European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0120OS00139.24V.0109.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 14. Juni 2024, GZ 63 Hv 38/24t‑49, verletzt in seinem Strafausspruch § 39a Abs 1 Z 4 und Abs 2 Z 3 StGB sowie § 39 Abs 1a StGB iVm § 270 Abs 4 Z 2 StPO.
Es werden dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie der zugleich gefasste Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO aufgehoben und es wird die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.
Gründe:
[1] Mit gekürzt ausgefertigtem (§ 270 Abs 4 iVm § 488 Abs 1 StPO) Urteil der Einzelrichterin des Landesgerichts Salzburg vom 14. Juni 2024, GZ 63 Hv 38/24t‑49, wurde * G* des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (A./1./), des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (A./2./), des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB (B./1./), des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB (B./2./) und des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach (richtig [RIS‑Justiz RS0132358]:) §§ 15, 84 Abs 4 StGB (C./) schuldig erkannt.
[2] Er wurde unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB sowie § 39a Abs 1 Z 4 und Abs 2 Z 3 StGB, § 39 Abs 1a StGB und § 19 Abs 4 Z 1 JGG nach § 84 Abs 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
[3] Danach hat er – soweit hier von Bedeutung –
C./ am 12. April 2024 in E* * B* schwer am Körper zu verletzen versucht, indem er auf das am Boden liegende Opfer eintrat und diesem dadurch die im Urteil genannten (leichten) Verletzungen zufügte.
[4] Über die vom Verurteilten gegen einen Beschluss auf nachträgliche Strafmilderung nach § 31a Abs 1 StGB erhobene Beschwerde (ON 65) hat das Oberlandesgericht Linz, AZ 10 Bs 226/24t, noch nicht entschieden.
Rechtliche Beurteilung
[5] Der Strafausspruch steht – wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt – mit dem Gesetz nicht im Einklang:
[6] Das Verbrechen der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB ist (bei wie hier Anwendung der Strafdrohung der allgemeinen Strafgesetze; § 19 Abs 4 Z 1 JGG) mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen. Gemäß § 39a Abs 1 Z 4 StGB kommt es – sofern der Umstand nicht schon die Strafdrohung bestimmt – zu einer Änderung des Strafrahmens, wenn ein Täter eine vorsätzliche strafbare Handlung unter Anwendung von Gewalt sowie unter Einsatz oder Drohung mit einer Waffe begeht, wobei solcherart gemäß § 39a Abs 2 Z 3 StGB von einer Strafuntergrenze von einem Jahr Freiheitsstrafe auszugehen ist.
[7] Weil G* das ihm zu C./ zur Last gelegte Verbrechen der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB nicht unter Einsatz einer Waffe beging (US 2, 4), lagen die Voraussetzungen des § 39a Abs 1 Z 4 StGB sowie dem folgend § 39a Abs 2 Z 3 StGB nicht vor.
[8] Indem das Erstgericht ausdrücklich von einer Strafuntergrenze von einem Jahr Freiheitsstrafe ausging (US 3) und dabei zu Unrecht die Bestimmung des § 39a Abs 2 Z 3 StGB, die diese zwingend erhöht, anwendete, ohne dass die Voraussetzungen hiefür vorlagen (vgl dazu RIS‑Justiz RS0134002; Flora in WK2 StGB § 39a Rz 11), hat es seine Strafbefugnis überschritten und das Gesetz dadurch in diesen Bestimmungen verletzt.
[9] Die rechtsfehlerfreie Anwendung der nach § 39 Abs 1a StGB erweiterten Strafbefugnis erfordert Tatsachenfeststellungen, auf deren Grundlage die Voraussetzung dieser Strafschärfungsvorschrift erfüllt sind (RIS‑Justiz RS0134000). Dies gilt auch für ein – wie hier – gekürzt ausgefertigtes Urteil, weil auch ein solches die für die Strafbemessung maßgebenden Umstände in Schlagworten zu enthalten hat (§ 270 Abs 4 Z 2 StPO). Der Hinweis auf nicht näher konkretisierte „drei einschlägige Vorstrafen“ (US 4) genügt diesem Erfordernis nicht (siehe jüngst 14 Os 41/24x Rz 8 mwN; zu den Voraussetzungen des § 39 Abs 1a StGB Flora in WK2 StGB § 39 Rz 29/1 ff). Der Strafausspruch verletzt mangels ausreichender Feststellungen in Ansehung der zwingenden Erhöhung der Strafobergrenze daher auch § 39 Abs 1a StGB iVm § 270 Abs 4 Z 2 StPO.
[10] Da nicht auszuschließen ist, dass sich die Gesetzesverletzungen zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt haben, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, ihre Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO; zum Beschluss auf Absehen vom Widerruf bedingter Strafnachsicht vgl RIS‑Justiz RS0101886; Jerabek/Ropper, WK‑StPO § 494a Rz 11; zum Verschlechterungsverbot im weiteren Verfahren RIS‑Justiz RS0115530, RS0100547).
[11] Vom Strafausspruch rechtslogisch abhängige Entscheidungen und Verfügungen (hier ua der Beschluss auf nachträgliche Strafmilderung nach § 31a Abs 1 StGB [ON 64]), gelten gleichfalls als beseitigt (RIS‑Justiz RS0100444).
[12] Die dagegen gerichtete Beschwerde ist somit gegenstandslos.
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