VfGH B655/84,B171/85

VfGHB655/84,B171/85B655/84,B171/852.12.1985

Vbg. LandschaftsschutzG; Vorschriften über die Landschaftsschutzabgabe nicht unsachlich; Beschränkung der Abgabepflicht gemäß §20 auf den Abbau von Steinen, Sand, Kies und Schuttmaterial, ebenso wie höhere Besteuerung von Sand, Kies und Schuttmaterial gegenüber Steinen nicht sachfremd; keine Verletzung im Gleichheitsrecht durch Anwendung eines gleichheitswidrigen Gesetzes

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Vlbg LandschaftsschutzG §20
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Vlbg LandschaftsschutzG §20

 

Spruch:

Die Beschwerden werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Nach dem Gesetz über den Schutz und die Pflege der Vbg. Landschaft (Landschaftsschutzgesetz) in der nach der Nov. LGBl. 38/1981 wiederverlautbarten Fassung, Anlage zur Kundmachung LGBl. 1/1982, dürfen Steinbrüche, Entnahmestellen von Schuttmaterial aller Art sowie von Sand und Kies, Lehm- und Ziegeleitongruben sowie Torfgewinnungsstätten nur mit Bewilligung der Behörde eingerichtet und betrieben werden (§13); die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn Interessen des Landschaftsschutzes und der Raumplanung nicht verletzt werden (§14 Abs1). Zur Förderung des Landschaftsschutzes und der Landschaftspflege ist ferner eine Landschaftsschutzabgabe zu erheben, die dem Vbg. Landschaftspflegefonds zufällt (§19). Zur Entrichtung der Landschaftsschutzabgabe ist verpflichtet, wer Steine, Sand, Kies oder Schuttmaterial aller Art in einer bewilligungspflichtigen Bodenabbauanlage abbaut (§20 Abs1). Die Landschaftsschutzabgabe beträgt bei Steinen 1,30 S pro Tonne und bei Sand, Kies und Schuttmaterial 4 S pro Tonne des abgebauten Materials (§20 Abs2); die von den Abgabenschuldnern selbst ermittelte Abgabenschuld ist jeweils bis zum 10. des übernächsten Monats beim Landesabgabenamt anzumelden und die Abgabe bis zum selben Termin zu entrichten (§21 Abs2).

Die bf. Gesellschaft gewinnt Sand, Kies und Schuttmaterial in bewilligungspflichtigen Bodenabbauanlagen. Nach einem gescheiterten Versuch, die gesetzlichen Bestimmungen unmittelbar anzugreifen (VfSlg. 9900/1983), hat sie die Rückzahlung der in den Jahren 1982 und 1983 entrichteten Landschaftsschutzabgabe im Gesamtbetrag von 3184278,90 S begehrt. Dieses Begehren wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Landesregierung abgewiesen (B655/84). Für das im Mai 1984 in Frastanz gewonnene Material wurde der bf. Gesellschaft in weiterer Folge mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Landesregierung Landschaftsschutzabgabe in der Höhe von 90791 S und Säumniszuschlag vorgeschrieben (B171/85).

In den gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wird die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit gerügt. Es sei gleichheitswidrig, nur die Bodenabbauanlagen, nicht aber die anderen nach dem Gesetz bewilligungspflichtigen Anlagen (wie zB größere Bauwerke, Flugplätze, Straßen, größere Parkplätze, Tankstellen, Seilschwebebahnen, Staudämme und Staumauern, Starkstromfreileitungen usw.) mit einer Abgabe zu belasten, obwohl sie die Landschaft im gleichen oder noch höheren Maße beeinträchtigen als Bodenabbauanlagen und in ebensolcher Gewinnabsicht betrieben würden. Außerdem sei die Abgabepflicht sachfremd gestaltet, weil die Gewinnung von Lehm, Ziegeleiton und Torf keiner Abgaben unterläge und für Steine ein günstigerer Satz gelte.

II. Die Beschwerden sind nicht begründet.

In der Gegenschrift der Landesregierung wird die Heranziehung der Bodenabbaubetriebe damit gerechtfertigt, daß der Bodenabbau

"... im allgemeinen sowohl während des Abbaues als auch danach eine schwere Belastung für die Landschaft bildet und dafür ein Ausgleich durch landschaftsverbessernde Maßnahmen erforderlich ist. Da das entnommene Material in der überwiegenden Zahl landschaftsverändernder Maßnahmen zur Verwendung gelangt, kommt es über die Auswirkung der Abgabe auf den Preis des Materials im Effekt auch zu einer weitgehenden Einbeziehung des Personenkreises, der die landschaftsverändernden Maßnahmen setzt. Gleichzeitig wird über den erhöhten Preis auch eine im Interesse des Landschaftsschutzes notwendige Zurückhaltung bei der Durchführung solcher Maßnahmen, insbesondere aber auch beim Materialabbau selbst, gefördert. Es ist an dieser Stelle auch darauf hinzuweisen, daß nach der Vorarlberger Exportstatistik im Jahre 1984 über 470.800 Tonnen Steine und Kies in das Ausland exportiert worden sind."

Es sei aber auch zulässig, den Abbau einzelner Materialien unterschiedlich stark zu belasten:

"So besteht ein Interesse daran, den Kiesabbau in besonderer Weise auf das unbedingt erforderliche Ausmaß einzuschränken. Zum einen, weil ein erheblicher Teil dieses Materials in einer ökologisch nachteiligen Weise (insbesondere aus Gewässern und dem Grundwasserbereich) gewonnen wird, während der Gesteinsabbau nur im Trockenabbau und infolge wesentlich größerer Abbauhöhen mit einer geringeren Flächeninanspruchnahme, was die Sanierung im allgemeinen erleichtert, erfolgen kann. Zum anderen, weil die vorhandenen abbauwürdigen Bestände von Steinen ein mehrfaches derjenigen von Kies betragen. Dazu kommt, daß der überwiegende Teil der Steine für öffentliche Zwecke (Flußbau, Straßenbau, Streusplitt) verwendet wird. Soweit schließlich Gesteins- und Kiesabbau mit zur selben Verwendung bestimmten Produkten (z.B. Frostschutzschotter) miteinander konkurrieren, sind die Aufarbeitungskosten beim Steinabbau wesentlich höher als beim Kiesabbau; unmittelbar nach dem Abbau, d.h. nach der Loslösung des Materials aus seiner natürlichen Lagerstätte, sind hier die Steine das weniger wertvolle Material als der Kies."

Lehm, Ziegeleiton und Torf werde nur in untergeordnetem Ausmaß abgebaut und der Aufwand für die Einhebung der Abgabe stünde hier in keinem angemessenen Verhältnis zum Ertrag.

Der VfGH hält diese Überlegungen für sachlich. In der Beschränkung der Abgabepflicht auf den Abbau von Steinen, Sand, Kies und Schuttmaterial liegt kein Exzeß des Gesetzgebers. Der Schutz der Landschaft ist nur ein Gesichtspunkt unter mehreren anderen. Insbesondere hat der Gesetzgeber in der Wahl des Gegenstandes einer Besteuerung grundsätzlich freie Hand. Es ist eine Frage der rechtspolitischen Bewertung, ob gerade aus dem Bodenabbau Mittel für die Landschaftspflege gewonnen werden oder auch aus anderen Landschaftsbeeinträchtigenden Maßnahmen. Verglichen mit anderen Maßnahmen liegt der Zweck des Bodenabbaues nicht in dem damit erreichten Zustand (und seinen Auswirkungen), sondern in der Verwertung der abgebauten Substanz selbst. Auch kann die Bewilligungspraxis nach Sachbereichen unterschiedlich werten und derart in Wechselbeziehung zur Abgabepflicht gesetzt werden, daß im Hinblick auf die belastende Wirkung der Abgabe die erforderlichen Anlagen eher bewilligt werden können. Innerhalb des Bodenabbaues kann schließlich gleichfalls nach verschiedenen Kriterien differenziert werden.

Wie in einer ergänzenden (und nicht auf Widerspruch gestoßenen) Stellungnahme der Landsregierung dargelegt wird, ist die Torfgewinnung derzeit bedeutungslos, während die zu gleichen Teilen aus Mergelstein und aus Tongruben gewonnenen Lehm- und Ziegeleirohstoffe nur rund 2 bis 3 vH der abgabepflichtigen Materialien ausmachen. Wenn Torf, Lehm und Ziegeleiton der Abgabe daher nicht unterzogen werden, bleibt der Gesetzgeber im Rahmen des ihm vorbehaltenen rechtspolitischen Spielraumes. Auch die höhere Besteuerung von Sand, Kies und Schuttmaterial gegenüber Steinen beruht keineswegs auf sachfremden Überlegungen. Daß man dagegen rechtspolitische Einwände erheben könnte - und darauf läuft die Kritik der Beschwerden letztlich hinaus -, weist keine Gleichheitswidrigkeit nach.

Der VfGH hält daher an der schon im Erk. VfSlg. 8702/1979 festgestellten verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Vorschriften über die Landschaftsschutzabgabe auch aus dem Blickwinkel der vorliegenden Beschwerdefälle fest.

Die Beschwerdevorwürfe erschöpfen sich in der Behauptung der Gleichheitsverletzung durch Anwendung eines gleichheitswidrigen Gesetzes. Die Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte oder die Rechtswidrigkeit einer anderen angewendeten generellen Norm wurde nicht behauptet und ist auch im Verfahren nicht hervorgekommen.

Die Beschwerden sind daher abzuweisen.

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