OGH 15Os32/24f

OGH15Os32/24f17.4.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. April 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Mann und Dr. Sadoghi und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Weißmann in der Strafsache gegen * R* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 20. Oktober 2023, GZ 64 Hv 113/23b‑239, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0150OS00032.24F.0417.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * R* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG (I./), des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster Satz zweiter Fall SMG (II./) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (III./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in S* vorschriftswidrig Suchtgift

I./ von Jänner 2021 bis 3. April 2023 in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 64,45 Gramm Heroin in Reinsubstanz (US 4) sowie drei Gramm Cannabiskraut (beinhaltend 0,87 % Delta‑9‑THC und 11,41 % THCA)im Urteil namentlich genannten Abnehmern überlassen;

II./ seit einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt bis 3. April 2023 in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, und zwar 4,99 Gramm Heroin in Reinsubstanz und 2,17 Gramm Cocain in Reinsubstanz (US 5), mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde;

III./ seit einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt bis 3. April 2023 Heroin und Cocain ausschließlich zum persönlichen Gebrauch besessen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Gegen den Strafausspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Die Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) reklamiert, dass das Schöffengericht seine Strafbefugnis insoweit überschritten habe, als es von dem nach § 39 Abs 1 StGB erhöhten Strafrahmen ausgegangen sei und dabei die Rückfallsverjährungsfrist des § 39 Abs 2 StGB außer Acht gelassen habe. Die (letzte) Verurteilung vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 8. April 2015 zum AZ 161 Hv 28/15s wegen § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall, Abs 3 SMG, § 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen habe zur Verhängung einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten geführt, die am 23. Dezember 2015 vollzogen gewesen sei (siehe dazu US 3). Die erste Anlasstat sei erst im Jänner 2021, solcherart mehr als fünf Jahre nach Ende dieses Vollzugs begangen worden.

[5] Die Rüge verfehlt die Ausrichtung am Prozessrecht (zur Geltendmachung fehlender Urteilskonstatierungen zum Ausnahmesatz des § 39 Abs 2 StGB als Feststellungsmangel siehe RIS‑Justiz RS0133805), indem sie die weiteren Sachverhaltsannahmen des Erstgerichts außer Acht lässt (RIS‑Justiz RS0118580 [T24]). Danach wurde der Angeklagte mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 31. März 2010 zum AZ 154 Hv 113/09f wegen „Suchtgiftdelinquenz“ zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt, die anlässlich des Urteils des (richtig:) Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 8. April 2015 zum AZ 161 Hv 28/15s mit Beschluss vom selben Tag widerrufen wurde und die er – im Anschluss an diese Verurteilung – bis zum 8. Juli 2016 (vollständig) verbüßte (US 3).

[6] Im Hinblick darauf, dass Zeiten, in denen der Verurteilte auf behördliche Anordnung angehalten worden ist, nicht in die Rückfallsverjährungsfrist eingerechnet werden (§ 39 Abs 2 zweiter Satz StGB; näheres in Flora in WK2 StGB § 39 Rz 34; Tipold in Leukauf/Steininger, StGB Update 2020 § 39 StGB Rz 12 f; Fabrizy/Michel‑Kwapinski/Oshidari, StGB14 § 39 Rz 4), erklärt die Sanktionsrüge nicht, warum die Anlasstat vom Jänner 2021 nicht innerhalb der fünfjährigen, für die Dauer des siebenmonatigen Vollzugs gehemmten, Frist begangen wurde.

[7] Der Nichtigkeitswerber zeigt demnachnicht auf, weshalb das Ersturteil neben einer entsprechenden Feststellungsgrundlage zur rechtsfehlerfreien Annahme gemäß § 39 Abs 1 StGB erweiterter Strafbefugnis (RIS‑Justiz RS0134000, RS0091410; zur Unbeachtlichkeit der Reihenfolge der Vorverurteilungen und des Vollzugs siehe Flora in WK2 StGB § 39 Rz 18 mwN; kritisch Bruckmüller, SbgK § 39 Rz 105, 113) keine klärenden Sachverhaltsannahmen zum diese Strafbefugnis betreffenden Ausnahmesatz des § 39 Abs 2 StGB in Form des Nichtablaufs der Rückfallsverjährungsfrist enthalten soll.

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

[9] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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