VfGH B1719/88

VfGHB1719/8823.6.1989

Verfassungskonforme Auslegung des Oö. KulturflächenschutzG 1958 im Hinblick auf den Kompetenztatbestand "Forstwesen" in Art10 Abs1 Z10 B-VG; Verhängung einer Geldstrafe in denkunmöglicher Anwendung des §3 Oö. KulturflächenschutzG 1958; Verletzung des Eigentumsrechtes

Normen

B-VG Art10 Abs1 Z10
StGG Art5 / Geldstrafe
StGG Art5 / Verwaltungsakt / Verletzung
ForstG 1852
Oö KulturflächenschutzG 1958
Oö KulturflächenschutzG 1958 §1 Abs3
B-VG Art10 Abs1 Z10
StGG Art5 / Geldstrafe
StGG Art5 / Verwaltungsakt / Verletzung
ForstG 1852
Oö KulturflächenschutzG 1958
Oö KulturflächenschutzG 1958 §1 Abs3

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.

Der Bescheid wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Das Land Oberösterreich ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen des Beschwerdevertreters die mit 11.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die oberösterreichische Landesregierung erkannte den Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 31. August 1988 schuldig, eine Verwaltungsübertretung nach dem O.ö. Kulturflächenschutzgesetz, LGBl. 31/1958, begangen zu haben, weil er dadurch, "daß er vom 4.7.1984 bis 11.8.1987 auf dem Kulturschutzstreifen auf Grundstück Nr. 1526/1, KG. Göritz, in einer Entfernung von 5 m bis zu einer solchen von 15 m gegenüber dem Anrainergrundstück Nr. 1526/2, KG. Göritz, Bäume mit mehr als 3 m Höhe wachsen ließ, sodaß am 11.8.1987 335 Bäume durchschnittlich 8 - 10 m, vereinzelt 13 - 14 m hoch waren, die diesbezügliche Auflage des Bescheides der o.ö. Landesregierung vom 26.8.1974, Agrar-301503-132/Ma, nicht eingehalten" habe. Über den Beschwerdeführer wurden gemäß §3 leg.cit. eine Geldstrafe von 20.000 S und eine Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Tagen verhängt.

2. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 (Abs1) B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in durch Art6 MRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (nämlich des O.ö. KulturflächenschutzG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Die oö. Landesregierung als belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Darin wird begehrt, die Beschwerde abzuweisen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der angefochtene Bescheid gründet sich materiell auf das O.ö. KulturflächenschutzG, dessen Verfassungswidrigkeit der Beschwerdeführer unter Hinweis auf das Forstgesetz behauptet.

a) aa) Das O.ö. KulturflächenschutzG hat folgenden Wortlaut:

"§1.

(1) Grundstücke, welche der landwirtschaftlichen Nutzung dienen oder Grundstücke, welche an landwirtschaftlich genutzte Grundstücke angrenzen, dürfen nur mit behördlicher Bewilligung (§2) in Wald umgewandelt werden. Als Umwandlung in Wald gilt auch die Duldung des natürlichen Anfluges.

(2) Die Bewilligung ist zu erteilen, soweit der Kulturumwandlung nicht öffentliche Interessen der Landeskultur entgegenstehen und soweit die Kulturumwandlung die Bewirtschaftung der angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Grundstücke, insbesondere durch drohende Beschattung oder Durchwurzelung nicht beeinträchtigt. Die Bewilligung kann aus diesem Grunde mit der Auflage erteilt werden, daß entlang der fremden landwirtschaftlich genutzten Grundstücke auf dem in Wald umzuwandelnden Grundstück ein Kulturschutzstreifen in einer Breite von drei bis fünfzehn Meter zu erhalten ist. Der Kulturschutzstreifen ist in einer Weise zu bewirtschaften, daß dadurch die angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Grundstücke in ihrer Bewirtschaftung nicht beeinträchtigt werden.

(3) Die vorstehenden Bestimmungen gelten nicht für Waldgrund im Sinne des Kaiserlichen Patents vom 3. Dezember 1852, RGBl. Nr. 250 (Forstgesetz). Almen im Sinne des Gesetzes vom 19. April 1921, LGuVBl. Nr. 165 (Almschutzgesetz), genießen nicht den Schutz der Bestimmungen des Abs1.

§2.

(1) Zur Erteilung der Bewilligung gemäß §1 ist in erster Instanz der Bürgermeister der Gemeinde zuständig, in deren Gebiet das umzuwandelnde Grundstück liegt. In zweiter Instanz hat die Bezirksverwaltungsbehörde, in dritter Instanz die Landesregierung zu entscheiden.

(2) Neben den Eigentümern kommt auch den Besitzern der angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Grundstücke im Bewilligungsverfahren Parteistellung zu.

(3) Eine Ausfertigung jedes Bescheides ist dem zuständigen Vermessungsamt zuzustellen.

§3.

Wer Bestimmungen dieses Gesetzes oder die auf Grund dieses Gesetzes ergangenen Bescheide oder Verfügungen übertritt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geld bis zu dreißigtausend Schilling oder mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen.

§4.

Unbeschadet einer Bestrafung nach §3 hat die Bezirksverwaltungsbehörde Personen, die rechtswidrig gehandelt haben, die Verpflichtung aufzuerlegen, den geschaffenen Zustand soweit zu ändern, daß er den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zuwider ist. Die Bezirksverwaltungsbehörde kann hievon absehen, wenn öffentliche Interessen der Landeskultur nicht beeinträchtigt werden."

In den Erläuterungen der Regierungsvorlage zum nachmaligen O.ö. KulturflächenschutzG (Blg. 224/1958, 18. GP) wird - unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis VfSlg. 2546/1953 - die Meinung vertreten, daß "die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers im gegebenen Falle aus der generellen Kompetenz in Angelegenheiten der Landwirtschaft" folge.

Die Erläuterungen begründen die Ansicht, daß die Regelungen des O.ö. KulturflächenschutzG nicht unter den Kompetenztatbestand "Forstwesen" (Art10 Abs1 Z10 B-VG) subsumiert werden können, wie folgt:

"Die Bestimmung des Inhaltes des Kompetenztatbestandes 'Forstwesen einschließlich des Triftwesens' kann - da keine Legaldefinition durch den Verfassungsgesetzgeber erfolgt ist - nach der ständigen Spruchpraxis des Verfassungsgerichtshofes nur in Anwendung der Versteinerungstheorie erfolgen. Hiebei ist vor allem auf die Bestimmungen des Forstgesetzes aus dem Jahre 1852 Bedacht zu nehmen. Eine Prüfung der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen auf dem Gebiete des Forstwesens, die in dem für die Bestimmung der Kompetenz in Betracht zu ziehenden Zeitpunkt (1925) in Geltung standen, ergibt, daß damals - so wie auch heute noch - das Forstwesen von dem Gedanken der Erhaltung des Waldbestandes beherrscht wird (vgl. dazu die diesbezügliche ausdrückliche Feststellung im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. 2192). Die einschlägigen Bestimmungen des Forstgesetzes sehen zum Beispiel eine Bewilligungspflicht für die Umwandlung von Waldboden in anderen Kulturboden vor. Im Bereich der Forstgesetzgebung wurde jedoch nicht die Gewinnung neuen Waldbodens geregelt. Im besonderen wurde die Umwandlung landwirtschaftlich genutzten Bodens in Waldboden gesetzlich nicht erfaßt. Solche Kulturumwandlungen können daher heute nicht unter dem Titel 'Forstwesen' einer gesetzlichen Regelung zugeführt werden.

Der Begriff 'Forstwesen' im Sinne des Art10 Abs1 Z. 10 B-VG. 1929 umfaßt daher nur Maßnahmen, die sich auf Boden, der bereits Waldboden ist oder war (Wiederaufforstung!) bzw. auf den Waldbestand beziehen."

bb) Dem §4 Abs1 Forstgesetz, BGBl. 440/1975 idF der Novelle BGBl. 576/1987 zufolge unterliegen Grundflächen, die bisher nicht Wald (also landwirtschaftlich genutzte Flächen) waren, im Falle der Aufforstung (Saat oder Pflanzung) nach Ablauf von zehn Jahren ab deren Durchführung, im Falle der Naturverjüngung nach Erreichen einer Überschirmung von fünf Zehnteln ihrer Fläche, den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes; die Bestimmungen des IV. Abschnittes sind jedoch bereits ab dem Vorhandensein des Bewuchses anzuwenden.

§17 ForstG besagt:

"(1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.

(2) Unbeschadet der Bestimmung des Abs1 kann die gemäß §19 Abs1 zuständige Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

(3) Öffentliche Interessen im Sinne des Abs2 sind insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- und öffentlichen Straßenverkehr, im Post- und öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung sowie im Siedlungswesen.

(4) Bei Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs2 hat die Behörde insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.

(5) . . .".

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, betreffend das nachmalige ForstG (1266 BlgNR 13. GP) besagen zu diesen Vorschriften:

Zu §6 RV = §4 ForstG (Neubewaldung):

"Unter den Begriff Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes sollen auch neubewaldete Grundstücke fallen. Bei diesen ist wichtig, von welchem Zeitpunkte an dies zutrifft. Nun gibt es über die Umwandlung von landwirtschaftlichem Grund in Waldgrund in den meisten Bundesländern einschlägige Vorschriften. Auf diese wurde daher im Abs2 bei der Festlegung dieses maßgeblichen Zeitpunktes entsprechend Bedacht genommen, indem bei Neuaufforstung, zehn Jahre, bei Naturverjüngung, eine Überschirmung von 0,5 als Kriterien fixiert werden. Beide Fristen gehen mit Sicherheit über den Fristenlauf der Untersagung der Neubewaldung gemäß den einschlägigen Landesgesetzen - in der Regel fünf Jahre - hinaus, sodaß eine Beeinträchtigung der diesbezüglichen Zielsetzung des Landesgesetzgebers ausgeschlossen ist. . . ."

Zu §19 RV = §17 ForstG (Rodung):

"Auf das Erfordernis der Erhaltung des Waldes wurde schon einleitend hingewiesen. Die gegenüber dem Forstgesetz 1852 geänderte Fassung der Bestimmungen über Rodungen hält diesen Grundsatz aufrecht, läßt aber eine gewisse Flexibilität in den Möglichkeiten der Bodenbenützung zu. Es wird auch die ausgleichende Wirkung von Ersatzaufforstungen berücksichtigt werden können.

Die im Abs2 litb vorgesehene Sonderregelung soll einen Anreiz für Neuaufforstungen bieten.

Im Abs3 sind demonstrativ jene öffentlichen Interessen aufgezählt, bei deren Vorliegen die Behörde eine Rodungsbewilligung erteilen muß, allerdings erst nachdem die Interessenabwägung gegenüber dem prinzipiellen Gebot der Walderhaltung das Überwiegen eines der angeführten Interessen ergeben hat. Bei dieser Prüfung wird davon auszugehen sein, ob und in welchem Umfang Wald entbehrt werden kann, aber auch davon, ob den für die Rodung sprechenden Interessen nicht etwa andere, dem öffentlichen Interesse an der Walderhaltung gleichlaufende, auf andere Rechtsgebiete gegründete öffentliche Interessen entgegenstehen."

b) Der Verfassungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis VfSlg. 10292/1984 mit der Frage eines zwischen einem Bundesgesetz und einem Landesgesetz bestehenden Normwiderspruches befaßt und unter Hinweis auf das sich aus der Bundesverfassung ergebende sogenannte Rücksichtnahmegebot gelöst:

". . .

Der den Bundesstaat konstituierenden Bundesverfassung muß

unterstellt werden, die Grundlage einer harmonisierten

Rechtsordnung zu sein, in der (allenfalls divergierende) Interessen

von Bund und Ländern, auch soweit diese in Akten der Gesetzgebung

ihren Niederschlag finden, aufeinander abgestimmt sind. Der

rechtspolitische Gestaltungsfreiraum des Bundesgesetzgebers ist

deshalb insoweit eingeschränkt, als es ihm verwehrt ist, Regelungen

zu treffen, die sich als sachlich nicht gerechtfertigte

Beeinträchtigung der Effektivität landesgesetzlicher Regelungen

darstellen; dasselbe gilt auch umgekehrt im Verhältnis des

Landesgesetzgebers zum Bundesgesetzgeber (vgl. zB Pernthaler,

Raumordnung und Verfassung, 1. Band, 1975, S 216; Funk, Schutz vor

Immissionen (Lärm) - Verhältnis zwischen Baurecht und Gewerberecht,

ÖZW 1976, S 27 ff.; Pernthaler, Militärisches Sperrgebiet und

Naturschutz, ZfV 1977, S 5; Funk, Das System der bundesstaatlichen

Kompetenzverteilung im Lichte der Verfassungsrechtsprechung, 1980,

S 51 ff.; Adamovich - Funk, Österreichisches Verfassungsrecht2,

1984, S 144: '... Es geht dabei um die Frage der

verfassungsrechtlichen Pflicht von Bund und Ländern zur Beobachtung

eines interessenkonformen Verhaltens gegenüber dem jeweils

gegenbeteiligten Partner. ... Im österreichischen Verfassungsrecht

ist eine Pflicht der Länder zu bundestreuem Verhalten weder ausdrücklich noch schlüssig enthalten. Eine Verpflichtung zur wechselseitigen Treue von Bund und Ländern kann aber aus dem Grundsatz der exklusiven Trennung der Aufgabenbereiche iVm. dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot (Gleichheitssatz) in dem Sinne abgeleitet werden, daß sich Bund und Länder bei der Wahrnehmung ihrer Zuständigkeiten nicht so verhalten dürfen, daß daraus eine sachlich nicht gerechtfertigte Behinderung der gegenbeteiligten Kompetenzausübung entsteht.').

Diese der Bundesverfassung innewohnende Rücksichtnahmepflicht verbietet sohin dem Gesetzgeber der einen Gebietskörperschaft, die vom Gesetzgeber der anderen Gebietskörperschaft wahrgenommenen Interessen zu negieren und dessen gesetzliche Regelungen damit zu unterlaufen. Diese Pflicht verhält ihn dazu, eine zu einem angemessenen Ausgleich führende Abwägung der eigenen Interessen mit jenen der anderen Gebietskörperschaft vorzunehmen und nur eine Regelung zu treffen, die zu einem solchen Interessenausgleich führt.

. . .".

c) Der Beschwerdeführer meint der Sache nach, daß die Regelung des ForstG und des O.ö. KulturflächenschutzG unter bestimmten Voraussetzungen - wie sie etwa im Anlaßfall vorliegen - zu einem Normwiderspruch iS der vorstehenden litb führen könnten. Werde nämlich ein Grundstück aufgeforstet, unterliege es nach Ablauf von zehn Jahren grundsätzlich einem - unter Strafsanktion (s. §174 Abs1 Z6 ForstG) stehenden - Rodungsverbot, und zwar auch dann, wenn die Aufforstung dem O.ö. KulturflächenschutzG zuwider erfolgt war. Im Gegensatz zu diesem Rodungsverbot gebiete das O.ö. KulturflächenschutzG aber (und zwar ohne jedes zeitliches Limit, also auch nach Ablauf von zehn Jahren seit der - widerrechtlichen - Aufforstung) - gleichfalls unter Strafsanktion (§3 O.ö. KulturflächenschutzG) und unter der Sanktion der Zwangsvollstreckung (§4 leg.cit.) - die Umwandlung in Wald rückgängig zu machen, also das Grundstück zu roden.

Im Hinblick auf die in der vorstehenden litb dargestellten Judikatur - von der abzurücken kein Anlaß besteht - verstieße (ebenso wie im Fall VfSlg. 10292/1984, S 762) ein derartiges Regelungssystem gegen das von der Bundesverfassung vorgegebene Rücksichtnahmegebot.

2. Es braucht im gegebenen Zusammenhang aber nicht erörtert zu werden, ob - sollten diese Vorschriften tatsächlich den vom Beschwerdeführer angenommenen Inhalt haben - der Fehler dem einen oder dem anderen Gesetz zuzurechnen ist, weil die hier präjudiziellen Bestimmungen des O.ö. KulturflächenschutzG einer Auslegung zugänglich sind, durch die eine solche Verfassungswidrigkeit eben vermieden wird:

Nach §1 Abs3 des O.ö. KulturflächenschutzG gelten die vorangehenden Bestimmungen nicht für "Waldgrund im Sinne des Kaiserlichen Patents vom 3. Dezember 1852, RGBl. Nr. 250 (Forstgesetz)". Vom Geltungsbereich des O.ö. KulturflächenschutzG werden damit Regelungen ausgeschlossen, die unter den Kompetenztatbestand "Forstwesen" (Art10 Abs1 Z10 B-VG) fallen und daher Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung sind; dabei ist der Inhalt dieses Kompetenztatbestandes iS der sogenannten Versteinerungstheorie auszulegen und bestimmt sich somit nach dem Forstgesetz 1852. Das bedeutet, daß Grundstücke, die nach dem Forstgesetz 1852 als Wald anzusehen waren, vom

O.ö. KulturflächenschutzG ausnahmslos nicht erfaßt werden, also auch dann nicht, wenn sich der Waldbestand entgegen dem O.ö. KulturflächenschutzG entwickelt hat.

Die in Rede stehende Liegenschaft war nun aber unter diesen Voraussetzungen als Waldgrund iS des Forstgesetzes 1852 anzusehen, betrug doch - den unbestritten gebliebenen Sachverhaltsannahmen im angefochtenen Bescheid zufolge - die Durchschnittshöhe der Bäume bereits 8 bis 10 m; einzelne Bäume waren sogar 13 bis 14 m hoch.

Wenn die belangte Behörde dessen ungeachtet davon ausgegangen ist, das Verhalten des Beschwerdeführers unterliege der Strafsanktion des §3 O.ö. KulturflächenschutzG, hat sie das Gesetz denkunmöglich angewendet. Bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des O.ö. KulturflächenschutzG haben die im Bescheid vom 26. August 1974 (s.o. I.1.) enthaltenen Auflagen ihre Wirksamkeit verloren, sobald der Bewuchs des Grundstückes zum Waldbestand in der soeben geschilderten Bedeutung wurde. Der verwaltungsstrafrechtliche Vorwurf aber, der Beschwerdeführer hätte vor diesem Zeitpunkt die sich aus dem erwähnten Bescheid ergebenden Verpflichtungen nicht erfüllt, ist offenkundig verjährt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe verhängt; der Bescheid greift somit in das private Vermögensrecht des Beschwerdeführers ein. Dieser Eingriff verletzt ihn, weil (wie dargetan) die Behörde das Gesetz denkunmöglich angewendet hat, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums (vgl. zB VfSlg. 10487/1985).

Der angefochtene Bescheid war infolgedessen als verfassungswidrig aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden brauchte.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 1.000 S enthalten.

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