VfGH G79/87

VfGHG79/871.3.1988

Wechselseitiger Bezug der beiden grundrechtlichen Gewährleistungen; Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei Vorschriften über den Erwerbsantritt enger als bei Erwerbsausübungsregelungen; der Ausschluß weiterer Bewerber von einem bestimmten Beruf ist mit Rücksicht auf die darin gelegene Beeinträchtigung der Berufswahlfreiheit jener Bewerber vom Gesetzvorbehalt des Art6 StGG nur gedeckt, wenn öffentliche Interessen Einschränkung gebieten

SchrottlenkungsG 1985; Nichtzulassung von Schrotthändlern zum Werkbelieferungshandel im Fall der Existenzgefährdung bestehender Werkbelieferungshändler; schwerer Eingriff in die Erwerbsfreiheit; Sicherung der Existenz des einzelnen - wirtschaftsschwachen - Händlers nicht im öffentlichen Interesse gelegen - Aufhebung wegen Verstoßes gegen die Erwerbsausübungsfreiheit

Normen

B-VG Art140 Abs5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
StGG Art18
SchrottlenkungsG 1985 II. Abschnitt
SchrottlenkungsG 1985 §6 Abs1 litb Z1 und Abs2 lita
SchrottlenkungsG 1985 §6 Abs1 litb Z1 und Abs2 litb
B-VG Art140 Abs5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
StGG Art18
SchrottlenkungsG 1985 II. Abschnitt
SchrottlenkungsG 1985 §6 Abs1 litb Z1 und Abs2 lita
SchrottlenkungsG 1985 §6 Abs1 litb Z1 und Abs2 litb

 

Spruch:

§6 Abs1 litb Z1 und §6 Abs2 lita des Bundesgesetzes über die Lenkung des Verkehrs mit Eisenschrott (Schrottlenkungsgesetz 1985) - Anlage zur Kundmachung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 9. Oktober 1985, BGBl. Nr. 428, mit der das Schrottlenkungsgesetz wiederverlautbart wird - werden als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. Juni 1988 in Kraft.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Rechtslage

1. Dem §4 Abs1 letzter Satz des Schrottlenkungsgesetzes 1978 und 1985 zufolge ist es - abgesehen von einer Ausnahme für die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) den Werkbelieferungshändlern iS des §6 vorbehaltenen Unternehmen, die Eisen oder Stahl erzeugen, direkt mit unlegiertem Eisenschrott zu beliefern.

§6 des Gesetzes knüpft die Ausübung der Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers an eine behördliche Genehmigung.

2. Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 4. Oktober 1984, G70/84 (= VfSlg. 10179/1984) §6 Abs1 lita

SchrottlenkungsG, BGBl. 275, id Stammfassung wegen Verletzung des sich aus Art18 B-VG ergebenden Determinierungsgebotes und der Erwerbsausübungsfreiheit aufgehoben.

§6 Abs1 des Gesetzes id Stammfassung lautete:

"(1) Der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie hat auf Antrag Schrotthändlern die Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers zu erteilen, wenn

a) dies im Interesse einer ausreichenden Versorgung der inländischen Unternehmen, die Eisen oder Stahl erzeugen, notwendig ist,

b) innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung einer schriftlichen Anfrage des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie von keinem der Unternehmen, die Eisen oder Stahl erzeugen, aus Gründen der betrieblichen Sicherheit ein begründeter Einspruch erhoben wird, es sei denn, ein Schrotthändler hat bereits am 30. Juni 1978 die Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers ausgeübt, und

c) das Unternehmen des Antragstellers ständig unlegierten Eisenschrott im Ausmaß von einem Zwölftel des jeweiligen Vorjahresabsatzes auf Lager hält."

3. Als Konsequenz dieses Erkenntnisses wurde die Nov. BGBl. 270/1985 erlassen. In der Folge wurde das Gesetz als Schrottlenkungsgesetz 1985 wiederverlautbart (BGBl. 428/1985).

§6 hat nunmehr auszugsweise folgenden Wortlaut (die in Prüfung gezogenen Stellen - s.u. II.1.b - sind hervorgehoben):

"§6. (1) Der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie hat auf Antrag Schrotthändlern die Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers zu erteilen, wenn

a) vom Antragsteller die Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers bereits am 30. Juni 1978 ausgeübt wurde und ständig unlegierter Eisenschrott im Ausmaß von einem Zwölftel des jeweiligen Vorjahresabsatzes auf Lager gehalten wird,

b) bei anderen Antragstellern gegen deren Tätigkeit innerhalb von 4 Wochen nach Zustellung einer schriftlichen Anfrage des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie

1. von keinem der bestehenden Werkbelieferungshändler, insbesondere von keinem der bereits am 30. Juni 1978 tätigen, aus Gründen der Gefährdung ihrer Existenz, und

2. von keinem der Unternehmen, die Eisen oder Stahl erzeugen, aus Gründen der Gefährdung ihrer betrieblichen Sicherheit

ein begründeter Einspruch erhoben wird, und vom Antragsteller ständig unlegierter Eisenschrott im Ausmaß von einem Zwölftel des jeweiligen Vorjahresabsatzes auf Lager gehalten wird.

(2) Bei der Prüfung der Einsprüche hat der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie davon auszugehen, daß

a) ein Werkbelieferungshändler als in seiner Existenz gefährdet gilt, wenn hinsichtlich seines durchschnittlichen jährlichen Umsatzes an unlegiertem Eisenschrott, seiner Kosten und seines Beschäftigtenstandes die betriebswirtschaftlich rationelle Fortführung seiner Tätigkeit als Werkbelieferungshändler durch die Zulassung eines weiteren Werkbelieferungshändlers nicht mehr gewährleistet erscheint;

b) die betriebliche Sicherheit dann als gefährdet gilt, wenn Umstände hervorkommen, die darauf hinweisen, daß vom Antragsteller gelieferter Schrott eine Gefahr für die Anlagen eines Schrottverbrauchers und die dort Beschäftigten darstellt.

(3) Liegen mehr Anträge im Sinne des Abs1 litb vor, als zum Zweck der Vermeidung der Gefährdung der Existenz bestehender Werkbelieferungshändler genehmigt werden können, so gebührt jenen Antragstellern der Vorzug, die die Einhaltung der Verpflichtungen dieses BG am besten gewährleisten.

(4) . . ."

II. Sachverhalt

1.a) Beim VfGH ist zu Zl. B399/86 das Verfahren über eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, den folgenden Sachverhalt zugrundeliegt:

Der (damalige) Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie wies mit Bescheid vom 5. März 1986 den Antrag der bf. Gesellschaft auf Erteilung einer Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers nach §6 SchrottlenkungsG 1985 ab. Dieser - nun beim VfGH bekämpfte Bescheid wird damit begründet, daß

andere Werkbelieferungshändler in ihrer Existenz gefährdet würden (§6 Abs1 litb Z1, §6 Abs2 lita SchrottlenkungsG 1985) und

die "betriebliche Sicherheit" des Schrottverbrauchers gefährdet wäre (§6 Abs1 litb Z2, §6 Abs2 litb SchrottlenkungsG 1985) - wobei dieser Versagungstatbestand "nicht abschließend beurteilt zu werden brauchte", weil ohnehin der Existenzgefährdungstatbestand vorliege.

b) Der VfGH beschloß am 9. März 1987 aus Anlaß dieses Beschwerdeverfahrens, von amtswegen die Verfassungsmäßigkeit des Abs1 litb Z1 und des Abs2 lita im §6 des SchrottlenkungsG 1985 zu prüfen.

Der Gerichtshof ging hiebei vorläufig davon aus, daß die zu prüfenden Gesetzesbestimmungen präjudiziell seien. Er umschrieb seine verfassungsrechtlichen Bedenken im wesentlichen dahin, daß diese die Erwerbsausübungsfreiheit einschränkenden Vorschriften nach der neueren Judikatur verfassungsrechtlich nur zulässig wären, wenn der durch sie verfügte Konkurrenzschutz im öffentlichen Interesse liege; dies scheine (so meinte der VfGH vorläufig) bei der heutigen Marktsituation auf dem Sektor des Stahls und des Schrottes - die beide keine Mangelware (mehr) sein dürften - nicht (mehr) der Fall zu sein.

Sodann lautet es im Einleitungsbeschluß:

"In der Regel dürfte vermehrter Wettbewerb die Bedingungen für die Anlieferung der Ware (hier von Schrott) für den Abnehmer (hier der Stahlerzeuger) verbessern. Eine Ausnahme bestünde wohl nur für den Fall, daß es zu einem ruinösen Verdrängungswettbewerb käme, der eine Gefahr für die ordnungsgemäße Schrottanlieferung bewirken würde; eine solche Folge könnte allenfalls volkswirtschaftlich schädlich sein. Weshalb aber gerade hier ein freier Wettbewerb diese schädlichen Auswirkungen haben sollte, ist vorerst nicht einzusehen (vgl. Griller, a.a.O., insbes. S 77).

Für die betriebliche Sicherheit der stahlerzeugenden Unternehmen ist - wie der VfGH vorläufig annimmt - durch §6 Abs1 litb Z2 und §6 Abs2 litb des SchrottlenkungsG 1985 in ausreichender Weise gesorgt; ein Konkurrenzschutz scheint zur Erreichung dieses Zieles nicht geboten zu sein. . . ."

Ausgehend von einer in der Anlaßbeschwerde enthaltenen Sachverhaltsschilderung kam der VfGH - unter der Voraussetzung, daß diese Schilderung richtig ist - zum vorläufigen Schluß, daß

"die Tätigkeit der Werkbelieferungshändler weitestgehend in der Abwicklung eines 'Streckenhandels' bestehe und die Verantwortung für die Qualität des dem Stahlerzeuger gelieferten Schrottes in Wahrheit beim 'normalen' Schrotthändler liege; dann aber dürfte den Werkbelieferungshändlern für eine klaglose Belieferung der Stahlerzeuger mit Schrott keine Bedeutung zukommen, die ausnahmsweise einen gesetzlichen Konkurrenzschutz rechtfertigen könnte."

2. Die Bundesregierung erstattete im Gesetzesprüfungsverfahren am 16. Juni 1987 eine Äußerung, in der sie - nach einer zusammenfassenden Wiedergabe der vom VfGH geäußerten Bedenken - folgendes ausführt:

". . . .

II. Nach Auffassung der Bundesregierung ist die in Prüfung gezogene Regelung aus den nachstehenden Gründen sowohl im öffentlichen Interessse gelegen als auch sachlich gerechtfertigt:

1. Zur allgemeinen Situation des Schrottmarktes in Österreich

Die Zahl der Werkbelieferungshändler hat sich innerhalb der letzten 10 Jahre (von 1976 auf 1986) von 8 auf 5 reduziert. Der Inlandszukauf der Stahlwerke von unlegiertem Eisenschrott hat sich in der gleichen Zeit von 357.000 t auf 593.000 t erhöht; der Imprt von 43.111 t auf 72.664 t.

Die Zahl der Schrottverbraucher, die von den Werkbelieferungshändlern versorgt werden, also die Zahl der stahlerzeugenden Unternehmen, hat sich in diesem Zeitraum von 6 in 11 Standorten auf 4 in 7 Standorten verringert.

Die Zahl der Sammel- und Zulieferhändler, das sind jene Schrotthandelsunternehmen, die der Anbotspflicht an den Werkbelieferungshandel unterliegen, stieg von 141 auf 165, die Zahl der Bundesgremialmitglieder sank von 1.014 (hievon 10,8 % ruhend) auf 794 (hievon 18,8 % ruhend).

Der statistisch durchschnittliche Schrottpreis pro Tonne unlegierten Inlandsschrotts veränderte sich von 1.003 S auf

1.106 S.

Die Schrottpreise auf den internationalen Märkten schwankten erheblich und lagen - von einigen kurzfristigen Ausnahmen abgesehen - im Beobachtungszeitraum über den mittels V des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie gemäß Preisgesetz als Höchstpreise festgesetzten Binnenmarktortenpreisen. Die Inlandspreise werden als Z(ulieferhändler)preise und als um S 48,-- je Tonne höhere W(erkbelieferungshändler)preise festgesetzt. Bei Preisvergleichen sind aus der Sicht des 'inlandspflichtigen' aber exportinteressierten Schrotthändlers die Z-Preise den Preisen auf den internationalen Märkten gegenüberzustellen. Bei Preisvergleichen aus der Sicht der Schrottverbraucher sind die W-Preise gegenüberzustellen, wobei in diesem Fall zusätzliche Transportkosten zu berücksichtigen sind.

2. Zur Darlegung der öffentlichen Interessen

a) Vorbemerkungen

Die Bundesregierung übersieht nicht, daß die Begründungen der beiden jüngsten Erkenntnisse des VfGH vom 23. Juni 1986, G14/86 u.a., und vom 5. März 1987, G174/86, zur Frage der Angemessenheit, Tauglichkeit und Zulässigkeit der Bedarfsprüfung als Mittel des Konkurrentenschutzes zum Zweck der Sicherung des jeweils materienspezifischen öffentlichen Interesses verneinende Antworten zu geben scheinen.

Sie meint aber, daß eine nähere Prüfung des dargestellten maßgeblichen Sachverhaltes und der darauf aufgebauten bzw. daraus abzuleitenden Argumentation, die diese Feststellungen stützen, zu der Einsicht führt, daß die vom VfGH dort getroffenen Aussagen für die spezifische Situation der Schrottlenkung nicht gelten können.

Im Hinblick auf die besondere Situation auf dem Schrottmarkt kann dem öffentlichen Interesse an der wirtschaftlichen Bestandssicherung von kleinen und mittleren Unternehmen (hier im Schrotthandelsbereich) und der Stahlindusltrie nicht (allein) mit gewerbsrechtlichen Maßnahmen entsprochen werden.

Im Unterschied zu den Märkten der Taxi- und Fahrschulunternehmen, die grundsätzlich als freie Märkte funktionieren können, bedarf der Schrottmarkt aufgrund des langfristigen Nachfrageüberhanges gegenüber einem in der Regel zu geringeren Angebot an inländischem unlegierten Eisenschrott bestimmter Lenkungsmaßnahmen. Die Kanalisierung des inländischen Schrottaufkommens als wesentlicher Einsatzrohstoff der Stahlindustrie primär zur heimischen Stahlindustrie wird durch das öffentliche Interesse an der wirtschaftlichen Bestandssicherung dieses Industriezweiges gerechtfertigt.

b) Schrott als Mangelware

Nach Auffassung der Bundesregierung trifft die vorläufige Annahme des VfGH nicht zu, daß Schrott keine Mangelware mehr sein dürfte.

Dem VfGH ist zuzugeben, daß sich seit dem 3. Quartal 1986 bis heute bei unlegiertem Eisenschrott die Mangelsituation vorübergehend entspannt hat.

Das Zutreffen der vom VfGH offenbar daran geknüpften Erwartung, daß dem auch künftig so sein werde, erscheint jedoch keineswegs gesichert. Die Gründe für die gegenwärtige Schrottsituation sind insbesondere die folgenden:

Die wirtschaftliche Lage der Schrottverbraucher aus dem Kreis der Unternehmen, die Eisen oder Stahl erzeugen, ist derzeit dadurch gekennzeichnet, daß aus betriebs- und volkswirtschaftlichen, strukturellen und konjunkturellen Gründen ihre Versorgung mit im Inland angefallenem unlegierten Eisenschrott mehr als gedeckt werden kann. Selbst wenn man, was unter Berücksichtigung der voraussehbaren konjunkturellen Entwicklung der Weltstahlmärkte als wahrscheinlich zu unterstellen ist, von einem mittelfristigen Anhalten der konjunkturellen Situation ausgeht, kann nach dem gegenwärtig bekannten Stand der Unternehmensplanungen der beiden bedeutenden Schrottverbraucher, VÖEST-Alpine AG und VEW AG, eine Fortdauer dieser strukturellen Situation nicht angenommen werden. In diesen Unternehmen wird im 2. Halbjahr 1987 ein neues Stahlerzeugungsverfahren aufgenommen. Dieses 'KVA-Verfahren' wird gegenüber den bisher gehandhabten Verfahren einen wesentlich höheren Schrotteinsatz pro Tonne Stahl erfordern, und zwar über 60 % statt bisher 24 %. Die Verfügbarkeit großer Schrottmengen zu vergleichweise günstigen Preisen stellt eine der wesentlichen Investitionsentscheidungsvoraussetzungen und -grundlagen dar. Selbst bei anhaltender Schwäche der Stahlkonjunktur muß es auf Grund des neuen Stahlerzeugungsverfahrens und des damit verbundenen höheren Schrotteinsatzanteiles zwangsläufig zu einer verstärkten Nachfrage nach Schrott in Österreich kommen. Dies wiederum führt zu einer das bestehende Schrottlenkungsgesetz rechtfertigenden Mangelsituation.

c) Sicherung der Schrottversorgung der Stahlindustrie

Durch das erste Verstaatlichungsgesetz wurde das Eigentum an Unternehmen der Stahlindusltrie der öffentlichen Hand übertragen. Die gemeinwirtschaftlich organisierte, sogenannte verstaatlichte Industrie, die auch die Stahlindustrie einschließt, wurde seit jeher als Konjunkturmotor und Mittel zur Erhaltung der Vollbeschäftigung und der Versorgungssicherung betrachtet und behandelt; ihre Versorgung mit den erforderlichen Grundstoffen war daher stets zu sichern.

Angesichts der bereits erörterten Pläne, im Rahmen des KVA-Verfahrens den Schrotteinsatzanteil pro Tonne Stahl wesentlich zu erhöhen, ist im verstärkten Maße von einem öffentlichen Interesse an der Versorgung mit dem Grundstoff Schrott und damit am Weiterbestand der Stahlindusltrie auszugehen. Ohne das in der in Prüfung gezogenen Bestimmung enthaltene Instrumentarium erscheint jedoch, wie noch näher auszuführen sein wird, die Sicherung der Versorgung der Stahlindustrie mit dem benötigten Schrott nicht gewährleistet.

d) Sicherung der Schrottaufbringung

Durch die Schrottlenkung wurden lange Zeit die Schrottexporte und die damit verbundenen Erlöse der Schrotthändler gering gehalten, weil bei Nichtbestehen der Kontrahierungspflicht gemäß §10 des Schrottlenkungsgesetzes durch Exporte größere Erlöse zu erzielen gewesen wären. Gleichwohl aber haben die hiedurch auf den ersten Blick benachteiligten Schrotthändler unlegierten Eisenschrott im Inland auch dann abgesetzt und ein regelmäßiges Einkommen erzielt, wenn niedrige Preise auf den internationalen Märkten in Verbindung mit relativ hohen Frachtkosten - kurzfristig (vgl. die Ausführungen unter II.1) - gewinnbringende Exporte überhaupt ausschlossen. Diese mit der Schrottlenkung angestrebte Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der überwiegend klein bis (zum geringen Teil) mittelbetrieblich strukturierten Sammel- und Zulieferhändler entspricht dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der kleinen und mittleren Unternehmungen der österreichischen Wirtschaft.

e) Die besondere Funktion der Werkbelieferungshändler

Die äußerst bedeutsame Mittlerfunktion zwischen den Unternehmen der Stahlindustrie und den für die Schrottaufbringung verantwortlichen kleinen und mittleren Unternehmen obliegt nach den organisch gewachsenen Strukturen des Schrottmarktes besonders qulifizierten Schrotthändlern, den Werkbelieferungshändlern.

Dieser Funktion dienen sie in mehrfacher Weise:

Die Entsorgung, Lagerung und Vorrätighaltung der gebrauchten und nicht mehr verwendeten Gegenstände aus Eisen und Stahl ist naturgemäß eine kostenintensive Aufgabe des Sammel- und Zulieferhandels. Es ist auch eine in diesem Zusammenhang bekannte Tatsache, daß die Kapitaldecke der meisten österreichischen Unternehmen zu knapp ist; dlavon sind insbesondere die Sammelund Zulieferhandelsunternehmen im Schrotthandelsbereich betroffen.

Die Situation dieser Handelsunternehmungen ist durch folgende Schwierigkeiten gekennzeichnet:

Angesichts dieser arbeits- und kostenintensiven Tätigkeit hinsichtlich in vergleichsweise kleinen Mengen aggregierbaren Schrotts leistet der Werkbelieferungshändler als Zwischenhändler schon allein durch die handelsübliche Vorfinanzierung der ihm anbietenden Sammel- und Zulieferhändler einen von mehreren entscheidenden Beiträgen zur Aufrechterhaltung der die Versorgung sichernden Schrottaufbringung. Auf die im Einleitungsbeschluß zitierten Ausführungen der bf. Gesellschaft zur Rolle des Werkbelieferungshändlers wird noch näher einzugehen sein.

Hervorgehoben sei, daß die derzeit bestehenden Werkbelieferungshändler nicht nur als Grossisten wirken, sondern eine wesentliche Funktion zur gesamten Marktberuhigung ausüben und den Zulieferhandel in wesentlichen Belangen betreuen. Auch auf die Schrottqualität wirkt sich die Tätigkeit der Werkbelieferungshändler insofern aus, als durch häufige Besuche bei den Zubringerhändlern und durch persönliche Kontakte auf den Zulieferhändler dahingehend eingewirkt wird, daß der Schrott an die Schrottverbraucher nur entsprechend deren Lieferbestimmungen verladen wird. Auf diese Weise sichern die bestehenden Werkbelieferungshändler auch im Streckengeschäft die qualitätsspezifisch und einsatzbedarfsorientierte Zubahnung an den jeweiligen Schrottverbraucher und schützen den normalen Schrotthändler vor Fehldispositionen.

Der Werkbelieferungshandel steht in einem durch langjährige Geschäftsverbindung begründeten Vertrauensverhältnis zu Schrottverbrauchern und zum Zulieferhandel. Dies stellt eine wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren des komplexen Schrottmarktes dar. Die Zulassung einer beliebig größeren Zahl um die Zulielferhändler konkurrierender Werkbelieferungshändler hätte zur Folge, daß die derzeit bestehenden Vertrauensverhältnisse zerstört würden.

Dem Werkbelieferungshändler kommt auch eine besondere Rolle in der Logistik für eine flächendeckende Ent- und Versorgung auf dem Schrottmarkt zu. Er hat auf Grund seiner Funktion einen Überblick über

und ist auf Grund dieses Informationsstandes daher in der Lage, die Angebote der Zulieferhändler mit der Nachfrage der Schrottverbraucher optimal abzustimmen.

Die mit der Logistik verbundenen Koordinationsprobleme (Mengen- und Qualitätsdisposition, Kontinuität der Anlieferung, Frachtoptimierung) können nur bewältigt werden, wenn die Zahl der Werkbelieferungshändler möglichst klein ist. Die Werkbelieferungshändler müssen auf Grund eines auf langjährigem Vertrauen basierenden Grundkonsenses auch bereit sein, im Interesse eines langfristig funktionierenden Schrottmarktes vorübergehend ihre Individualinteressen zurückzustellen. Dieser Grundkonsens als Voraussetzung für die Bewältigung der Logistikprobleme würde durch die Zulassung weiterer, einander konkurrenzierender Werkbelieflerungshändler gefährdet.

f) Wettbewerbssituation

Vor 10 Jahren haben 8 Werkbelieferungshändler 6 Schrottverbraucher in 11 Standorten mit 357.000 t von 141 Schrotthändlern im Inland aufgebrauchten Schrotts versorgt. Gegenwärtig versorgen 5 Werkbelieferungshändler 4 Schrottverbraucher in 7 Standorten mit 593.000 t von 165 Schrotthändlern im Inland aufgebrachten Schrotts.

Hieraus ergibt sich, daß sich die Zahl der Werkbelieferungshändler, der Schrottverbraucher und der Standorte der Stahlindustrie jeweils um 1/3 verringert und sich die vom Werkbelieferungshandel umgesetzten Schrottmengen absolut nahezu verdoppelt haben. Der durchschnittliche Schrottpreis pro Tonne ist hingegen in diesen 10 Jahren nur um 10 % gestiegen. Bei deutlicher Verringerung der gesamtösterreichischen Mitgliederzahl des Bundesgremiums des Altstoffhandels um etwa 20 %, unter Abzug der jeweils ruhenden Mitgliedschaften um knapp unter 30 %, ist die Zahl und noch viel deutlicher der Anteil der mit den Werkbelieferungshändlern verrechnenden Zulieferhändlern in der Gesamtbranche gestiegen.

Aus den auf dem Schrottmarkt bewegten Mengen ergibt sich, daß der gesamte Schrottzukaufsbedarf der Stahlwerke in 10 Jahren um 50 %, der Schrottpreis nur um 10 % gestiegen, die Werkbelieferungshändlerspanne aber gleich geblieben ist. Die jährliche Mengensteigerung beträgt daher etwa 5 %, die jährliche Preissteigerung nicht ganz 1 %. Am Beginn der Betrachtungsperiode teilten sich diesen Markt 9 Werkbelieferungshändler, gegenwärtig nur mehr 5. Das ist ein Rückgang an Werkbelieferungshändlern um knapp 38 %. Die Entwicklung des Marktes hat sohin bei 50 % Umfangsauslweitung und 10%iger Preissteigerung während 10 Jahren eine Reduzierung der Werkbelieferungshändler um mehr als ein Drittel gezeigt. Umgelegt auf 1 Jahr stehen einander 5 % Umsatzsteigerung, 1 % Preissteigerung einerseits und 3,8 % Rückgang an Werkbelieferungshändlern andererseits gegenüber. Die Vermehrung der derzeit 5 Werkbelieferungshändler um einen einzigen weiteren Werkbelieferungshändler würde eine Vermehrung der Werkbelieferungshändler um 20 % innerhalb eines Jahres bedeuten. Erhebungen des Bundesgremiums haben ergeben, daß sich die Zahl der Werkbelieferungshändler nicht nur um drei, deren Anträge bereits vorliegen, erhöhen würde, sondern daß mit ca. 10 - 15 weiteren Bewerbungen zu rechnen ist. Die Unausweichlichkeit eines Verdrängungswettbewerbes ist evident, wenn 360 % mehr Werkbelieferungshändler um insgesamt 5 % Schrottzuwachsrate pro Jahr konkurrieren müssen.

Da im Hinblick auf die Preisregelung für Schrott nicht anzunehmen ist, daß dieser Verdrängungswettbewerb über den Preis geführt werden kann, sondern nur über die Konditionen, ergibt sich notwendigerweise der Verlust der optimalen und wirtschaftlich für die Schrottverbraucher absolut erforderlichen Dispoisitionsfähigkeit, ebenso der Qualitätskontrolle und der Lieferdisziplin im weiteren Sinne und damit auch der Verlust der kontinuierlichen Versorgung der Schrottverbraucher. Da sich keiner der 'neuen', aber dann auch keiner der 'alten' Werkbelieferungshändler mit der bisher von ihm aufgebrachten Menge begnügen kann, wird sich ein Großteil der Werkbelieferungshändler aus Ertragserfordernissen direkt an die 'guten' Entfallstellen wenden. Dadurch würde dem verbleibenden Zulieferhandel die Existenzgrundlage entzogen. Durch den Wegfall der bisherigen Schutz- und Ordnungsfunktion würden von diesen Klein- und Mittelbetrieben (derzeit ca. 700 in Österreich, davon 165 lwaggonverladende Betriebe) nach Erhebungen des Bundesgremiums max. 10 - 15 % überleben. Dies hätte das Absterben eines Großteils der Zulieferhändler zur Folge und würde somit die Aufbringungsleistung des Schrotthandels wesentlich verringern und im Endeffekt die Versorgung der inländischen Schrottabnehmer mit dem überlicherweise billigeren Inlandsschrott nicht mehr gewährleisten.

Die derzeitige betriebswirtschaftliche Situation sowie die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen einer allfälligen Aufhebung der in Prüfung gezogenen Regelung für den einzelnen Werkbelieferungshändler ist aus den beiliegenden, von den derzeit bestehenden Werkbelieferungshändlern, vom Schrottverband der österr. Stahl- und Eisenwerke Gesellschaft m.b.H. sowie vom Bundesgremium des Altstoffhandels zur Verfügung gestellten Unterlagen ersichtlich (vgl. Beilage A).

g) Schutz des einzelnen Werkbelieferungshändlers

Die Ausführungen a) bis f) zeigen, daß dem einzelnen Werkbelieferungshändler in den vom Schrottlenkungsgesetz geschaffenen System entscheidende Bedeutung zukommt. Nur durch den im §6 Abs1 und Abs2 des Schrottlenkungsgesetzes normierten Konkurrenzschutz wird die Institution des Werkbelieferungshandels adäquat abgesichert und auf diese Weise die beschriebene Gefahr

hintangehalten.

Die zentrale Bedeutung jedes einzelnen Werkbelieferungshändlers für das Funktionieren des Gesamtsystems erlaubt es nicht, diesen der Gefahr eines Verdrängungswettbewerbes auszusetzen und damit seine Existenz zu gefährden. Das Eindringen weiterer Werkbelieferungshändler in die bestehenden Strukturen würde auch das oben beschriebene Vertrauensverhältnis zwischen den vorhandenen Werkbelieferungshändlern einerseits sowie Zulieferhändlern und Sammelhändlern andererseits und auch aus diesem Grunde das Funktionieren des Schrottmarktes in Frage stellen.

3. Die unter Punkt 2 dargelegten besonderen Verhältnisse auf dem österreichischen Schrottmarkt zeigen nicht nur das öffentliche Interesse an den in Prüfung gezogenen Vorschriften, sondern sie stellen auch die sachliche Rechtfertigung der damit verbundenen Einschränkung der Erwerbstätigkeit dar.

4. Zu dem vom VfGH zitierten Vorbringen der bf.

Gesellschaft

a) Zur behaupteten Monopolstellung

Die vom VfGH auf Seite 8 des Einleitungsbeschlusses zitierten Annahmen beruhen zum Teil auf einem von der bf. Gesellschaft hervorgerufenen Mißverständnis von Funktion und Bedeutung des Werkbelieferungshandels. Die Bundesregierung verweist dazu auf ihre Ausführungen unter Punkt II.2. litc bis

e.

b) Zur Behauptung, alle bestehenden Werkbelieferungshändler seien Tochterfirmen von Schrottverbrauchern oder mit diesen wirtschaftlich verbunden

Diese Behauptung trifft für 2 Werkbelieferungshändler nicht zu. Sowohl die Ferrometall Eisen- und Schrotthandels Gesellschaft m.b.H., Wien, als auch die Schrott und Altmetall Handels- und Verwertungsgesellschaft m.b.H., Steyr, sind weder Töchter von Schrottverbrauchern, noch stehen sie mit solchen in einem wirtschaftlichen Verband. Sie konnten daher auch von keinem Schrottverbraucher dazu benutzt werden, um außerhalb des normalen Schrottmarktes die wirtschaftlichen Vorteile aus ihrer Tätigkeit direkt oder indirekt selbst zu lukrieren.

Soweit einzelne Schrottverbraucher eigene Tochterunternehmen als Werkbelieferungshändler beschäftigen, beruht dies auf dem legitimen Interesse der Schrottverbraucher, ihre Versorgung noch zusätzlich organisatorisch abzusichern. Es ist auch nicht Aufgabe des Schrottlenkungsgesetzes, einem Schrottverbraucher die Gründung von Tochterunternehmen zu verwehren, die sich als Werkbelieferungshändler betätigen.

Im übrigen beschränkt das organisatorische Naheverhältnis eines Werkbelieferungshändlers zu einem bestimmten Schrottverbraucher seine Lieferverpflichtungen zur Sicherung der Versorgung anderer Schrottverbraucher in keiner Weise.

c) Zum Streckengeschäft

Rund 76 % des Werkbelieferungshandels können dank der bereits oben erörterten 'Erziehungstätigkeit' des Werkbelieferungshandels logistisch im Streckengeschäft abgewickelt werden. Dies ist Ausdruck der bereits erwähnten, auf Vertrauen fußenden, ordnenden und schützenden Funktion des Werkbelieferungshandels, die es in der Mehrzahl der Fälle entbehrlich macht, daß der Schrott das Lager des Werkbelieferungshandels berührt. Zudem gestattet es diese koordinierende Funktion des Werkbelieferungshandels wirtschaftlich unzweckmäßige Transportwege zu vermeiden.

d) Zu den angestellten Berechnungen

Es sei lediglich darauf hingewiesen, daß zu den von der bf. Gesellschaft in Rechnung gestellten 'spezifischen Werkbelieferungs-Unkosten' vor allem noch folgende Kostenfaktoren zu berücksichtigen sind:

Diese Kosten sind je nach Bonität des Zulieferhändlers und Interesse des Werkbelieferungshändlers an diesem sowie nach Betriebsgröße, Geschäfts- und Marktanteil des Werkbelieferungshändlers unterschiedlich, demnach nicht als Durchschnittswert einer von der bf. Gesellschaft angestellten Grobrechnung quantifizierbar.

Darüber hinaus wird auf die hohen Fixkostenanteile dles Werkbelieferungshandels verwiesen, wie sie aus den in der Beilage A (Die Beilage enthält eine Darstellung der Kosten- und Ertragssituation der einzelnen Werkbelieferungshändler, eine statistische Aufstellung der Marktanteile, eine Schrottstatistik für die Jahre 1970 - 1986 sowie eine schematische Darstellung der Schrottaufbringung) enthaltenen Darstellungen hervorgehen.

III.

Die Bundesregierung stellt somit den

Antrag ,

1. der VfGH wolle aussprechen, daß §6 Abs1 litb Z 1 und §6 Abs2 lita des BG über die Lenkung des Verkehrs mit Eisenschrott (Schrottlenkungsgesetz 1985) - Anlage zur Kundmachung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 9. Oktober 1985, BGBl. Nr. 428, mit der das Schrottlenkungsgesetz wiederverlautbart wird, nicht verfassungswidrig sind.

IV.

Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung den

Antrag,

der VfGH wolle gemäß Art140 Abs5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen."

3. Der VfGH lud mit Schreiben vom 17. Juli 1987 die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, den Österreichischen Arbeiterkammertag und die Österreichische Industrieholding Aktiengesellschaft (ÖIAG) ein, zur Sachverhaltsschilderung der im Anlaßverfahren bf. Gesellschaft und zu jener der Bundesregierung Stellung zu nehmen, allenfalls den maßgebenden Sachverhalt zu ergänzen sowie die Lage der von den angeschriebenen Stellen wahrzunehmenden Interessen darzustellen.

Alle befragten Institutionen gaben Antworten, in denen sie die Sachverhaltsdarstellung der Bundesregierung bestätigen und dafür eintreten, daß die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht aufgehoben werden.

Die Bundeswirtschaftskammer legte darüber hinaus ein vom Schrottverband der österreichischen Eisen- und Stahlindustrie in Auftrag gegebenes Gutachten von Ao. Univ.Prof. Dr. Franz Zehetner (Universität Linz) vor. Dieses Gutachten über die "rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der Marktordnung für Schrott in Österreich" kommt zum selben Ergebnis wie die Bundesregierung und die erwähnten Institutionen.

III. Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes

A. Zur Zulässigkeit

Die Anlaßbeschwerde ist zulässig. Der VfGH wird daher über sie in der Sache zu entscheiden haben. Hiebei wird er die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des SchrottlenkungsG 1985 anzuwenden haben.

Da außer der Präjudizialität auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist das von amtswegen eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.

B. Zur Sache selbst

1. Die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen beschränken die Möglichkeit, ein bestimmtes Gewerbe anzutreten. Sie greifen daher in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Erwerbsausübungsfreiheit ein.

Der Gesetzgeber ist nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 3968/1961, 4011/1961, 5871/1968, 9233/1981) dem Art6 StGG zufolge ermächtigt, die Ausübung der Berufe dergestalt zu regeln, daß sie unter gewissen Voraussetzungen erlaubt oder unter gewissen Umständen verboten ist (also auch den Erwerbsantritt behindernde Vorschriften zu erlassen), sofern er dabei den Wesensgehalt des Grundrechtes nicht verletzt und die Regelung auch sonst nicht verfassungswidrig ist.

Die jüngere Judikatur (zB VfSlg. 10179/1984, 10386/1985, 10932/1986, 11276/1987, 11483/1987) hat dies für Fälle der Beschränkung des Erwerbsantrittes dahin ergänzt und präzisiert, daß gesetzliche, die Erwerbsausübungsfreiheit beschränkende Regelungen nur dann zulässig sind, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, geeignet, zur Zielerreichung adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind (siehe auch die im VfSlg. 10932/1986 zitierte Literatur).

Dem einfachen Gesetzgeber ist bei der Entscheidung, welche Ziele er mit seinen Regelungen verfolgt, innerhalb der Schranken der Verfassung ein weiterer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum eingeräumt. Der VfGH hat nicht zu beurteilen, ob die Verfolgung eines bestimmten Zieles etwa aus wirtschaftspolitischen oder sozialpolitischen Gründen zweckmäßig ist. Er kann dem Gesetzgeber nur entgegentreten, wenn dieser Ziele verfolgt, die keinesfalls als im öffentlichen Interesse liegend anzusehen sind (vgl. etwa VfSlg. 9911/1983).

Der VfGh hat darüber hinaus für gesetzliche Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (also den Erwerbsantritt) beschränken, wegen des dadurch bewirkten, besonderes gravierenden Eingriffs in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre einen geringeren rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers angenommen als für Vorschriften, die lediglich die Berufsausübung betreffen (VfSlg. .............. ) Ladenschlußgesetz -). Daß der verfassungsrechtlich umgrenzte Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei Vorschriften über den Erwerbsantritt enger ist als bei Erwerbsausübungsregelungen, ergibt sich aus aus dem engen inhaltlichen Zusammenhang des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes der Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art6 StGG mit dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht der freien Berufswahl gemäß Art18 StGG, den der VfGH schon in seiner bisherigen ständigen Judikatur (VfSlg. 4011/1961, 5643/1967, 7859/1976 u.v.a.) betonte. Dieser Zusammenhang besteht darin, daß die Freiheit der Berufswahl ohne das Recht, den gewählten Beruf auch anzutreten, wenig zählt. Nun verbietet zwar entsprechend dieser Judikatur auch die Berufswahlfreiheit nach Art18 StGG nicht, " daß durch gesetzliche Vorschriften für die Antretung gewisser Berufe bestimmte Voraussetzungen aufgesetellt werden, zumal ja Art6 StGG die Freiheit der Erwerbsbetätigung nur unter den gesetzlichen Bedingungen gewährleistet." (VfSlg. 4011/1961). Gleichzeitig ist aus diesem wechselseitigen Bezug der beiden grundrechtlichen Gewährleistungen aber zu schließen, daß gesetzliche Regelungen, die weitere Bewerber aus nicht in deren Person gelegenen Gründen von einem bestimmten Beruf ausschließen, mit Rücksicht auf die darin gelegene Beeinträchtigung der Berufswahlfreiehit jener Bewerber vom Gesetzesvorbehalt des Art. 6 StGG verfassungsrechtlich nur dann gedeckt sind, wenn öffentliche Interessen diese Einschränkung gebieten.

Errichtet das Gesetz eine Schranke schon für den Antritt eines Gewerbes, die der Betroffene, der alle subjektiven Voraussetzungen erfüllt, aus eigener Kraft nicht überwinden kann - eine Schranke, wie sie etwa eine Bedarfsprüfung darstellt - so liegt grundsätzlich ein schwerer Eingriff in die verfassungsgesetzlich gewährleistete Erwerbsausübungsfreiheit vor, der nur angemessen ist, wenn dafür besonders wichtige öffentliche Interessen sprechen und wenn keine Alternative besteht, die den erstrebten Zweck in gleich wirksamer, aber die Grundrechte weniger fühlbar einschränkender Weise erreichen könnte (VfSlg. 11483/1987 - Güterbeförderungsgesetz -).

Der VfGH bleibt bei dieser Rechtsprechung.

2.a) Zu untersuchen ist, ob der Schutz der bestehenden Werkbelieferungshändler vor Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz, der durch die in Prüfung gezogenen gesetzlichen Bestimmungen verfügt wird, besonders wichtigen öffentlichen Interessen dient 8a.). Sofern diese Frage zu bejahen ist, hat der VfGH weiters zu prüfen )b.), ob die Nichtzulassung weiterer Werkbelieferungshändler im Falle der Gefährdung der Existenz (nicht aller, sondern auch nur) eines einzigen bestehenden WErkbelieferungshändlers durch die betreffenden öffentlichen Interessen geboten, geeignet, zur Zielerreichung adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen ist, ob sohin keine Alternative besteht, die den erstrebten Zweeck in gleich wirksamer, aber die Grundrechte neuer Bewerber um die Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers in einer weniger fühlbar einschränkenden Weise erreichen könnte.

Mit dieser Frage beschäftigt sich der VfGH im Erkenntnis VfSlg. 10179/1984, mit dem die Vorgängerbestimmung der nun geprüften Vorschriften aufgehoben wurde, nicht näher; insbesondere klärte er nicht, ob die im seinerzeitigen Gesetzesprüfungsverfahren von der Bundesregierung aufgestellte Behauptung zutraf, daß ein Konkurrenzschutz der Werkbelieferungshändler im Interesse der österreichischen Volkswirtschaft gelegen und daher eine Bedarfsprüfung im Prinzip gerechtfertigt sei; dem Gerichtshof erschien die Auseinandersetzung mit dieser Frage entbehrlich, weil auch dann, wenn an sich ein Konkurrenzschutz des Werkbelieferungshändlers geboten gewesen sein sollte, die durch den damals in Prüfung gezogenen §6 Abs1 lita SchrottlenkungsG id Stammfassung bewirkte Art und Weise der Einschränkung der Erwerbsausübungsfreiheit keinesfalls durch das öffentliche Interesse geboten und auch sonst nicht sachlich zu rechtfertigen gewesen sei.

Aus dem hg. Erkennntnis VfSlg. 10179/1984 kann sohin nicht abgeleitet werden, der VfGH hätte einem Konkurrenzschutz für Werkbelieferungshändler seinerzeit die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit attestiert.

a. Im Gesetzesprüfungsverfahren nicht bestritten und vom VfGH nicht bezweifelt wird die Auffassung, daß eine ordnungsgeäße Schrottentsorgung (schon aus Gründen des Umweltschutzes) im öffentlichen Interesse liegt. Ebenso liegt auf der Hand, daß das bestmögliche Funktionieren der inländischen Stahlproduktion für die österreichische Volkswirtschaft von existentieller Bedeutung ist; dieses setzt wiederum voraus, daß die Stahlerzeuger optimal mit dem erforderlichen unlegierten Eisenschrott (in der Folge kurz: Schrott) versorgt werden, daß also der Schrott regelmäßig in der jeweils benötigten Quantität und erforderlichen Qualität zu möglichst geringen Preisen angeliefert wird. All dies ist bei inländischem Schrott, der aus dem Ausland bezogen wird. Zumindest dann, wenn Schrott langzeitig gesehen - eine Mangelware ist, ist diese erwünschte Anlieferung des inländischen Rohmaterials volkswirtschaftlich unverzichtbar.

Eine solche Mangelsituation liegt zwar im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vor; es ist aber zu erwarten, daß sie sich in absehbarer zeit wieder einstellen wird. Die ÖIAG führt in der Stellungnahme vom 14. September 1987 (s.o.II.3.) aus:

"Einleitend sei darauf hingewiesen, daß in den letzten Jahrzehnten von der verstaatlichten Stahlindustrie vorrangig in schrottsparende Technologien (Schrotteinsatz beim LD-Verfahren: 24%) investiert wurde, um unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten den Einsatz des in Österreich gewinnbaren Eisenerzes und des verfügbaren Schrotts zu optimieren; erst dadurch wurde - in Verbindung mit den Lenkungsmaßnahmen - der Einsatz schrottintensiver Technologien (Schrotteinsatz beim Elektroofen: bis 111%) in den privaten Betrieben ermöglicht.

Die verstaatlichte Stahlindustrie hat in den letzten Jahren die Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen darauf konzentriert, die früher innegehabte führende Stellung in der metallurgischen Verfahrenstechnik wiederzugewinnen. Seit August dieses Jahres wird die im großindustriellen Maßstab laufende Versuchsanlage für ein neues Stahlerzeugungsverfahren ('KVA-Verfahren') in Donawitz erfolgreich betrieben. Dieses Verfahren bringt nicht nur erhebliche Kostenvorteile bei der Stahlerzeugung, sondern auch eine wesentlich verbesserte Emissionssituation. Im Vergleich zum bisherigen LD-Verfahren erfordert das KVA-Verfahren allerdings einen wesentlich höheren Schrotteinsatz pro Tonne Stahl, nämlich von über 60% gegenüber bisher 24%. Die mit der Realisierung des Konzeptes VOEST-ALPINE NEU verbundene Gesamtumstellung in Donawitz und Linz wird daher, selbst bei einer weiteren Abschwächung der internationalen Stahlkonjunktur, in Österreich wieder zu einer spürbaren Mangelsituation führen, in der die Versorgung der für die österreichische Volkswirtschaft so bedeutsamen Grundstoffindustrie nur mit den vorhandenen Lenkungsmaßnahmen sichergestellt werden kann."

Eine ordnungsgemäße Entsorgung von anfallendem Schrott ebenso wie die optimale Versorgung der österreichischen Stahlerzeuger mit inländischem Schrott liegt sohin im besonderen Öffentlichen Interesse.

b. Der VfGH kann jedoch nicht finden, daß die Nichtzulassung weiterer Werkbelieferungshändler, wenn dadurch ein bestehender Werkbelieferungshändler in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet wird, ein geeignetes, zur Zielerreichung adäquates und auch sonst sachlich zu rechtfertigendes Mittel dafür ist, die unbestritten im besonderen öffentlichen Interesse liegende ordnungsgemäße Entsorgung von Schrott ebenso wie die optimale Versorgung der Stahlerzeuger mit inländischem Schrott sicherzustellen.

Der VfGH ist entgegen der Meinung der Bundesregierung der Auffassung, daß die in anderem Zusammenhang für den Schutz bestehender Unternehmen vor einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung durch Konkurrenzbetriebe unter dem Aspekt des Art6 StGG angestellten Überlegungen (für Apotheken VfSlg. 8765/1980, 10386/1985 und 10692/1985; für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Monopolstellung einer Tierkörperverwertungsgesellschaft VfSlg. 9869/1983) für Werkbelieferungshändler als Zwischenhändler nicht zutrefen. Aufgabe der öffentlichen Apotheken ist es, unmittelbar "die Heilmittelversorgung der Beölkerung zu sichern". Der rechtlich mit einem Entsorgungsmonopol ausgestatteten Tierkörperverwertungsgesellschaft obliegt es, selbst und alleine die im besonderen öffentlichen Interesse ("Interesse der Volksgesundheit") gelegene Aufgabe der Tierkörperbeseitigung zu besorgen und so deren jederzeitige ordnungsgemäße Erfüllung allein zu garantieren (weil durch diese Konzentration auch die erforderliche veterinärpolizeiliche Kontrolle leicht und effektiver gestaltet werden kann). Im Verggleich dazu haben die Werkbelieferungshändler zwar wirtschaftliche Bedeutung, aber fpr die Schrottversorgung der österreichischen Wirtschaft bilden sie lediglich ein - keineswegs allein maßgebliches - Zwischenglied im Schrotthandel.

In dem für die Schrottversorgung im II. Abschnitt des SchrottlenkungsG 1985 eingerichteten System von Aufbereitungs-, Abnahme-, Liefer- und Bezugsscheinpflichten kommt den einzelnen bestehenden Werkbelieferungshändlern nicht eine derartig überragende Bedeutung für das Funktionieren des Systems zu, daß die wirtschaftliche Existenz jedes einzelnen unter Hintanstellung der verfassungsrechtlichen Erwerbsantrittsfreiheit neuer Bewerber um eine Genehmigung als Werkbelieferungshändler auf alle Fälle Vorrang verdient.

Der VfGH ist ferner der Meinung, daß die für die Neuzulassung von Werkbelieferungshändlern aufgestellte gesetzliche Bedingung (d. i. die Wahrung der wirtschaftlichen Existenzfähigkeit der bestehenden Werkbelieferungshändler) fpr die Sicherung der inländischen Versorgung mit Schrott (geschweige denn fpr die Entsorgung von Schrott) keineswegs erforderlich ist. Will der GBesetzgeber eine an der jeweils bestehenden Nachfrage orientierte Versorgung der Bevölkerung mit wirtschaftlich wichtigen Dienstleistungen, Rohstoffen oder sonstigen Gütern sicherstellen, so kann die bloße Existenzsicherung für jedes bestehende, auch das wirtschaftlich schwächste Unternehmen, im Verein mit der Nichtzulassung neuer Unternehmen gerade das Gegenteil bewirken. Das ausschließliche Abstellen des Gesetzgebers auf die wirtschaftliche Existenzfähigkeit aller bestehenden Unternehmen einer bestimmten Sparte als Grund fpr die Verhinderung eines Neuzugangs kann geradezu einen die Versorgungssicherung behindernden Effekt äußern. Es wird dadurch nämlich in keiner Weise vorgesorgt, daß die bestehenden Werkbelieferungshändler ihren Aufgaben der Schrottent- und -versorgung bestmöglich nachkommen. Vielmehr bewirkt die Regelung des §6 Abs1 litb Z1 und Abs2 lita SchrottlenkungsG 1985 zwangsläufig, daß der jeweils wirtschaftlich schwächste Betrieb, dessen Existenz gerade unter dem Aspekt der Versorgungssicherung mit Schrott problematisch ist, den Zutritt weiterer, die Versorgungsaufgabe womöglich ungleich besser erfüllender Schrotthändler als Werkbelieferungshändler verhindert. Es mag zwar faktisch der Fall sein, daß gegenwärtig durch die bestehende "äußerst enge Verflechtung zwischen den bedeutendsten Schrottverbrauchern und den wichtigsten Werkbelieferungshändlern" in Österreich (so Griller, Verfassungswidrige Schrottlenkung? ÖZW 1985, 66; sowie die in der mündlichen Verhandlung vom Vertreter des Bundesministers fpr wirtschaftliche Angelegenheiten eingeräumte Tatsacche, daß alle derzeitigen Werkbelieferungshändler als Tochterfirmen von Schrottverbrauchern gegründet wurden) dieses Problem entschärft wird. Augrund der Gesetzeslage, die allein vom VfGH auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen ist, ist es aber durchaus möglich, daß gerade das Abstellen auf die Existenzgefährdung bestehender Werkbelieferungshändler das öffentliche Interesse an der Versorgungssicherung mit Schrott beeinträchtigt, weil dadurch eine Versteinerung unzulänglicher wirtschaftlicher Strukturen eintreten kann.

Auch wenn man die in den Stellungnahmen der Bundesregierung, der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, des Österreichischen Arbeiterkammertages und der ÖIAG, - an denen zu zweifeln der VfGH keinen Anlaß sieht - übereinstimmend geschilderten besonderen Verhältnisse auf dem in- und ausländischen Schrottmarkt bei der verfassungsrechtichen Beurteilung der in Prüfung gezogenen Regelungen des SchrottlenkungsG 1985 mitberücksichtigt, können diese die bevorzugte Stellung der bestehenden Werkbelieferungshändler in Anbetracht des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Erwerbsfreiheit, wie es sich in der oben dargestellten jüngeren Rechtsprechung des VfGH darstellt, sachlich nicht rechtfertigen.

Der VfGH hat in seinem Erk. VfSlg. 11483/1987 (Güterbeförderungsgesetz) ausdrücklich betont, daß selbst für jene Gewerbearten, die "zu den sogenannten volkswirtschaftlichen Schlüsselbranchen gezählt werden (können), deren Funktionieren für das gesamte volkswirtschaftliche System von existentieller Bedeutung ist", ein Konkurrenzschutz einzelner bestehender Betriebe nicht ohne weiteres sachlich zu rechtfertigen ist.

Er bleibt auch hinsichtlich der Schrottlenkung bei dieser Auffassung, zumal das Abstellen des Gesetzgebers auf die Gefährdung der Existenz bestehender Unternehmungen stärker in die Erwerbsfreiheit neuer Bewerber eingreift als die bloße Bedarfsprüfung, weil im Gegensatz zu dieser nicht mehr länger die objektive wirtschaftliche Versorgungssituation für die Neuzulassung maßgeblich ist, sondern die subjektive betriebswirtschaftliche Lage der einzelnen bestehenden Werkbelieferungshändler. Wie im genannten Erk. VfSlg. 11483/1987 bereits dargetan, hat "die Freiheit der Erwerbsausübung, wie sie verfassungsgesetzlich verbürgt ist ... grundsätzlich einen freien Wettbewerb und damit einen Konkurrenzkampf zur Folge; er ist vom Verfassungsgesetzgeber also mitgedacht und darf sohin von Gesetzes wegen nur aus besonderen Gründen, etwa weil überwiegende volkswirtschaftliche Erwägungen dafür sprechen, unterbunden werden".

Der VfGH kann nicht finden, daß überwiegende volkswirtschaftliche Erwägungen zusätzlich zum System der Aufbereitungs-, Abnahme-, Liefer- und Bezugsscheinpflichten nach dem II. Abschnitt des SchrottlenkungsG 1985 (an deren Verfassungsmäßigkeit der VfGH jedenfalls aus Anlaß des vorliegenden Falles keinen Anlaß zu zweifeln hat) eine Bevorzugung der bestehenden fünf Werkbelieferungshändler zu Lasten neuer Bewerber sachlich rechtfertigen. Vor dem Hintergrund des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Erwerbsfreiheit ist nicht einzusehen, daß nicht auch neue Werkbelieferungshändler jene zweifelsohne "äußerst bedeutsame Mittlerfunktion zwischen den Unternehmen der Stahlindustrie und den fpr die Schrottaufbringung verantwortlichen kleinen und mittleren Unternehmen" (so die Bundesregierung) erfüllen können. Das gleiche gilt für die Finanzierungsfunktion ebenso wie für die Marktberuhigungs und -betreuungstätigkeit der Werkbelieferungshändler.

Hinsichtlich der Schrottqualität ist darauf zu verweisen, daß zu deren Sicherung der Gesetzgeber geeignete Instrumente in Gestalt des §6 Abs1 litb Z2 iVm. Abs2 lit. b (Verweigerung der Genehmigung zum Werkbelieferungshandel bei Gefährdung der betrieblichen Sicherheit der Unternehmen, die Eisen oder Stahl erzeugen, durch den vom Antragsteller gelieferten Schrott) sowie des §6 Abs4 SchrottlenkungsG 1985 (Entzug der Genehmigung bei Gefährdung der betrieblichen Sicherheit) in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise bereit hält. Der von der Bundesregierung eingewendete Rückgang der zahl von Werkbelieferungshändlern in den letzten zehn Jahren ist fpr die verfassungsrechtliche Beurteilung der geprüften Regelungen ohne Belang. Gegen eine durch die Wirtschafts- oder Marktlage bedingte Verringerung der Zahl der in einem Erwerbszweig tätigen Unternehmen - mag diese nun wirtschaftspolitisch erwünscht oder unerwünscht sein - ist vom Standpunkt des Verfassungsrechts aus nichts einzuwenden. Gesetzliche Regelungen, die derartigen Konzentrationstendenzen Vorschub leisten, begegnen hingegen unter dem Aspekt des Art5 StGG den dargestellten verfassungsrechtlichen Einwänden.

Eine durch nichts beweisbare Behauptung erscheint es dem VfGH, wenn die Äußerung der Bundesregierung und die sonstigen Stellungnahmen aus einer zunehmenden Zahl von Werkbelieferungshändlern wirtschaftliche Gefahren für die Existenz der auf den Zulieferhandel beschränkten Schrotthändler ableiten. Dem VfGH scheint vielmehr das Schwergewicht der Schrottentsorgung und -aufbringung beim Zuliefer- und insbesondere Sammelhandel zu liegen (vgl. zu dessen Funktionen das Gutachten von Zehetner, S. 47 ff.), weil dort (im Sammelhandel) die eigentliche Entsorgungsfunktion liegt und weil dem Zulieferhandel aufgrund seiner Ausstattung (Lagerplatz und Maschinen) die Schrottaufbereitungsfunktion und die Refinanzierung des Kleinhandels zukommen.

Zusammenfassen stellt der VfGH fest:

Die Nichtzulassung von Schrotthändlern zum Werkbelieferungshandel im Falle der Existenzgefährdung bestehender Werkbelieferungshändler ist ein schwerer Eingriff in die Erwerbsfreiheit. Zwar ist ein erhebliches öffentliches Interesse an einer gehörigen inländischen Schrottent- und -versorgung durchaus anzuerkennen. Durch die Sicherung der Existenz jedes einzelnen bestehenden Werkbelieferungshändlers durch Verhinderung neuer Genehmigungen zum Werkbelieferungshandel wird jedoch der Schrottent- und -versorgung nicht gedient, weil wirtschaftlich schwache Werkbelieferungshändler ungeeignet sind, ihre - volkswirtschaftlich bedeutsame - Aufgabe zufriedenstellend zu erfüllen. Gerade unter Berücksichtigung der Funktion des Werkbelieferungshandels im Rahmen des Systems der Schrottversorgung der Österreichischen Wirtschaft ist es daher sachlich nicht gerechtfertigt, daß ein einzelner, in seiner wirtschaftlichen Existenz und daher in der Erfüllung seiner Aufgaben ohnedies gefährdeter Werkbelieferungshändler den Erwerbsantritt weiterer Werkbelieferungshändler zu verhindern imstande ist. Der Schutz wirtschaftlich schwacher Werkbelieferungshändler liegt sohin auch bei voller Anerkennung des ansonsten bestehenden Schrottlenkungssystems nicht im öffentlichen Interesse. Die in Prüfung gezogenen bundesgesetzlichen Bestimmungen laufen daher dem auch den Gesetzgeber bindenden Grundrecht der Erwerbsfreiheit gemäß Art6 StGG zuwider.

Diese Gesetzesvorschriften waren daher als verfassungswidrig aufzuheben.

Da das Schrottlenkungsgesetz 1985 gemäß seinem §21 "mit Ablauf des 30. Juni 1988 außer Kraft" tritt, hat der VfGH der Anregung der Bundesregierung folgend, diesen Zeitpunkt auch für das Außerkrafttreten der in Prüfung gezogenen Bestimmungen gemäß Art140 Abs5 B-VG bestimmt.

Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, gründet sich auf Art140 Abs6 B-VG.

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b) Die anstehende Frage ist also nun zu lösen.

Keiner weiteren Begründung bedarf, daß eine ordnungsgemäße Schrottentsorgung (schon aus Gründen des Umweltschutzes) im öffentlichen Interesse liegt. Ebenso liegt auf der Hand, daß das bestmögliche Funktionieren der inländischen Stahlproduktion für die österreichische Volkswirtschaft von existentieller Bedeutung ist; dieses setzt wiederum voraus, daß die Stahlerzeuger optimal mit dem erforderlichen unlegierten Eisenschrott (in der Folge kurz: Schrott) versorgt werden, daß also der Schrott regelmäßig in der jeweils benötigten Quantität und erforderlichen Qualität zu möglichst geringen Preisen angeliefert wird. All dies ist bei inländischem Schrott leichter und zuverlässiger zu bewerkstelligen als bei Schrott, der aus dem Ausland bezogen wird. Zumindest dann, wenn Schrott - langzeitig gesehen - eine Mangelware ist, ist diese erwünschte Anlieferung des inländischen Rohmaterials volkswirtschaftlich unverzichtbar.

Eine solche Mangelsituation liegt zwar im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vor; es ist aber zu erwarten, daß sie sich in absehbarer Zeit wieder verschärfen wird. Die ÖIAG führt in der Stellungnahme vom 14. September 1987 (s.o.II.3.) aus:

"Einleitend sei darauf hingewiesen, daß in den letzten Jahrzehnten von der verstaatlichten Stahlindustrie vorrangig in schrottsparende Technologien (Schrotteinsatz beim LD-Verfahren: 24 %) investiert wurde, um unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten den Einsatz des in Österreich gewinnbaren Eisenerzes und des verfügbaren Schrotts zu optimieren; erst dadurch wurde - in Verbindung mit den Lenkungsmaßnahmen - der Einsatz schrottintensiver Technologien (Schrotteinsatz beim Elektroofen: bis 111 %) in den privaten Betrieben ermöglicht.

Die verstaatlichte Stahlindustrie hat in den letzten Jahren die Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen darauf konzentriert, die früher innegehabte führende Stellung in der metallurgischen Verfahrenstechnik wiederzugewinnen. Seit August dieses Jahres wird die im großindustriellen Maßstab laufende Versuchsanlage für ein neues Stahlerzeugungsverfahren ('KVA-Verfahren') in Donawitz erfolgreich betrieben. Dieses Verfahren bringt nicht nur erhebliche Kotenvorteile bei der Stahlerzeugung, sondern auch eine wesentlich verbesserte Emissionssituation. Im Vergleich zum bisherigen LD-Verfahren erfordert das KVA-Verfahren allerdings einen wesentlich höheren Schrotteinsatz pro Tonne Stahl, nämlich von über 60 % gegenüber bisher 24 %. Die mit der Realisierung des Konzeptes VOEST-ALPINE NEU verbundene Gesamtumstellung in Donawitz und Linz wird daher, selbst bei einer weiteren Abschwächung der internationalen Stahlkonjunktur, in Österreich wieder zu einer spürbaren Mangelsituation führen, in der die Versorgung der für die österreichische Volkswirtschaft so bedeutsamen Grundstoffindustrie nur mit den vorhandenen Lenkungsmaßnahmen sichergestellt werden kann."

Die optimale Versorgung der Stahlerzeuger mit inländischen Schrott liegt also im öffentlichen Interesse.

c) Zu klären bleibt, ob der Konkurrenzschutz der etablierten Werkbelieferungshändler zur Erreichung dieses Zieles ein geeignetes, adäquates und auch sonst sachlich zu rechtfertigendes Mittel ist. Diese Frage ist zu bejahen:

Auszugehen ist von der allgemeinen Situation des Schrottmarktes, wie sie im Abschnitt II.1. der Äußerung der Bundesregierung vom 16. Juni 1987 (s.o. II.2.) - in Übereinstimmung mit den Stellungnahmen der Bundeswirtschaftskammer, des Arbeiterkammertages und der ÖIAG (s.o. II.3.) - geschildert wird. Die direkte Belieferung der bestehenden vier stahlerzeugenden Unternehmen in sieben Standorten erfolgt dzt. durch fünf Werkbelieferungshändlern, denen dem §4 Abs1 SchrottlenkungsG zufolge diese Tätigkeit (abgesehen von den ÖBB) vorbehalten ist. Die Werkbelieferungshändler beziehen den Schrott von 165 Sammelhändlern (S-Händlern) und Zulieferungshändlern (Z-Händlern). Der Preis des inländischen Schrott blieb in den letzten zehn Jahren stabil und lag meist unter dem - stark schwankenden - Preis für ausländischen Schrott.

Aus der Äußerung der Bundesregierung (II.2.) und den durchwegs damit übereinstimmenden, durch das Gutachten von Univ.Prof. Dr. Zehetner, Linz, bestätigten Stellungnahmen von drei Institutionen, die an sich divergierende Interessen zu vertreten haben, ergibt sich, daß die bestehende Rechtslage für alle beteiligten "Verkehrskreise" (nämlich für die verstaatlichte und private Stahlindustrie = Schrottverbraucher, die Werkbelieferungshändler und die S- und Z-Händler) zufriedenstellend ist; mit Grund ist zu befürchten, daß die Aufhebung des für die etablierten Werkbelieferungshändler bestehenden Konkurrenzschutzes zu ruinösen Konsequenzen auf allen Ebenen des Schrotthandels führen würde, wodurch nicht bloß die Entsorgungsfunktion des Schrotthandels, sondern auch die wünschenswerte Versorgung der Stahlerzeuger mit Schrott und die Arbeitsmarktsituation im Bereich des Altstoffhandels leiden würde.

Die Bundeshandelskammer etwa begründet diese Annahme überzeugend - so:

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Entscheidungsgründe:

I. Rechtslage

1. Dem §4 Abs1 letzter Satz des Schrottlenkungsgesetzes 1978 und 1985 zufolge ist es - abgesehen von einer Ausnahme für die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) den Werkbelieferungshändlern iS des §6 vorbehaltenen Unternehmen, die Eisen oder Stahl erzeugen, direkt mit unlegiertem Eisenschrott zu beliefern.

§6 des Gesetzes knüpft die Ausübung der Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers an eine behördliche Genehmigung.

2. Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 4. Oktober 1984, G70/84 (= VfSlg. 10179/1984) §6 Abs1 lita

SchrottlenkungsG, BGBl. 275, id Stammfassung wegen Verletzung des sich aus Art18 B-VG ergebenden Determinierungsgebotes und der Erwerbsausübungsfreiheit aufgehoben.

§6 Abs1 des Gesetzes id Stammfassung lautete:

" Der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie hat auf Antrag Schrotthändlern die Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers zu erteilen, wenn

a) dies im Interesse einer ausreichenden Versorgung der inländischen Unternehmen, die Eisen oder Stahl erzeugen, notwendig ist,

b) innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung einer schriftlichen Anfrage des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie von keinem der Unternehmen, die Eisen oder Stahl erzeugen, aus Gründen der betrieblichen Sicherheit ein begründeter Einspruch erhoben wird, es sei denn, ein Schrotthändler hat bereits am 30. Juni 1978 die Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers ausgeübt, und

c) das Unternehmen des Antragstellers ständig unlegierten Eisenschrott im Ausmaß von einem Zwölftel des jeweiligen Vorjahresabsatzes auf Lager hält."

3. Als Konsequenz dieses Erkenntnisses wurde die Nov. BGBl. 270/1985 erlassen. In der Folge wurde das Gesetz als Schrottlenkungsgesetz 1985 wiederverlautbart (BGBl. 428/1985).

§6 hat nunmehr auszugsweise folgenden Wortlaut (die in Prüfung gezogenen Stellen - s.u. II.1.b - sind hervorgehoben):

"§6. (1) Der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie hat auf Antrag Schrotthändlern die Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers zu erteilen, wenn

a) vom Antragsteller die Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers bereits am 30. Juni 1978 ausgeübt wurde und ständig unlegierter Eisenschrott im Ausmaß von einem Zwölftel des jeweiligen Vorjahresabsatzes auf Lager gehalten wird,

b) bei anderen Antragstellern gegen deren Tätigkeit innerhalb von 4 Wochen nach Zustellung einer schriftlichen Anfrage des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie

1. von keinem der bestehenden Werkbelieferungshändler, insbesondere von keinem der bereits am 30. Juni 1978 tätigen, aus Gründen der Gefährdung ihrer Existenz, und

2. von keinem der Unternehmen, die Eisen oder Stahl erzeugen, aus Gründen der Gefährdung ihrer betrieblichen Sicherheit

ein begründeter Einspruch erhoben wird, und vom Antragsteller ständig unlegierter Eisenschrott im Ausmaß von einem Zwölftel des jeweiligen Vorjahresabsatzes auf Lager gehalten wird.

(2) Bei der Prüfung der Einsprüche hat der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie davon auszugehen, daß

a) ein Werkbelieferungshändler als in seiner Existenz gefährdet gilt, wenn hinsichtlich seines durchschnittlichen jährlichen Umsatzes an unlegiertem Eisenschrott, seiner Kosten und seines Beschäftigtenstandes die betriebswirtschaftlich rationelle Fortführung seiner Tätigkeit als Werkbelieferungshändler durch die Zulassung eines weiteren Werkbelieferungshändlers nicht mehr gewährleistet erscheint;

b) die betriebliche Sicherheit dann als gefährdet gilt, wenn Umstände hervorkommen, die darauf hinweisen, daß vom Antragsteller gelieferter Schrott eine Gefahr für die Anlagen eines Schrottverbrauchers und die dort Beschäftigten darstellt.

(3) Liegen mehr Anträge im Sinne des Abs1 litb vor, als zum Zweck der Vermeidung der Gefährdung der Existenz bestehender Werkbelieferungshändler genehmigt werden können, so gebührt jenen Antragstellern der Vorzug, die die Einhaltung der Verpflichtungen dieses BG am besten gewährleisten.

(4) . . ."

II. Sachverhalt

1.a) Beim VfGH ist zu Zl. B399/86 das Verfahren über eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, den folgenden Sachverhalt zugrundeliegt:

Der (damalige) Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie wies mit Bescheid vom 5. März 1986 den Antrag der bf. Gesellschaft auf Erteilung einer Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers nach §6 SchrottlenkungsG 1985 ab. Dieser - nun beim VfGH bekämpfte Bescheid wird damit begründet, daß

andere Werkbelieferungshändler in ihrer Existenz gefährdet würden (§6 Abs1 litb Z1, §6 Abs2 lita SchrottlenkungsG 1985) und

die "betriebliche Sicherheit" des Schrottverbrauchers gefährdet wäre (§6 Abs1 litb Z2, §6 Abs2 litb SchrottlenkungsG 1985) - wobei dieser Versagungstatbestand "nicht abschließend beurteilt zu werden brauchte", weil ohnehin der Existenzgefährdungstatbestand vorliege.

b) Der VfGH beschloß am 9. März 1987 aus Anlaß dieses Beschwerdeverfahrens, von amtswegen die Verfassungsmäßigkeit des Abs1 litb Z1 und des Abs2 lita im §6 des SchrottlenkungsG 1985 zu prüfen.

Der Gerichtshof ging hiebei vorläufig davon aus, daß die zu prüfenden Gesetzesbestimmungen präjudiziell seien. Er umschrieb seine verfassungsrechtlichen Bedenken im wesentlichen dahin, daß diese die Erwerbsausübungsfreiheit einschränkenden Vorschriften nach der neueren Judikatur verfassungsrechtlich nur zulässig wären, wenn der durch sie verfügte Konkurrenzschutz im öffentlichen Interesse liege; dies scheine (so meinte der VfGH vorläufig) bei der heutigen Marktsituation auf dem Sektor des Stahls und des Schrottes - die beide keine Mangelware (mehr) sein dürften - nicht (mehr) der Fall zu sein.

Sodann lautet es im Einleitungsbeschluß:

"In der Regel dürfte vermehrter Wettbewerb die Bedingungen für die Anlieferung der Ware (hier von Schrott) für den Abnehmer (hier der Stahlerzeuger) verbessern. Eine Ausnahme bestünde wohl nur für den Fall, daß es zu einem ruinösen Verdrängungswettbewerb käme, der eine Gefahr für die ordnungsgemäße Schrottanlieferung bewirken würde; eine solche Folge könnte allenfalls volkswirtschaftlich schädlich sein. Weshalb aber gerade hier ein freier Wettbewerb diese schädlichen Auswirkungen haben sollte, ist vorerst nicht einzusehen (vgl. Griller, a.a.O., insbes. S 77).

Für die betriebliche Sicherheit der stahlerzeugenden Unternehmen ist - wie der VfGH vorläufig annimmt - durch §6 Abs1 litb Z2 und §6 Abs2 litb des SchrottlenkungsG 1985 in ausreichender Weise gesorgt; ein Konkurrenzschutz scheint zur Erreichung dieses Zieles nicht geboten zu sein. . . ."

Ausgehend von einer in der Anlaßbeschwerde enthaltenen Sachverhaltsschilderung kam der VfGH - unter der Voraussetzung, daß diese Schilderung richtig ist - zum vorläufigen Schluß, daß

"die Tätigkeit der Werkbelieferungshändler weitestgehend in der Abwicklung eines 'Streckenhandels' bestehe und die Verantwortung für die Qualität des dem Stahlerzeuger gelieferten Schrottes in Wahrheit beim 'normalen' Schrotthändler liege; dann aber dürfte den Werkbelieferungshändlern für eine klaglose Belieferung der Stahlerzeuger mit Schrott keine Bedeutung zukommen, die ausnahmsweise einen gesetzlichen Konkurrenzschutz rechtfertigen könnte."

2. Die Bundesregierung erstattete im Gesetzesprüfungsverfahren am 16. Juni 1987 eine Äußerung, in der sie - nach einer zusammenfassenden Wiedergabe der vom VfGH geäußerten Bedenken - folgendes ausführt:

". . . .

II. Nach Auffassung der Bundesregierung ist die in Prüfung gezogene Regelung aus den nachstehenden Gründen sowohl im öffentlichen Interessse gelegen als auch sachlich gerechtfertigt:

1. Zur allgemeinen Situation des Schrottmarktes in Österreich

Die Zahl der Werkbelieferungshändler hat sich innerhalb der letzten 10 Jahre (von 1976 auf 1986) von 8 auf 5 reduziert. Der Inlandszukauf der Stahlwerke von unlegiertem Eisenschrott hat sich in der gleichen Zeit von 357.000 t auf 593.000 t erhöht; der Imprt von 43.111 t auf 72.664 t.

Die Zahl der Schrottverbraucher, die von den Werkbelieferungshändlern versorgt werden, also die Zahl der stahlerzeugenden Unternehmen, hat sich in diesem Zeitraum von 6 in 11 Standorten auf 4 in 7 Standorten verringert.

Die Zahl der Sammel- und Zulieferhändler, das sind jene Schrotthandelsunternehmen, die der Anbotspflicht an den Werkbelieferungshandel unterliegen, stieg von 141 auf 165, die Zahl der Bundesgremialmitglieder sank von 1.014 (hievon 10,8 % ruhend) auf 794 (hievon 18,8 % ruhend).

Der statistisch durchschnittliche Schrottpreis pro Tonne unlegierten Inlandsschrotts veränderte sich von 1.003 S auf

1.106 S.

Die Schrottpreise auf den internationalen Märkten schwankten erheblich und lagen - von einigen kurzfristigen Ausnahmen abgesehen - im Beobachtungszeitraum über den mittels V des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie gemäß Preisgesetz als Höchstpreise festgesetzten Binnenmarktortenpreisen. Die Inlandspreise werden als Z(ulieferhändler)preise und als um S 48,-- je Tonne höhere W(erkbelieferungshändler)preise festgesetzt. Bei Preisvergleichen sind aus der Sicht des 'inlandspflichtigen' aber exportinteressierten Schrotthändlers die Z-Preise den Preisen auf den internationalen Märkten gegenüberzustellen. Bei Preisvergleichen aus der Sicht der Schrottverbraucher sind die W-Preise gegenüberzustellen, wobei in diesem Fall zusätzliche Transportkosten zu berücksichtigen sind.

2. Zur Darlegung der öffentlichen Interessen

a) Vorbemerkungen

Die Bundesregierung übersieht nicht, daß die Begründungen der beiden jüngsten Erkenntnisse des VfGH vom 23. Juni 1986, G14/86 u.a., und vom 5. März 1987, G174/86, zur Frage der Angemessenheit, Tauglichkeit und Zulässigkeit der Bedarfsprüfung als Mittel des Konkurrentenschutzes zum Zweck der Sicherung des jeweils materienspezifischen öffentlichen Interesses verneinende Antworten zu geben scheinen.

Sie meint aber, daß eine nähere Prüfung des dargestellten maßgeblichen Sachverhaltes und der darauf aufgebauten bzw. daraus abzuleitenden Argumentation, die diese Feststellungen stützen, zu der Einsicht führt, daß die vom VfGH dort getroffenen Aussagen für die spezifische Situation der Schrottlenkung nicht gelten können.

Im Hinblick auf die besondere Situation auf dem Schrottmarkt kann dem öffentlichen Interesse an der wirtschaftlichen Bestandssicherung von kleinen und mittleren Unternehmen (hier im Schrotthandelsbereich) und der Stahlindusltrie nicht (allein) mit gewerbsrechtlichen Maßnahmen entsprochen werden.

Im Unterschied zu den Märkten der Taxi- und Fahrschulunternehmen, die grundsätzlich als freie Märkte funktionieren können, bedarf der Schrottmarkt aufgrund des langfristigen Nachfrageüberhanges gegenüber einem in der Regel zu geringeren Angebot an inländischem unlegierten Eisenschrott bestimmter Lenkungsmaßnahmen. Die Kanalisierung des inländischen Schrottaufkommens als wesentlicher Einsatzrohstoff der Stahlindustrie primär zur heimischen Stahlindustrie wird durch das öffentliche Interesse an der wirtschaftlichen Bestandssicherung dieses Industriezweiges gerechtfertigt.

b) Schrott als Mangelware

Nach Auffassung der Bundesregierung trifft die vorläufige Annahme des VfGH nicht zu, daß Schrott keine Mangelware mehr sein dürfte.

Dem VfGH ist zuzugeben, daß sich seit dem 3. Quartal 1986 bis heute bei unlegiertem Eisenschrott die Mangelsituation vorübergehend entspannt hat.

Das Zutreffen der vom VfGH offenbar daran geknüpften Erwartung, daß dem auch künftig so sein werde, erscheint jedoch keineswegs gesichert. Die Gründe für die gegenwärtige Schrottsituation sind insbesondere die folgenden:

Die wirtschaftliche Lage der Schrottverbraucher aus dem Kreis der Unternehmen, die Eisen oder Stahl erzeugen, ist derzeit dadurch gekennzeichnet, daß aus betriebs- und volkswirtschaftlichen, strukturellen und konjunkturellen Gründen ihre Versorgung mit im Inland angefallenem unlegierten Eisenschrott mehr als gedeckt werden kann. Selbst wenn man, was unter Berücksichtigung der voraussehbaren konjunkturellen Entwicklung der Weltstahlmärkte als wahrscheinlich zu unterstellen ist, von einem mittelfristigen Anhalten der konjunkturellen Situation ausgeht, kann nach dem gegenwärtig bekannten Stand der Unternehmensplanungen der beiden bedeutenden Schrottverbraucher, VÖEST-Alpine AG und VEW AG, eine Fortdauer dieser strukturellen Situation nicht angenommen werden. In diesen Unternehmen wird im 2. Halbjahr 1987 ein neues Stahlerzeugungsverfahren aufgenommen. Dieses 'KVA-Verfahren' wird gegenüber den bisher gehandhabten Verfahren einen wesentlich höheren Schrotteinsatz pro Tonne Stahl erfordern, und zwar über 60 % statt bisher 24 %. Die Verfügbarkeit großer Schrottmengen zu vergleichweise günstigen Preisen stellt eine der wesentlichen Investitionsentscheidungsvoraussetzungen und -grundlagen dar. Selbst bei anhaltender Schwäche der Stahlkonjunktur muß es auf Grund des neuen Stahlerzeugungsverfahrens und des damit verbundenen höheren Schrotteinsatzanteiles zwangsläufig zu einer verstärkten Nachfrage nach Schrott in Österreich kommen. Dies wiederum führt zu einer das bestehende Schrottlenkungsgesetz rechtfertigenden Mangelsituation.

c) Sicherung der Schrottversorgung der Stahlindustrie

Durch das erste Verstaatlichungsgesetz wurde das Eigentum an Unternehmen der Stahlindusltrie der öffentlichen Hand übertragen. Die gemeinwirtschaftlich organisierte, sogenannte verstaatlichte Industrie, die auch die Stahlindustrie einschließt, wurde seit jeher als Konjunkturmotor und Mittel zur Erhaltung der Vollbeschäftigung und der Versorgungssicherung betrachtet und behandelt; ihre Versorgung mit den erforderlichen Grundstoffen war daher stets zu sichern.

Angesichts der bereits erörterten Pläne, im Rahmen des KVA-Verfahrens den Schrotteinsatzanteil pro Tonne Stahl wesentlich zu erhöhen, ist im verstärkten Maße von einem öffentlichen Interesse an der Versorgung mit dem Grundstoff Schrott und damit am Weiterbestand der Stahlindusltrie auszugehen. Ohne das in der in Prüfung gezogenen Bestimmung enthaltene Instrumentarium erscheint jedoch, wie noch näher auszuführen sein wird, die Sicherung der Versorgung der Stahlindustrie mit dem benötigten Schrott nicht gewährleistet.

d) Sicherung der Schrottaufbringung

Durch die Schrottlenkung wurden lange Zeit die Schrottexporte und die damit verbundenen Erlöse der Schrotthändler gering gehalten, weil bei Nichtbestehen der Kontrahierungspflicht gemäß §10 des Schrottlenkungsgesetzes durch Exporte größere Erlöse zu erzielen gewesen wären. Gleichwohl aber haben die hiedurch auf den ersten Blick benachteiligten Schrotthändler unlegierten Eisenschrott im Inland auch dann abgesetzt und ein regelmäßiges Einkommen erzielt, wenn niedrige Preise auf den internationalen Märkten in Verbindung mit relativ hohen Frachtkosten - kurzfristig (vgl. die Ausführungen unter II.1) - gewinnbringende Exporte überhaupt ausschlossen. Diese mit der Schrottlenkung angestrebte Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der überwiegend klein bis (zum geringen Teil) mittelbetrieblich strukturierten Sammel- und Zulieferhändler entspricht dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der kleinen und mittleren Unternehmungen der österreichischen Wirtschaft.

e) Die besondere Funktion der Werkbelieferungshändler

Die äußerst bedeutsame Mittlerfunktion zwischen den Unternehmen der Stahlindustrie und den für die Schrottaufbringung verantwortlichen kleinen und mittleren Unternehmen obliegt nach den organisch gewachsenen Strukturen des Schrottmarktes besonders qulifizierten Schrotthändlern, den Werkbelieferungshändlern.

Dieser Funktion dienen sie in mehrfacher Weise:

Die Entsorgung, Lagerung und Vorrätighaltung der gebrauchten und nicht mehr verwendeten Gegenstände aus Eisen und Stahl ist naturgemäß eine kostenintensive Aufgabe des Sammel- und Zulieferhandels. Es ist auch eine in diesem Zusammenhang bekannte Tatsache, daß die Kapitaldecke der meisten österreichischen Unternehmen zu knapp ist; dlavon sind insbesondere die Sammelund Zulieferhandelsunternehmen im Schrotthandelsbereich betroffen.

Die Situation dieser Handelsunternehmungen ist durch folgende Schwierigkeiten gekennzeichnet:

Angesichts dieser arbeits- und kostenintensiven Tätigkeit hinsichtlich in vergleichsweise kleinen Mengen aggregierbaren Schrotts leistet der Werkbelieferungshändler als Zwischenhändler schon allein durch die handelsübliche Vorfinanzierung der ihm anbietenden Sammel- und Zulieferhändler einen von mehreren entscheidenden Beiträgen zur Aufrechterhaltung der die Versorgung sichernden Schrottaufbringung. Auf die im Einleitungsbeschluß zitierten Ausführungen der bf. Gesellschaft zur Rolle des Werkbelieferungshändlers wird noch näher einzugehen sein.

Hervorgehoben sei, daß die derzeit bestehenden Werkbelieferungshändler nicht nur als Grossisten wirken, sondern eine wesentliche Funktion zur gesamten Marktberuhigung ausüben und den Zulieferhandel in wesentlichen Belangen betreuen. Auch auf die Schrottqualität wirkt sich die Tätigkeit der Werkbelieferungshändler insofern aus, als durch häufige Besuche bei den Zubringerhändlern und durch persönliche Kontakte auf den Zulieferhändler dahingehend eingewirkt wird, daß der Schrott an die Schrottverbraucher nur entsprechend deren Lieferbestimmungen verladen wird. Auf diese Weise sichern die bestehenden Werkbelieferungshändler auch im Streckengeschäft die qualitätsspezifisch und einsatzbedarfsorientierte Zubahnung an den jeweiligen Schrottverbraucher und schützen den normalen Schrotthändler vor Fehldispositionen.

Der Werkbelieferungshandel steht in einem durch langjährige Geschäftsverbindung begründeten Vertrauensverhältnis zu Schrottverbrauchern und zum Zulieferhandel. Dies stellt eine wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren des komplexen Schrottmarktes dar. Die Zulassung einer beliebig größeren Zahl um die Zulielferhändler konkurrierender Werkbelieferungshändler hätte zur Folge, daß die derzeit bestehenden Vertrauensverhältnisse zerstört würden.

Dem Werkbelieferungshändler kommt auch eine besondere Rolle in der Logistik für eine flächendeckende Ent- und Versorgung auf dem Schrottmarkt zu. Er hat auf Grund seiner Funktion einen Überblick über

und ist auf Grund dieses Informationsstandes daher in der Lage, die Angebote der Zulieferhändler mit der Nachfrage der Schrottverbraucher optimal abzustimmen.

Die mit der Logistik verbundenen Koordinationsprobleme (Mengen- und Qualitätsdisposition, Kontinuität der Anlieferung, Frachtoptimierung) können nur bewältigt werden, wenn die Zahl der Werkbelieferungshändler möglichst klein ist. Die Werkbelieferungshändler müssen auf Grund eines auf langjährigem Vertrauen basierenden Grundkonsenses auch bereit sein, im Interesse eines langfristig funktionierenden Schrottmarktes vorübergehend ihre Individualinteressen zurückzustellen. Dieser Grundkonsens als Voraussetzung für die Bewältigung der Logistikprobleme würde durch die Zulassung weiterer, einander konkurrenzierender Werkbelieflerungshändler gefährdet.

f) Wettbewerbssituation

Vor 10 Jahren haben 8 Werkbelieferungshändler 6 Schrottverbraucher in 11 Standorten mit 357.000 t von 141 Schrotthändlern im Inland aufgebrauchten Schrotts versorgt. Gegenwärtig versorgen 5 Werkbelieferungshändler 4 Schrottverbraucher in 7 Standorten mit 593.000 t von 165 Schrotthändlern im Inland aufgebrachten Schrotts.

Hieraus ergibt sich, daß sich die Zahl der Werkbelieferungshändler, der Schrottverbraucher und der Standorte der Stahlindustrie jeweils um 1/3 verringert und sich die vom Werkbelieferungshandel umgesetzten Schrottmengen absolut nahezu verdoppelt haben. Der durchschnittliche Schrottpreis pro Tonne ist hingegen in diesen 10 Jahren nur um 10 % gestiegen. Bei deutlicher Verringerung der gesamtösterreichischen Mitgliederzahl des Bundesgremiums des Altstoffhandels um etwa 20 %, unter Abzug der jeweils ruhenden Mitgliedschaften um knapp unter 30 %, ist die Zahl und noch viel deutlicher der Anteil der mit den Werkbelieferungshändlern verrechnenden Zulieferhändlern in der Gesamtbranche gestiegen.

Aus den auf dem Schrottmarkt bewegten Mengen ergibt sich, daß der gesamte Schrottzukaufsbedarf der Stahlwerke in 10 Jahren um 50 %, der Schrottpreis nur um 10 % gestiegen, die Werkbelieferungshändlerspanne aber gleich geblieben ist. Die jährliche Mengensteigerung beträgt daher etwa 5 %, die jährliche Preissteigerung nicht ganz 1 %. Am Beginn der Betrachtungsperiode teilten sich diesen Markt 9 Werkbelieferungshändler, gegenwärtig nur mehr 5. Das ist ein Rückgang an Werkbelieferungshändlern um knapp 38 %. Die Entwicklung des Marktes hat sohin bei 50 % Umfangsauslweitung und 10%iger Preissteigerung während 10 Jahren eine Reduzierung der Werkbelieferungshändler um mehr als ein Drittel gezeigt. Umgelegt auf 1 Jahr stehen einander 5 % Umsatzsteigerung, 1 % Preissteigerung einerseits und 3,8 % Rückgang an Werkbelieferungshändlern andererseits gegenüber. Die Vermehrung der derzeit 5 Werkbelieferungshändler um einen einzigen weiteren Werkbelieferungshändler würde eine Vermehrung der Werkbelieferungshändler um 20 % innerhalb eines Jahres bedeuten. Erhebungen des Bundesgremiums haben ergeben, daß sich die Zahl der Werkbelieferungshändler nicht nur um drei, deren Anträge bereits vorliegen, erhöhen würde, sondern daß mit ca. 10 - 15 weiteren Bewerbungen zu rechnen ist. Die Unausweichlichkeit eines Verdrängungswettbewerbes ist evident, wenn 360 % mehr Werkbelieferungshändler um insgesamt 5 % Schrottzuwachsrate pro Jahr konkurrieren müssen.

Da im Hinblick auf die Preisregelung für Schrott nicht anzunehmen ist, daß dieser Verdrängungswettbewerb über den Preis geführt werden kann, sondern nur über die Konditionen, ergibt sich notwendigerweise der Verlust der optimalen und wirtschaftlich für die Schrottverbraucher absolut erforderlichen Dispoisitionsfähigkeit, ebenso der Qualitätskontrolle und der Lieferdisziplin im weiteren Sinne und damit auch der Verlust der kontinuierlichen Versorgung der Schrottverbraucher. Da sich keiner der 'neuen', aber dann auch keiner der 'alten' Werkbelieferungshändler mit der bisher von ihm aufgebrachten Menge begnügen kann, wird sich ein Großteil der Werkbelieferungshändler aus Ertragserfordernissen direkt an die 'guten' Entfallstellen wenden. Dadurch würde dem verbleibenden Zulieferhandel die Existenzgrundlage entzogen. Durch den Wegfall der bisherigen Schutz- und Ordnungsfunktion würden von diesen Klein- und Mittelbetrieben (derzeit ca. 700 in Österreich, davon 165 lwaggonverladende Betriebe) nach Erhebungen des Bundesgremiums max. 10 - 15 % überleben. Dies hätte das Absterben eines Großteils der Zulieferhändler zur Folge und würde somit die Aufbringungsleistung des Schrotthandels wesentlich verringern und im Endeffekt die Versorgung der inländischen Schrottabnehmer mit dem überlicherweise billigeren Inlandsschrott nicht mehr gewährleisten.

Die derzeitige betriebswirtschaftliche Situation sowie die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen einer allfälligen Aufhebung der in Prüfung gezogenen Regelung für den einzelnen Werkbelieferungshändler ist aus den beiliegenden, von den derzeit bestehenden Werkbelieferungshändlern, vom Schrottverband der österr. Stahl- und Eisenwerke Gesellschaft m.b.H. sowie vom Bundesgremium des Altstoffhandels zur Verfügung gestellten Unterlagen ersichtlich (vgl. Beilage A).

g) Schutz des einzelnen Werkbelieferungshändlers

Die Ausführungen a) bis f) zeigen, daß dem einzelnen Werkbelieferungshändler in den vom Schrottlenkungsgesetz geschaffenen System entscheidende Bedeutung zukommt. Nur durch den im §6 Abs1 und Abs2 des Schrottlenkungsgesetzes normierten Konkurrenzschutz wird die Institution des Werkbelieferungshandels adäquat abgesichert und auf diese Weise die beschriebene Gefahr

hintangehalten.

Die zentrale Bedeutung jedes einzelnen Werkbelieferungshändlers für das Funktionieren des Gesamtsystems erlaubt es nicht, diesen der Gefahr eines Verdrängungswettbewerbes auszusetzen und damit seine Existenz zu gefährden. Das Eindringen weiterer Werkbelieferungshändler in die bestehenden Strukturen würde auch das oben beschriebene Vertrauensverhältnis zwischen den vorhandenen Werkbelieferungshändlern einerseits sowie Zulieferhändlern und Sammelhändlern andererseits und auch aus diesem Grunde das Funktionieren des Schrottmarktes in Frage stellen.

3. Die unter Punkt 2 dargelegten besonderen Verhältnisse auf dem österreichischen Schrottmarkt zeigen nicht nur das öffentliche Interesse an den in Prüfung gezogenen Vorschriften, sondern sie stellen auch die sachliche Rechtfertigung der damit verbundenen Einschränkung der Erwerbstätigkeit dar.

4. Zu dem vom VfGH zitierten Vorbringen der bf.

Gesellschaft

a) Zur behaupteten Monopolstellung

Die vom VfGH auf Seite 8 des Einleitungsbeschlusses zitierten Annahmen beruhen zum Teil auf einem von der bf. Gesellschaft hervorgerufenen Mißverständnis von Funktion und Bedeutung des Werkbelieferungshandels. Die Bundesregierung verweist dazu auf ihre Ausführungen unter Punkt II.2. litc bis

e.

b) Zur Behauptung, alle bestehenden Werkbelieferungshändler seien Tochterfirmen von Schrottverbrauchern oder mit diesen wirtschaftlich verbunden

Diese Behauptung trifft für 2 Werkbelieferungshändler nicht zu. Sowohl die Ferrometall Eisen- und Schrotthandels Gesellschaft m.b.H., Wien, als auch die Schrott und Altmetall Handels- und Verwertungsgesellschaft m.b.H., Steyr, sind weder Töchter von Schrottverbrauchern, noch stehen sie mit solchen in einem wirtschaftlichen Verband. Sie konnten daher auch von keinem Schrottverbraucher dazu benutzt werden, um außerhalb des normalen Schrottmarktes die wirtschaftlichen Vorteile aus ihrer Tätigkeit direkt oder indirekt selbst zu lukrieren.

Soweit einzelne Schrottverbraucher eigene Tochterunternehmen als Werkbelieferungshändler beschäftigen, beruht dies auf dem legitimen Interesse der Schrottverbraucher, ihre Versorgung noch zusätzlich organisatorisch abzusichern. Es ist auch nicht Aufgabe des Schrottlenkungsgesetzes, einem Schrottverbraucher die Gründung von Tochterunternehmen zu verwehren, die sich als Werkbelieferungshändler betätigen.

Im übrigen beschränkt das organisatorische Naheverhältnis eines Werkbelieferungshändlers zu einem bestimmten Schrottverbraucher seine Lieferverpflichtungen zur Sicherung der Versorgung anderer Schrottverbraucher in keiner Weise.

c) Zum Streckengeschäft

Rund 76 % des Werkbelieferungshandels können dank der bereits oben erörterten 'Erziehungstätigkeit' des Werkbelieferungshandels logistisch im Streckengeschäft abgewickelt werden. Dies ist Ausdruck der bereits erwähnten, auf Vertrauen fußenden, ordnenden und schützenden Funktion des Werkbelieferungshandels, die es in der Mehrzahl der Fälle entbehrlich macht, daß der Schrott das Lager des Werkbelieferungshandels berührt. Zudem gestattet es diese koordinierende Funktion des Werkbelieferungshandels wirtschaftlich unzweckmäßige Transportwege zu vermeiden.

d) Zu den angestellten Berechnungen

Es sei lediglich darauf hingewiesen, daß zu den von der bf. Gesellschaft in Rechnung gestellten 'spezifischen Werkbelieferungs-Unkosten' vor allem noch folgende Kostenfaktoren zu berücksichtigen sind:

Diese Kosten sind je nach Bonität des Zulieferhändlers und Interesse des Werkbelieferungshändlers an diesem sowie nach Betriebsgröße, Geschäfts- und Marktanteil des Werkbelieferungshändlers unterschiedlich, demnach nicht als Durchschnittswert einer von der bf. Gesellschaft angestellten Grobrechnung quantifizierbar.

Darüber hinaus wird auf die hohen Fixkostenanteile dles Werkbelieferungshandels verwiesen, wie sie aus den in der Beilage A (Die Beilage enthält eine Darstellung der Kosten- und Ertragssituation der einzelnen Werkbelieferungshändler, eine statistische Aufstellung der Marktanteile, eine Schrottstatistik für die Jahre 1970 - 1986 sowie eine schematische Darstellung der Schrottaufbringung) enthaltenen Darstellungen hervorgehen.

III.

Die Bundesregierung stellt somit den

A n t r a g ,

1. der VfGH wolle aussprechen, daß §6 Abs1 litb Z 1 und §6 Abs2 lita des BG über die Lenkung des Verkehrs mit Eisenschrott (Schrottlenkungsgesetz 1985) - Anlage zur Kundmachung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 9. Oktober 1985, BGBl. Nr. 428, mit der das Schrottlenkungsgesetz wiederverlautbart wird, nicht verfassungswidrig sind.

IV.

Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung den

A n t r a g ,

der VfGH wolle gemäß Art140 Abs5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen."

3. Der VfGH lud mit Schreiben vom 17. Juli 1987 die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, den Österreichischen Arbeiterkammertag und die Österreichische Industrieholding Aktiengesellschaft (ÖIAG) ein, zur Sachverhaltsschilderung der im Anlaßverfahren bf. Gesellschaft und zu jener der Bundesregierung Stellung zu nehmen, allenfalls den maßgebenden Sachverhalt zu ergänzen sowie die Lage der von den angeschriebenen Stellen wahrzunehmenden Interessen darzustellen.

Alle befragten Institutionen gaben Antworten, in denen sie die Sachverhaltsdarstellung der Bundesregierung bestätigen und dafür eintreten, daß die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht aufgehoben werden.

Die Bundeswirtschaftskammer legte darüber hinaus ein vom Schrottverband der österreichischen Eisen- und Stahlindustrie in Auftrag gegebenes Gutachten von Ao. Univ.Prof. Dr. Franz Zehetner (Universität Linz) vor. Dieses Gutachten über die "rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der Marktordnung für Schrott in Österreich" kommt zum selben Ergebnis wie die Bundesregierung und die erwähnten Institutionen.

III. Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes

A. Zur Zulässigkeit

Die Anlaßbeschwerde ist zulässig. Der VfGH wird daher über sie in der Sache zu entscheiden haben. Hiebei wird er die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des SchrottlenkungsG 1985 anzuwenden haben.

Da außer der Präjudizialität auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist das von amtswegen eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.

B. Zur Sache selbst

1. Die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen beschränken die Möglichkeit, ein bestimmtes Gewerbe anzutreten. Sie greifen daher in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Erwerbsausübungsfreiheit ein.

Der Gesetzgeber ist nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 3968/1961, 4011/1961, 5871/1968, 9233/1981) dem Art6 StGG zufolge ermächtigt, die Ausübung der Berufe dergestalt zu regeln, daß sie unter gewissen Voraussetzungen erlaubt oder unter gewissen Umständen verboten ist (also auch den Erwerbsantritt behindernde Vorschriften zu erlassen), sofern er dabei den Wesensgehalt des Grundrechtes nicht verletzt und die Regelung auch sonst nicht verfassungswidrig ist.

Die jüngere Judikatur (zB VfSlg. 10179/1984, 10386/1985; VfGH 23.6.1986 G14/86, 5.3.1987 G174/86, 6.10.1987 G1/87) hat dies für Fälle der Beschränkung des Erwerbsantrittes dahin ergänzt und präzisiert, daß gesetzliche, die Erwerbsausübungsfreiheit beschränkende Regelungen nur dann zulässig sind, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, geeignet, zur Zielerreichung adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind (siehe auch die im VfGH 23.6.1986 G14/86 zitierte Literatur).

Dem einfachen Gesetzgeber ist bei der Entscheidung, welche Ziele er mit seinen Regelungen verfolgt, innerhalb der Schranken der Verfassung ein weiterer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum eingeräumt. Der VfGH hat nicht zu beurteilen, ob die Verfolgung eines bestimmten Zieles etwa aus wirtschaftspolitischen oder sozialpolitischen Gründen zweckmäßig ist. Er kann dem Gesetzgeber nur entgegentreten, wenn dieser Ziele verfolgt, die keinesfalls als im öffentlichen Interesse liegend anzusehen sind (vgl. etwa VfSlg. 9911/1983).

Errichtet das Gesetz eine Schranke schon für den Antritt eines Gewerbes, die der Betroffene, der alle subjektiven Voraussetzungen erfüllt, aus eigener Kraft nicht überwinden kann - eine Schranke, wie sie etwa eine Bedarfsprüfung darstellt - so liegt grundsätzlich ein schwerer Eingriff in die verfassungsgesetzlich gewährleistete Erwerbsausübungsfreiheit vor, der nur angemessen ist, wenn dafür besonders wichtige öffentliche Interessen sprechen und wenn keine Alternative besteht, die den erstrebten Zweck in gleich wirksamer, aber die Grundrechte weniger fühlbar einschränkender Weise erreichen könnte (VfGH 6.10.1987, G1/87).

Der VfGH bleibt bei dieser Rechtsprechung.

2.a) Zu untersuchen ist also, ob der durch die in Prüfung gezogenen Bestimmungen verfügte Schutz der etablierten Werkbelieferungshändler vor neuer Konkurrenz im öffentlichen Interesse liegt und auch sonst die oben geschilderten Voraussetzungen für die Beschränkung der Möglichkeit, ein Gewerbe anzutreten, vorliegen.

Mit dieser Frage beschäftigte sich der VfGH im Erkenntnis VfSlg. 10179/1984, mit dem die Vorgängerbestimmung der nun geprüften Vorschriften aufgehoben wurde, nicht näher; insbesondere klärte er nicht, ob die im seinerzeitigen Gesetzesprüfungsverfahren von der Bundesregierung aufgestellte Behauptung zutraf, daß ein Konkurrenzschutz der Werkbelieferungshändler im Interesse der österreichischen Volkswirtschaft gelegen und daher eine Bedarfsprüfung im Prinzip gerechtfertigt sei; dem Gerichtshof erschien die Auseinandersetzung mit dieser Frage entbehrlich, weil auch dann, wenn an sich ein Konkurrenzschutz des Werkbelieferungshändlers geboten gewesen sein sollte, die durch den damals in Prüfung gezogenen §6 Abs1 lita SchrottlenkungsG id Stammfassung bewirkte Art und Weise der Einschränkung der Erwerbsausübungsfreiheit keinesfalls durch das öffentliche Interesse geboten und auch sonst nicht sachlich zu rechtfertigen gewesen sei.

Aus dem hg. Erkennntnis VfSlg. 10179/1984 kann sohin nicht abgeleitet werden, der VfGH hätte einem Konkurrenzschutz für Werkbelieferungshändler seinerzeit die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit attestiert.

b) Die anstehende Frage ist also nun zu lösen.

Keiner weiteren Begründung bedarf, daß eine ordnungsgemäße Schrottentsorgung (schon aus Gründen des Umweltschutzes) im öffentlichen Interesse liegt. Ebenso liegt auf der Hand, daß das bestmögliche Funktionieren der inländischen Stahlproduktion für die österreichische Volkswirtschaft von existentieller Bedeutung ist; dieses setzt wiederum voraus, daß die Stahlerzeuger optimal mit dem erforderlichen unlegierten Eisenschrott (in der Folge kurz: Schrott) versorgt werden, daß also der Schrott regelmäßig in der jeweils benötigten Quantität und erforderlichen Qualität zu möglichst geringen Preisen angeliefert wird. All dies ist bei inländischem Schrott leichter und zuverlässiger zu bewerkstelligen als bei Schrott, der aus dem Ausland bezogen wird. Zumindest dann, wenn Schrott - langzeitig gesehen - eine Mangelware ist, ist diese erwünschte Anlieferung des inländischen Rohmaterials volkswirtschaftlich unverzichtbar.

Eine solche Mangelsituation liegt zwar im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vor; es ist aber zu erwarten, daß sie sich in absehbarer Zeit wieder verschärfen wird. Die ÖIAG führt in der Stellungnahme vom 14. September 1987 (s.o.II.3.) aus:

"Einleitend sei darauf hingewiesen, daß in den letzten Jahrzehnten von der verstaatlichten Stahlindustrie vorrangig in schrottsparende Technologien (Schrotteinsatz beim LD-Verfahren: 24 %) investiert wurde, um unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten den Einsatz des in Österreich gewinnbaren Eisenerzes und des verfügbaren Schrotts zu optimieren; erst dadurch wurde - in Verbindung mit den Lenkungsmaßnahmen - der Einsatz schrottintensiver Technologien (Schrotteinsatz beim Elektroofen: bis 111 %) in den privaten Betrieben ermöglicht.

Die verstaatlichte Stahlindustrie hat in den letzten Jahren die Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen darauf konzentriert, die früher innegehabte führende Stellung in der metallurgischen Verfahrenstechnik wiederzugewinnen. Seit August dieses Jahres wird die im großindustriellen Maßstab laufende Versuchsanlage für ein neues Stahlerzeugungsverfahren ('KVA-Verfahren') in Donawitz erfolgreich betrieben. Dieses Verfahren bringt nicht nur erhebliche Kotenvorteile bei der Stahlerzeugung, sondern auch eine wesentlich verbesserte Emissionssituation. Im Vergleich zum bisherigen LD-Verfahren erfordert das KVA-Verfahren allerdings einen wesentlich höheren Schrotteinsatz pro Tonne Stahl, nämlich von über 60 % gegenüber bisher 24 %. Die mit der Realisierung des Konzeptes VOEST-ALPINE NEU verbundene Gesamtumstellung in Donawitz und Linz wird daher, selbst bei einer weiteren Abschwächung der internationalen Stahlkonjunktur, in Österreich wieder zu einer spürbaren Mangelsituation führen, in der die Versorgung der für die österreichische Volkswirtschaft so bedeutsamen Grundstoffindustrie nur mit den vorhandenen Lenkungsmaßnahmen sichergestellt werden kann."

Die optimale Versorgung der Stahlerzeuger mit inländischen Schrott liegt also im öffentlichen Interesse.

c) Zu klären bleibt, ob der Konkurrenzschutz der etablierten Werkbelieferungshändler zur Erreichung dieses Zieles ein geeignetes, adäquates und auch sonst sachlich zu rechtfertigendes Mittel ist. Diese Frage ist zu bejahen:

Auszugehen ist von der allgemeinen Situation des Schrottmarktes, wie sie im Abschnitt II.1. der Äußerung der Bundesregierung vom 16. Juni 1987 (s.o. II.2.) - in Übereinstimmung mit den Stellungnahmen der Bundeswirtschaftskammer, des Arbeiterkammertages und der ÖIAG (s.o. II.3.) - geschildert wird. Die direkte Belieferung der bestehenden vier stahlerzeugenden Unternehmen in sieben Standorten erfolgt dzt. durch fünf Werkbelieferungshändlern, denen dem §4 Abs1 SchrottlenkungsG zufolge diese Tätigkeit (abgesehen von den ÖBB) vorbehalten ist. Die Werkbelieferungshändler beziehen den Schrott von 165 Sammelhändlern (S-Händlern) und Zulieferungshändlern (Z-Händlern). Der Preis des inländischen Schrott blieb in den letzten zehn Jahren stabil und lag meist unter dem - stark schwankenden - Preis für ausländischen Schrott.

Aus der Äußerung der Bundesregierung (II.2.) und den durchwegs damit übereinstimmenden, durch das Gutachten von Univ.Prof. Dr. Zehetner, Linz, bestätigten Stellungnahmen von drei Institutionen, die an sich divergierende Interessen zu vertreten haben, ergibt sich, daß die bestehende Rechtslage für alle beteiligten "Verkehrskreise" (nämlich für die verstaatlichte und private Stahlindustrie = Schrottverbraucher, die Werkbelieferungshändler und die S- und Z-Händler) zufriedenstellend ist; mit Grund ist zu befürchten, daß die Aufhebung des für die etablierten Werkbelieferungshändler bestehenden Konkurrenzschutzes zu ruinösen Konsequenzen auf allen Ebenen des Schrotthandels führen würde, wodurch nicht bloß die Entsorgungsfunktion des Schrotthandels, sondern auch die wünschenswerte Versorgung der Stahlerzeuger mit Schrott und die Arbeitsmarktsituation im Bereich des Altstoffhandels leiden würde.

Die Bundeshandelskammer etwa begründet diese Annahme überzeugend - so:

Die derzeit in Österreich bestehenden Werkbelieferungshändler sichern aufgrund ihrer Anzahl, ihrer Standorte und Einzugsgebiete sowie ihrer auf die umgesetzten Mengen abgestellten betrieblichen Konzeption und ihrer finanziellen Möglichkeiten eine volkswirtschaftlich und betriebsiwrtschaftlich optimierte Bewältigung der oben gezeigten Disparitäten zwischen dem Schrottanbietermarkt und dem Schrottverbrauchermarkt. Die Bundeswirtschaftskammer ...... beurteilt die allfälligen Konsequenzen des Wegfalles des bestehenden Konkurrenzschutzes für Werkbelieferungshändler wie folgt:

Die derzeit fünf bestehenden Werkbelieferungshändler fungieren als 'Drehscheibe' des gesamten für die Eisen- und Stahlwerke bestimmten Inlandsschrotts. Durch die allfällige Zulassung weiter Werkbelieferungshändler werden in der Summe die Marktanteile der bestehenden Werkbelieferungshändler reduziert: Die Tonnagen und die damit verbundenen Marktanteile, die von früheren Z-Händlern (die dann zu Werkbelieferungshändlern geworden sind) bisher über einen bestehenden Werkbelieferungshändler geliefert wurden, sind sofort dem neuen, bzw. den neuen Werkbelieferungshändlern gutzuschreiben. Das bedeutet vorerst, daß durch die Zulassung neuer Werkbelieferungshändler das inländische Schrottaufkommen nicht steigt, sondern lediglich eine Umschichtung erfolgt; gleichzeitig erfolgt bei den bestehenden Werkbelieferungshändlern eine Reduzierung der Werkbelieferungshändler-Umsätze bei gleichbleibender betrieblicher Konzeption und gleichbleibenden Kosten. Diese zunächst nur den einzelnen Werkbelieferungshändler betreffende Konsequenz hat jedoch letztlich weitreichende Folgen für den gesamten Schrottmarkt.

Auch die neu zugelassenen Werkbelieferungshändler müssen, um auf die für einen Werkbelieferungshändler im jeweiligen Einzugsgebiet betriebswirtschaftlich notwendigen 'umgesetzten Mengen' und die dafür erforderliche 'betriebliche Konzeption' zu kommen, versuchen, ihr ursprüngliches Einzugsgebiet auszudehnen. Da es aufgrund der von der Bundesregierung zutreffend dargestellten geschäftlichen Nahebeziehung der Sammel- und Zubringerhändler zu einem bestimmten Werkbelieferungshändler kaum Schrotthändler gibt, die diesbezüglich 'im freien Raum schweben', muß der neue Werkbelieferungshändler danach trachten, die bisher einem bestehenden Werkbelieferungshändler zuzuordnenden Z-Händler näher an sich zu binden. Auf diese Weise reduzieren sich die Marktanteile der bisherigen Werkbelieferungshändler auf jeden Fall noch einmal.

Das kann (wenn ein bestehender und ein neuer Werkbelieferungshändler am selben Standort mit dem selben Einzugsgebiet tätig sind) bedeuten, daß sich der Marktanteil des bisherigen Werkbelieferungshändler in einem durch den Wettbewerb bestimmten Verhältnis zwischen dem bisherigen und dem neuen Werkbelieferungshändler aufteilen wird. Da sich aber sowohl der bestehende Werkbelieferungshändler (mit seinem reduzierten Marktanteil aber gleichbleibender betrieblicher Konzeption) als auch der neue Werkbelieferungshändler (mit dem im Wettbewerb gewonnen Marktanteil und den Finahzierungskosten für die erforderliche 'Aufrüstung' zum Werkbelieferungshändler) mit bloßen Anteilen eines Marktanteiles (der vorher einem einzigen Werkbelieferungshändler das Überleben gesichert hat) nicht begnügen können, muß jeder der beiden danach trachten, in einen im wahrsten Sinne des Wortes 'ruinösen Wettbewerb' den anderen Werkbelieferungshändler zu ruinieren, um sein eigenes wirtschaftliches Überleben bzw. wirtschaftliches Aufkommen zu sichern.

Dieser ruinöse Wettbewerb wäre nicht weiter tragisch, wenn davon nur die Werkbelieferungshändler selbst betroffen und mit dem Wettbewerb für die Gruppe der S- und Z-Händler oder die Schrottverbraucher Vorteile verbunden wären. Da der skizzierte Verdrängungswettbewerb angesichts der Preisregelung nicht über den Preis, wohl aber über - ebenso kostenintensive - Konditionen geführt werden wird, könnte es für die einzelnen Z-Händler (kurzfristig) tatsächlich attraktiver sein, die bisherige Geschäftsbeziehung zu seinem angestammten Werkbelieferungshändler aufzugeben, weil der neue Werkbelieferungshändler bessere Konditionen bietet. Allerdings würden die S- und Z-Händler im Zeitraum ruinösen Wettbewerbs nur dann profitieren, wenn es beim Konditionenwettbewerb zwischen den Werkbelieferungshändlern bleibt. Das erscheint aber nach Ansicht der Bundeswirtschaftskammer unwahrscheinlich:

Aufgrund jahrelanger Geschäftsbeziehungen kennt jeder Werkbelieferungshändler die gesamten wirtschaftlichen und geschäftlichen Strukturen seiner Z-Händler. Er kennt die interessanten Entfallstellen, die bisher das wirtschaftliche Überleben der Z-Händler gesichert haben und die der Werkbelieferungshändler nicht direkt für sich in Anspruch genommen hat, um den Z-Händler einen gewissen wirtschaftlichen Spielraum für die Finanzierung kostenintensiverer Bringungs- und Sammeltätigkeit zu gewähren. Verliert nun ein bestehender Werkbelieferungshändler seinen langjährigen Z-Händler aufgrund des alle Werkbelieferungshändler betreffenden ruinösen Wettbewerbs an einen neuen Werkbelieferungshändler, so hat er überhaupt keinen Grund mehr, sich nicht direkt an die ertragsreicheren Entfallstellen der Z-Händler zu wenden. Der Werkbelieferungshändler muß seine eigene Tätigkeit als Z-Händler ausdehnen, um auf diese Weise seine Ertragslage zu verbessern, damit er im Wettbewerb dem neuen Werkbelieferungshändler direkt von den ertragsreichen Entfallstellen seiner bisherigen Z-Händler bekommt, verbessert nicht nur seine Ertragslage, sondern geht auch den neuen Werkbelieferungshändlern mengenmäßig verloren. Durch diese Verlagerung des ruinösen Wettbewerbs auf die Ebene der Klein- und Mittelbetriebe wird das inländische Schrottaufkommen ebenfalls nicht steigen; es sind auch keine Anhaltspunkte dafür zu sehen, wie sich die einzelnen Marktteilnehmer in diesem Verdrängungswettbewerb mit besserer Sortierung und Aufbereitung Wettbewerbsvorteile verschaffen könnten. Die Bundeswirtschaftskammer teilt daher die Meinung des Bundesgremiums des Altstoffhandels, daß von den ca. 700 Kleinund Mittelbetrieben max. 15 % diesen ruinösen Verdrängungswettbewerb überleben werden. Die verbleibenden Schrotthändler werden sich aus Kostengründen in erster Linie die sogenannten ertragsreichen Entfallstellen sichern und der kostenintensive Sammelhandel wird zugrunde gehen. Damit wird auch die vom Sammelhandel bisher wahrgenommene Entsorgungsfunktion nicht mehr erfüllt, womit zwangsläufig eine Reduzierung des inländischen Schrottaufkommens verbunden ist.

Durch den ruinösen Wettbewerb im Bereich der Schrottaufbringung werden aber auch die Schrottverbraucher nach Überzeugung der Bundeswirtschaftskammer wie folgt beeinträchtigt:

Wie schon angemerkt wurde, ist Schrott alles andere als ein homogener Rohstoff für die Schrotterzeugung. Umgekehrt muß aber der Schrottverbraucher aus diesem Rohstoff Produkte herstellen, die nicht bloß qualitätsmäßig homogen, sondern von der Analyse her qualitätsmäßig ganz exakt definiert sind. Diese offensichtlichen Qualitätsdisparitäten zwischen dem inhomogenen Rohstoff Schrott und dem homogenen, von der Zusammensetzung her exakt definierten Produkt Stahl erfordert unbedingtes Vertrauen des Stahlwerkes in die Schrottaufbereitungsfähigkeiten der Schrottlieferanten. Die Anlieferungsmodalitäten und Betriebsabläufe in einem Stahlwerk bewirken unter dem Gesichtspunkt der Versorgungssicherheit, daß es für die schrottverbrauchenden Stahlwerke nicht bloß darum geht, daß sie irgendwelchen Schrott - und sei es auch verläßlich und regelmäßig - bekommen, sondern daß sie auf die Qualität der Schrottaufbereitung vertrauen können. Die Schrottverbraucher haben zwar derzeit die Möglichkeit des Einspruches aus Gründen der 'Gefährdung der betrieblichen Sicherheit' doch wird durch die Bezugnahme in §6 Schrottlenkungsgesetz auf Anlagen und die dort Beschäftigten nur ein Teil der vom Werkbelieferungshändler verursachbaren Gefahren berücksichtigt. Durch die derzeitige Konkurrenzschutzklausel wird indirekt das labile Gleichgewicht von wechselseitigem Vertrauen zwischen Schrottverbrauchern und den bestehenden Werkbelieferungshändlern und damit die Funktionsfähigkeit der Schrottlenkung an der Nahtstelle zwischen Werkbelieferungshändler und Schrottverbraucher abgesichert. Jedwede Erwartung, daß der durch Vermehrung der Werkbelieferungshändler intensivierte Wettbewerb 'zu einer Verbesserung der Schrottversorgung' beitragen könnte, scheitert ungeachtet der Konsequenzen des ruinösen Wettbewerbes - letztlich an der mit der Vermehrung der Werkbelieferungshändler verbundenen erhöhten Anonymität des einzelnen Werkbelieferungshändlers."

Der Arbeiterkammertag begründet die zum gleichen Ergebnis kommende Prognose - gleichfalls überzeugend - wie folgt:

"Von Gesetzes wegen wird der gesamte für die Eisen- und Stahlwerke vorgesehene Inlandsschrott von den fünf bestehenden Werkbelieferungshändlern an die vier Schrottverbraucher an sieben verschiedene Standorte geliefert. Aus der Sicht der Schrottverbraucher wird aus Gründen, die noch näher darzulegen sein werden, keine Vermehrung des inländischen Schrottaufkommens, sondern durch die Erhöhung des Wettbewerbs eine problematische erminderung erwartet. Dazu kommt, daß sich die Einspruchsgründe der Stahlwerke 'aus Gründen der betrieblichen Sicherheit' darauf beschränken, daß Anlagen und Beschäftigte beeinträchtigt werden, während Gefahren für die Qualität der Produktion des Schrottverbrauchers nach der derzeitigen Rechtslage nicht zu berücksichtigen sind, aber dennoch zu großen betriebswirtschaftlichen Schäden führen können.

Angesichts der durch eine allfällige Aufhebung des Konkurrenzschutzes zu erwartenden größeren Zahl von Werkbelieferungshändlern wären Schrottverbraucher, die zur Übernahme von Eisenschrott im Rahmen der Jahresquote verpflichtet sind, nicht mehr in der Lage, im Einzelfall die eingetretene Gefahr der betrieblichen Sicherheit einem konkreten Werkbelieferungshändler mit der erforderlichen Bestimmtheit zuzurechnen. Ein vermehrter Wettbewerb mehrerer Werkbelieferungshändler würde daher eine ordnungsgemäße Schrottanlieferung gefährden.

Es ist unbestritten, daß die in den letzten Jahrzehnten organisch gewachsene Struktur des österreichischen Schrottmarktes bei der Schrottaufbringung gut funktioniert hat und auch die unter Umweltgesichtspunkten bedeutsame Aufgabe der Schrottentsorgung erfüllt hat. Für die Schrottentsorgung ist ein flächendeckend im ganzen Bundesgebiet tätiger Klein- und Mittelhandel erforderlich, der die Hauptfunktion hat, den Schrott auch in kleinen, oft unwirtschaftlichen Mengen zu sammeln.

Jeder der bisherigen Werkbelieferungshändler kennt, wie in der Gegenschrift der Bundesregierung zutreffend ausgeführt wird, die geschäftlichen Strukturen, insbesondere die wirtschaftlichen Entfallstellen jener Zubringerhändler, die er bisher betreut und von denen er Schrott, sei es im Lagergeschäft, sei es im Streckengeschäft, bezogen hat. Gefährdet man nun durch die Neuzuassung von Werkbelieferungshändlern und der damit notwendigerweise verbundenen Reduzierung der Marktanteile der bestehenden Werkbelieferungshändler deren Existenz, so müßten sich diese an die ertragreicheren Entfallstellen wenden, welche den Klein- und Mittelhandel beliefern, wodurch letzterem allerdings mit allen negativen Konsequenzen sowohl für die Entsorgung als auch Schrottaufbringung die Existenzgrundlage entzogen wäre. Die kaum kostendeckende Sammeltätigkeit der Kleinund Mittelbetriebe müßte nämlich ohne die Verfügbarkeit auch wirtschaftlich interessanterer Entfallstellen eingestellt werden.

Daraus ergibt sich, daß der durch die Aufhebung des Konkurrenzschutzes für Werkbelieferungshändler zu erwartende Wettbewerb um die betriebswirtschaftlich erforderlichen Marktanteile zu ruinösen Konsequenzen auf allen Ebenen des Schrotthandels führen kann, wodruch nicht nur die Entsorgungsfunktion leiden, sondern als Folge davon auch das inländische Schrottaufkommen sinken würde.

Die Schätzungen des Bundesgremiums für den Altstoffhandel, die in der Gegenschrift der Bundesregierung zitiert werden, sind nach Ansicht des Österreichischen Arbeiterkammertages realistisch und hätten zur Konsequenz, daß sich der geschilderte ruinöse Wettbewerb auch negativ auf die Arbeitsmarktsituation in dieser Branche auswirken wird."

Damit stellt sich auch die vorläufige Annahme des Unterbrechungsbeschlusses als unzutreffend heraus, daß die Tätigkeit der Werkbelieferungshändler, die im wesentlichen in der Ablichtung eines "Streckengeschäftes" besteht, wirtschaftlich entbehrlich sei. Der VfGH folgt auch hier den nicht divergierenden Darstellungen der befaßten Stellen. So schildert die ÖIAG die volkswirtschaftliche Unentbehrlichkeit der Werkbelieferungshändler:

"Dem Werkbelieferungshandel kommt im System der Lenkungsmaßnahmen nach dem Schrottlenkungsgesetz die Funktion zu, jene Handelsfunktionen zu erfüllen, die die beschaffungsorientierten S- und Z-Händler aufgrund ihrer Anzahl, ihrer Standorte und Einzugsbereiche sowie ihrer jeweils auf die umgesetzten Mengen abgestellten betrieblichen Konzeption und ihrer finanziellen Möglichkeiten nicht bewältigen können. Der Werkbelieferungshändler bewältigt durch seine Mengen- und Qualitätsposition die Disparitäten zwischen den Angebotsmöglichkeiten der Schrotthändler und dem spezifischen Nachfrageprofil der Schrottverbraucher. Ein sehr wichtiges Instrument zur betriebswirtschaftlich sinnvollen Koordination durch den Werkbelieferungshändler ist die Institution des "Streckengeschäfts", dem allerdings verschiedene wichtige Voraussetzungen zugrunde liegen.

Die Tatsache, daß ein Werkbelieferungshändler große Teile seines Geschäftes als Streckengeschäft abwickeln kann, ist das Produkt jahrzehntelanger Bemühungen des jeweiligen Werkbelieferungshändlers, in seinem Einzugsbereich die Schrottbeschaffung zu optimieren. Die in der Gegenschrift der Bundesregierung als "Erziehungstätigkeit" zutreffend bezeichnete Aktivität, umfaßt die ständige Betreuung und Beratung der Z-Händler speziell mit dem Ziel, diese zu einer optimalen Schrottaufbereitung zu veranlassen. Das bedeutet, daß der Werkbelieferungshändler bzw. seine Mitarbeiter auf den Schrottplätzen der Z-Händler immer wieder persönlich präsent sein müssen, um die Aufbereitungs-, Verlade- und Lieferdisziplin auf so einem Niveau zu halten, daß der Werkbelieferungshändler die Möglichkeit des Streckengeschäfts überhaupt wagen kann. Die damit verbundenen laufenden Kosten für den Werkbelieferungshändler läßt die Firma Kovac (d.i. die Bf. des Anlaßverfahrens) offenbar außer Acht.

Weiters übersieht die Firma Kovac, daß mit der von ihr angestellten Berechnung der Vorfinanzierungskosten nur ein Teil der tatsächlich anfallenden diesbezüglichen Kosten erfaßt ist. Zum einen ist zu berücksichtigen, daß der Werkbelieferungshändler für die S- und Z-Händler branchenüblich eine echte Kreditfunktion ausübt, die über die Tatsache hinausgeht, daß alle Schrottverkäufe der Z-Händler an die Werkbelieferungshändler Kassageschäfte sind, die Werkbelieferungshändler bei ihren Lieferungen an die Unternehmen, die Eisen und Stahl erzeugen, den Gegenwert jedoch erst am 20. des folgenden Monats bekommen. Der Werkbelieferungshändler gewährt üblicherweise sogenannte Beschaffungskredite im Ausmaß einer Wochenlieferung, sodaß auch die damit verbundenen Finanzierungskosten einschließlich der Bonitätsrisiken zu veranschlagen sind.

Unrealistisch sind auch die Darstellungen der Firma Kovac bezüglich der Kosten der Lagerhaltung: Es bleiben nicht nur die Kosten des Schrottlagers (Grundbeschaffung und Aufschließung, technische Einrichtung, Manipulation, gewerberechtliche Auflagen, ARbeiter) - wie sie in der Gegenschrift der Bundesregierung aufgeschlüsselt wurden - außer Betracht, sondern es bleibt auch unberücksichtigt, daß die Lagerhaltung für ein Zwölftel des Vorjahresumsatzes gemäß dem Schrottlenkungsgesetz eine Minimalverpflichtung ist. Tatsächlich muß der Werkbelieferungshandel, um seiner zeitlichen Handelsfunktion zu entsprechen (Ausgleich der Zeitspannen, die sich aus dem unregelmäßigen Schrottanfall und dem Rhythmus der regelmäßigen Verarbeitung für die Schrottverbraucher ergeben) sehr oft und auch für längere Zeit größere Schrottmengen auf Lager halten, als dies der Lagerhaltungsverpflichtung entspricht. Das sind die ubnerücksichtigten finanziellen Konsequenzen aus der Tatsache, daß die Werkbelieferungshändler aufgrund eines auf langjährigem Vertrauen basierenden Grundkonsenses auch blereit sein müssen, vorübergehend ihre Individualinteressen (möglichst geringe Lagerhaltung) zurückzustellen."

d) Unter diesen Umständen ist der Konkurrenzschutz ausnahmsweise - also anders als etwa beim Taxigewerbe (VfGH 23.6.1986, G14/88), bei den Fahrschulen (VfGH 5.3.1987 G174/86) und beim Güterbeförderungsgewerbe (VfGH 6.10.1987 G1/87) ein taugliches und darüber hinaus ein adäquates und auch sonst sachlich gerechtfertigtes Mittel, um im öffentlichen Interesse liegende Ziele zu erreichen. Wie dargetan, sind - jedenfalls bei den jetzigen Gegebenheiten - sehr gewichtige Überlegungen für einen Konkurrenzschutz der etablierten Werkbelieferungshändler ins Treffen zu führen; die Belieferung der Stahlindustrie mit Schrott ist durch ein System ohne offenen Markt gekennzeichnet, für das der freie Wettbewerb nicht bloß entbehrlich ist, sondern geradezu störend wirken würde. Gegen den bestehenden Konkurrenzschutz spricht lediglich der Wunsch des einen oder des anderen Z-Händlers, unmittelbar die stahlerzeugende Industrie mit Schrott beliefern zu dürfen und die Freiheit zur Ausübung des Erwerbes auch solcherart ausüben zu können. Da auch keine Alternative erkennbar ist, um die öffentlichen Interessen gelegenen Ziele auf eine Weise zu erreichen, die weniger in Grundrechte eingreift, ist hier die durch den Konkurrenzschutz herbeigeführte Einschränkung der Freiheit zum Antritt eines bestimmten Gewerbes als angemessene Maßnahme zu bezeichnen.

3. Die im Einleitungsbeschluß geäußerten Bedenken treffen mithin nicht zu.

Die in Prüfung gezogenen bundesgesetzlichen Bestimmungen waren also nicht als verfassungswidrig aufzuheben.

Wien, am

Der Präsident:

Schriftführerin:

Rechtsquellen:

Schrottlenkungsgesetz 1985, ÖR VIII e

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