European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0150OS00098.24M.1009.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Sexualdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * J* des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I./1./), der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (I./2./), des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB und mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 2 StGB (II./) sowie der Vergehen der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 1 StGB und nach § 207a Abs 3 zweiter Fall StGB (jeweils in der Fassung BGBl I 2017/117; III./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er in W*
I./ mit einer unmündigen Person, nämlich der am 8. März 2010 geborenen * A*,
1./ Mitte August 2021 eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen, indem er sie mit einem Finger etwa fünf Minuten lang vaginal penetrierte;
2./ zwischen 1. Jänner 2020 und 30. März 2022 außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung vorgenommen, indem er sie in zumindest fünf Angriffen von hinten umarmte, mit der Hand unter dem Nachthemd auf ihre Brust griff und fest zudrückte und sie überdies einmal auf der Brust kratzte;
II./ eine Person, die aufgrund ihrer Entwicklungsverzögerung unfähig war, die Bedeutung des Vorgangs einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht,
dass er mit ihr durch die unter I./1./ beschriebene Handlung eine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung vornahm, und
dass er an ihr durch die unter I./2./ beschriebenen Handlungen außer dem Fall des § 205 Abs 1 StGB geschlechtliche Handlungen durchführte;
III./ pornografische Darstellungen einer minderjährigen Person von 2020 bis etwa September 2021 hergestellt und besessen, indem er die in I./1./ und I./2./ beschriebenen Handlungen mit seinem Mobiltelefon in einem Video festhielt und Nacktfotos von ihr herstellte, wobei es sich um Aufnahmen geschlechtlicher Handlungen an der Unmündigen sowie von deren Genitalien und deren Schamgegend handelte, die reißerisch verzerrte auf sich selbst reduzierte und von anderen Lebensäußerungen losgelöste Abbildungen darstellten, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienten, und diese zumindest sechs Monate besaß, indem er insgesamt 16 Bilder auf seinem Mobiltelefon abspeicherte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.
[4] Ein nach dem angesprochenen Nichtigkeitsgrund geltend gemachter Begründungsmangel muss den Ausspruch von für die rechtliche Beurteilung der Tat entscheidenden Tatsachen betreffen; das sind solche, die für das Erkenntnis in der Schuldfrage maßgebend sind und entweder auf die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluss üben. Tatsachen, die für die Frage des Schuldspruchs oder die rechtliche Unterstellung der Tat nicht entscheidend sind, sind nicht Gegenstand der Mängelrüge (RIS‑Justiz RS0106268 [T6]).
[5] Mit Blick auf die Konstatierungen zur digitalen Vaginalpenetration (US 6; I./1./ und II./ des Schuldspruchs) verkennt der Rechtsmittelwerber mit seiner Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall), dass es nicht entscheidend ist, ob er dem Opfer gesagt habe, wie es seinen Penis angreifen solle, weshalb diesbezügliche Angaben des Angeklagten und der Zeugin A* nicht eröterungsbedürftig waren.
[6] Entgegen dem weiteren Vorbringen (Z 5 zweiter und vierter Fall) ist es für eine Subsumtion unter § 205 Abs 1 und § 206 Abs 1 StGB auch nicht entscheidend, wie lange die (erfolgte) vaginale Penetration dauerte (RIS‑Justiz RS0095004 [T17], RS0094959 [T9]).
[7] Die weitere Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall, nominell auch vierter Fall) behauptet betreffend I./1./ und II./ des Schuldspruchs, bei den Feststellungen zur subjektiven Tatseite wäre die Verantwortung des Angeklagten übergangen worden, wonach er nicht von Beginn an das Opfer vaginal penetrieren wollte, dies habe sich vielmehr „situativ ergeben“. Damit verkennt sie, dass Vorsatz nach § 5 Abs 1 StGB eine reifliche Überlegung oder Planung nicht voraussetzt, vielmehr ist auch ein plötzlicher Entschluss vorsätzlich (RIS‑Justiz RS0089015).
[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
[9] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)