VfGH A1/87

VfGHA1/8720.6.1987

Klage gegen den Bund wegen Verzugszinsen nach

Rückzahlung von Beträgen infolge aufhebendem Erk. des VwGH;

Verpflichtung zur Rückzahlung entsteht mit Zustellung der Entscheidung des VwGH - Verzug erst mit dem Rückzahlungsbegehren; rechtzeitige Rückzahlung - Abweisung der Klage

Normen

B-VG Art137 / sonstige Klagen
B-VG Art137 / Zinsen
B-VG Art137 / sonstige Klagen
B-VG Art137 / Zinsen

 

Spruch:

Die Klage wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei, zu Handen der Finanzprokuratur, die mit S 1.648,-- bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Mit der auf Art137 B-VG gestützten Klage begehrt der Kläger, den Bund zur Zahlung eines Betrages von S 6.311,26 samt Zinsen und Kosten zu verhalten. Mit Bescheid vom 1. August 1984 habe die Wiener Gebietskrankenkasse der Klägerin vorgeschrieben, als Dienstgeber im Sinne des §35 Abs1 ASVG gemäß §58 Abs2 und 3 leg. cit. iVm §§44 und 49 ASVG, §62 Abs2 AlVG 1958 bzw. 1977 sowie §19 Abs4 des Arbeiterkammergesetzes, §1 Abs2 des BG über Wohnungsbeihilfen und §5 Abs3 des BG über die Einhebung eines Wohnbauförderungsbeitrages S 111.157,26 an die Wiener Gebietskrankenkasse zu entrichten. Der gegen diesen Bescheid erhobene Einspruch sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien als unbegründet abgewiesen worden. Nachdem mit Erkenntnis des VwGH vom 30. Jänner 1986 dieser Bescheid infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden war, habe der Landeshauptmann von Wien mit Ersatzbescheid vom 25. April 1986 festgestellt, daß die Klägerin nicht verpflichtet sei, die ihr mit dem eingangs zitierten Bescheid vom 1. August 1984 vorgeschriebenen Beiträge und Umlagen zu entrichten. Der am 25. März 1985 entrichtete - nach Meinung der Klägerin dem Bund zugeflossene - Betrag von S 111.157,26 sei hierauf am 18. August 1986 rückvergütet worden. Da die Zahlung von Zinsen für den zu Unrecht vereinnahmten Betrag für die Zeit vom 25. März 1985 bis 18. August 1986 - bei Berechnung dieser Zinsen mit 4 % ergibt sich die Klagsforderung - verweigert worden sei, begehre die Klägerin, weil die Wiener Gebietskrankenkasse als Organ des Bundes gehandelt habe, den beklagten Bund urteilsmäßig zur Zahlung des Betrages von S 6.311,26 samt 4 % Zinsen seit dem Tage der Klagseinbringung und zum Ersatz der Prozeßkosten zu verhalten.

2. Der beklagte Bund - vertreten durch die Finanzprokuratur - hat eine Gegenschrift erstattet, in der dem Klagebegehren entgegengehalten wird, daß für den - auch hier gegebenen - Fall, daß ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis vorliegt und das Gesetz nichts Gegenteiliges bestimmt, nach ständiger Rechtsprechung des VfGH der Beginn eines Verzuges nicht bereits mit der Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses (hier) des VwGH, sondern erst ab dem Begehren der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegenden Partei auf Refundierung eintrete. Im gegenständlichen Fall habe die Klägerin erstmals mit Schreiben vom 8. Juli 1986 die Rückforderung des Betrages von S 111.157,26 unter Fristsetzung bis 21. Juli 1986 begehrt; die Frist sei jedoch - wie auch die gleichzeitig vorgelegten Verwaltungsakten erweisen - von der Klägerin bis 20. August 1986 erstreckt worden. Da die Rücküberweisung bereits am 18. August 1986 vorgenommen worden sei, liege Verzug nicht vor, sodaß die kostenpflichtige Abweisung der Klage beantragt werde.

3. Der VfGH hat über die - zulässige (vgl. VfSlg. 5386/1966, 6093/1969, 8260/1978, 8666/1979) - Klage erwogen:

3.1. Ausgehend davon, daß die Klägerin zunächst auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Titels verhalten war, Zahlungen zu leisten, die ihr nach Wegfall des Rechtstitels refundiert wurden, begehrt die Klägerin Verzugszinsen ab dem Tage der von ihr vorgenommenen Zahlung bis zum Tage der an sie geleisteten Rückzahlung. Damit ist die Klägerin jedoch nicht im Recht. Die beklagte Gebietskörperschaft ist nicht schon ab dem Zeitpunkt der Vereinnahmung des Betrages in Verzug gewesen, denn ursprünglich bestand ja auf Grund eines rechtskräftigen Bescheides ein Rechtstitel für die Einhebung und Einbehaltung des genannten Betrages. Eine Verpflichtung zur Rückzahlung entstand vielmehr erst mit der Zustellung der Entscheidung, durch die der Rechtstitel, der der Zahlungsverpflichtung zu Grunde lag, aufgehoben wurde. Verzug tritt in einem solchen Fall jedoch nicht bereits mit der Zustellung eines aufhebenden Erkenntnisses, sondern - wie in ständiger Rechtsprechung ausgesagt - erst mit dem Begehren der obsiegenden Partei auf Refundierung der von ihr vereinnahmten Beträge ein (vgl. VfSlg. 5079/1965, 9498/1982, 10496/1985).

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin erstmals mit Schreiben vom 8. Juli 1986 die von ihr im Gesamtausmaß von S 111.157,26 entrichteten Beträge rückgefordert und hiefür eine Zahlungsfrist zunächst bis 21. Juli 1986 eingeräumt, die sie jedoch in der Folge bis 20. August 1986 verlängerte. Die begehrten Beträge wurden am 18. August 1986, also rechtzeitig, zurückgezahlt. Der geltend gemachte Anspruch auf Verzugszinsen besteht somit nicht zu Recht.

Bei diesem Ergebnis war die Frage der passiven Klagslegitimation nicht zu prüfen.

3.2. Das Klagebegehren war daher kostenpflichtig (§41 VerfGG) abzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte