OGH 8ObA28/24m

OGH8ObA28/24m26.9.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Tarmann‑Prentner als Vorsitzende die Hofräte MMag. Matzka und Mag. Dr. Sengstschmid sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Antonia Oberwalder (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Maria Buhr (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei DI M* G*, vertreten durch Dr. Kurt Fassl und Mag. Alexander Haase, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei D* GmbH, *, vertreten durch Dr. Christoph Zauhar, LL.M., Rechtsanwalt in Graz, wegen 24.957,41 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. April 2024, GZ 6 Ra 1/24z‑79.2, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:008OBA00028.24M.0926.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Arbeitsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Zur Begründung der Zulässigkeit des Rechtsmittels nach § 502 ZPO bedarf es noch der (weiteren) Voraussetzung, dass die Entscheidung von der Lösung der angeführten Rechtsfrage abhängt. Die angeschnittene Rechtsfrage muss präjudiziell sein; die fehlende Relevanz für die Entscheidung des zu beurteilenden Falls schließt das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage aus (RS0088931 [T2, T8]). Wird die Entscheidung der zweiten Instanz auf eine das Ergebnis selbständig tragende Hilfsbegründung gestützt, muss auch diese im außerordentlichen Rechtsmittel bekämpft werden. Ist die Hilfsbegründung im Rahmen des Beurteilungsspielraums zutreffend gelöst, so ist die mit der Hauptbegründung verbundene erhebliche Rechtsfrage nicht präjudiziell (RS0118709 [T11]).

[2] 2.1. Die Revisionswerberin erblickt eine erhebliche Rechtsfrage darin, ob der Verfahrensmangel der Vorlage fremdsprachiger Beweisurkunden rügepflichtig nach § 196 ZPO ist. Das Berufungsgericht hat dies bejaht und dementsprechend die Mängelrüge der Beklagten nicht inhaltlich behandelt.

[3] 2.2. Dies hat es allerdings auch damit begründet, dass die Relevanz des Verfahrensmangels nicht nachvollziehbar behauptet worden sei, weil die Beklagte nicht dargelegt habe, welche richtig übersetzte Version der Dienstzeugnisse der Entscheidung hätte zugrunde gelegt werden müssen. Sie habe auch nicht dargestellt, welche Beschäftigungszeiten bei den slowenischen Dienstgebern unrichtig sein sollten.

[4] 2.3. Dies ist nicht zu beanstanden. In der Mängelrüge der Berufung wurde nämlich keine konkrete Sachverhaltsfeststellung genannt, die aufgrund einer fremdsprachigen Beweisurkunde unrichtig getroffen worden wäre. Darauf, dass die Feststellung zu den Beschäftigungszeiten nicht ausschließlich auf die Dienstzeugnisse, sondern ganz offenkundig auch auf den Lebenslauf gegründet wurde, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen.

[5] 2.4. Zudem ist das Erfordernis, in einer Mängelrüge wegen der Verwertung einer fremdsprachigen Urkunde den Fehler der vom Erstgericht zugrunde gelegten Übersetzung darzulegen, durch die Judikatur des Obersten Gerichtshofs gedeckt (4 Ob 138/06g; 10 Ob 9/11p).

[6] Die Behauptung in der Revision, dass ein solches Berufungsvorbringen mangels Sprachkenntnissen nicht möglich gewesen wäre, überzeugt nicht, weil sich die Beklagte erforderlichenfalls eine Übersetzung beschaffen hätte können. Gerade in der gegenständlichen Konstellation, in der sie – in Anwesenheit einer Dolmetscherin – im Rahmen der Urkundenerklärung durch inhaltliches Vorbringen zum Urkundeninhalt zu erkennen gegeben hat, dass sie diesen versteht, war ihr dies auch ohne Weiteres zumutbar.

[7] 2.5. Weshalb in diesem Zusammenhang eine Überraschungsentscheidung iSd § 182a ZPO durch das Berufungsgericht vorliegen soll, führt die Revisionswerberin nicht aus. Soweit sie sich auf einen erstgerichtlichen Erörterungsmangel bezieht, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie einen solchen in der Berufung nicht geltend gemacht hat. Im Übrigen hat sie das in der Revision genannte zusätzliche Vorbringen (vgl RS0037300 [T48]) ohnehin erstattet, auch die gewünschten Beweisaufnahmen wurden vom Erstgericht bereits durchgeführt.

[8] 3.1. Da das Berufungsgericht damit eine gesetzmäßig ausgeführte Mängelrüge zutreffend verneint hat, kommt seinen weiteren Hilfsbegründungen zur fehlenden Relevanz des Verfahrensmangels keine Bedeutung für die Lösung des gegenständlichen Falls zu.

[9] 3.2. Dies gilt insbesondere auch für die vom Berufungsgericht angeführte Rechtsprechung, wonach der Arbeitgeber in bestimmten Konstellationen aufgrund seiner Fürsorgepflicht bzw vorvertraglicher Aufklärungspflichten den Arbeitnehmer darauf aufmerksam machen muss, dass bestimmte Unterlagen oder Zeugnisse zur Anrechnung von Vordienstzeiten noch fehlen (RS0065016). Demnach erweist sich auch die weitere in der Revision als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob dies auch bei einer Anstellung im Rahmen eines Förderprogramms des AMS gelte, als nicht präjudiziell für den gegenständlichen Fall.

[10] 4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

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