European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:010OBS00034.24H.0514.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Sozialrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Revisionsgegenständlich ist die Frage, ob der in Österreich beschäftigten und in der Schweiz wohnhaften Klägerin ein Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens zusteht, obwohl sie die Voraussetzung des § 2 Abs 1 Z 4 KBGG iVm § 24 Abs 1 Z 1 KBGG nicht erfüllt, wonach der Elternteil und das Kind den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben müssen.
[2] 2. Diese Frage wird vom Obersten Gerichtshof bejaht: Aus Art 7 VO (EG) 883/2004 („Aufhebung der Wohnortklauseln“) folgert die Rechtsprechung, dass der Anspruch weder dem Grunde noch der Höhe nach von einem Wohnsitz im Inland abhängig gemacht werden darf. Der Umstand, dass die Klägerin und das Kind den Mittelpunkt der Lebensinteressen (nicht im Bundesgebiet, sondern) in der Schweiz haben, steht dem Anspruch auf einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld aufgrund des Anwendungsvorrangs der VO (EG) 883/2004 somit nicht entgegen.
[3] 3. Aus diesem Grund wies der Oberste Gerichtshof die außerordentliche Revision der Beklagten im Verfahren zu 10 ObS 26/24g in einer vergleichbaren Konstellation mit Beschluss vom 16. 4. 2024 zurück. Entgegen dem Verständnis der Beklagten ist aus der Rechtsprechung nicht abzuleiten, die VO (EG) 883/2004 sei nicht anzuwenden, wenn einander (wie im Verhältnis zur Schweiz) keine gleichartigen Leistungen der betroffenen Mitgliedstaaten gegenüberstehen; lediglich die Anwendbarkeit der Prioritätsregeln des Art 68 VO (EG) 883/2004 sind vom Zusammentreffen gleichartiger Familienleistungen abhängig. Auch eine verfassungsrechtlich bedenkliche Inländerdiskriminierung ist nicht ersichtlich.
[4] 4. Die – im Wesentlichen wortgleiche – außerordentliche Revision im vorliegenden Verfahren gibt keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen.
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