OGH 12Os19/24x

OGH12Os19/24x21.3.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. März 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Weißmann in der Strafsache gegen G* M* wegen der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 4. Dezember 2023, GZ 25 Hv 92/23k‑13, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0120OS00019.24X.0321.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Sexualdelikte

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufungen hat das Oberlandesgericht Innsbruck zu entscheiden.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde G* M* der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 3 StGB (1./), der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB (2./), der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (3./) und des Vergehens der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB (4./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in S*

1./ im Jänner 2023, am 9. Februar 2023 sowie in der Nacht zum 18. März 2023 eine mit ihm in absteigender Linie verwandte minderjährige Person, nämlich seine am 7. Dezember 2006 geborene (US 3) Tochter S* M* durch eine intensive Berührung einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle, nämlich durch Streicheln ihres Gesäßes, in ihrer Würde verletzt;

2./ eine wehrlose Person unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er mit ihr

a./ am 16. Februar 2023, in der Nacht zum 10. April 2023 undzum 14. Mai 2023 dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen vornahm, indem er die stark alkoholisierte S* M* digital vaginal penetrierte und an ihr am 16. Februar 2023 zudem den Oralverkehr vornahm;

b./ in der Nacht zum 14. Mai 2023, indem er mit der stark alkoholisierten S* M* den Beischlaf in Form des vaginalen Geschlechtsverkehrs vornahm;

3./ in der Nacht zum 18. März 2023 sowie zum 26. März 2023, indem er S* M* im Genitalbereich berührte sowie durch die zu 2./ dargestellten Taten mit dieser, somit mit einer mit ihm in absteigender Linie verwandten minderjährigen Person, eine geschlechtliche Handlung vornahm;

4./ durch die zu 2./b./ dargestellte Tat mit einer Person, die mit ihm in gerader Linie verwandt ist, nämlich mit seiner Tochter, den Beischlaf vollzogen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Gegen den Schuldspruch 2./ richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider hat der erkennende Senat die Urteilskonstatierungen zur Wehrlosigkeit infolge einer erheblichen Alkoholisierung nicht unvollständig begründet. Das auf Aussagedetails des Opfers im Rahmen der kontradiktorischen Vernehmung bezugnehmende Vorbringen, wonach es regelmäßig Alkohol konsumiere, diesen gut vertrage, die Vorfälle mit dem Vater mitbekommen habe und auch in der Lage gewesen sei, entsprechend zu reagieren, unterlässt – anders als zur prozessförmigen Ausführung einer Mängelrüge geboten (RIS‑Justiz RS0116504, RS0119370) – die Bezugnahme auf die Beweisergebnisse in ihrer Gesamtheit. Es übergeht nämlich die – sehr wohl gewürdigten (US 12 f) – Angaben der S* M*, wonachsie, wenn sie betrunken sei, zwar körperlich in der Lage wäre, anders zu reagieren, nicht aber psychisch (zum Begriff der Wehrlosigkeit siehe RIS‑Justiz RS0119550 [T3]; Philipp in WK2 StGB § 205 Rz 7, Fabrizy/Michel‑Kwapinski/Oshidari, StGB14 § 205 Rz 1).

[5] Worin ein von der Rüge (Z 5 dritter Fall) hierbei erblickter Widerspruch liegen soll, macht sie nicht klar.

[6] Indem die Mängelrüge ferner anhand von Vorbringen zur Alkoholisierung des Angeklagten sowie einer – ebenfalls erwogenen (US 12 f, 15) – Verwechslung und daraus folgenden, angeblichen Zärtlichkeiten des Opfers eigenständig die Hypothese entwickelt, es würden „erhebliche Zweifel am Vorliegen eines bedingten Vorsatzes“ zu 2./b./ bestehen, verliert sie sich in einem Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

[8] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte