European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0120OS00047.24I.0627.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Jugendstrafsachen
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte * K*des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 8. Juni 2023 in W* * G* durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) eine fremde bewegliche Sache, nämlich dessen Jogginghose, unter Verwendung einer Waffe, nämlich eines Springmessers, mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er vom Genannten die Jogginghose unter dem Vorwand der Anprobe herauslockte (US 3 f) und, als G* und sein Bruder diese zurückverlangten, das Messer aus seiner Hosentasche hervorzog, es mit der Klinge in ihre Richtung hielt und sagte, dass er jetzt gehen werde, sonst gebe es Probleme, und im Anschluss mit der Jogginghose flüchtete.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
[4] Der Behandlung der Mängelrüge wird vorausgeschickt, dass die Tat bei von vornherein auf die Anwendung räuberischer Mittel zum Zweck der Wegnahme oder des Abnötigens einer Sache gerichtetem Tätervorsatz auch dann als Raub zu beurteilen ist, wenn der Täter dem Opfer die Beute unter einem Vorwand herauslockte und die unmittelbar nachfolgende Anwendung der räuberischen Mittel gegen den zu erwartenden Widerstand des Opfers einkalkulierte (vgl RIS‑Justiz RS0124007; vgl auch RIS‑Justiz RS0093841 [insbesondere T6, T7] zur bloßen Lockerung der Gewahrsame des Opfers an der dem Angeklagten zunächst freiwillig zum „unmittelbaren Gebrauch in Gegenwart des Eigentümers“ überlassenen Sache). Demnach betrifft die Frage, ob der Angeklagte das Springmesser vor oder während des Ausziehens anderer zur Anprobe übernommener Kleidung oder erst dann vorzeigte, als es G* gelang, eine zu Boden gefallene Weste an sich zu bringen, aufgrund des konstatierten, vor der Tatbegehung gefassten Vorsatzes des Angeklagten, das Springmesser zur Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben bei von ihm erwartetem Widerstand einzusetzen (US 4), keine für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage entscheidende Tatsache, die allein Bezugspunkt des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes der Z 5 erster Fall des § 281 Abs 1 StPO ist (RIS‑Justiz RS0117499; vgl im Übrigen zur Berufung auf den Zweifelsgrundsatz RIS‑Justiz RS0102162).
[5] Die Tatrichter leiteten diese Feststellung zur subjektiven Tatseite ohne Verstoß gegen die Kriterien logischen Denkens und grundlegende Erfahrungssätze aus der gezielten Mitnahme des Messers zum Treffen und dem Vorschlag des Angeklagten ab, den Tausch in einem von Sicherheitskameras nicht erfassten Bereich vorzunehmen (US 7). Mit dem dagegen gerichteten Einwand, dass ganz unterschiedliche Gründe für das Mitführen und den Einsatz des Messers denkbar seien, bekämpft die Beschwerde (nominell Z 5 vierter Fall) – außerhalb der Anfechtungskategorien der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO – lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter (vgl aber RIS‑Justiz RS0098400 [T10]).
[6] Mit eigenen Schlussfolgerungen aus den von den Tatrichtern umfassend gewürdigten Aussagen des Angeklagten und der Brüder G* (US 5 ff) weckt die Tatsachenrüge (Z 5a) keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen zur subjektiven Tatseite.
Die einen Schuldspruch nach § 131 StGB anstrebende Subsumtionsrüge (Z 10) entfernt sich mit der Behauptung, der Angeklagte habe die Drohung mit dem Springmesser nicht dazu eingesetzt, die Gewahrsame an der Jogginghose zu erlangen, vom festgestellten Sachverhalt, wonach sich die Beteiligten in einem verglasten Wartebereich befanden, dem Angeklagten der Ausgang durch die Brüder G* versperrt war und er – von ihm von vornherein eingeplant – mit dem Springmesser drohte, um * G* zur (unter anderem) „vollkommenen Überlassung“ der Jogginghose zu veranlassen (US 3 f).
[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur –bereits bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die (implizierte) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
[8] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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