VfGH A4/88

VfGHA4/8812.6.1989

Klage auf Zahlung einer Verwendungszulage nach §30a Abs1 Z3 iVm.

§30a Abs4 GehaltsG 1956; Rechtsfrage der Gebührlichkeit von Dienstbehörde zu entscheiden; keine Zuständigkeit des VfGH, über das auf Verzugszinsen eingeschränkte Klagebegehren abzusprechen

Normen

B-VG Art137 / Allg
B-VG Art137 / Bescheid
GehG 1956 §30a Abs1 Z3
GehG 1956 §30a Abs4
B-VG Art137 / Allg
B-VG Art137 / Bescheid
GehG 1956 §30a Abs1 Z3
GehG 1956 §30a Abs4

 

Spruch:

Die Klage wird zurückgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Begründung

I. 1. Mit der auf Art137 B-VG gestützten Klage vom 5. Februar 1988 begehrte der Kläger, die Republik Österreich (gemeint wohl: den Bund) zu verhalten, ihm den Betrag von S 76.724,-- samt 4 % Zinsen aus je S 7.672,40 ab 2. 7., 2. 8., 2. 10., 2. 11. 1987, 2. 1. und 2. 2. 1988 sowie aus je S 11.508,60 ab 2. 9. und 2. 12. 1987 zu bezahlen und die Kosten dieses Verfahrens zu ersetzen.

In der Klage wird im wesentlichen vorgebracht: Der Kläger stehe als Ministerialrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Republik Österreich (gemeint wohl: zum Bund). Seine Dienststelle sei das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft. Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 21. Oktober 1982 sei die ihm als Angehörigem der Dienstklasse VII gebührende Verwendungszulage nach §30a Abs1 Z 3 des Gehaltsgesetzes 1956 (im folgenden: GG 1956) im Ausmaß von 43,75 vH des Gehaltes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V bemessen worden. Der Kläger sei mit Wirkung vom 1. Juli 1987 in die Dienstklasse VIII befördert worden. Ab diesem Zeitpunkt sei ihm die Verwendungszulage nicht mehr ausbezahlt worden. Sie stehe ihm jedoch auf Grund des genannten Bescheides vom 21. Oktober 1982 für die Monate Juli 1987 bis Februar 1988 in Höhe von S 76.724,-- zu, zumal dieser Bescheid keine Befristung des Rechtes auf deren Bezug enthalte. Daß §30a Abs4 GG 1956 - unter anderem - für den Fall einer Beförderung des Beamten eine Neubemessung der Verwendungszulage vorsehe, könne nur bedeuten, daß der Bescheid vom 21. Oktober 1982 seine Rechtswirksamkeit erst mit der Erlassung eines neuen Bescheides über die Bemessung der Verwendungszulage verliere.

2. Der beklagte Bund, vertreten durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der er die kostenpflichtige Abweisung der Klage beantragt. Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu §30a Abs4 GG 1956 im Fall einer Beförderung des Beamten der Bescheid über die Bemessung der Verwendungszulage kraft Gesetzes seine Rechtswirksamkeit verliere.

Nachdem das Bundeskanzleramt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen der Neufestsetzung der Verwendungszulage im beantragten Ausmaß die gemäß §30a Abs2 letzter Satz GG 1956 erforderliche Zustimmung erteilt gehabt habe, habe das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft die Neufestsetzung der Verwendungszulage bescheidmäßig durchgeführt. Der Beamte habe den Erhalt des Bescheides bestätigt und erklärt, daß er mit dessen Inhalt einverstanden sei. Da der Beamte am 9. Februar 1988 Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben habe, habe das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft - in Entsprechung der Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Februar 1988 - dem Verwaltungsgerichtshof eine Ablichtung des Bescheides über die Neubemessung der Verwendungszulage übermittelt. Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Beschluß vom 9. Mai 1988 das Verfahren eingestellt.

3. Mit Schriftsatz vom 17. November 1988 schränkte der Kläger das Klagebegehren infolge Zahlung des Klagsbetrages am 2. Mai 1988 auf 4 % Zinsen aus je S 7.672,40 ab 2. 7., 2. 8., 2. 10. und 2. 11. 1987, 2. 1. und 2. 2. 1988, aus je S 11.508,60 ab 2. 9. und 2. 12. 1987 jeweils bis 1. 5. 1988 sowie auf Verfahrenskosten ein.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Klage erwogen:

1. Nach Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder auf dem ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

2. Ein Anspruch auf Verzugszinsen ist nur dann ein vermögensrechtlicher Anspruch iS des Art137 B-VG, wenn auch der Anspruch, bezüglich dessen Leistungsverzug behauptet wird, im Wege einer Klage nach Art137 B-VG geltend zu machen wäre; insofern ist der Anspruch auf Verzugszinsen ein Annex zu dem die Hauptsache bildenden vermögensrechtlichen Anspruch (vgl. VfSlg. 5987/1969, 7571/1975). Der Anspruch auf eine Verwendungszulage nach §30a Abs1 Z 3 iVm §30a Abs4 GG 1956 gründet sich auf das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zum Bund. Da es sich somit um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, also nicht um eine bürgerliche Rechtssache im Sinne des §1 JN handelt, ist eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung hierüber nicht gegeben (vgl. VfSlg. 10266/1984). Es ist aber zu prüfen, ob über den mit Klage geltend gemachten Anspruch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erkennen ist.

3. Besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten werden in der Regel in drei Phasen - Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung - verwirklicht. Die letzte Phase (die Liquidierung, Auszahlung) ist ein technischer Vorgang, der nur der Verwirklichung der vorangegangenen Bescheide dient, also selbst nicht durch Bescheid zu erledigen ist, sodaß für jede Entscheidung über ein solches Liquidierungsbegehren die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art137 B-VG gegeben ist (so die ständige, mit VfSlg. 3259/1957 eingeleitete Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes; vgl. etwa VfSlg. 7846/1976, 8371/1978; ebenso etwa VwGH 30. 5. 1968, 46/68; 4. 5. 1983, 82/09/0138). Geht es nicht bloß um die Liquidierung eines besoldungsrechtlichen Anspruches, nämlich den technischen Vorgang seiner Auszahlung, sondern um die Rechtsfrage seiner Gebührlichkeit, so ist darüber im Streitfall mit Bescheid der zuständigen (Dienst-)Behörde zu entscheiden (vgl. die mit VfSlg. 7172/1973 und 7173/1973 beginnende Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, neuerdings etwa 25. 6. 1987, A3/87; 3. 10. 1988, A7/88; 3. 10. 1988, A8/88).

4. Der geltend gemachte Anspruch auf eine Verwendungszulage - sie ist nach §3 Abs2 GG 1956 ein Bestandteil des Monatsbezuges - wird aus dem Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zur beklagten Partei und aus §30a Abs1 Z 3 iVm §30a Abs4 GG 1956 abgeleitet. Es handelt sich mithin um einen Anspruch besoldungsrechtlicher und damit dienstrechtlicher Natur.

Nach §30a Abs1 Z 3 GG 1956 gebührt dem Beamten eine ruhegenußfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd ein besonderes Maß an Verantwortung für die Führung der Geschäfte der Allgemeinen Verwaltung zu tragen hat und das diese Verantwortung über dem Ausmaß an Verantwortung liegt, das Beamte in gleicher dienst- und besoldungsrechtlicher Stellung tragen. Gemäß §30a Abs4 GG 1956 ist die Verwendungszulage ua. - mit Bescheid (vgl. VfSlg. 8450/1978) - neu zu bemessen, wenn der Beamte befördert wird.

Nach der vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 28. 6. 1982, 82/12/0005, vertretenen Auffassung - die der Verfassungsgerichtshof teilt - wollte der Gesetzgeber mit der Vorschrift des §30a Abs4 GG 1956 die Dienstbehörden veranlassen, ua. bei jeder Beförderung des Beamten den Anspruch auf Verwendungszulage neu zu prüfen und gegebenenfalls neu zu bestimmen, wie immer die vorangegangene Bemessung erfolgt sein mag (vgl. auch VwGH 15. 6. 1981, 12/0704/80). Der Zeitpunkt der Beförderung des Beamten bedeutet mithin den Endzeitpunkt des zeitlichen Geltungsbereiches des Bemessungsbescheides (VwGH 28. 6. 1982, 82/12/0005, S 5). Dieser vermag für die Folgezeit keine Bindungswirkung zu entfalten (VwSlg. 11739 A/1985; VwGH 28. 6. 1982, 82/12/0005; 14. 3. 1988, 86/12/0063).

5. Bei dieser Rechtslage ist der Kläger mit seiner Ansicht, sein Begehren sei lediglich auf die Liquidierung der ihm mit Bescheid vom 21. Oktober 1982 zuerkannten (und seiner Ansicht nach auch für die Zeit nach dem 1. Juli 1987 zustehenden) Verwendungszulage iS des §30a Abs1 Z 3 GG 1956 gerichtet gewesen, nicht im Recht.

Wie sich aus dem unter II. 4. Dargelegten ergibt, hat die zuständige Dienstbehörde die dem Kläger ab dem Zeitpunkt seiner Beförderung in die Dienstklasse VIII, mithin ab dem 1. Juli 1987, gebührende Verwendungszulage iS des §30a Abs1 Z 3 GG 1956 gemäß §30a Abs4 GG 1956 mit Bescheid - zur Gänze - neu zu bemessen; sie hat dies (nach der Klageerhebung) auch unbestritten getan. Da der behauptete Anspruch auf Verzugszinsen, wie unter II. 2. ausgeführt, einen Annex zu dem die Hauptsache bildenden vermögensrechtlichen Anspruch darstellt, ist auch über den geltend gemachten Anspruch auf Verzugszinsen auf die gleiche Weise abzusprechen.

Der Verfassungsgerichtshof ist aus diesem Grund nicht zuständig, über das (eingeschränkte) Klagebegehren zu entscheiden. Die Klage war daher wegen Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung fußt auf §41 VerfGG. Die beklagte Partei war nicht rechtsanwaltlich vertreten; auch sonstige ersatzfähige Kosten fielen nicht an (VfSlg. 10316/1985; VfGH 26. 11. 1987, A12/87).

7. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z 2 lita VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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