Normen
StGG Art9
VfGG §19 Abs3 Z2 lita
StGG Art9
VfGG §19 Abs3 Z2 lita
Spruch:
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. 1. Dr. H K beantragt mit seinen auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerden die kostenpflichtige Feststellung, am 19. November 1986 dadurch, daß
a) Organe des Finanzamtes für den 1. Bezirk in Wien seine Geschäftsräumlichkeiten in ... durchsuchten, näher bezeichnete, ihm gehörende private Aufzeichnungen und Unterlagen beschlagnahmten und dort befindliche Personen ohne sein Einverständnis als Zeugen einvernahmen (Beschwerde B4/87),
b) Organe des Finanzamtes Graz-Stadt sein Ferienhaus in ..., Brauhof 37 durchsuchten und auch dort näher bezeichnete, ihm gehörende private Aufzeichnungen und Unterlagen beschlagnahmten (Beschwerde B5/87)
in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden zu sein, und zwar im Hausrecht und im Recht auf Unversehrtheit des Eigentums.
Es seien zwar gerichtliche Hausdurchsuchungsbefehle vorgelegen, die aber die bekämpften Amtshandlungen nicht gedeckt hätten. So seien auch private Unterlagen beschlagnahmt worden, die mit dem gegen ihn anhängigen Strafverfahren nichts zu tun gehabt hätten.
2. Das Finanzamt für den 1. Bezirk in Wien und das Finanzamt Graz-Stadt als belangte Behörden erstatteten Gegenschriften. Sie begehren, die Beschwerden zurückzuweisen; die angefochtenen Maßnahmen seien als Gerichtsakte zu qualifizieren, die zu überprüfen der VfGH nicht zuständig sei.
II. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich folgendes:
1. Das Landesgericht für Strafsachen Wien erteilte am 27. Oktober 1986 zu AZ 26 c Vr 5421/86 in der Strafsache gegen Dr. H K wegen §33 Finanzstrafgesetz (FinStrG)
a) der Prüfungsabteilung Strafsachen beim Finanzamt für den 1. Bezirk in Wien den Befehl, u.a. in der Wohnung und in den sonstigen zum Hauswesen gehörenden Räumlichkeiten ..., und
b) der Prüfungsabteilung Strafsachen beim Finanzamt Graz-Stadt den Befehl, in der Wohnung und in den sonstigen zum Hauswesen gehörenden Räumlichkeiten in ...
"eine Hausdurchsuchung zum Zwecke der Auffindung und Beschlagnahme von Gegenständen, deren Besitz oder Besichtigung für das gegenständliche Strafverfahren von Bedeutung sein könnte vorzunehmen. Es handelt sich dabei um folgende Gegenstände:
Aufzeichnungen und Unterlagen, welche geeignet sind Aufschlüsse über die tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse, die privaten Aufwendungen sowie über Art und Umfang sämtlicher Geschäftsfälle zu geben."
Die Begründung des an das FA 1./Wien gerichteten Hausdurchsuchungsbefehls lautet:
"Dr. H K ist verdächtig, in den Jahren 1978-1986 nicht versteuerte Umsätze in beträchtlicher Höhe gemacht und so Abgaben hinterzogen zu haben. Es besteht der begründete Verdacht, daß sich an den angeführten Adressen" (darunter ...) "sowohl Geschäftsunterlagen als auch Unterlagen über seine private Vermögensgestaltung befinden."
In der Begründung des an das FA Graz-Stadt adressierten Hausdurchsuchungsbefehls heißt es:
"H K ist verdächtig, seit Jahren Steuern in erheblichem Ausmaß hinterzogen zu haben. Der Beschuldigte bewohnt - teilweise - das oben angeführte Ferienhaus" (in ...) "und es besteht der begründete Verdacht, daß sich dort sowohl Geschäftsunterlagen als auch Unterlagen über seine private Vermögensgestaltung befinden."
2. Mit Berufung auf diese Hausdurchsuchungsbefehle nahmen Organe der bel. Beh. am 19. November 1986 die bekämpften Amtshandlungen vor.
III. Der VfGH hat über die Beschwerden erwogen:
1. Erfolgt eine Hausdurchsuchung und Beschlagnahme aufgrund eines richterlichen Befehles, so sind die Durchführungsmaßnahmen als Akte der Gerichtsbarkeit nicht vor dem VfGH bekämpfbar.
Das Gericht hat hier - wie oben (II.1.) geschildert - in beiden Fällen Hausdurchsuchungsbefehle erlassen.
Wenn der Bf. zu B5/87 behauptet, es habe für das Einschreiten in ... überhaupt kein derartiger Gerichtsauftrag bestanden, so ist dies offenbar auf einen durch nicht vollständige Kenntnis der Verwaltungsakten bewirkten Irrtum zurückzuführen.
Das Gericht hat die Hausdurchsuchungen zum Zwecke der Beschlagnahme aller "Aufzeichnungen und Unterlagen, welche geeignet sind, Aufschlüsse über die tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse, die privaten Aufwendungen, sowie über Art und Umfang sämtlicher Geschäftsfälle zu geben" angeordnet.
Selbst wenn die Organe der Finanzämter Aufzeichnungen und Unterlagen beschlagnahmt haben sollten, deren Zusammenhang mit der gegen den Bf. anhängigen Strafsache in Zweifel gezogen werden könnte, so würden sich die Beschlagnahmen noch immer als Durchführung der Gerichtsbeschlüsse darstellen. Den Finanzämtern zuzurechnende Überschreitungen der richterlichen Befehle lägen nämlich nur dann vor, wenn die beschlagnahmten Gegenstände ganz offenkundig nicht von ihnen erfaßt wären (vgl. zB VfSlg. 8905/1980, 11098/1986). Gerade das trifft in den vorliegenden Fällen nicht zu. Nach Wortlaut und Sinngehalt waren die richterlichen Befehle weit gefaßt; so sollten die zu beschlagnahmenden Unterlagen auch über die privaten Aufwendungen (die privaten Vermögensgestaltung) des Bf. Aufschluß geben. Nach den gegebenen Umständen war die Annahme der Finanzbeamten gerechtfertigt, alle beschlagnahmten Gegenstände könnten als Beweismittel im Strafverfahren dienen. Die endgültige Entscheidung darüber, ob dies tatsächlich der Fall ist, obliegt dem Strafgericht.
Die Durchführung der Hausdurchsuchung und der Beschlagnahme erfolgte sohin aufgrund eines richterlichen Befehles, sodaß diese Akte solche der Gerichtsbarkeit sind; sie sind sie einer Überprüfung durch den VfGH entzogen. Die Modalitäten und die näheren Umstände, unter denen die Hausdurchsuchung und die Beschlagnahme erfolgten, sind keine selbständig anfechtbaren Maßnahmen (vgl. zB VfSlg. 10290/1984, 11098/1986). Das gilt auch für die zu B4/87 bekämpfte Einvernahme von Zeugen in den Geschäftsräumen des Bf. Es braucht daher nicht erörtert zu werden, ob eine solche Maßnahme sonst - nämlich dann, wenn sie nicht dem Gericht zuzurechnen wäre - als Verwaltungsakt iS des Art144 Abs1 zweiter Satz B-VG zu werten wäre.
Die Beschwerden waren daher wegen Nichtzuständigkeit des VfGH zurückzuweisen.
.La
2. Da die Nichtzuständigkeit offenbar ist, konnte dies gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
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