OGH 1Ob82/24a

OGH1Ob82/24a25.6.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W* L*, vertreten durch Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen die beklagte Partei A* AG, *, vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 5.100 EUR, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Berufungsgericht vom 21. März 2024, GZ 2 R 41/24s‑33, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Steyr vom 22. Dezember 2023, GZ 13 C 667/20m‑27, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00082.24A.0625.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Konsumentenschutz und Produkthaftung

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 498,51 EUR (darin enthalten 79,59 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur die Frage der Höhe des Minderwerts des mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs des Klägers.

[2] Der Kläger begehrt von der beklagten Herstellerin 5.100 EUR an Schadenersatz infolge Schutzgesetzverletzung wegen des Vorhandenseins einer unzulässigen Abschalteinrichtung. Das entspricht einer Minderung des von ihm gezahlten Kaufpreises von 30 %.

[3] Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts, mit der dieses dem Kläger 1.700 EUR sA an Schadenersatz zugesprochen, das Mehrbegehren jedoch abgewiesen hatte. Der vom Erstgericht aufgrund der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen mit 10 % des Kaufpreises festgesetzte Ersatzbetrag sei nicht zu beanstanden.

[4] Die Revision erklärte es für zulässig, weil aufgrund der Entscheidung „10 Ob 27/23b noch nicht von einer gefestigten Rechtsprechung ausgegangen werden kann und die Bemessung des Schadens beim Erwerb eines Fahrzeugs, das ursprünglich mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet war, die jedoch aufgrund eines später angebotenen Software‑Updates beseitigt hätte werden können,“ über den Einzelfall hinausgehe. Überdies liege „noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Taxi‑ bzw Höhenabschaltung vor“.

[5] Dagegen richtet sich die von der Beklagten beantwortete Revision des Klägers, die entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig ist.

Rechtliche Beurteilung

[6] 1. Die vom Berufungsgericht in seinem Zulassungsausspruch als erheblich im Sinn von § 502 Abs 1 ZPO erachteten (theoretischen) Rechtsfragen werden von den Parteien nicht angesprochen und wären auch nicht zu beantworten. Durch das vorhandene Software‑Update der beklagten Herstellerin kann das bestehende Thermofenster nur ausgeweitet werden, sodass – was auch das Berufungsgericht so sieht – weiterhin eine unzulässige Abschalteinrichtung besteht. Infolge Vorliegens dieser unzulässigen Abschalteinrichtung ging das Berufungsgericht selbst auf Fragen zur „Höhenabschaltung und der Taxifunktion“ nicht ein, sodass nicht ersichtlich ist, warum diese im gegenständlichen Fall überhaupt relevant sein könnten.

[7] 2. Mittlerweile besteht eine gefestigte höchstgerichtliche Rechtsprechung, wonach der primär nach unionsrechtlichen Anforderungen zu bestimmende Ersatz des Minderwerts im Sinn des § 273 Abs 1 ZPO nach freier Überzeugung innerhalb einer Bandbreite von 5 % bis 15 % des vom Kläger gezahlten und dem Wert des Fahrzeugs angemessenen Kaufpreises festzusetzen ist. Dabei kann auch ein von der Partei angebotener Beweis (Sachverständigengutachten) übergangen werden (RS0134498). Bei Feststellbarkeit des Minderwerts des angekauften Fahrzeugs im Ankaufszeitpunkt ist jener zu ersetzen (RS0134498 [T6]). Ist dies – wie hier – nicht der Fall, ist auf die Ausmittlung nach § 273 Abs 1 ZPO in der Bandbreite von 5 % bis 15 % zurückzugreifen. Die Vorgangsweise der Vorinstanzen ist daher durch höchstgerichtliche Rechtsprechung gedeckt.

[8] 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 und § 50 ZPO. Die Beklagte wies auf die fehlende Zulässigkeit der Revision hin und hat damit Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung.

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