesehenen (gemäß Art. III Abs3 des in Rede stehenden Grundsatzgesetzes am 29. (richtig: mit 19.) Juli 1934 abgelaufenen) zwölfmonatigen Frist nicht nachgekommen sei, das ARLG mit §33 Abs2 des wiederholt erwähnten Grundsatzgesetzes in Widerspruch und sei daher verfassungswidrig.
3. Die Beschwerdeführer sind mit diesem Vorbringen nicht im Recht.
a) Das ARLG ist gemäß seinem §52 erster Satz am 1. August 1920, mithin zu einem Zeitpunkt in Kraft getreten, als die definitive Kompetenzverteilung des B-VG (dessen Art10 bis einschließlich 13 und 15 wurden - zunächst durch §42 des Verfassungsgesetzes vom 1. Oktober 1920, BGBl. 2, betreffend den Übergang zur bundesstaatlichen Verfassung (im folgenden: V-ÜG 1920) suspendiert - durch Art. I §9 iVm Art. III Abs1 der Bundes-Verfassungsnovelle BGBl. 269/1925 mit 1. Oktober 1925 in Kraft gesetzt) noch nicht in Geltung stand.
Es ist davon auszugehen, daß das ARLG als Landesgesetz erlassen wurde (s. dazu etwa die Erläuterungen zur Vorlage der Bundesregierung zu einem Bundesgesetz betreffend Grundsätze für die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, 529 BlgNR 3. GP, Allgemeiner Teil, S 7; s. ferner das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 1392/1931 sowie etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes VwSlg. 9275 A/1977 und 82/07/0235 v. 19.4.1983 sowie 85/07/0331 v. 8.4.1986).
b) Das ARLG regelt Angelegenheiten der Bodenreform iS der Kompetenzverteilung des B-VG (in diesem Sinne etwa die Erläuterungen zur erwähnten Vorlage der Bundesregierung 529 BlgNR
3. GP, Allgemeiner Teil, S 8; der betreffende Kompetenztatbestand findet sich derzeit in Art12 Abs1 Z3 B-VG). Maßnahmen, die der Neuregelung oder Änderung bestehender Regulierungen dienen, sind für die Bodenreform geradezu typisch (so der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis v. 6.10.1988, B679/88, unter Hinweis auf die Erkenntnisse VfSlg. 1390/1931 und 3649/1959). Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem von einem verstärkten Senat beschlossenen Erkenntnis VwSlg. 9275 A/1977 (S 139) ausgesprochen hat, sind die im ARLG geregelten Angelegenheiten zu jenen Angelegenheiten der Bodenreform zu zählen, die (derzeit) im WWNGG 1951 geregelt sind (im gleichen Sinn die beiden bereits zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes 82/07/0235 v. 19.4.1983, und 85/07/0331 v. 8.4.1986; vgl. auch VfSlg. 8151/1977, S 188).
Der Verfassungsgerichtshof teilt diese Auffassung.
c) Das ARLG blieb nach dem Inkrafttreten der definitiven Kompetenzverteilung des B-VG - und damit auch des Kompetenztatbestandes "Bodenreform, insbesondere agrarische Operationen und Wiederbesiedlung" (Art12 Abs1 Z6 B-VG in der Stammfassung) - zufolge der Übergangsregelung des §3 Abs1 erster Satz V-ÜG 1920 (Stammfassung) als Landesgesetz (von diesem Zeitpunkt an als ein solches im Sinne des B-VG) weiterhin in Geltung (so auch die unter II. 3.b zitierten Erkenntnisse des VwGH).
Der zweite Satz des §3 V-ÜG 1920 (Stammfassung; sie findet sich unverändert in der mit Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. 368/1925 vorgenommenen Wiederverlautbarung des V-ÜG 1920) traf folgende Anordnung:
"Sobald jedoch in diesen Angelegenheiten Grundsätze durch Bundesgesetz festgesetzt werden, sind solche Landesgesetze gemäß Artikel 15, Absatz 2, binnen der bundesgesetzlich festgelegten Frist abzuändern."
Durch Art. I §1 des Bundesverfassungsgesetzes
betreffend Übergangsbestimmungen zur Zweiten Bundes-Verfassungsnovelle, BGBl. 393/1929 (V-ÜG 1929) erhielt der §3 Abs1 V-ÜG 1920 folgende Fassung:
"(1) Die Landesgesetze, die die im Artikel 12 des Bundes-Verfassungsgesetzes aufgezählten Angelegenheiten regeln, bleiben weiter Landesgesetze im Sinne des Bundes-Verfassungsgesetzes. Solange nicht durch Bundesgesetz in diesen Angelegenheiten Grundsätze festgesetzt werden, kann die Landesgesetzgebung solche Landesgesetze abändern. Doch darf ein solches Landesgesetz nur mit Zustimmung der Bundesregierung kundgemacht werden. Sobald Grundsätze durch Bundesgesetz erlassen sind, sind die in Betracht kommenden Landesgesetze gemäß Artikel 15, Abs6, binnen der bundesgesetzlich festgesetzten Frist abzuändern."
(Die Zitierung des Abs6 des Art15 B-VG erklärt sich daraus, daß der ursprüngliche Abs2 des Art15 B-VG durch §5 Z2 der Zweiten Bundes-Verfassungsnovelle, BGBl. 392/1929, (ohne inhaltliche Änderung) die Absatzbezeichnung "(6)" erhalten hatte).
Nur der Vollständigkeit halber sei hier darauf hingewiesen, daß §3 V-ÜG 1920 mit Ausnahme des ersten Satzes des Absatzes 1 bei gleichzeitigem Entfall der Absatzbezeichnung durch Art. X der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1974, BGBl. 444, aufgehoben wurde. An die Stelle der aufgehobenen Bestimmungen ist die Regelung des Art15 Abs6 B-VG getreten (s. hiezu die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 182 BlgNR 13. GP, Abschnitt X.).
d) Für die im ARLG geregelten Angelegenheiten wurde eine auf den Kompetenztatbestand "Bodenreform, insbesondere agrarische Operationen und Wiederbesiedlung" (Art12 Abs1 Z6 B-VG idF des Art. I §4 der Zweiten Bundes-Verfassungsnovelle, BGBl. 392/1929) gestützte Grundsatzregelung erst mit der auf Grund des kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes, RGBl. 307/1917, erlassenen Verordnung der Bundesregierung vom 30. Juni 1933, BGBl. 307, betreffend Grundsätze für die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten (im folgenden: WWNVO) getroffen.
Ihr Art. III Abs1 bestimmte, daß diese Verordnung den Ländern gegenüber sofort, im übrigen aber in jedem Bundesland gleichzeitig mit dem in dem betreffenden Bundesland erlassenen Ausführungsgesetz in Kraft tritt. Art. III Abs3 der Verordnung ordnete an, daß die Ausführungsgesetze der Bundesländer zu den im Art. I der Verordnung aufgestellten Grundsätzen binnen zwölf Monaten nach dem Tag der Kundmachung dieser Verordnung in Wirksamkeit zu setzen sind. Diese Frist ist, da die gegenständliche Verordnung am 19. Juli 1933 kundgemacht wurde, mit 19. Juli 1934 abgelaufen.
Die WWNVO wurde auf Grund des Wiederverlautbarungsgesetzes, BGBl. 114/1947, als Anlage 3 zur Kundmachung der Bundesregierung vom 13. Februar 1951, BGBl. 103, über die Wiederverlautbarung von Rechtsvorschriften auf dem Gebiete der Bodenreform, wiederverlautbart, wobei sie die Bezeichnung "Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten" erhielt.
e) In Kärnten wurde innerhalb der im Art. III Abs3 der WWNVO festgesetzten zwölfmonatigen Frist weder ein Ausführungsgesetz erlassen (s. auch Walter/Mayer, Grundriß des besonderen Verwaltungsrechts2, S 267) noch eine landesgesetzliche Regelung getroffen, um das ARLG iS des letzten Satzes des §3 Abs1 V-ÜG 1920 (in der damals maßgeblichen Fassung des Art. I §1 V-ÜG 1929) an die Vorschriften der gegenständlichen Verordnung anzupassen.
4.a) Der mit "Zuständigkeit der Agrarbehörden" überschriebene, durch spätere Vorschriften nicht ausdrücklich geänderte §33 der WWNVO - er behielt bei der Wiederverlautbarung dieser Vorschrift seine Bezeichnung bei - enthielt im Abs1 ua. die Vorschrift, daß die Bestimmungen der Landesgesetze über die Ablösung, Neuregulierung und Sicherung der Nutzungsrechte mit Ausschluß des Rechtsweges von den Agrarbehörden durchzuführen sind.
Abs2 des §33 dieser Verordnung - er steht derzeit in der wiederverlautbarten Fassung unverändert als §33 Abs2 WWNGG 1951 in Geltung - hat folgenden Wortlaut:
"(2) Diese Behörden entscheiden auch außerhalb eines Verfahrens zur Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung mit Ausschluß des Rechtsweges über die Frage des Bestandes von Nutzungsrechten und über die Frage, welche Liegenschaften berechtigt und verpflichtet sind."
b) Nach dem ARLG sind, wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 1392/1931 eingehend dargelegt hat, die Agrarbehörden lediglich befugt, über die Ablösung, Aberkennung, Regulierung oder Neuregulierung von Dienstbarkeiten bestimmter Arten zu erkennen, nicht aber auch dazu, über den Bestand solcher Dienstbarkeiten als Hauptfrage zu entscheiden (vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 10219/1984). Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis VfSlg. 1392/1931 diese Auffassung im wesentlichen mit folgenden Ausführungen begründet:
"Die Ablösung, Regelung und Neuregelung der Wald-, Weide- und Felddienstbarkeiten ist in Kärnten durch das Landesgesetz vom 10. März 1920, LGBl. Nr. 41, geregelt, dessen §52 mit dem Tag seiner Wirksamkeit die Bestimmungen des Kaiserlichen Patentes vom 5. Juli 1853, RGBl. Nr. 130, sowie die Bestimmungen des bis dahin in Geltung gestandenen Landesgesetzes vom 28. August 1908, LGBl. Nr. 33 von 1910, außer Kraft gesetzt hat. Nach den §§1, 33 und 41 des eben bezogenen Landesgesetzes vom 10. März 1920, LGBl. Nr. 41, steht den Agrarbehörden unter Ausschluß des Rechtsweges die Durchführung der Ablösung oder der Regelung oder Neuregelung von Holz-, Forstnutzungs- und Weiderechten auf fremdem Grund sowie die Ablösung, Aberkennung und Regelung von sonstigen Felddienstbarkeiten auf Wald-, Acker- und Wiesengrund zu.
Diese Bestimmungen über die Zuständigkeit der Agrarbehörden, unter Ausschluß des Rechtsweges auch über Fragen zu entscheiden, die sonst die Gerichte zu entscheiden hätten, dürfen als Ausnahmsbestimmungen nicht ausdehnend ausgelegt werden. Auf jeden Fall steht es außer Zweifel, daß die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über den Bestand eines Weiderechtes auf fremdem Grund nach dem bezogenen Kärntner Landesgesetz dann bestehen bleibt, wenn - wie im vorliegenden Fall - das ordentliche Gericht vor Einleitung eines Regelungsverfahrens zur Entscheidung der Streitsache angerufen wurde. In einem Fall dieser Art sind die Agrarbehörden wohl befugt, die Frage des Bestandes der Dienstbarkeit als Vorfrage gemäß den Bestimmungen des nach §1 des Agrarverfahrensgesetzes vom 4. März 1927, BGBl. Nr. 79, anwendbaren §38 im Zusammenhang mit §69 Absatz 1, litc, AVG einer selbständigen Beurteilung zu unterziehen. Die Entscheidung über den Bestand der Servitut als Hauptfrage steht aber in einem solchen Fall ausschließlich den ordentlichen Gerichten zu.
Die hierauf gerichtete Absicht des Gesetzgebers geht auch aus folgender Erwägung hervor: Wenngleich - wie eingangs ausgeführt - das Kaiserliche Patent vom 5. Juli 1853, RGBl. Nr. 130, über die Regulierung und Ablösung der Holz-, Weide- und Forstprodukten-Bezugsrechte, dann einiger Servituts- und gemeinschaftlichen Besitz- und Benützungsrechte, auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, so kann es doch zur Auslegung mancher Bestimmungen des Kärntner Landesgesetzes vom 10. März 1920, LGBl. Nr. 41, herangezogen werden, weil dieses Landesgesetz die in Frage kommenden Angelegenheiten - wenigstens zu einem großen Teil - in ganz ähnlicher Weise regeln wollte, wie sie im Kaiserlichen Patent geregelt waren. Das Kaiserliche Patent ordnet nun im §7 u.a. an: 'Zu dem Zwecke der Ablösung, sowie der Regulierung jedes Nutzungsrechtes ist zu erheben und festzustellen:
. . . b) das zugrundeliegende Rechtsverhältnis'; es wies also den mit der Durchführung des Kaiserlichen Patentes betrauten Behörden, an deren Stelle jetzt die Agrarbehörden getreten sind, auch die Feststellung des Rechtsbestandes der in Betracht kommenden Dienstbarkeiten zu, aber nur 'zu dem Zweck der Ablösung, sowie der Regulierung' des Nutzungsrechtes. Eine Voraussetzung dafür, daß die Agrarbehörde sich mit dieser Frage beschäftigen durfte, war demnach, daß eine Ablösung oder Regulierung des Nutzungsrechtes im Zug war. Dementsprechend ist auch in der zum Kaiserlichen Patent ergangenen Vollzugsverordnung vom 3. September 1855, RGBl. Nr. 161, ausdrücklich in den Z1 und 2 gesagt, daß 'gerichtliche Klagen auf die Behauptung oder gegen die Anmaßung eines nach dem Patent vom 5. Juli 1853, Nr. 130 des RGBl., der Ablösung oder Regulierung unterliegenden Rechtes, sowie wegen der im §7 dieses Patentes bezeichneten Punkte, bezüglich der von Amts wegen abzulösenden oder zu regulierenden Rechte von der Kundmachung des von der Landeskommission in Ansehung der von der Partei anzubringenden Anmeldung erlassenen Ediktes an gerechnet, bezüglich der bloß über Provokation abzulösenden oder zu regulierenden Rechte aber vom Zeitpunkt der von der Landeskommission über die eingebrachte Provokation angeordneten Verhandlung angefangen, nicht mehr anhängig gemacht werden' dürfen und daß, falls solche Klagen in den gedachten Zeitpunkten bereits anhängig sind, dem weiteren Rechtszug freier Lauf zu lassen ist, wenn nicht beide Parteien die Einstellung verlangen, die Prozeßverhandlung mag sich in was immer für einem Stadium befinden und schon ein Urteil erfolgt sein oder nicht. Weiters zeigt auch die Weiterentwicklung der durch das Kaiserliche Patent von 1853 geregelten Rechtsmaterie durch die Landesgesetzgebung die Tendenz, zwischen der Entscheidung über den Bestand strittiger und die Feststellung nichtstrittiger derartiger Rechte einerseits und der Durchführung des Ablösungs- und Regulierungsverfahrens anderseits zu unterscheiden und die ersteren Entscheidungen den Gerichten, die letzteren aber den Verwaltungsbehörden zu übertragen. So sei namentlich auf das Kärntner Landesgesetz vom 30. März 1904, LGBl. Nr. 18, dann auch auf das n.ö. Landesgesetz vom 8. Jänner 1889, LGBl. Nr. 8, und auf das Tiroler Landesgesetz vom 8. Jänner 1889, LGBl. Nr. 4, verwiesen."
Das ARLG enthält keine Bestimmung, die als Ausführungsbestimmung zu §33 Abs2 WWNVO (bzw. zu §33 Abs2 WWNGG 1951) gedeutet werden kann. Das Fehlen einer solchen Vorschrift bewirkt im Ergebnis, daß, weil sich eine als Ausführung dieser Grundsatzbestimmung deutbare Vorschrift auch in keinem anderen Kärntner Landesgesetz findet, §33 Abs2 WWNVO (bzw. §33 Abs2 WWNGG 1951) in Kärnten keine Ausführung gefunden hat.
5.a) Die Rechtslage, die nach der Übergangsvorschrift des §3 Abs1 V-ÜG 1920 (in der hier maßgeblichen Fassung des V-ÜG 1929) - wenngleich nur in Form einer Übergangsregelung - bestanden hatte, entsprach im wesentlichen jener, die mit der Anfügung zweier Sätze an Art15 Abs6 B-VG durch Art. I Z15 der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1974 - nunmehr nicht als bloße Übergangsregelung - geschaffen wurde: Danach kann, wenn vom Bundesgesetzgeber keine Grundsätze aufgestellt sind, die Landesgesetzgebung solche Angelegenheiten frei regeln; sobald der Bund Grundsätze aufgestellt hat, sind die landesgesetzlichen Bestimmungen in der bundesgesetzlich zu bestimmenden Frist dem Grundsatzgesetz anzupassen. Angesichts der Gleichartigkeit der Rechtslage (auf sie wird in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend die spätere Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1974, 182 BlgNR 13. GP, Abschnitt X., S 18 f., ausdrücklich hingewiesen; s. etwa auch Mayer, Zur Devolutionskompetenz nach Art15 Abs6 B-VG, ÖJZ 1985, S 545 ff., hier S 549 f.) sind die Ausführungen in dem auf dem Boden der Neufassung des Art15 Abs6 B-VG ergangenen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 10176/1984 auch für die Beurteilung des vorliegenden Falles von Relevanz.
Außerdem ist bei Beantwortung der Frage, ob die Nichtausführung des §33 Abs2 WWNVO (bzw. §33 Abs2 WWNGG 1951) die Verfassungswidrigkeit des ARLG oder einzelner seiner Bestimmungen zur Folge hat, von den grundsätzlichen Ausführungen des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 3744/1960 auszugehen. Ihnen kommt, obgleich diesem Erkenntnis Art15 Abs6 B-VG in der Fassung vor dem Inkrafttreten der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1974 zugrundelag und in dem betreffenden Fall das Landesausführungsgesetz der grundsatzgesetzlichen Regelung nachfolgte, auch auf dem Boden der derzeit geltenden Fassung des Art15 Abs6 B-VG und bei der hier gegebenen Fallkonstellation (Zusammentreffen eines Landesgesetzes mit einer nachfolgenden Grundsatzregelung) Bedeutung zu.
b) Wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 3744/1960 ausgeführt hat, ist ein Landesausführungsgesetz (sieht man von dessen "offenem Widerspruch zum Grundsatzgesetz" ab; vgl. VfSlg. 2820/1955) dann grundsatzgesetz- und damit verfassungswidrig, wenn es bundesgesetzliche Grundsätze in ihrer rechtlichen Wirkung verändert, insbesondere auch dann, wenn es die rechtliche Wirkung bzw. die Geltung der Grundsätze einschränkt (in diesem Sinn etwa auch VfSlg. 2087/1951, 2820/1955, 4919/1965). Im Erkenntnis VfSlg. 10176/1984 (S 272 - 274) hat der Verfassungsgerichtshof (im Anschluß an Auckenthaler,
Der Zusammenhang von Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung, ÖJZ 1984, S 57 ff., insbesondere S 87 ff.) im Ergebnis ua. dargetan, daß, wenn bei Bestehen einer landesgesetzlichen Regelung durch den Bund Grundsätze erlassen werden, die Unterlassung der fristgerechten Anpassung des Landesgesetzes die Verfassungswidrigkeit jener Regelungen dieses Gesetzes bewirkt, die in Widerspruch zur grundsatzgesetzlichen Rechtslage stehen (Invalidation).
Die Unterlassung der Ausführung eines Grundsatzgesetzes hingegen macht ein Ausführungsgesetz im allgemeinen nicht verfassungswidrig (s. dazu etwa VfSlg. 4093/1961, S 609 f.; 4919/1965, S 61). Es kann jedoch die Unterlassung der Ausführung eines Teiles der Grundsatznorm den Inhalt des Ausführungsgesetzes in Widerspruch zu einem Grundsatz bringen (VfSlg. 3744/1960), was zur Folge hat, daß das Ausführungsgesetz, soweit es dem Grundsatzgesetz widerspricht, mit dem Ablauf der bundesgesetzlich festgelegten Anpassungsfrist verfassungswidrig wird. Ein solcher Fall tritt etwa ein, wenn der Landesgesetzgeber sich auf die Ausführung einer Grundsatznorm beschränkt und es unterläßt, gleichzeitig eine sie einschränkende Grundsatznorm auszuführen:
Die damit bewirkte Überschreitung des grundsatzgesetzlich abgesteckten Regelungsrahmens bewirkt die Verfassungswidrigkeit der betreffenden Ausführungsbestimmung (vgl. dazu Auckenthaler, aaO, S 60).
6.a) Es unterliegt keinem Zweifel, daß die §§1 und 41 ARLG, soweit sie die Zuständigkeit der Agrarbehörden zur Ablösung, Regulierung und Neuregulierung von Weiderechten auf fremdem Grund und Boden (iS des §1 Abs1 Z2 WWNVO bzw. WWNGG 1951) begründen, als (landesgesetzliche) Bestimmungen anzusehen sind, die - für sich genommen - mit der Grundsatznorm des §33 Abs1 WWNVO (bzw. WWNGG 1951) im Einklang standen bzw. stehen, diese also durchaus grundsatzkonform ausführten bzw. ausführen.
Eine landesgesetzliche Bestimmung, die in Ausführung der Grundsatzbestimmung des §33 Abs2 WWNVO (bzw. WWNGG 1951) den Agrarbehörden zusätzlich zu den ihnen durch die §§1 und 41 ARLG übertragenen Kompetenzen die Zuständigkeit zur Feststellung des Bestandes von Weiderechten auf fremdem Grund und Boden auch außerhalb eines Verfahrens zur Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung einräumt, besteht, wie dargelegt, derzeit nicht. Die Erlassung einer landesgesetzlichen Bestimmung, die in Ausführung des §33 Abs2 WWNVO (bzw. WWNGG 1951) den Agrarbehörden eine solche Feststellungskompetenz einräumte, ließe den Inhalt der den §33 Abs1 WWNVO (bzw. WWNGG 1951) ausführenden Bestimmungen des ARLG (§§1 und 41) unverändert. Sie würde daher insbesondere nicht bewirken, daß diese Ausführungsvorschriften mit Grundsatzbestimmungen in Widerspruch geraten. Es bedeutet daher die Nichtausführung des §33 Abs2 WWNVO (bzw. WWNGG 1951) keine Veränderung und somit auch keine Einschränkung des Inhaltes der den §33 Abs1 dieser (grundsatzrechtlichen) Vorschrift ausführenden Bestimmungen des ARLG; sie hat daher nicht zur Folge, daß diese - grundsatzkonformen - Ausführungsregelungen mit Grundsatzbestimmungen dadurch in Widerspruch geraten, daß sie diese einschränken.
Es ist aber auch keine sonstige Vorschrift des ARLG auffindbar, die zufolge der Nichtausführung des §33 Abs2 WWNVO (bzw. WWNGG 1951) mit den in Rede stehenden grundsatzrechtlichen Vorschriften in einem inhaltlichen Widerspruch steht. Daß die Kompetenz zur Feststellung des Bestandes von Weiderechten auf fremdem Grund und Boden nach der geltenden Rechtslage nicht den Agrarbehörden, sondern den ordentlichen Gerichten zukommt, ist nicht die Folge des Bestehens einer grundsatzwidrigen Ausführungsnorm, sondern des Fehlens einer Ausführungsregelung zu §33 Abs2 WWNVO (bzw. WWNGG 1951).
Zusammenfassend ergibt sich, daß die Nichtausführung dieser Grundsatzbestimmung keineswegs bewirkt, daß einzelne Bestimmungen des ARLG oder dieses Gesetz als Ganzes wegen eines inhaltlichen Widerspruches zu Grundsatzbestimmungen grundsatzgesetz- und damit verfassungswidrig sind.
b) Die Frage einer allfälligen Devolution (s. dazu insbesondere Mayer, aaO) der Zuständigkeit zur Erlassung eines Ausführungsgesetzes zu §33 Abs2 der WWNVO (bzw. des WWNGG 1951) kann hier auf sich beruhen, weil im Zusammenhang mit der vorliegenden Beschwerde nur die Frage der Verfassungsmäßigkeit der präjudiziellen Bestimmungen des ARLG zu prüfen ist.
c) Der Verfassungsgerichtshof ist aus den angeführten Gründen der Auffassung, daß aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles die den angefochtenen Bescheid tragenden Vorschriften des ARLG nicht wegen Verstoßes gegen grundsatzrechtliche Bestimmungen verfassunsgwidrig sind. Aus der Sicht des Beschwerdefalles bestehen auch sonst keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschriften.
Die Beschwerdeführer sind mithin nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
7.a) Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG, §1 des Gesetzes zum Schutze der persönlichen Freiheit, RGBl. 87/1862) wird nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde ua. verletzt, wenn der Bescheid durch eine zwar an sich zuständige, aber unrichtig zusammengesetzte Kollegialbehörde erlassen wird (s. etwa VfSlg. 8731/1980, 9116/1981, 10022/1984, 11108/1986, 11336/1987, 11350/1987), aber auch dann, wenn die Behörde in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt, etwa indem sie eine Sachentscheidung verweigert (s. etwa VfSlg. 7457/1974, 9105/1981, 10375/1985); dies ist insbesondere auch dann der Fall, wenn durch die Berufungsbehörde ein zurückweisender Bescheid der Erstbehörde zu Unrecht bestätigt wurde (s. etwa VfSlg. 8451/1978, 10219/1984, 10648/1985).
b) Die Beschwerdeführer begründen die von ihnen behauptete Verletzung dieses Rechtes damit, daß der Landesagrarsenat als belangte Behörde nicht in jener personellen Zusammensetzung entschieden habe, die das nach §41 Abs1 ARLG zur Durchführung dieses Gesetzes berufene Amt für Landwirtschaft gemäß §41 Abs5 ARLG aufweisen müsse.
Die Beschwerdeführer lassen dabei unberücksichtigt, daß gemäß §1 Abs1 des Agrarbehördengesetzes 1950, BGBl. 1/1951, in der Fassung der Agrarbehördengesetznovelle 1974, BGBl. 476, die Vollziehung in den Angelegenheiten der Bodenreform den Agrarbehörden - in der Landesinstanz den Landesagrarsenaten (§1 Abs2 Agrarbehördengesetz 1950) - zusteht. Daß es sich bei den im ARLG geregelten Angelegenheiten um solche der Bodenreform handelt, ergibt sich aus den Ausführungen unter II. 3. Von der uneingeschränkten Geltung des Agrarbehördengesetzes 1950 für den Bereich des ARLG geht auch der Verwaltungsgerichtshof aus (VwSlg. 9275 A/1977; VwGH 19.4.1983, 82/07/0235; 8.4.1986, 85/07/0331). Im vorliegenden Fall entsprach - was von den Beschwerdeführern nicht bezweifelt wird - die Zusammensetzung des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung der hiefür maßgeblichen Vorschrift des §5 Agrarbehördengesetz 1950. Der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde sei nicht gesetzmäßig zusammengesetzt gewesen, trifft mithin nicht zu.
c) Die belangte Behörde hat durch die Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführer (s. dazu die Ausführungen unter II. 1.) ihre Zuständigkeit abgelehnt. Da jedoch den Agrarbehörden, wie unter II. 4.b dargelegt, in Kärnten keine Zuständigkeit zur Entscheidung über Anträge dieser Art zukommt, entsprach die Zurückweisung dem Gesetz. Es liegt somit auch insofern keine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter vor (vgl. etwa VfSlg. 7940/1976, 8741/1980, 9764/1983).
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer in einem von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden sind.
Die Prüfung der Frage aber, ob die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden sind, obliegt nicht dem Verfassungsgerichtshof, sondern dem Verwaltungsgerichtshof.
Die Beschwerde war daher abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.
8. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)