OGH 15Os45/24t

OGH15Os45/24t26.6.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juni 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Mann und Dr. Sadoghi und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in Gegenwart des Schriftführers Edermaier‑Edermayr, LL.M. (WU), in der Strafsache gegen * L* wegen des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 16. Jänner 2024, GZ 41 Hv 7/23z‑49.3, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0150OS00045.24T.0626.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Aktendem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant wurde mit dem angefochtenen Urteil * L* jeweils eines Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB und des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er

I./ im Zeitraum von 1. November 2021 bis 29. Juni 2022 in M* ihm anvertraute Güter, nämlich Elektrowerkzeuge und Elektrogeräte im Gesamtwert von 1.897,25 Euro, die ihm von Vertragshändlern als Retoure übergeben wurden, sich mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zugeeignet, indem er sie entgegen seiner vertraglichen Verpflichtung weder der T* GmbH zurückstellte, noch in Absprache an andere Kunden weiterreichte, sondern für sich behielt oder verwertete;

II./ im Zeitraum von August 2021 bis Februar 2022 gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch die wahrheitswidrige Vorgabe, sich Elektrowerkzeuge und Elektrogeräte der Marke M* auszuborgen, weil er diese dringend für andere Kunden benötige, und sie anschließend entweder durch neue zu ersetzen oder im Gegenzug eine Gutschrift durch die T* GmbH ausstellen zu lassen, zur Herausgabe nachstehender Elektrowerkzeuge und -geräte verleitet, wodurch die nachgenannten Unternehmen insgesamt in einem Betrag von 21.449,41 Euro am Vermögen geschädigt wurden, und zwar

1./ im Februar 2022 in W* Verfügungsberechtigte der J* GmbH zur Herausgabe eines Akku-Schlagschraubers im Wert von 271,86 Euro;

2./ im Februar 2022 in W* Verfügungsberechtigte der B* GmbH zur Herausgabe eines Akkusets inklusive Akkus und einem Ladegerät, eines Akku-Bohrschraubers inklusive Akkus und einem Ladegerät, eines Akku-Handstaubsaugers und eines Akku-Gebläses im Gesamtwert von 598 Euro;

3./ im August 2021 in P* Verfügungsberechtigte der L* GmbH zur Herausgabe von zehn Akkumaschinen-Sets inklusive Akkus und Ladegeräte im Gesamtwert von 8.205,60 Euro;

4./ im Oktober 2021 in L* Verfügungsberechtigte der B* GmbH zur Herausgabe einer Akku-Kettensäge inklusive eines Akkus und eines Ladegeräts im Wert von 802,80 Euro;

5./ zwischen November 2021 und Februar 2022 in H* in mehreren Angriffen Verfügungsberechtigte der P* GmbH zur Herausgabe von insgesamt acht Einzelgeräten und zehn Akku‑Sets im Gesamtwert von 11.570,60 Euro.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

[4] Die gegen den Schuldspruch zu I./ und II./gleichermaßen erhobeneMängelrüge (Z 5 zweiter Fall) richtet sich gegen die Feststellungen (US 4 ff) zum Wertbetrag (I./) und zu den Schadenssummen (II./) und behauptet, das Erstgericht habe den Zeitwert der Elektrowerkzeuge und -geräte betreffende Verfahrensergebnisse unberücksichtigt gelassen. So habe der Zeuge * Z* hinsichtlich der Preise der Elektrogeräte lediglich Mutmaßungen angestellt, über den Zustand der Ware keine Angaben machen können und zum allfälligen Gebrauch von Geräten ausgesagt, dass dieser von den „Demoteamleuten“ unterschiedlich gehandhabt worden sei(ON 26.2, 39 ff). Demnach habe das Erstgericht „nicht zwingend“ davon ausgehen können, dass es sich bei den Elektrowerkzeugen und -geräten um durchwegs neuwertige Ware gehandelt habe.

[5] Unvollständigkeit iSd § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO liegt nur vor, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (RIS‑Justiz RS0098646). Entscheidend sind aber nur jene Tatsachen, die entweder auf die Unterstellung der Tat unter ein bestimmtes Strafgesetz oder auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluss haben, nicht hingegen solche Umstände, die nur für die Strafzumessung von Bedeutung sind. Demnach sind konkrete Wert- oder Schadensbeträge nur dann subsumtionsrelevant, wenn sie eine Wertgrenze tangieren (RIS‑Justiz RS0117499, RS0099497 [T16]).

[6] Inwieweit die als übergangen reklamierten Passagen der Aussage des Zeugen Z* solcherart Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen berühren, macht die Beschwerde nicht klar. Bleibt anzumerken, dass die aufgezeigten Aussagedetails auch keine erheblichen Tatsachen, also solche betreffen, die geeignet sind, die dem Gericht durch die Gesamtheit der übrigen Beweisergebnisse vermittelte Einschätzung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen einer entscheidenden Tatsache maßgebend zu beeinflussen (RIS-Justiz RS0116877 [T1]) und das Erstgericht – entsprechend dem Gebot zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) – zu einer Erörterung sämtlicher Details einer Zeugenaussage im Übrigen nicht verhalten ist (RIS‑Justiz RS0106642 [T7]).

[7] Soweit die Rüge auf eine Angabe des Vertreters der Privatbeteiligten T* GmbH anlässlich der Konkretisierung der privatrechtlichen Ansprüche (ON 35.3, 6) rekurriert, bezieht sie sich nicht auf ein in der Hauptverhandlung iSd § 258 Abs 1 StPO vorgekommenes (wesentliches) Verfahrensergebnis (vgl RIS‑Justiz RS0118316, RS0119221; Danek/Mann, WK‑StPO § 255 Rz 26; Lendl, WK‑StPO § 258 Rz 5).

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

[9] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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