VfGH V182/88

VfGHV182/8827.2.1989

Aufhebung der TaxiV Mödling wegen gesetzwidriger Berechnung der Verhältniszahl; unzureichende Ermittlung der Umstände, auf die nach §10 Abs2 zweiter Satz GelegenheitsverkehrsG 1952 Bedacht zu nehmen ist

Normen

Verordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15.07.1987, LGBl 7001/7-0, über die Höchstzahl von Kraftfahr- zeugen für das Platzfuhrwerk-Gewerbe in Mödling (= TaxiV Mödling)
GelVerkG §10 Abs2 idF BGBl 125/1987
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung / Gesetz
Verordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15.07.1987, LGBl 7001/7-0, über die Höchstzahl von Kraftfahr- zeugen für das Platzfuhrwerk-Gewerbe in Mödling (= TaxiV Mödling)
GelVerkG §10 Abs2 idF BGBl 125/1987
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung / Gesetz

 

Spruch:

Die Verordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15. Juli 1987, LGBl. 7001/7-0, über die Höchstzahl von Kraftfahrzeugen für das Platzfuhrwerk-Gewerbe in Mödling, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Juli 1989 in Kraft.

Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Bundesgesetzblatt kundzumachen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B287/88 das Verfahren über eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

Die Bezirkshauptmannschaft Mödling wies das Ansuchen des Beschwerdeführers um Erweiterung seiner Konzession zum Betrieb des Platzfuhrwerk-Gewerbes um einen Personenkraftwagen im Standort Mödling mit Bescheid vom 14. Juni 1980 ab.

Der diese Entscheidung bestätigende Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15. Oktober 1980 wurde durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 1981, Zl. 81/04/0010, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Da der Landeshauptmann von Niederösterreich in der Folge nicht innerhalb der im §73 Abs1 AVG vorgesehenen sechsmonatigen Frist über die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid entschied, brachte der Beschwerdeführer einen Devolutionsantrag an den zuständigen Bundesminister ein.

Mit Bescheid vom 27. November 1987, Zl. 412.357/3-IV-1/87, (berichtigt mit Bescheid vom 4. Feber 1988, Zl. 412.357/2-IV-1/88), gab der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr der Berufung keine Folge und verweigerte dem Beschwerdeführer gemäß §10 Abs2 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes, BGBl. 85/1952, (GelVerkG), idF der Novelle BGBl. 125/1987 (Nov. 1987) iVm der Verordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15. Juli 1987, LGBl. 7001/7-0, über die Höchstzahl von Kraftfahrzeugen für das Platzfuhrwerk-Gewerbe in Mödling (TaxiV Mödling), die Erweiterung der Konzession um einen Personenkraftwagen mit der Begründung, daß die in dieser Verordnung festgesetzte Höchstzahl der für das Betreiben des Taxigewerbes zuzulassenden Kraftfahrzeuge bereits erreicht sei.

Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die erwähnte Verfassungsgerichtshofbeschwerde.

2. Der Verfassungsgerichtshof beschloß aus Anlaß dieser Beschwerde, gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der TaxiV Mödling von amtswegen zu prüfen.

a) Die Rechtsgrundlagen

aa) Die TaxiV Mödling wird auf §10 Abs2 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes, BGBl. 85/1952 (GelVerkG) idF der Novelle 1987, BGBl. 125, gestützt.

Der Verfassungsgerichtshof hatte mit Erkenntnis vom 23. Juni 1986, VfSlg. 10932/1986 (kundgemacht im BGBl. 427/1986) eine Stelle im §5 Abs1 sowie den gesamten §5 Abs4 GelVerkG idF der Novelle BGBl. 486/1981 als verfassungswidrig aufgehoben; dies deshalb, weil die dort u.a. für die Erteilung einer Taxikonzession vorgesehene Bedarfsprüfung wegen Verstoßes gegen die Erwerbsausübungsfreiheit (Art6 StGG) verfassungswidrig war. Für das Inkrafttreten der Aufhebung setzte der Gerichtshof eine Frist bis 31. Mai 1987.

In der Folge wurde das GelVerkG mit der oben zitierten Nov. 1987 geändert.

Die hier in Betracht zu ziehenden Bestimmungen des GelVerkG in der dzt. geltenden Fassung lauten:

"§3. (1) Konzessionen für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (§2 Abs1) dürfen nur erteilt werden für folgende Arten des gewerbsmäßigen Gelegenheitsverkehrs:

1. . . . . .

2. . . . . .

3. für die Personenbeförderung mit Personenkraftwagen, die zu

jedermanns Gebrauch an öffentlichen Orten bereitgehalten werden

oder durch Zuhilfenahme von Fernmeldeeinrichtungen angefordert

werden (mit Kraftfahrzeugen betriebenes Platzfuhrwerks-Gewerbe

(Taxi-Gewerbe)); oder

4. . . . . ."

"§5. (1) Die Konzession darf nur erteilt werden, wenn die

Voraussetzungen für die Ausübung eines konzessionierten Gewerbes

(§25 GewO 1973) erfüllt sind. Wenn es sich nicht um die Erteilung

einer Konzession für das Hotelwagen-Gewerbe handelt, muß die

Leistungsfähigkeit des Betriebes gegeben sein. . . . .

(2) Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Betriebes

hat die Behörde darauf Bedacht zu nehmen, daß die wirtschaftliche

Lage des Bewerbers, insbesondere seine Einkommens- und

Vermögensverhältnisse, die ordnungsgemäße Gewerbeausübung erwarten

läßt.

(3) . . . . ."

"§10. (1) Der Bundesminister für Verkehr (nunmehr Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr) kann für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbe mit Verordnung Vorschriften erlassen über

1. die nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften der im Fahrdienst tätigen Personen hinsichtlich ihrer Ausbildung, Gesundheit und Zuverlässigkeit;

2. die nach der Eigenart des Gewerbes erforderliche Beschaffenheit, Ausrüstung und Kennzeichnung der bei der Gewerbeausübung verwendeten Fahrzeuge hinsichtlich ihrer Betriebssicherheit und Eignung, insbesondere auch für Zwecke des Fremdenverkehrs;

3. die nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Betriebs- und Beförderungsbedingungen; im Platzfuhrwerks-Gewerbe kann Beförderungspflicht und die Anbringung eines Fahrpreisanzeigers

....... vorgeschrieben werden, ......

(2) Erforderlichenfalls hat der Landeshauptmann im Interesse einer geordneten Gewerbeausübung und im Interesse der die Leistungen des betreffenden Gewerbes in Anspruch nehmenden Personen unter besonderer Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten weitere Vorschriften, insbesondere über ein Verbot oder eine Beschränkung des Auffahrens auf Standplätzen (§96 Abs4 StVO 1960) einer Gemeinde mit Taxifahrzeugen, die auf Grund von Konzessionen mit einem Standort außerhalb der betreffenden Gemeinde eingesetzt werden, über eine bestimmte Reihenfolge im Auffahren auf Standplätzen, über die Entgegennahme von Fahrtaufträgen mittels Standplatztelefon oder Funk sowie über den Nachtdienst durch Verordnung festzulegen.

(Verfassungsbestimmung) Weiters hat der Landeshauptmann im Interesse einer geordneten Gewerbeausübung sowie unter Bedachtnahme auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs unter Berücksichtigung der Anzahl und Lage der in einer Gemeinde vorhandenen Standplätze (§96 Abs4 StVO) sowie der Anzahl und Dauer der durchschnittlich durchgeführten Fahrten für jeweils drei Jahre durch Verordnung festzulegen, daß in Gemeinden, in denen Standplätze eingerichtet sind und für deren Gebiet ein verbindlicher Tarif gemäß §10a Abs1 oder 2 verordnet wurde, Konzessionen zur Ausübung des mit Kraftfahrzeugen betriebenen Platzfuhrwerk-Gewerbes nur bis zu jener Höchstzahl erteilt werden dürfen, die einer in der Verordnung bestimmten Verhältniszahl, bezogen auf die Zahl der vorhandenen Auffahrmöglichkeiten auf Standplätzen, entspricht; die sich so ergebenden Höchstzahlen von für das Betreiben des Platzfuhrwerk-Gewerbes zuzulassenden Kraftfahrzeugen sind entsprechend kundzumachen.

(3) . . . . ."

Der im §10 Abs2 GelVerkG bezogene §96 Abs4 StVO 1960 bestimmt:

"§96. (1) . . . . .

(4) Die Behörde hat unter Bedachtnahme auf die Sicherheit,

Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf Antrag der

gesetzlichen Interessenvertretung die Standplätze von Fahrzeugen

des Platzfuhrwerks-Gewerbes (Taxi-Gewerbes) sowie des

Ausflugswagen-(Stadtrundfahrten-)Gewerbes festzusetzen. Dabei hat

sie unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden

Abstellflächen und deren beste Ausnützung für diese Standplätze

entweder nur das Parken oder für den ganzen Bereich des

Standplatzes oder nur für einen Teil desselben auch das Halten zu

verbieten. Die Standplätze sind durch die Vorschriftszeichen nach

§52 Z. 13a bzw. 13b mit den entsprechenden Zusatztafeln, zum

Beispiel mit der Aufschrift 'AUSGENOMMEN . . . . TAXI', zu

kennzeichnen. . . .".

bb) Aufgrund des §10 Abs2 (letzter Satz) GelVerkG idF der Nov. 1987 erließ der Landeshauptmann von Niederösterreich die oben (I.1.) näher zitierte TaxiV Mödling:

"Die Zahl der Auffahrmöglichkeiten zur Anzahl der Taxifahrzeuge hat sich wie 1:1,0909 zu verhalten; hieraus ergibt sich eine Höchstzahl von 12.

Diese Verordnung tritt drei Jahre nach dem Inkrafttreten außer Kraft."

b) Die verfassungsrechtlichen Bedenken

Der Verfassungsgerichtshof ging im Einleitungsbeschluß vorläufig davon aus, daß die TaxiV Mödling präjudiziell sei. Er äußerte ob deren Gesetzmäßigkeit die folgenden Bedenken:

"a) Der letzte Satz des §10 Abs2 GelVerkG wurde durch ArtI Z9 der Nov. 1987 als Verfassungsbestimmung eingefügt. Diese beruht auf einem Initiativantrag (14/A), der - nach einem Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Juni 1986 - auszugsweise wie folgt begründet ist:

'Die vorliegende Novelle soll nunmehr dem Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis entsprechend alle Bestimmungen über die Bedarfsprüfung eliminieren, gleichzeitig aber mit straßenpolizeilichen bzw. gewerbepolizeilichen Vorschriften sicherstellen, daß es im Bereich der Gelegenheitsverkehrsgewerbe zu keiner unkontrollierten Entwicklung kommt.

Zu den einzelnen Bestimmungen:

Zu Ziffer 1: . . . . . .

Zu Ziffer 9' (betrifft den dem §10 Abs2 GelVerkG angefügten Satz)

'Durch die Festlegung einer Verhältniszahl, bezogen auf die in einer Gemeinde vorhandenen Auffahrmöglichkeiten auf Standplätzen für Taxis, soll bewirkt werden, daß jene Taxis, die nicht gerade eine Beförderung durchführen oder sich auf der Fahrt zu einem Kunden befinden, Auffahrmöglichkeiten vorfinden und nicht durch Umherfahren den Verkehr behindern und die Umwelt unnötigerweise belasten. In Großstädten ist wegen der in der Regel geringen zur Verfügung stehenden Anzahl von Standplätzen eine analoge Regelung auch für das Ausflugswagen-(Stadtrundfahrten-)Gewerbe sowie für die Fiaker unentbehrlich.

Zu Ziffer 10: . . . . .'

Dem Bericht des Verkehrsausschusses (43 BlgNR XVII. GP) zufolge wurde dieser Initiativantrag am 4. März 1987 behandelt. Bei der Abstimmung im Ausschuß wurde der im Initiativantrag enthaltene Gesetzesvorschlag einstimmig angenommen. Weitere Erläuterungen finden sich im Ausschußbericht nicht; insbesondere wird nicht erörtert, weshalb vorgeschlagen wird, ArtI Z9 der Nov. 1987 als Verfassungsbestimmung zu erlassen.

b) Diesen parlamentarischen Materialien ist - so nimmt der Verfassungsgerichtshof vorläufig an - die Absicht des Gesetzgebers zu entnehmen, eine dem wiederholt zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes entsprechende Neuregelung u.a. für die Verleihung von Taxikonzessionen zu treffen. Die Verfassungsbestimmung intendierte also anscheinend gerade nicht, dieses Erkenntnis zu unterlaufen; ArtI Z9 der Nov. 1987 (mit der §10 Abs2 GelVerkG ergänzt wurde) ist anscheinend nicht etwa deshalb als Verfassungsbestimmung erlassen worden, um dadurch eine Aufhebung auch der neuen Bestimmungen wegen Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit durch den Verfassungsgerichtshof zu verhindern.

Unabhängig davon, was einzelne Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaften persönlich gemeint haben mögen, scheint sich diese objektiv erkennbare Absicht des Verfassungsgesetzgebers zum einen aus der oben wiedergegebenen Begründung des Initiativantrages zu ergeben, mit der sich der Ausschußbericht identifiziert haben dürfte. Zum anderen geht diese Absicht - so meint der Verfassungsgerichtshof vorläufig - daraus hervor, daß im Zweifel einer Norm (auch einer Verfassungsbestimmung) kein Inhalt beigemessen werden darf, der sie rechtswidrig erscheinen läßt. Daher wäre es wohl unzulässig, dem Verfassungsgesetzgeber zu unterstellen, es sei ihm darum gegangen, im gegebenen Zusammenhang die Gesetzesprüfungskompetenz des Verfassungsgerichtshofes einzuschränken und die Grundrechtsordnung zu durchlöchern, weil solche wenngleich hier bloß partiell wirkende Maßnahmen - gehäuft vorgenommen - anscheinend zu einer Gesamtänderung der Bundesverfassung führen könnten, die nur nach Durchführung einer Volksabstimmung zulässig wäre.

c) Auf dem Boden der vorläufigen Annahme, daß die wiederholt zitierte Verfassungsbestimmung in dem Sinn auszulegen ist, daß die Erwerbsausübungsfreiheit im geringstmöglichen Umfang eingeschränkt wird, hegt der Verfassungsgerichtshof ob der Gesetzmäßigkeit der zu prüfenden Verordnung die folgenden Bedenken:

Anscheinend beruht die in der Verordnung erfolgte Festlegung der Verhältniszahl zumindest primär darauf, daß die Anzahl der zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung in der betreffenden Gemeinde bestehenden Taxistandplätze und Taxis festgestellt und sodann die Zahl der konzessionierten Taxis durch jene der Standplätze dividiert wurde. Dies aber führt dazu, daß die nach der Verordnung künftig zulässige Höchstzahl von Taxis ident mit der Zahl der dzt. tatsächlich betriebenen Taxis ist. Wie immer §10 Abs2 zweiter Satz GelVerkG idF der Nov. 1987 im Detail auszulegen sein mag, scheint diese auf eine Versteinerung der Zahl der Taxikonzessionen hinauslaufende Anwendung des Gesetzes dem Gesetzessinn geradezu diametral entgegenzulaufen. Wie oben dargetan wurde, liegt dieser nämlich darin, dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Juni 1986 Rechnung tragend die Erwerbsausübungsfreiheit weitestmöglich zu sichern und sie im gegebenen Zusammenhang nur aus schwerwiegenden, nachgewiesenen öffentlichen Interessen - hier vor allem jenen der Straßenpolizei - einzuschränken. Entsprechend detailliert belegte Feststellungen scheinen jedoch hier unterlassen worden zu sein (vgl. VfGH vom 23. Juni 1988, V29/88, V102/88; VfGH vom 23. Juni 1988 V36-43/88, 96/88; VfGH vom 23. Juni 1988 V44-72/88, V101/88)."

c) Die Äußerungen des Landeshauptmannes von Niederösterreich und des zuständigen Bundesministers

Der Landeshauptmann von Niederösterreich legte den bezughabenden Verordnungsakt vor, sah jedoch davon ab, im Verordnungsprüfungsverfahren eine Äußerung zu erstatten.

Auch der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr enthielt sich einer inhaltlichen Stellungnahme.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Anlaßbeschwerde ist zulässig. Der Verfassungsgerichtshof wird daher über sie in der Sache zu entscheiden haben. Dabei hätte er u.a. die TaxiV Mödling anzuwenden. Diese Verordnung ist daher präjudiziell.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

2. Die geäußerten Bedenken (s.o. I.2.b) haben sich als zutreffend erwiesen.

a) Gegen die vorläufige Annahme des Einleitungsbeschlusses, daß §10 Abs2 zweiter Satz GelVerkG idF der Nov. 1987 (auf den die Verordnung gegründet wird) im Sinne einer weitestmöglichen Erwerbsausübungsfreiheit auszulegen ist und diese Freiheit nur aus schwerwiegenden - durch detaillierte Feststellungen belegten - öffentlichen Interessen (vor allem jenen der Straßenpolizei) eingeschränkt werden darf, wurde im Verordnungsprüfungsverfahren nichts vorgebracht. Diese vorläufige Annahme hat sich als zutreffend herausgestellt.

Aus dem vom Landeshauptmann von Niederösterreich vorgelegten Verordnungsakt, Zl. V/1-A-266-M, geht hervor, daß der TaxiV Mödling ein an das Amt der NÖ Landesregierung gerichtetes Schreiben ("Antrag") der Fachgruppe für die Beförderungsgewerbe mit Personenkraftwagen für Niederösterreich vom 19. Mai 1987 zugrunde liegt. Darin wird ausgeführt:

"1) In der Stadt Mödling bestehen derzeit 12 Konzessionen für das Taxigewerbe mit insgesamt 12 Fahrzeugen.

2) Im Bereich der Stadt Mödling sind 2 Standplätze gemäß §96 Abs4 Straßenverkehrsordnung eingerichtet.

a) Standplatz Bahnhof Mödling ....5 Auffahrmöglichkeiten

b) Standplatz Lerchengasse ...... 6 Auffahrmöglichkeiten

3) Durchschnittliche Anzahl der Fahrten pro

Einsatzzeit ...... 16 Fahrten

Durchschnittliche Fahrtlänge pro Auftrag .... 7,5 km

Bei 16 Fahrten pro Einsatzzeit (12 Stunden) ergibt sich unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Fahrtdauer von 10 Minuten eine reine Fahrzeit von 2 Stunden 40 Minuten. Somit verbleiben bei einer Einsatzzeit von 12 Stunden 9 Stunden und 20 Minuten Stehzeit. Unter Berücksichtigung dieses im Verhältnis zur Einsatzzeit relativ hohen Anteils an Stehzeit erscheint eine Beschränkung der Konzessionsanzahl im Interesse einer geordneten Gewerbeausübung unbedingt geboten. Überdies ist zu berücksichtigen, daß das Taxigewerbe innerhalb der Stadtgemeinde Mödling einer Betriebs- und Bereithaltepflicht unterliegt. Dieser gesetzlichen Verpflichtung kann aber logischerweise nur dann nachgekommen werden, wenn entsprechende Auffahrmöglichkeiten vorhanden sind. Eine Ausweitung der Fahrzeuganzahl, die ab 1.6.1987 mit der Aufhebung der Bedarfsprüfung zu erwarten ist, würde demnach enorme Probleme aufwerfen, weil zusätzliche Taxis aufgrund der vorhandenen Auffahrmöglichkeiten solange umherfahren müßten, bis sie einen freigewordenen Taxistandplatz anfahren können. Dadurch würde nicht nur die Flüssigkeit des Verkehrs, sondern auch die Verkehrssicherheit unnötigerweise gefährdet. Im Stadtzentrum von Mödling sind bereits jetzt schwierige Verkehrsverhältnisse gegeben, sodaß eine derartige Entwicklung zu einer zusätzlichen Belastung führen würde. Eine Verhältniszahlregelung ist demzufolge nicht nur unter Bedachtnahme auf die Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs erforderlich, sondern liegt im Interesse einer geordneten Gewerbeausübung.

Unter Berücksichtigung der obgenannten Argumente wäre das Verhältnis Auffahrmöglichkeiten zu vorhandenen Taxifahrzeugen mit 1 : 1,0909 (= Höchstzahl 12 Taxifahrzeuge) festzusetzen."

b) Gemäß §10 Abs2 zweiter Satz GelVerkG idF der Nov. 1987 ist bei Bestimmung der Verhältniszahl auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:

o das Interesse an einer geordneten Gewerbeausübung

o die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs

o die Anzahl und Lage der in einer Gemeinde auf

Taxistandplätzen iS des §96 Abs4 StVO 1960

vorhandenen Auffahrmöglichkeiten

o die Anzahl und Dauer der durchschnittlich

durchgeführten Fahrten.

Schon deshalb, weil - wie dargetan - hiebei im Sinne der weitestmöglichen Wahrung der Erwerbsausübungsfreiheit vorzugehen ist, ist der Verordnungsgeber verhalten, diese Umstände sorgfältig und detailliert zu ermitteln und dies - um eine Überprüfung der Gesetzmäßigkeit zu gewährleisten - auch aktenkundig zu machen.

Dieser Verpflichtung ist der Verordnungsgeber hier nicht nachgekommen:

Der Verordnungsgeber verließ sich hinsichtlich aller maßgebenden Umstände auf die Mitteilung der Interessenvertretung der Inhaber von (bestehenden) Taxikonzessionen, ohne die Angaben auch nur annäherungsweise zu überprüfen. Er wartete nicht einmal das Einlagen des von der Gemeinde Mödling angeforderten Berichtes ab.

Besonders ins Gewicht fällt hiebei, daß der Landeshauptmann auch ungeprüft die den Annahmen der Fachgruppe zugrunde liegende Ausgangsposition übernahm, es seien jeweils alle zugelassenen Taxis gleichzeitig im Einsatz. Dies ist zumindest bei jenen Taxis offenkundig nicht der Fall, für die kein Turnusdienst eingerichtet ist (etwa bei solchen, deren Konzessionsinhaber keine angestellten Fahrer beschäftigen). Außerdem prüfte der Verordnungsgeber nicht, ob (ungeachtet des §44 Abs1 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr 1986, BGBl. 163) tatsächlich für alle nicht gerade auf Fahrt befindlichen Taxis aus straßenpolizeilichen Gründen ausschließlich auf Taxistandplätzen eine Abstellmöglichkeit gewährleistet sein muß (vgl. zB VfGH 23.6.1988 V29,102/88; V36-43, V96/88; V44-72, V101/88).

c) Die TaxiV Mödling ist daher aus den dargelegten Gründen gesetzwidrig und sohin aufzuheben.

Die übrigen Aussprüche gründen sich auf Art139 Abs5 B-VG.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.

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