European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0030NC00036.24K.0716.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Für die Bewilligung und den Vollzug der von der betreibenden Partei beabsichtigten Rechteexekution wird das Bezirksgericht Salzburg als örtlich zuständiges Gericht bestimmt.
Hingegen wird der Antrag auf Bestimmung eines zuständigen Gerichts für die weiters beabsichtigte Fahrnis‑ und Forderungsexekution abgewiesen.
Der Antrag der betreibenden Partei auf Kostenzuspruch wird zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Der Betreibende hat gegen die Verpflichtete, eine Gesellschaft mit Sitz in Malta, ein rechtskräftiges und vollstreckbares Urteil auf Rückzahlung von Spielverlusten erwirkt.
[2] Nach dem Vorbringen im Ordinationsantrag weigere sich die Verpflichtete, dieses Urteil zu erfüllen. Sie verfüge über kein Vermögen im Inland, weshalb eine Zwangsvollstreckung in Österreich aussichtslos sei. Die Republik Malta habe angesichts zahlreicher vergleichbarer Urteile gegen dort ansässige Glücksspielbetreiber mit der sogenannten Bill No 55 auf die Spruchpraxis österreichischer Gerichte reagiert. Gemäß Art 56A lit a CAP 583 seien Klagen (unter anderem) gegen einen Lizenzinhaber im Zusammenhang mit der Erbringung einer Glücksspieldienstleistung ausgeschlossen, wenn sie der Rechtmäßigkeit der Erbringung von Glücksspieldienstleistungen in oder von Malta aus aufgrund einer behördlichen Lizenz oder der Rechtmäßigkeit einer rechtlichen oder natürlichen Verbindlichkeit, die aus der Erbringung solcher Glücksspieldienstleistungen resultiere, entgegenstehe oder diese untergrabe, und sich auf eine zugelassene Tätigkeit beziehe, die gemäß diesem Gesetz oder anderer anwendbarer Regelungsinstrumente rechtmäßig sei. Ferner bestimme Art 56A lit b CAP 583, dass maltesische Gerichte die Anerkennung oder Vollstreckung ausländischer Urteile und/oder Entscheidungen zu verweigern haben, die aufgrund einer Klage der in lit a genannten Art ergangen seien. Die Exekutionsführung in Malta sei daher aussichtslos. Der in Österreich ansässige Betreibende beabsichtige, die Domain „www.*.at“, deren Inhaberin die Verpflichtete sei, pfänden und verkaufen zu lassen und zudem das Kontoguthaben der Verpflichteten bei der Bank of Valetta in Exekution zu ziehen.
Rechtliche Beurteilung
[3] Der Ordinationsantrag ist teilweise berechtigt:
[4] 1.1. Eine Ordination ist auch in Exekutionssachen zulässig, wenn es an einem örtlich (bzw international örtlich) zuständigen inländischen Gericht mangelt (RS0053178) und eine der in § 28 Abs 1 JN normierten Voraussetzungen vorliegt. Im Anlassfall kommt als Rechtsgrundlage für die Bestimmung eines zuständigen Gerichts § 28 Abs 1 Z 2 JN in Betracht. Danach ist die Bestimmung eines örtlich zuständigen Gerichts durch den Obersten Gerichtshof (nur) dann zulässig, wenn die betreibende Partei ihren Wohnsitz im Inland hat und im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder nicht zumutbar wäre (3 Nc 12/23d mwN). Im Anwendungsbereich der EuGVVO ist eine Ordination für Verfahren gegen Parteien, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, nur in Ausnahmefällen möglich (RS0053178 [T3 und T7]). Eine solche Ausnahme liegt grundsätzlich dann vor, wenn der Versuch einer Exekutionsführung im Ausland gescheitert ist oder die beabsichtigte zwangsweise Rechtsdurchsetzung nach der Rechtsprechung im anderen Mitgliedstaat generell nicht bewilligt würde (3 Nc 12/23d mwN).
[5] 1.2. Der Betreibende hat bescheinigt, dass die maltesischen (Exekutions-)Gerichte das neue Gesetz Nr XXI/2023 zur Anpassung des Glücksspielgesetzes (Cap 583) auf österreichische Urteile in Glücksspielfällen anwenden und die Vollstreckung von Urteilen ablehnen, mit denen ein maltesischer Glücksspielanbieter zur Rückzahlung von Spielverlusten verpflichtet wurde (vgl dazu auch schon 3 Nc 10/24m). Es ist daher davon auszugehen, dass Exekutionen gegen maltesische Glücksspielanbieter aufgrund österreichischer Urteile in Malta derzeit nicht bewilligt werden und die Rechtsdurchsetzung in Malta daher unzumutbar ist. Der Betreibende hätte zwar noch die Möglichkeit, bei der Europäischen Kommission die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Malta anzuregen. Da auf die Einleitung eines solchen Verfahrens aber kein Rechtsanspruch besteht, wird durch diese Möglichkeit die Unzumutbarkeit der Rechtsdurchsetzung nicht beseitigt.
[6] 2. Angesichts der dargelegten Rechtslage und Rechtsprechung in Malta sind die Voraussetzungen für eine Ordination gemäß § 28 Abs 1 Z 2 JN im Anlassfall grundsätzlich erfüllt. Bei der beabsichtigten Exekution auf die Rechte aus einer at-Internet-Domain befindet sich das Exekutionsobjekt im Inland (vgl 3 Nc 10/24m mwN). Hingegen gilt dies nicht auch für die von der Betreibenden zusätzlich beabsichtigte Exekution durch Pfändung des Kontoguthabens der Verpflichteten bei der Bank of Valetta (und für die zwar nicht im Ordinationsantrag, wohl aber in dem angeschlossenen und verwiesenen Entwurf eines Exekutionsantrags angeführte Pfändung und den Verkauf von am Sitz der Verpflichteten in Malta vorhandenen Fahrnissen). Insoweit war der Ordinationsantrag abzuweisen.
[7] 3. Als örtlich zuständiges Exekutionsgericht für die beabsichtigte Rechteexekution ist das Bezirksgericht Salzburg zu bestimmen, weil die N*.at GmbH als Registrierungsstelle der von der Exekution betroffenen Domains der Verpflichteten im Sprengel dieses Gerichts ihren Sitz hat.
[8] 4. Im Ordinationsverfahren findet kein Kostenersatz statt, weil es sich dabei um ein einseitiges Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof handelt, dem der Gegner nicht beigezogen wird (3 Nc 10/24m mwN).
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