VfGH A15/85

VfGHA15/8510.12.1986

Art137 B-VG; Klage gegen den Bund wegen Ausfolgung von zwei (mit Bescheiden beschlagnahmten und für verfallen erklärten) Schimpansen nach Aufhebung der Bescheide zufolge Erk. des VwGH; ausschließlich im öffentlichen Recht verwurzelter Anspruch - Aufhebung des zugrundeliegenden Rechtsaktes in Bindung an Erk. des VwGH durch Ersatzbescheid vermag an der rechtlichen Qualität dieses Tätigwerdens nichts zu ändern; keine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für Rückforderungsansprüche im Falle der Verweigerung der Rückstellung zu Unrecht beschlagnahmter Sachen; keine Kompetenz zum bescheidmäßigen Abspruch; Zulässigkeit der Klage; Klagebegehren berechtigt; Kostenzuspruch gemäß §41 iVm. §35 VerfGG und §41 ZPO

Normen

B-VG Art137 / sonstige Klagen
B-VG Art137 / sonstige zulässige Klagen
VfGG §41
ZPO §41
B-VG Art137 / sonstige Klagen
B-VG Art137 / sonstige zulässige Klagen
VfGG §41
ZPO §41

 

Spruch:

Der Bund (Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie) ist schuldig, der Klägerin die beiden mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 6. Mai 1982, Z MBA 22-09/001/2/Str, beschlagnahmten und mit Bescheid derselben Behörde vom 14. Juli 1983, Z MBA 22-05/026/3/Str, für verfallen erklärten Schimpansen binnen 14 Tagen bei Exekution auszufolgen.

Der Bund (Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie) ist schuldig, der klagenden Partei die mit 15907,05 S bestimmten Kosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Mit der auf Art137 B-VG gestützten Klage begehrt die Klägerin, den Bund (Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie) zur Ausfolgung von zwei Schimpansen, die mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 6. Mai 1982, Z MBA 22-09/001/2/Str, rechtswidrig beschlagnahmt und mit Bescheid derselben Behörde vom 14. Juli 1983, Z MBA 22-05/026/3/Str, für verfallen erklärt worden seien, zu verurteilen. Der VwGH habe die im Instanzenzug ergangenen Bescheide mit Erk. vom 10. April 1984 Z 83/04/0311 (Beschlagnahme) und vom 18. September 1984 Z 84/04/0048, 0098 (Verfall) zufolge Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben. Mit Ersatzbescheiden vom 20. November 1984, Z MA 22-8/84/Str (Beschlagnahme) und Z MA 22-9/84/Str (Verfall) habe der Landeshauptmann von Wien die erstinstanzlichen Bescheide ersatzlos behoben.

Die beklagte Partei habe trotz mehrmaligen Ersuchens - zuletzt mit Eingabe vom 29. April 1985 - die zu Unrecht beschlagnahmten Schimpansen nicht zurückgestellt.

Für den Fall, daß dem Begehren auf Rückstellung nicht entsprochen wird, stellt die klagende Partei das Eventualbegehren, die Beklagte zu verurteilen, ihr binnen 6 Monaten zwei gleichwertige Schimpansen auszufolgen; sollte auch diesem Begehren nicht entsprochen werden, wird eventualiter das Begehren gestellt, die Klägerin zur Zahlung eines Betrages von 460041,40 S mit einer nachfolgenden Eingabe eingeschränkt auf 395136 S binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

2. Die beklagte Partei hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach bestreitet.

Mit Rücksicht auf sowohl mit der Verwahrerin der Tiere als auch mit der Klägerin stattfindende Gespräche, die ua. den seit dem Zeitpunkt der Beschlagnahme bzw. seit dem Ausspruch des Verfalls im Jahre 1982 getätigten Aufwand zum Gegenstand haben, würden weitere Ausführungen zu den einzelnen Punkten des Klagebegehrens einem späteren Zeitpunkt vorbehalten.

3. Der VfGH hat über die Klage erwogen:

3.1. Gemäß Art137 B-VG erkennt der VfGH über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

Daß es sich im vorliegenden Falle, in welchem vom Bund die Herausgabe von Sachen begehrt wird, um einen vermögensrechtlichen Anspruch handelt, ist augenscheinlich. Es liegen aber auch die weiteren durch Art137 B-VG geforderten Voraussetzungen vor, nämlich ein Anspruch, der nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen ist und auch nicht im ordentlichen Rechtsweg ausgetragen werden kann.

Die vorgelegten Verwaltungsakten erweisen, daß mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 6. Mai 1982 zwei Schimpansen, die von der Klägerin importiert worden waren, nach §12 Abs2 des BG vom 1. Juli 1981, BGBl. 189/1982, zur Durchführung des Übereinkommens vom 3. März 1973 über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen beschlagnahmt und mit Bescheid vom 14. Juli 1983 für verfallen erklärt wurden, daß die von der klagenden Partei dagegen erhobenen Berufungen abgewiesen wurden und daß der VwGH mit Erk. vom 10. April 1984 Z 83/04/0311 (Beschlagnahme), und vom 18. September 1984, Z 84/04/0048, 0098 (Verfall), diese Bescheide zufolge Rechtswidrigkeit aufgehoben hat; mit Ersatzbescheiden vom 20. November 1984 hat sohin der Landeshauptmann von Wien die erstinstanzlichen Bescheide ersatzlos aufgehoben.

Der geltend gemachte Anspruch ist somit ausschließlich im öffentlichen Recht verwurzelt. Ausgelöst wurde er durch das Tätigwerden einer Verwaltungsbehörde in Ausübung hoheitlicher Funktionen; daß der zugrundeliegende Rechtsakt (Bescheid) in Bindung an Erk. des VwGH von der Behörde zweiter Instanz aufgehoben wurde, vermag an der rechtlichen Qualität dieses Tätigwerdens nichts zu ändern (vgl. VfSlg. 2046/1950). Wie der VfGH vielmehr wiederholt ausgeführt hat, ist - sofern, wie hier, nichts anderes angeordnet ist - die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für Rückforderungsansprüche nicht gegeben, wenn ein Vermögenszuwachs auf einem öffentlich-rechtlichen Titel beruht (vgl. VfSlg. 5386/1966, 6093/1969, 8065/1977, 8666/1979). Nichts anderes gilt für die Verweigerung der Rückstellung zu Unrecht beschlagnahmter Sachen. Auch eine Kompetenz zur bescheidmäßigen Absprache über den geltend gemachten Anspruch ist dem Gesetz für Fälle der vorliegenden Art nicht zu entnehmen.

Die Klagsführung ist somit zulässig.

3.2. Die Klagsforderung ist auch begründet:

Die beklagte Partei hat sich darauf beschränkt, das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach zu bestreiten. Damit hat die Beklagte mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, daß sie die Abweisung der Klage begehrt (Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts, 1984, S. 589).

Jedoch erweisen das Vorbringen der beklagten Partei und der Inhalt der Verwaltungsakten, daß der Klagsanspruch begründet ist.

Mit dem Hinweis der Gegenschrift auf "sowohl mit der Verwahrerin der Tiere als auch mit der Klägerin stattfindende Gespräche, die ua. den ... getätigten Aufwand" für die Versorgung der Tiere zum Gegenstand haben, wird von der beklagten Partei der Sache nach außer Streit gestellt, daß sich die in Frage stehenden Tiere in der Verfügungsgewalt der beklagten Partei befinden. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten steht weiters fest, daß sich die beklagte Partei auf keinen Rechtstitel berufen kann, der sie berechtigen würde, die begehrte Herausgabe zu verweigern. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt erweist sich an Hand dieser Verfahrensergebnisse somit als geklärt, das Klagebehren als begründet.

3.3. Bei diesem Ergebnis war dem Hauptbegehren der Klägerin stattzugeben, ohne daß auf die Eventualbegehren weiter einzugehen war.

3.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §41 iVm. §35 VerfGG und §41 ZPO; in den zuerkannten Kosten ist USt im Betrage von 1391,55 S enthalten.

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