European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00128.23A.0320.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Gemäß § 6 Abs 1 AußStrG müssen sich die Parteien in Verfahren, in denen sich – wie hier – Anträge zweier oder mehrerer Parteien gegenüberstehen können, im Revisionsrekursverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Nach § 5 Abs 1 EIRAG dürfen in Verfahren mit absoluter Anwaltspflicht – sofern nicht der Fall des § 5 Abs 3 EIRAG vorliegt, worauf sich hier niemand berufen hat (vgl 6 Ob 116/18d; zur Gleichwertigkeit der österreichischen Rechtsanwaltsprüfung mit der Eignungsprüfung iSd EIRAG vgl 4 Ob 192/22x) – europäische Rechtsanwälte (das sind nach § 1 Abs 1 EIRAG Rechtsanwälte anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie anderer Vertragsstaaten des EWR und der Schweiz) als Vertreter oder Verteidiger einer Partei nur im Einvernehmen mit einem in die Liste der Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwalt (Einvernehmensrechtsanwalt) handeln. Das Einvernehmen ist bei der ersten Verfahrenshandlung gegenüber dem Gericht schriftlich nachzuweisen (RS0129660).
[2] 2. Solange das Einvernehmen nicht nachgewiesen ist, ist die Postulationsunfähigkeit der Partei nicht beseitigt (6 Ob 116/18d; 2 Ob 117/17w). Das Fehlen eines Nachweises des Einvernehmens iSd § 5 EIRAG ist ein der Verbesserung zugängliches Formgebrechen (RS0124121). Die Aufforderung zur Verbesserung ist an den ohne nachgewiesenen Einvernehmensrechtsanwalt einschreitenden europäischen Rechtsanwalt zu richten (6 Ob 116/18d).
[3] 3. Gegenständlich enthält die Revisionsrekurs-beantwortung der antragstellenden Kinder, die von einer liechtensteinischen Rechtsanwälte GmbH vertreten werden, wobei Liechtenstein ein Vertragsstaat des EWR ist, weder einen Nachweis des Einvernehmens mit einem in die Liste der Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwalt noch beruft sich die Vertreterin der Kinder auf das Vorliegen und den Nachweis eines Falles des § 5 Abs 3 EIRAG. Das Erstgericht wird daher ein Verbesserungsverfahren einzuleiten und der liechtensteinischen Vertreterin der Kinder die erforderlichen Verbesserungsaufträge zu erteilen haben.
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