OGH 15Os11/24t

OGH15Os11/24t17.4.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. April 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Mann und Dr. Sadoghi sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in Gegenwart der Mag. Weißmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen J* K* wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Geschworenengericht vom 5. Dezember 2023, GZ 40 Hv 7/23t‑224.8, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Oberstaatsanwalt Dr. Sprajc, des Angeklagten und seiner Verteidiger, DDr. Dohr LL.M., LL.M., und Dr. Mayer, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0150OS00011.24T.0417.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

Die Nichtigkeitsbeschwerde wirdverworfen.

In Stattgebung der Berufung wird über J* K* eine Freiheitsstrafe von 20 Jahren verhängt.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde J* K* des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB (I.) und des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB (II.) schuldig erkannt und zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

[2] Danach hat er – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – am 24. August 2022 in O*

(I.) seine Ehegattin C* K* vorsätzlich getötet, indem er ihr mit einem achtkantigen Spitzmeißel 15 wuchtige Schläge gegen den Schädel versetzte.

[3] Die Geschworenen bejahten die zum Verbrechen des Mordes (§ 75 StGB) gestellte Hauptfrage; die nach dem Verbrechen des Totschlags (§ 76 StGB) gestellte Eventualfrage blieb unbeantwortet.

Rechtliche Beurteilung

[4] Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6 und 8 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Diese verfehlt ihr Ziel.

[5] Die Fragenrüge (Z 6) erblickt einen Verstoß gegen § 317 StPO darin, dass in der Abfassung der Fragen an die Geschworenen nach der „1. Hauptfrage“ die Passage „2. Eventualfrage (gerichtet auf das Verbrechen des Totschlags nach § 76 StGB; nur zu beantworten für den Fall der Verneinung der Verneinung der Hauptfrage 1.)“ enthalten ist (ON 224.4). Die doppelte Verneinung lasse ihr Wesen als Eventualfrage nicht erkennen, sondern mache sie zur Zusatzfrage.

[6] Dem ist jedoch zu erwidern, dass dieser offenkundige Schreibfehler das Wesen als Eventualfrage unberührt ließ (vgl Ratz, WK‑StPO § 345 Rz 24) und – angesichts ausdrücklicher Bezeichnung und logischer Reihenfolge der Fragestellung (vgl RIS‑Justiz RS0100904, RS0100928 [insb T1]) – auch nichts an der Erkennbarkeit als solche änderte (vgl Lässig, WK‑StPO § 317 Rz 7 f).

[7] Entgegen der weiteren Rüge war die Hauptfrage zum Verbrechen des Mordes unmissverständlich auf die vorsätzliche Tötung der C* K* gerichtet (§ 312 Abs 1 StPO). Die § 75 StGB entnommene Wortfolge „einen anderen“ brachte in diesem Zusammenhang lediglich die Fragestellung nach der Tötung eines vom Täter verschiedenen Menschen zum Ausdruck (vgl Nimmervoll in Leukauf/Steininger, StGB4 § 75 Rz 1).

[8] Die Instruktionsrüge (Z 8) kritisiert, die doppelte Verneinung in der Überschrift zur Eventualfrage hätte auch die Rechtsbelehrung undeutlich und in sich widersprüchlich gemacht. Damit bringt sie jedoch keinen Fehler in der – das Verhältnis der Hauptfrage und der Eventualfrage zueinander deutlich und bestimmt erklärenden (ON 224.3, 2, 6) – Rechtsbelehrung (§ 321 Abs 2 StPO) zur Darstellung.

[9] Warum die (an § 507 Abs 1 und 2a Geo iVm § 8a Abs 2 Z 1 DV‑StAG angelehnte) Bezeichnung der Strafsache auf dem Deckblatt der Rechtsbelehrung der Geschworenen unter Nennung (nur) jener strafbaren Handlungen, die der Anklageschrift zugrunde gelegt wurden („wegen § 75 StGB, § 298 Abs 1 StGB“), ohne auch die eventualiter infrage kommende Strafbestimmung anzuführen, geeignet sein sollte, bei den Geschworenen eine aus Z 8 relevante „unrichtige Vorstellung über die Rechtslage“ herbeizuführen, ist nicht ersichtlich.

[10] Auch mit seinem die Niederschrift nach § 331 Abs 3 StPO (ON 224.5) interpretierenden Vorbringen, mit welchem er mutmaßt, dass die Geschworenen „auf Grund des Deckblattes“ bei der Beantwortung der 1. Hauptfrage irrtümlich vom Geständnis eines Mordes statt einer Tötung im Affekt ausgegangen seien, zeigt der Beschwerdeführer keine Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung auf (vgl RIS‑Justiz RS0100947).

[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen (§§ 344, 288 Abs 1 StPO).

[12] Bei der Beurteilung der Straffrage im Rahmen der Entscheidung über die Berufung (§§ 344, 296 Abs 1 StPO) waren das Zusammentreffen eines Verbrechens und eines Vergehens (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) sowie die Begehung einer vorsätzlichen strafbaren Handlung nach dem ersten Abschnitt des Besonderen Teils gegen eine Angehörige (§ 33 Abs 2 Z 2 StGB) unter Einsatz eines außergewöhnlich hohen Ausmaßes an Gewalt und einer Waffe (§ 33 Abs 2 Z 5 und 6 StGB) als erschwerend zu werten. Unter allgemeinen Strafbemessungsaspekten (§ 32 Abs 3 StGB) wirkten die finanzielle Motivation (zu I.) und die sorgfältige Planung (zu II.) schulderhöhend. Mildernd waren der bisher ordentliche Lebenswandel, zu welchem die Taten im auffallenden Widerspruch standen (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB), der Beitrag zur Wahrheitsfindung (zu I.) und das reumütige Geständnis (zu II.; § 34 Abs 1 Z 17 StGB) in Anschlag zu bringen. Der reklamierte Milderungsgrund nach § 34 Abs 1 Z 8 StGB schied aufgrund der Entscheidung der Geschworenen aus (RIS-Justiz RS0091053 [T4]).

[13] Aufgrund des Gewichts der Taten, der besonderen Strafbemessungsgründe, darunter des langen ordentlichen Lebenswandels (RIS‑Justiz RS0091502), der persönlichen Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) sowie spezial‑ und generalpräventiver Erfordernisse war die höchstmögliche zeitliche (statt einer lebenslangen) Freiheitsstrafe angemessen.

[14] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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