OGH 6Ob42/23d

OGH6Ob42/23d21.2.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. K* M*, geboren *, vertreten durch Aigner Rechtsanwalts GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei V* Aktiengesellschaft, FN *, vertreten durch Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen 50.000 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 28. November 2022, GZ 4 R 158/22s‑19, mit dem das Urteil des Landesgerichts Linz vom 29. August 2022, GZ 4 Cg 15/22a‑14, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00042.23D.0221.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Unternehmens-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Der Kläger war von 1987 bis einschließlich September 2019 Vorstandsmitglied der Beklagten bzw Geschäftsführer deren Rechtsvorgängerin. Aktionäre der Beklagten sind unter anderem die „*“ I* Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden „I*“) sowie die „*“ M* Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden „M*“) mit einem Beteiligungsausmaß von jeweils 12,5 %. Bei der I* und der M* handelt es sich um sogenannte Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaften der leitenden Mitarbeiter der Beklagten, deren einziger Gesellschaftszweck das Halten von Anteilen an der Beklagten ist. Umgekehrt ist die Beklagte zu 44,22 % an der I* (rück‑)beteiligt; an der M* besteht keine Beteiligung der Beklagten. An der M* und der I* sind darüber hinaus verschiedene Mitarbeiter der Beklagten beteiligt. Der Kläger ist – bzw war vor der streitgegenständlichen Abtretung an die Beklagte – an der M* mit einem Beteiligungsausmaß von 15,36 % beteiligt, was einer Stammeinlage von 5.376 EUR entspricht.

[2] Das Mitarbeiterbeteiligungsmodell ist auch in der Satzung der Beklagten insoweit verankert, als den Beteiligungsgesellschaften je Vorzugsdividenden zugewiesen werden, damit die Mitarbeiter bevorzugt am Unternehmenserfolg teilhaben können. Im Gegenzug für die Einführung des Mitarbeiterbeteiligungsmodells wurden die vormals bestehenden Vereinbarungen über variable Erfolgskomponenten (Prämien, Bonifikationen etc) für leitende Mitarbeiter gestrichen.

[3] In der Satzung der Beklagten finden sich auszugsweise unter anderem folgende Regelungen zum Mitarbeiterbeteiligungsprogramm:

„[…]

Viertens

Grundkapital und Aktien

4.1 Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt EUR 14,536.000,00 [...] und ist zerlegt in 1,453.600 […] Stück Aktien.

[...]

4.4 Von den bestehenden 1.453.600 Stück Aktien sind 181.700 Stück vinkulierte Vorzugsaktien der Kategorie A, die mit den unter Punkt 4.6 Absatz (ii) bestimmten Rechte verbunden sind, und 181.700 vinkulierte Stück Vorzugsaktien der Kategorie B, mit denen die unter Punkt 4.6 Absatz (iii) bestimmten Rechte verbunden sind. Die Übertragung der Vorzugsaktien der Kategorie A und B bedarf der Zustimmung der Hauptversammlung mit einer Mehrheit von 75 % [...] der abgegebenen Stimmen.

4.5 Mit den Vorzugsaktien ist das Recht des Bezuges einer Vorzugsdividende in Form eines Übergewinnes verbunden.

4.6 […]

(ii) Mit den Vorzugsaktien der Kategorie A ist bis einschließlich zur Verteilung der Dividende für das Geschäftsjahr 2019 durch Beschluss der Hauptversammlung im Jahr 2020 das Recht des Bezuges einer Vorzugsdividende im Ausmaß von 87,5 % [...] und ab der Verteilung der Dividende für das Geschäftsjahr 2020 das Recht des Bezuges einer Vorzugsdividende im Ausmaß von 75 % [...] des gemäß Punkt 4.6 Absatz (i) errechneten Ausgangsbetrages verbunden, allerdings nur soweit und solange, als diese Vorzugsaktien von der M* [...] gehalten werden und (i) die Geschäftsanteile von M* [...] ausschließlich von Personen gehalten werden, die in einem aufrechten Dienst- oder Vorstandsvertragsverhältnis bei [der Beklagten] stehen oder in den vergangenen zwölf Monaten gestanden sind, und (ii) der Unternehmenszweck und/oder Unternehmensgegenstand der M* […] ausschließlich auf die Mitarbeiterbeteiligung an der [Beklagten] gerichtet ist.

Nur in den angeführten Fällen (i) und (ii) gebührt die Vorzugsdividende und entfällt bei einem Verstoß gegen die Regelungen in (i) und/oder (ii). […]

Sollte ein aus dem Vorstandsvertrags- oder Dienstverhältnisses zur [Beklagten] ausgeschiedener Manager länger als zwölf Monate nach seinem Ausscheiden Gesellschafter der M* [...] bleiben, so gilt das oben Angeführte mit der Maßgabe, dass der Verlust der Vorzugsdividende nicht sämtliche Vorzugsaktien der Kategorie A betrifft, sondern lediglich im aliquoten Ausmaß seiner Beteiligung an der M* [...] erfolgt. [...].

(iii) Mit den Vorzugsaktien der Kategorie B ist bis einschließlich zur Verteilung der Dividende für das Geschäftsjahr 2019 durch Beschluss der Hauptversammlung im Jahr 2020 das Recht des Bezuges einer Vorzugsdividende im Ausmaß von 12,5 % [...] und ab der Verteilung der Dividende für das Geschäftsjahr 2020 das Recht des Bezuges einer Vorzugsdividende im Ausmaß von 25 % [...] des gemäß Punkt 4.6 Absatz (i) errechneten Ausgangsbetrages verbunden, allerdings nur soweit und solange, als diese Vorzugsaktien von der I* [...] gehalten werden und (i) die Geschäftsanteile von I* [...] ausschließlich von Personen gehalten werden, die in einem aufrechten Dienstverhältnis bei [der Beklagten] stehen oder in den vergangenen zwölf Monaten gestanden sind, und (ii) der Unternehmenszweck und/oder Unternehmensgegenstand der I* [...] ausschließlich auf die Mitarbeiterbeteiligung an der [Beklagten] gerichtet ist.

Nur in den angeführten Fällen (i) und (ii) gebührt die Vorzugsdividende und entfällt bei einem Verstoß gegen die Regelungen in (i) und/oder (ii).

Sollte ein Mitarbeiter der [Beklagten] länger als zwölf Monate nach seinem Ausscheiden Gesellschafter der I* [...] bleiben, so gilt das oben Angeführte mit der Maßgabe, dass der Verlust der Vorzugsdividende nicht sämtliche Vorzugsaktien der Kategorie B betrifft, sondern lediglich im aliquoten Ausmaß seiner Beteiligung an der I* [...] erfolgt.“

 

[4] Der aktuelle Gesellschaftsvertrag der M* lautet (seit 25. 5. 2019) auszugsweise:

 

„[...]

Zweitens

Gegenstand des Unternehmens

2.1 Gegenstand des Unternehmens ist der Erwerb und das Halten und die Veräußerung von Anteilsrechten (Aktien) an der [Beklagten] zur Umsetzung eines Management-Beteiligungsprogrammes.

[…]

Zehntens

Geschäftsanteile

10.1 Die Geschäftsanteile bestimmen sich nach der Höhe der übernommenen Stammeinlagen.

10.2 Die Geschäftsanteile sind grundsätzlich übertragbar und teilbar. Die Abtretung von Geschäftsanteilen oder Teilen davon an Dritte oder Mitgesellschafter bedarf der Zustimmung der Generalversammlung durch schriftliche Beschlussfassung, insoweit die Übertragung des Geschäftsanteils nicht durch Annahme der in Punkt Zwölftens festgelegten Abtretungsanbote erfolgt.

Elftens

Ruhen der Gesellschafterrechte

11.1 Ab dem Vorliegen eines Ereignisses, das das Abtretungsanbot gemäß Punkt Zwölftens in Verbindung mit Punkt Dreizehntens auslöst ('Abtretungsfall'), bzw subsidiär die übrigen Gesellschafter zur Abtretungsannahme gemäß Punkt Zwölftens in Verbindung mit Punkt Dreizehntens berechtigt, ruhen bis zum Zeitpunkt der Übertragung an einen dazu im Sinne des Punkt 12.2 Berechtigten (Annahme des Abtretungsanbots) die Gesellschafterrechte des betroffenen Gesellschafters mit der Ausnahme des Stimmrechts. Insbesondere steht diesem Gesellschafter ab Eintritt des Abtretungsfalls kein Annahmerecht (hinsichtlich eines allfälligen anderen Geschäftsanteils) oder Gewinnbezugsrecht zu. Sofern der Abtretungsfall während des Geschäftsjahres eintritt, reduziert sich der Gewinnanspruch des betroffenen Gesellschafters für dieses Geschäftsjahr um jenes Ausmaß, das dem prozentuellen Anteil des Zeitraumes ab Eintritt des Abtretungsfalls bis zum Ende des laufenden Geschäftsjahres am gesamten laufenden Geschäftsjahr entspricht.

[...]

11.5 Wenn der abtretungspflichtige Gesellschafter seinen Anteil nicht verkaufen konnte und die übrigen Mitgesellschafter von ihrem Annahmerecht nicht innerhalb eines Jahres nach Eintritt des Abtretungsfalles Gebrauch machen, leben die Gesellschafterrechte wieder auf; das heißt, der Gesellschafter nimmt an den Gewinnen der Gesellschaft im Verhältnis seiner Beteiligung, jedoch gekürzt um die aliquote Überdividende, wieder teil; ein Annahmerecht bei Ausscheiden anderer Gesellschafter gemäß Punkt 12.2 kommt ihm aber nicht zu.

 

Zwölftens

Abtretungsanbot

12.1 Jeder Gesellschafter bietet hiermit in folgenden Fällen den gesamten von ihm gehaltenen Geschäftsanteil an die in Punkt 12.2 genannten Personen zu den in diesem Vertragspunkt sowie in Punkt Dreizehntens festgelegten Bedingungen (insbesondere Preis und Fälligkeit) zur Abtretung an (notarielles Abtretungsanbot):

(i) Bei seinem Ausscheiden aus seinem Dienstverhältnis bei der [Beklagten] aus welchem Grund auch immer;

[…]

(iv) bei beabsichtigter Übertragung seines Geschäftsanteiles an Dritte (darunter werden Personen verstanden, die weder bereits Gesellschafter der Gesellschaft sind noch in einem Dienstverhältnis zu [Beklagten] stehen).

12.2 Ist der ausscheidende Gesellschafter Vorstandsmitglied, so kann die Annahme durch die vom Aufsichtsrat neu zum Vorstand bestellte(n) Person(en) erfolgen, in allen anderen Fällen durch die vom Vorstand nominierte(n) Person(en) in leitenden Positionen der [Beklagten]. Erfolgt eine solche Nominierung zur Annahme des Anbots nicht innerhalb von sechs Monaten nach Ausscheiden des Gesellschafters aus seinem Dienstverhältnis oder Vorstandsvertragsverhältnisses bei [der Beklagten] oder macht der (die) solcherart Nominierte(n) von seinem/ihrem Annahmerecht nicht binnen dreißig Tagen nach seiner/ihrer Nominierung Gebrauch, so geht das Recht auf Annahme des Anbots subsidiär auf die verbliebenen Mitgesellschafter im Verhältnis der von ihnen gehaltenen Geschäftsanteile über.

12.3 Machen nicht alle im Sinne des Punkt 12.2 letzter Satz annahmeberechtigten Mitgesellschafter binnen dreißig Tagen von ihrem Annahmerecht Gebrauch, so geht dieses Annahmerecht auf die übrigen Mitgesellschafter, die von ihrem Annahmerecht Gebrauch gemacht haben, im Verhältnis der von ihnen gehaltenen Stammeinlage über.

Dreizehntens

Abtretungspreis

Der Abtretungspreis im Sinne des Punkt Zwölftens wird wie folgt errechnet:

[…]“

 

[5] Der Gesellschaftsvertrag der I* ist im Wesentlichen deckungsgleich mit dem Gesellschaftsvertrag der M*. Er lautet allerdings in seinem Punkt „Zwölftens: Abtretungsanbot“ wie folgt:

„12.1 Jeder Gesellschafter bietet hiermit in folgenden Fällen den gesamten von ihm gehaltenen Geschäftsanteil an die in Punkt 12.2 genannten Personen zu den in diesem Vertragspunkt sowie in Punkt Dreizehntens festgelegten Bedingungen (insbesondere Preis und Fälligkeit) zur Abtretung an (notarielles Abtretungsanbot):

(i) Bei seinem Ausscheiden aus seinem Dienstverhältnis bei der [Beklagten] aus welchem Grund auch immer;

[…]

(iv) bei beabsichtigter Übertragung seines Geschäftsanteiles an Dritte (darunter werden Personen verstanden, die weder bereits Gesellschafter der Gesellschaft sind noch in einem Dienstverhältnis zu [Beklagten] stehen).

12.2 Zum Erhalt des Mitarbeiter-Beteiligungsprogramms ist vorerst die Mitgesellschafterin [die Beklagte] zur Annahme berechtigt.

12.3 Die Gesellschafterin [die Beklagte] ist jedoch im Fall der Annahme des Anbots verpflichtet, den so übernommenen Geschäftsanteil an (eine) vom Vorstand der [Beklagten] nominierte(n) Person(en), die jedoch ausschließlich Dienstnehmer der [Beklagten] sein darf (dürfen), zu übertragen.

12.4 Übernimmt die Gesellschafterin [die Beklagte] den Geschäftsanteil des ausscheidenden Gesellschafters, aus welchen Gründen auch immer, innerhalb von sechs Monaten nach Ausscheiden des Gesellschafters aus seinem Dienstverhältnis bei [der Beklagten] nicht, so geht das Recht zur Annahme des Abtretungsanbots subsidiär auf die verbliebenen Mitgesellschafter im Verhältnis der von ihnen gehaltenen Geschäftsanteile über. Machen nicht alle annahmeberechtigten Mitgesellschafter von ihrem Annahmerecht Gebrauch, geht dieses Annahmerecht auf die übrigen Mitgesellschafter, die von ihrem Annahmerecht Gebrauch gemacht haben, im Verhältnis der von ihnen gehaltenen Stammeinlage über.

[...]“

 

[6] Am 14. 7. 2007 wurde folgendes Abtretungsanbot in Notariatsaktsform errichtet und in der Hauptversammlung der Beklagten vom selben Tag von den Aktionären genehmigt:

„Anbot

auf Abtretung von Geschäftsanteilen an der [M*]

 

Die [Beklagte] (im Folgenden kurz 'übernehmende Gesellschafterin' genannt), stellt hiermit an folgende Gesellschafter der [M*]:

[Kläger]

[und 9 weitere namentlich genannte Gesellschafter]

(im Folgenden kurz 'abtretende Gesellschafter' genannt) jeweils einzeln das

ANBOT

auf Abschluss des nachstehenden

ABTRETUNGSVERTRAGES:

1. Die abtretenden Gesellschafter sind Gesellschafter der M* [...], sie halten dabei folgende Geschäftsanteile:

Gesellschafter Stammeinlage, zur Gänze einbezahlt

[Kläger] EUR 5.376

[...]

2. Die abtretenden Gesellschafter übertragen hiermit jeweils den gesamten von ihnen gehaltenen Geschäftsanteil an der [M*] an die übernehmende Gesellschafterin.

3. Hinsichtlich der sonstigen Abtretungsbedingungen gelten die Bestimmungen des zum Zeitpunkt der Annahme dieses Abtretungsanbots gültigen Gesellschaftsvertrages der [M*], insbesondere hinsichtlich der Berechnung des Abtretungspreises und Fälligkeit.

4. Die übernehmende Gesellschafterin erwirbt diese Geschäftsanteile mit allen daraus resultierenden Rechten und Pflichten gegenüber Gesellschaft und Mitgesellschaftern.

[...]

Hinsichtlich der Wirksamkeit dieses Anbotes gelten folgende ergänzende Bedingungen:

1. Dieses Anbot ist befristet für die Dauer von zehn Jahren und verlängert sich anschließend um jeweils weitere fünf Jahre, sofern es nicht unter Einhaltung einer Frist von einem halben Jahr auf den Zeitpunkt des Endes der Anbotsfrist schriftlich widerrufen wird. [...]

2. Die Anbotsannahme durch einzelne abtretende Gesellschafter ist zulässig. Festgehalten wird, dass die [M*] Aktien an der übernehmenden Gesellschafterin hält. Das Anbot ist demzufolge dann nicht verbindlich, sofern infolge des Erwerbs der neuen Geschäftsanteile die übernehmende Gesellschafterin direkt und/oder indirekt eigene Aktien hält, deren verbundener Anteil am Grundkapital zehn von Hundert des Grundkapitals übersteigt.

[…]“

 

[7] Das Abtretungsanbot wurde von den damaligen vier Vorständen der Beklagten (darunter der Kläger), die alle auch Adressaten des Anbots waren, unterfertigt.

[8] Das Abtretungsanbot wurde in der Aufsichtsratssitzung der Beklagten vom 17. 12. 2007 behandelt. Im Protokoll wurde dazu festgehalten:

„TOP 6 – Rückkaufsangebot eigene Aktien

[...] verweist auf die schriftliche Unterlage und erklärt, dass dieser Punkt in der außerordentlichen Hauptversammlung vom 14.12.2007 bereits abgehandelt und durch die Gesellschafter des Unternehmens genehmigt wurde.

Nach Umfrage wird die Information durch den Aufsichtsrat zur Kenntnis genommen.“

 

[9] Nachdem eine Abtretung des hier klagsgegenständlichen Geschäftsanteils des Klägers an der M* an einen von der Beklagten nominierten übernehmenden Gesellschafter bzw an die übrigen Gesellschafter der M* gescheitert war, erklärte der Kläger mit Notariatsakt vom 6. 10. 2021, das Abtretungsanbot der Beklagten anzunehmen. Die Annahmeerklärung ging der Beklagten am 11. 10. 2021 zu.

[10] Die Beklagte finanziert auch Anteilserwerbe durch Mitarbeiter an den Beteiligungsgesellschaften und besichert dies mit der Inpfandnahme deren Anteile. In den zwischen der Beklagten und den jeweiligen Pfandbestellern abgeschlossenen Pfandverträgen ist festgehalten, dass der Pfandvertrag zur Besicherung des Darlehensvertrags zwischen dem Pfandbesteller und der Beklagten dient und der Pfandbesteller der Beklagten zur Sicherstellung aller bestehenden und künftigen Forderungen aus dem Darlehensvertrag seinen Geschäftsanteil an der M* oder an der I* und seine Ansprüche auf Auseinandersetzungsguthaben, Gewinnanteile und Zinsen als Gesellschafter der M* oder der I* verpfändet.

[11] Mittels derartiger Pfandverträge haben (im einzelnen festgestellte) zwei Gesellschafter der M* und elf Gesellschafter der I* ihre Geschäftsanteile an die Beklagte verpfändet, wobei die verpfändeten Geschäftsanteile an der M* insgesamt einer Stammeinlage von 2.144,40 EUR, jene an der I* insgesamt einer Stammeinlage von 10.250 EUR entsprechen.

[12] Der Kläger begehrt die Zahlung eines Teilbetrags von 50.000 EUR. Er habe das Abtretungsanbot der Beklagten vom 14. 12. 2007 am 6. 10. 2021 rechtsgültig angenommen, nachdem die Gesellschafter der M* dazu in der Generalversammlung vom 26. 8. 2021 ihre Zustimmung erteilt hatten. Er habe Anspruch auf Zahlung des Abtretungspreises von 773.128,04 EUR, wovon er vorläufig lediglich 50.000 EUR geltend mache. Da die M* an der Beklagten selbst beteiligt sei und die Beklagte infolge der Annahme des Abtretungsanbots mittelbar eigene Aktien erwerbe, sei in das Abtretungsanbot die Bedingung Punkt 2. aufgenommen worden, dies vor dem Hintergrund der zwingenden aktienrechtlichen Bestimmungen der §§ 65 ff AktG. Durch die Abtretung der Anteile des Klägers an die Beklagte werde die im Abtretungsanbot vertraglich vereinbarte 10 %‑Grenze an eigenen Aktien nicht überschritten, belaufe sie sich insgesamt doch nur auf 7,45 % (mittelbare Beteiligung der Beklagten an sich selbst über Beteiligung an der I* von 5,53 % sowie weitere 1,92 % infolge des Erwerbs der Anteile des Klägers an der M*). Die Bedingung des Abtretungsanbots sei daher erfüllt. Der Vorstand sei zur Abgabe des Abtretungsanbots vertretungsbefugt gewesen, dieses sei aber ohnedies vom Aufsichtsrat am 17. 12. 2007 genehmigt worden. Jedenfalls würde eine stillschweigende Genehmigung durch widerspruchslose Kenntnisnahme vorliegen. Soweit die Beklagte in die 10 %‑Grenze auch jene Anteile an der I* und der M* miteinbeziehen möchte, welche zu Gunsten der Beklagten verpfändet seien, seien in Pfand genommene Aktien nicht Teil der obgenannten Bedingung. Die §§ 65 ff AktG seien nicht auf die gegenständlichen Anteilserwerbe anwendbar. Eine Einrechnung dürfe nach § 66 AktG nur dann erfolgen, wenn es sich bei der Gesellschaft, an welcher die Aktiengesellschaft Anteile erwerbe, um ein Tochterunternehmen iSd § 189a Z 7 UGB handle. Hier seien weder die M* noch die I* mangels einheitlicher Leitung oder Vorliegens eines Control‑Tatbestands als Tochterunternehmen zu qualifizieren. Es finde auch deshalb keine Einrechnung der Anteilsverpfändungen in die 10 %‑Grenze statt, weil die Verpfändungen der Anteile an der M* und der I* infolge Verstoßes der Darlehensverträge gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nichtig seien. Für eine Anteilskaufpreisfinanzierung liege keine betriebliche Rechtfertigung vor und fehle eine angemessene, fremdübliche Verzinsung und Besicherung. Da der Pfandbestellungsvertrag mangels Vorliegens eines nach § 65 Abs 1 AktG zulässigen Erwerbsgrundes jedenfalls schuldrechtlich unwirksam sei, sei die Verpfändung nicht in die 10 %‑Grenze einzurechnen.

[13] Die Beklagte wendete ein, dem aktuellen Vorstand und den aktuellen Mitgliedern des Aufsichtsrats sei das Abtretungsanbot vom Dezember 2007 nicht bekannt gewesen. Da der Kläger als damaliges Vorstandsmitglied der Beklagten die Existenz des ausschließlich ihn begünstigenden Abtretungsanbots sowohl dem übrigen Vorstand als auch den zuständigen Aufsichtsratsmitgliedern rechtswidrig verschwiegen habe, habe kein ansonsten möglicher Widerruf des Anbots erfolgen können. Damit habe der Kläger seine Sorgfaltspflichten verletzt. Die Beklagte hätte in Kenntnis des Abtretungsanbots von der ersten Möglichkeit des Widerrufs Gebrauch gemacht. Das Abtretungsanbot vom 14. 12. 2007 sei auch wegen Verletzung der zwingenden Aufsichtsratskompetenz unwirksam. Für den Abschluss von Vorstands-Anstellungsverträgen und für entgeltwerte Zusagen bestehe die ausschließliche Vertretungsmacht des Aufsichtsrats. Da hier anreizorientierte Vergütungszusagen gemäß § 78 AktG von einem anderen Organ als dem Aufsichtsrat abgeschlossen worden seien, liege ein Vertretungsmangel vor und sei die Vereinbarung rechtsunwirksam. Der Aufsichtsrat habe am 17. 12. 2007 auch keine Zustimmung erteilt, sondern das Abtretungsanbot bloß zur Kenntnis genommen. Eine nachträgliche Genehmigung scheide ebenso wie eine konkludente Genehmigung aus, hätten doch weder die Aufsichtsratsmitglieder noch die Vorstandsmitglieder Kenntnis von der fehlenden Kompetenz des Vorstands gehabt und somit keinen Genehmigungswillen haben können. Die Annahme des Abtretungsanbots durch den Kläger sei überdies wegen Überschreitens der hier anzuwendenden 10 %‑Schwelle des § 65 AktG unwirksam. Hintergrund der Bedingung im Abtretungsanbot seien die aktienrechtlichen Vorschriften der §§ 65 ff AktG. Danach seien auch in Pfand genommene eigene Aktien zu berücksichtigen, was die Parteien auch tatsächlich so verstanden hätten. Nach dem Willen des Gesetzgebers sei Ziel des § 66a AktG, die aktienrechtliche Zulässigkeit einer Finanzierung von Mitarbeiter-Kapitalbeteiligungsmodellen durch eine Aktiengesellschaft abzusichern. In diesem Fall greife das Verbot der Einlagenrückgewähr insoweit nicht, soweit diese Unterstützung das Maß der (im Unternehmen und in der Branche) üblichen betrieblichen Sozialleistungen nicht übersteige. Wenn übliche Unterstützungen gewährt würden, sei die Maßnahme sowohl fremdüblich als auch betrieblich gerechtfertigt. Selbst ein Verstoß gegen die Voraussetzungen des § 65b Abs 1 AktG berühre die Wirksamkeit der Inpfandnahme nicht.

[14] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die im Abtretungsanbot enthaltene Bedingung sei so zu verstehen, dass den aktienrechtlichen Vorgaben zum Erwerb eigener Aktien entsprochen werde. Die Beklagte habe nur dann gebunden sein wollen, wenn der Rechtserwerb auch zulässig sei. Die Beteiligungsgesellschaften seien je als Tochterunternehmen der Beklagten iSd § 189a Z 7 UGB zu qualifizieren. Der Erwerb von Anteilen an einem Tochterunternehmen sei dem Erwerb eigener Aktien bzw einem Geschäft iSd § 66 Abs 2 AktG gleichzuhalten. Da demnach die von den Beteiligungsgesellschaften gehaltenen Aktien für die Betrachtung der Anteilsschwelle des § 65 Abs 2 AktG von 10 % als Aktien der Beklagten gälten und die von den Beteiligungsgesellschaften gehaltenen Anteile ein indirektes Halten eigener Aktien im Sinne der Bedingung repräsentierten, sei aufgrund der Bedingung und auch schon aufgrund der gesetzlichen Regelung das Abtretungsanbot unwirksam, weil durch den Anteilserwerb von der Beklagten eigene Aktien gehalten würden, deren verbundener Anteil am Grundkapital zehn von Hundert des Grundkapitals übersteige.

[15] Das Berufungsgericht verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück. Beide Beteiligungsgesellschaften seien nicht als Tochterunternehmen der Beklagten iSd § 189a Z 7 UGB zu qualifizieren. Daher seien die von diesen gehaltenen Aktien nicht gemäß § 66 Abs 1 AktG als eigene Aktien der Beklagten bei Betrachtung der 10 %‑Schwelle zu werten. Erwerbe allerdings die Aktiengesellschaft Anteile an einem Rechtsträger, dessen Vermögen – wie hier – ausschließlich oder fast ausschließlich aus Aktien der erwerbenden Gesellschaft besteht, so falle auch der Erwerb von Gesellschaftsanteilen unter das Verbot des Aktienerwerbs, um zu leichte Umgehungen zu vermeiden, zumal mit diesem Anteilserwerb wirtschaftlich die eigenen Aktien erworben werden; auf eine Umgehungsabsicht komme es dabei nicht an. Da einziger Gesellschaftszweck der Beteiligungsgesellschaften das Halten von Anteilen an der Beklagten zur Umsetzung eines Mitarbeiter-Beteiligungsprogramms sei, sei von einer Anwendbarkeit der §§ 65 ff AktG auf den Erwerb von Anteilen an den Beteiligungsgesellschaften auszugehen. Damit komme es, weil die Beklagte über ihre Beteiligung an der I* mittelbar mit (durchgerechnet) 5,53 % (selbst‑)beteiligt sei und sich infolge des Erwerbs der Anteile des Klägers an der M* der Bestand an eigenen Aktien mittelbar lediglich um (durchgerechnet) weitere 1,92 % erhöhe, entscheidend auf die übrigen geltend gemachten Einwendungen an. Vom Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren zu prüfen sein, ob das Abtretungsanbot vom 14. 12. 2007 wegen Verletzung der zwingenden Aufsichtsratskompetenzen unwirksam sei. Bei dem Mitarbeiter-Beteiligungssystem handle es sich um eine mittelbare Zuweisung von Aktien an die Mitarbeiter und Organmitglieder der Beklagten. Aktien und Aktienoptionen seien Teil der Vorstandsvergütung und damit gemäß § 75 iVm § 78 AktG dem Kompetenzbereich des Aufsichtsrats unterstellt und sei gegenständlich von einer fehlenden Vertretungsmacht des Vorstands auszugehen, weshalb die behauptete ausdrückliche Genehmigung bzw die allenfalls stillschweigende Genehmigung zu prüfen sei. Auch der Einwand der Beklagten, der Kläger habe das Abtretungsanbot dem übrigen Vorstand und den zuständigen Aufsichtsratsmitgliedern verschwiegen, werde gegebenenfalls zu prüfen sein. Ebenso, ob die von der Beklagten in Pfand genommenen Anteile an der M* und der I* im Sinne der Behauptungen der Beklagten in die 10 %‑Schwelle einzurechnen seien, weil bejahendenfalls schon ohne Einrechnung der klagsgegenständlichen klägerischen Anteile die Beklagte mittelbar bereits (durchgerechnet) 9,954 % an eigenen Aktien hielte. Grundsätzlich stehe nach § 65b Abs 1 AktG die Inpfandnahme eigener Aktien dem Erwerb eigener Aktien gleich. Die Aktienausgabe an Arbeitnehmer, leitende Angestellte und Organmitglieder iSd § 65 Abs 1 Z 4 AktG scheide zwar als Erwerbsgrund für die Inpfandnahme aus. Auch bei einer unzulässigen Inpfandnahme bleibe aber nach § 65b Abs 2 AktG die dingliche Pfandrechtsbegründung wirksam. Da sämtliche vorhandenen Aktien unabhängig davon, nach welchem Tatbestand diese Aktien erworben worden und ob diese Erwerbe zulässig gewesen seien, miteinzurechnen seien, würde ein fehlender Erwerbsgrund für die Inpfandnahme an der erforderlichen Einrechnung in die 10 %‑Schwelle nichts ändern. Es sei auch zu prüfen, ob die Darlehensgewährung samt damit verbundener Verpfändung der Geschäftsanteile gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoße. Würde man die den gegenständlichen Anteilsverpfändungen zugrunde liegenden Kreditverträge als verdeckte Vermögensausschüttung werten, wären die Verpfändungen der Anteile an der M* und der I* nichtig und damit nicht in die 10 %‑Schwelle einzurechnen. Grundsätzlich seien zinslose oder besonders niedrig verzinste Darlehen oder Darlehen ohne ausreichende Bonität bzw angemessene Sicherheiten als eine unzulässige Rückgewähr der Einlagen zu werten. Bei der Gewährung von Darlehen sei grundsätzlich entscheidend, ob eine Besserstellung des Gesellschafters gegenüber anderen Vertragspartnern der Gesellschaft erfolge, ob diese Bevorzugung aufgrund der Gesellschafterstellung erfolge und ob sie zu Lasten der Gesellschaft gehe. Diese Voraussetzung werde bei der Gewährung von Darlehen in der Regel zutreffen, weil Nicht-Banken im Normalfall keinen Geldkredit begeben. Aus diesem Grund dürften Darlehen nur dann ausnahmsweise an Gesellschafter vergeben werden, wenn die Auskehr der Mittel mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters vereinbar sei. Das Erstgericht werde sich daher auch mit den jeweiligen Darlehensverträgen, die den Verpfändungen zugrunde liegen, auseinandersetzen und insbesondere dazu Feststellungen treffen müssen, ob das betreffende Geschäft auch mit Außenstehenden in dieser Form geschlossen worden wäre.

[16] Das Berufungsgericht ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil dieser zur Frage der Anwendung der §§ 65 ff AktG auf den Erwerb von Anteilen an einem Rechtsträger, dessen Vermögen ausschließlich aus Aktien der erwerbenden Gesellschaft besteht, noch nicht Stellung genommen habe.

Rechtliche Beurteilung

[17] Der Rekurs der Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund und mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zum Verbot der Einlagenrückgewähr im Zusammenhang mit einer Darlehensgewährung zum Zwecke des (mittelbaren) Erwerbs eigener Aktien im Kontext eines Mitarbeiterbeteiligungsmodells zulässig; er ist in der Sache auch teilweise berechtigt. Da sich durch die teils abweichende Rechtsansicht aber nichts an der Aufhebung ändert, ist dem Rekurs nicht Folge zu geben (RS0007094 [T7]).

[18] Der Rekurs wendet sich lediglich gegen den vom Berufungsgericht im Hinblick auf das Verbot der Einlagenrückgewähr bei der Darlehensgewährung zum Zwecke des Erwerbs eigener Aktien im Kontext eines Mitarbeiterbeteiligungsmodells angesetzten Beurteilungsmaßstab. Dabei sei kein Fremdvergleich mit Außenstehenden anzustellen. Die im Rahmen eines Mitarbeiterbeteiligungsmodells gewährten Unterstützungsleistungen würden unternehmensfremden Dritten nicht in dieser Form angeboten, vielmehr könne es im Hinblick auf eine Einlagenrückgewähr nur darauf ankommen, ob diese Unterstützung das Maß der (im Unternehmen und in der Branche) üblichen betrieblichen Sozialleistungen nicht übersteige. Der allgemeine unternehmerische Ermessensspielraum des Vorstands nach § 70 AktG sei gegenständlich eingehalten worden, weshalb die Darlehensgewährung im Einklang mit dem Gesetz stehe. Im Übrigen lässt der Rekurs die Rechtsansicht des Berufungsgerichts unbekämpft.

Hiezu wurde erwogen:

[19] 1. Der Erwerb und die Inpfandnahme von Geschäftsanteilen an der M* und der I* durch die Klägerin unterliegen den Beschränkungen der §§ 65 ff AktG:

[20] 1.1. Der Erwerb eigener Aktien wird durch §§ 65 ff AktG beschränkt. Diese Beschränkung beruht vor allem auf Erwägungen über den Schutz des Vermögens der Gesellschaft. Durch den Erwerb eigener Aktien kommt es zu einem Abfluss von Vermögen und Liquidität; im Gegenzug erhält die Gesellschaft mit den eigenen Aktien einen unsicheren Vermögenswert, der insbesondere im Falle einer wirtschaftlichen Abwärtsentwicklung der Gesellschaft deren Gläubigern keine adäquate Sicherheit bietet bzw für die Aktiengesellschaft die Gefahr eines „Doppelschadens“ begründet: Bei einer negativen Entwicklung der Gesellschaft verlieren auch die Aktien entsprechend an Wert (Karollus in Artmann/Karollus, AktG I6 § 65 Rz 2; zur vergleichbaren deutschen Rechtslage Oechsler in MünchKomm AktG5 [2019] § 71 Rn 19). Daneben soll der Gefährdung der Corporate Governance (Kompetenzverteilung und Einflussnahme auf Entscheidungen), der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Auswahl der Aktionäre), der Gefährdung des Kapitalmarkts, der Informationsasymmetrie und der Kursmanipulation begegnet werden (Karollus in Artmann/Karollus, AktG I6 § 65 Rz 3 f; Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG³ § 65 Rz 1).

[21] § 65b Abs 1 AktG stellt die Inpfandnahme eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft dem Erwerb eigener Aktien gleich; es ist somit die Inpfandnahme grundsätzlich nur unter denselben Voraussetzungen gestattet wie der Erwerb. Das soll die reale Kapitalerhaltung sicherstellen, indem Gefährdungen, die sich aus fallenden Kursen bei der Pfandverwertung oder der mangelnden Veräußerbarkeit ergeben können, hintangehalten werden. Zudem soll die Inpfandnahme nicht zur Umgehung des Erwerbsverbots eingesetzt werden (Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG³ § 65b Rz 1;Karollus in Artmann/Karollus, AktG I6 § 65b Rz 3).

[22] 1.2. Das Gesetz geht von einer abstrakten Interessengefährdung aus; ob die Gesellschaft, ihre Aktionäre oder Gläubiger im konkreten Fall gefährdet sind, ist unerheblich (6 Ob 33/11p [ErwGr 2.3.]; Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG³ § 65 Rz 1; Eckert/Schopper/Schmidt in Eckert/Schopper, AktG-ON1.00 § 65 Rz 3).

[23] 1.3. Erwirbt eine Aktiengesellschaft Anteile an einem Rechtsträger, dessen Vermögen ausschließlich oder fast ausschließlich aus Aktien der erwerbenden Gesellschaften bestehen, sind die §§ 65 ff AktG aus Sicht der Gesellschaften (analog) anzuwenden, weil dann mit dem Erwerb von Anteilen an diesem Rechtsträger wirtschaftlich ebenso die eigenen Aktien erworben werden (Karollus in Artmann/Karollus, AktG I6 § 65 Rz 6/1; idS auch Eckert/Schopper/Schmidt in Eckert/Schopper, AktG‑ON1.00 § 65 Rz 5). Dies bezweckt die Vermeidung einer Umgehung (Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG³ § 65 Rz 14; so auch die hA in Deutschland, vgl Oechsler in MünchKomm AktG5 [2019] § 71 Rn 104; Koch in Koch, Aktiengesetz17 [2023] § 71 Rn 5 – je mwN). Dies gilt wegen des erörterten Zwecks und der ausdrücklichen Gleichstellungsanordnung in § 65b Abs 1 AktG auch für die Inpfandnahme von Anteilen an solchen Rechtsträgern.

[24] 1.4. Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, dass das jeweilige Vermögen der M* und der I* ausschließlich oder fast ausschließlich aus Aktien der Beklagten besteht. Mit dem Erwerb von Anteilen an der M* oder der I* erwirbt die Beklagte bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise daher ihre eigenen Aktien; gleiches gilt sinngemäß für die Inpfandnahme.

[25] 1.5. Entgegen der Ansicht der Rekursbeantwortung kommt es dabei auf eine konkrete Umgehungsabsicht nicht an. Vielmehr genügt es, dass objektiv Sinn und Zweck der umgangenen Norm vereitelt werden (vgl RS0016780). Eine „werthaltige Veranlagung“ ist in den Beteiligungen an der M* oder der I* nur insofern gegeben, als damit wirtschaftlich die eigenen Aktien erworben werden.

[26] 1.6. Der Erwerb und die Inpfandnahme von Geschäftsanteilen an der M* und der I* durch den Kläger unterliegen daher den Beschränkungen der §§ 65 ff AktG. Festzuhalten ist, dass diese Bestimmungen in den hier wesentlichen Punkten (zu § 66a AktG siehe hingegen Punkt 3.1.) seit Dezember 2007 inhaltlich keine relevanten Änderungen erfahren haben.

[27] 2. Der klagsgegenständliche Erwerb ist schuldrechtlich unwirksam, wenn dadurch eine durchgerechnete (un‑)mittelbare Selbstbeteiligung von 10 % des Grundkapitals der Beklagten überschritten wird:

[28] 2.1. Der Fachsenat hat jüngst in der Entscheidung 6 Ob 178/22b (EvBl 2023/248 [Drobnik] = GesRZ 2023, 382 [Kalss]) mit ausführlicher Begründung klargestellt, dass eine wechselseitige Beteiligung außerhalb eines Mutter-Tochter-Verhältnisses (wenn auch in Form einer Rück- oder Ringbeteiligung) – jedenfalls soweit eine durchgerechnete (un‑)mittelbare Selbstbeteiligung von 10 % nicht überschritten wird – nach dem Aktiengesetz zulässig ist (6 Ob 178/22b [Rz 133]). Das wird im gegenständlichen Rekursverfahren auch nicht bezweifelt.

[29] 2.2. Die erörterte Anwendung der §§ 65 ff AktG hat zur Folge, dass durch den klagsgegenständlichen Erwerb die durchgerechnete (un-)mittelbare Selbstbeteiligung 10 % des Grundkapitals der Beklagten nicht übersteigen darf (§ 65 Abs 2 AktG). Ob sonst eine darüber hinausgehende Selbstbeteiligung aktienrechtlich zulässig wäre (vgl 6 Ob 178/22b [Rz 132]), ist im vorliegenden Fall somit nicht relevant.

[30] 2.3. Bei der Ermittlung dieser 10 %-Schwellesind nach § 65b AktG inpfandgenommene eigene Aktien hinzuzurechnen (Karollus in Artmann/Karollus, AktG I6 § 65 Rz 74; Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG³ § 65 Rz 108). Damit sind im vorliegenden Fall auch die von der Beklagten inpfandgenommenen Geschäftsanteile an der M* und der I* zu berücksichtigen.

[31] 2.4. Weder der Verstoß gegen die aktienrechtlichen Bestimmungen zum Erwerb eigener Aktien nach § 65 Abs 1, 1a, 1b, 2 AktG noch gegen die Vorgaben zur Inpfandnahme eigener Aktien nach § 65b Abs 1 AktG berührt die Wirksamkeit des Erwerbs bzw macht die Verpfändung rechtsunwirksam. Lediglich das schuldrechtliche Geschäft über den Erwerb bzw die Verpfändung (der Pfandbestellungsvertrag, nicht aber der Kreditvertrag [dazu Punkt 2.8.]) ist gemäß § 65 Abs 4 AktG bzw § 65b Abs 2 AktG rechtsunwirksam (Karollus in Artmann/Karollus, AktG I6 § 65 Rz 81; ders in Artmann/Karollus, AktG I6 § 65b Rz 17). Zutreffend hat daher das Berufungsgericht festgehalten, dass sämtliche von der Beklagten bereits mittelbar gehaltenen oder inpfandgenommenen Aktien in die 10 %-Schwelle unabhängig davon miteinzurechnen sind, ob diese Erwerbe bzw Inpfandnahmen nach den genannten Bestimmungen zulässig waren oder nicht (Karollus in Artmann/Karollus, AktG I6 § 65 Rz 74).

[32] 2.5. Die mittelbare Selbstbeteiligung der Beklagten stellt sich unter Einrechnung der inpfandgenommenen Anteile im Hinblick auf die 10 %‑Schwelle wie folgt dar:

Beteiligung

Beklagte – I*

 

0,4422 x 0,125 x 100

 

~ 5,53 % (5,5275)

Pfandrechte

Beklagte an I*

0,2929 x 0,125 x 100

[11 verpfändete Anteile iHv 10.250 EUR entspricht bei Stammkapital iHv 35.000 EUR ~ 29,29 %]

~ 3,66 % (3,66125)

Pfandrechte Beklagte an M*

0,0613 x 0,125 x 100

[2 verpfändete Anteile iHv 2.144,40 EUR entspricht bei Stammkapital iHv 35.000 EUR ~ 6,13 %]

~ 0,77 % (0,76625)

vom Kläger vermittelte Rückbeteiligung (Beklagte – M*)

0,1536 x 0,125 x 100

1,92 %

Summe ohne klägerischen Anteil

~ 9,96 %

Summe mit klägerischem Anteil

~ 11,88 %

   

 

[33] Mit dem klagsgegenständlichen Erwerb würde somit die 10 %‑Grenze überschritten.

[34] 2.6. Nach § 65 Abs 4 Satz 2 AktG ist ein schuldrechtliches Geschäft über den Erwerb eigener Aktien unter anderem rechtsunwirksam, soweit der Erwerb gegen § 65 Abs 2 AktG verstößt. Das Geschäft ist in einem solchen Fall nichtig, die noch offenen Leistungspflichten aus dem schuldrechtlichen Geschäft können nicht durchgesetzt werden (6 Ob 33/11p [ErwGr 2.2.]).

[35] 2.7. Ein teilweises Zustandekommen des gegenständlichen Abtretungsvertrags, soweit die 10 %‑Schwelle nicht überschritten wurde, auf das sich der Kläger aber ohnehin nicht stützt, käme schon wegen Punkt 2. des Abtretungsanbots, wonach der gesamte Geschäftsanteil übertragen werden soll, nicht in Betracht. Überdies wurde nach dem unbestrittenen Klagsvorbringen die gemäß Punkt 10.2. des Gesellschaftsvertrags der M* für die Abtretung notwendige Genehmigung durch die Generalversammlung nur für den gesamten hier klagsgegenständlichen Geschäftsanteil des Klägers von 5.376 EUR erteilt.

[36] 2.8. Es ist daher entscheidungswesentlich, ob die von der Beklagten mit ihren Mitarbeitern zur Finanzierung der Anteilserwerbe an der M* und der I* geschlossenen Darlehensverträge aufgrund von Verstößen gegen das Einlagenrückgewährverbot nichtig sind. Aufgrund der Akzessorietät des Pfandrechts hätte dies auch die (schuld- und sachenrechtliche) Nichtigkeit der Inpfandnahmen zur Folge (vgl RS0011343 [T1, T4]).

[37] 3. Bei der Prüfung des Verbots einer Einlagenrückgewähr im Zusammenhang mit einer Darlehensgewährung zum Zweck des (mittelbaren) Erwerbs eigener Aktien im Kontext eines Mitarbeiterbeteiligungsmodells ist kein „Fremdvergleich“ mit außenstehenden Dritten anzustellen:

[38] 3.1. Der Gesetzgeber hat mit dem Mitarbeiterbeteiligungsstiftungsgesetz 2017 (BGBl I 2017/105) in § 66a S 2 AktG die – schon bisher anerkannte – Zulässigkeit der Finanzierung von Mitarbeiter-Kapitalbeteiligungsmodellen klargestellt (Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG3 § 66a Rz 12). Um die aktienrechtliche Zulässigkeit einer Finanzierung von Mitarbeiter-Kapitalbeteiligungsmodellen durch eine Aktiengesellschaft abzusichern, wurde die Gewährung eines Vorschusses udgl zum Zweck des Aktienerwerbs „durch oder für“ Arbeitnehmer der Gesellschaft oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens ausdrücklich erlaubt (vgl Initiativantrag 2231/A 25. GP  10). Da die Unterstützung beim Aktienerwerb durch Arbeitnehmer wie auch beim Erwerb für Arbeitnehmer gewährt werden kann und der Normtext des § 66a S 2 AktG nicht auf die Verwirklichung eines der beiden steuerlich begünstigten Stiftungsmodelle abstellt, werden allgemein auch sonstige Modelle, die der Beteiligung von Arbeitnehmern dienen, als von der Ausnahmeregelung erfasst angesehen (vgl Eckert/Schopper/Schmidt in Eckert/Schopper, AktG‑ON1.00 § 66a Rz 16; Karollus in Artmann/Karollus, AktG I6 § 66a Rz 18/1; vgl Initiativantrag 2231/A 25. GP  10 undArt 64 Abs 6 S 1 der der zugrundeliegenden Richtlinie [EU] RL 2017/1132 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts).

[39] Nach den Feststellungen ist der einzige Gesellschaftszweck der M* wie auch der I* das Halten von Anteilen an der Beklagten zur Umsetzung eines Mitarbeiter-Beteiligungsprogramms und kommt diesen Gesellschaften für die ihrerseits gehaltenen Vorzugsaktien eine Vorzugsdividende zu, solange sie diese Vorzugsaktien halten und deren Geschäftsanteile ausschließlich von Personen gehalten werden, „die in einem aufrechten Dienst- oder Vorstandsvertragsverhältnis bei [der Beklagten] stehen oder in den vergangenen zwölf Monaten gestanden sind“. Dazu kommen die in den Gesellschaftsverträgen der Beteiligungsgesellschaften vorgesehenen Ruhens- und Abtretungsbestimmungen. Am Vorliegen eines „sonstigen Modells“, das der Regelung des § 66a S 2 AktG unterfällt, ist daher nicht zu zweifeln.

[40] 3.2. Anders als die Unterstützung für Arbeitnehmer, zu denen im gegebenen Zusammenhang auch leitende Angestellte zählen, ist eine solche für Organmitglieder nicht nach § 66a AktG privilegiert (Karollus in Artmann/Karollus, AktG I6 §  6a Rz 18/1; Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG3 § 66a Rz 12; Eckert/Schopper/Schmidt in Eckert/Schopper, AktG-ON1.00 § 66a Rz 16). Eine Darlehensgewährung und Verpfändung an Organmitglieder ist dem festgestellten Sachverhalt jedoch ohnehin nicht zu entnehmen.

[41] 3.3. Von § 66a AktG unberührt bleibt das allgemeine Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 52 AktG). Ein unter § 66a AktG fallendes Rechtsgeschäft kann daher gleichzeitig gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen (Karollus in Artmann/Karollus, AktG I6 § 66a Rz 20 aE und Rz 22; Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG3 § 66a Rz 17; Eckert/Schopper/Schmidt in Eckert/Schopper, AktG-ON1.00 § 66a Rz 18). Das gilt auch für den Fall der Finanzierung von Mitarbeiterbeteiligungsmodellen (Foglar‑Deinhardstein in Napokoj/Foglar‑Deinhardstein/Pelinka, AktG Taschenkommentar [2019] § 66a AktG Rz 11; Foglar‑Deinhardstein in Foglar‑Deinhardstein/Aburumieh/Hoffenscher‑Summer, GmbHG [2017] § 81 Rz 81 f; Ch. Nowotny, Mitarbeiterbeteiligungen im Gesellschaftsrecht, in Bertl/Eberhartinger/Egger/Kalss/Lang/Nowotny/Riegler/Schuch/Staringer, Mitarbeiterbeteiligungen im Unternehmens- und Steuerrecht [2009] 83 [91]; Kalss, Mitarbeiterbeteiligungen aus gesellschaftsrechtlicher Sicht, in Kronberger/Leitsmüller/Rauner, Mitarbeiterbeteiligung in Österreich [2007] 118 [125 f]), was von den Parteien auch nicht bezweifelt wird, und wirft die Frage der diesbezüglichen Beurteilungsmaßstäbe auf.

[42] 3.4. Zutreffend zeigt der Rekurs auf, dass der Umstand einer Legitimation der Finanzierung in § 66a AktG dabei nicht unberücksichtigt bleiben kann. Denn dem Institut einer Mitarbeiterbeteiligung samt dessen Finanzierung nach § 66a AktG ist immanent, dass es einem außenstehenden Dritten („Nichtmitarbeiter“) gerade nicht offen steht (Ch. Nowotny,Mitarbeiterbeteiligungen im Gesellschaftsrecht, in Bertl ua, Mitarbeiterbeteiligungen im Unternehmens- und Steuerrecht [2009] 83 [91]). Daher ist die ansonsten im Rahmen des Drittvergleichs regelmäßig anzustellende Prüfung, ob das Geschäft auch mit einem anderen, unbeteiligten Dritten und bejahendenfalls auch zu diesen Bedingungen geschlossen worden wäre (RS0105540 [T7]; vgl zur Darlehensgewährung im Zusammenhang mit einem Beteiligungserwerb etwa 6 Ob 114/17h; vgl zur Berücksichtigung besonderer betrieblicher Gründe 6 Ob 89/21p [ErwGr 3.1]; RS0120348), nicht der entscheidende Maßstab.

[43] 3.5. Vielmehr ist im Sinn einer Gesamtbetrachtung die betriebliche Rechtfertigung der Unterstützungsleistung zu beurteilen, auch wenn die Gesellschaft eine derartige Leistung im Verhältnis zu einem Dritten, der bei ihr nicht beschäftigt ist, nicht erbringen würde (Ch. Nowotny,Mitarbeiterbeteiligungen im Gesellschaftsrecht, in Bertl ua, Mitarbeiterbeteiligungen im Unternehmens- und Steuerrecht [2009] 83 [91]). Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Mitarbeiterbeteiligung die positive Entwicklung der Gesellschaft fördern soll und damit grundsätzlich im betrieblichen Interesse der Gesellschaft (Karollus in Artmann/Karollus, AktG I6 § 65 Rz 86; Foglar‑Deinhardstein in Foglar‑Deinhardstein/Aburumieh/Hoffenscher‑Summer, GmbHG [2017] § 81 Rz 82; Ch. Nowotny,Mitarbeiterbeteiligungen im Gesellschaftsrecht, in Bertl ua, Mitarbeiterbeteiligungen im Unternehmens- und Steuerrecht [2009] 83 [91]) und damit auch deren Gläubiger liegt.

[44] 3.6. Es ist zu prüfen, ob eine sorgfältige, am Wohl der leistenden Gesellschaft orientierte Geschäftsleitung die Unterstützungsleistung zum Zweck der Förderung der Mitarbeiterbeteiligung überhaupt und bejahendenfalls auch zu diesen Bedingungen abgeschlossen hätte. Ist aufgrund der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung die betriebliche Rechtfertigung der Unterstützungsleistung zur Förderung der Mitarbeiterbeteiligung gegeben, liegt darin auch keine unzulässige Einlagenrückgewähr.

[45] Als Anhaltspunkte können hiefür unternehmens- und branchenübliche freiwillige Sozialleistungen (Prämien- und Bonuszahlungen, Gehaltsvorschüsse, begünstigte Mitarbeiterkredite) herangezogen werden (Foglar‑Deinhardstein in Napokoj/Foglar‑Deinhardstein/Pelinka, AktG Taschenkommentar [2019] § 66a AktG Rz 11; Foglar‑Deinhardstein in Foglar‑Deinhardstein/Aburumieh/Hoffenscher‑Summer, GmbHG [2017] § 81 Rz 80 ff; Kalss, Mitarbeiterbeteiligungen aus gesellschaftsrechtlicher Sicht, in Kronberger/Leitsmüller/Rauner, Mitarbeiterbeteiligung in Österreich [2007] 118 [126]; Ch. Nowotny,Probleme der Einführung von Mitarbeiteraktien, RdW 1986, 326 [326]).

[46] Es kann auch in Anschlag gebracht werden, dass und in welcher Höhe die begünstigten Mitarbeiter auf sonst von ihnen beanspruchte übliche Entgeltbestandteile (etwa Boni, erfolgsbezogene Entgeltbestandteile etc) verzichten (vgl Ch. Nowotny,Mitarbeiterbeteiligungen im Gesellschaftsrecht, in Bertl ua, Mitarbeiterbeteiligungen im Unternehmens- und Steuerrecht [2009] 83 [92]; vgl auch Kalss, Aktienrechtliche Regelungen derMitarbeiterbeteiligungen, in Bertl/Eberhartinger/Egger/Kalss/Lang/Nowotny/Riegler/Schuch/Staringer, Mitarbeiterbeteiligungen im Unternehmens- und Steuerrecht [2009] 61 [67]).

[47] Ebenso kann – bei wie hier in Form einer Zwischengesellschaft gebündelten Mitarbeiterbeteiligungen – ein Interesse der Gesellschaft an der Bildung eines stabilen Kernaktionärs berücksichtigt werden (Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG3 § 66a Rz 4 aE;Kalss, Aktienrechtliche Regelungen derMitarbeiterbeteiligungen, in Bertl ua, Mitarbeiterbeteiligungen im Unternehmens- und Steuerrecht [2009] 61 [69]; Ch. Nowotny,Mitarbeiterbeteiligungen im Gesellschaftsrecht, in Bertl ua, Mitarbeiterbeteiligungen im Unternehmens- und Steuerrecht [2009] 83 [92]).

[48] 3.7. Feststellungen, die eine abschließende Beurteilung der betrieblichen Rechtfertigung im Sinne dieser Kriterien zuließen, wurden aber bisher nicht getroffen. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht dargelegt, dass dazu auch die konkrete Ausgestaltung der Darlehen samt Besicherung, Verzinsung etc gehört, weil die Beurteilung, ob eine sorgfältige, am Gesellschaftswohl orientierte Geschäftsleitung die Finanzierung in dieser Form gewährt hätte, ansonsten nicht erfolgen kann. Dabei wird gegebenenfalls auch zu berücksichtigen sein, dass für die Inpfandnahme eigener Aktien gemäß § 65b AktG der Erwerbsgrund des § 65 Abs 1 Z 4 AktG von vornherein nicht in Betracht kommt (Karollus in Artmann/Karollus, AktG I6 § 65b Rz 7; Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG3 § 65b Rz 3; Eckert/Schopper/Schmidt in Eckert/Schopper, AktG‑ON1.00 § 65b Rz 6) und eine aktienrechtlich unzulässige und schuldrechtlich unwirksame (§ 65 Abs 2 AktG) Besicherung von einer sorgfältigen, am Gesellschaftswohl orientierte Geschäftsleitung regelmäßig nicht vorgenommen würde.

[49] 4. Es hat daher bei der vom Berufungsgericht beschlossenen Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zu bleiben.

[50] 5. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht mit den Parteien aber auch folgenden, im Verfahren bisher unbeachtet gebliebenen Aspekt (vgl RS0037300) zu erörtern und dazu Feststellungen zu treffen haben:

[51] 5.1. Nach § 65 Abs 4 Satz 2 AktG ist ein schuldrechtliches Geschäft über den Erwerb eigener Aktien unter anderem auch dann rechtsunwirksam, soweit der Erwerb gegen § 65 Abs 1 AktG verstößt, was ebenfalls dazu führt, dass die noch offenen Leistungspflichten aus dem Titelgeschäft nicht durchgesetzt werden können (Punkt 2.6.). Hinzu tritt der Umstand, dass ein Erwerb eigener Aktien bei Nichteinhaltung der Voraussetzungen des § 65 AktG grundsätzlich auch einen Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verwirklicht (§ 52 S 2 AktG e contrario; Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG3 § 65 Rz 154; Eckert/Schopper/Schmidt in Eckert/Schopper, AktG‑ON1.00 § 65 Rz 77; vgl Karollus in Artmann/Karollus, AktG I6 § 65 Rz 86).

[52] 5.2. Das Vorliegen eines zulässigen Erwerbsfalls des § 65 Abs 1 AktG für den klagsgegenständlichen Erwerb lässt sich jedoch weder dem Vorbringen der Parteien noch den Feststellungen entnehmen. Selbst wenn man nach § 65 Abs 1 Z 4 AktG von einem neuerlichen Anbot der klägerischen Anteile durch die Beklagte im Rahmen der Mitarbeiterbeteiligung ausgehen wollte, dürfte ein solcher Erwerb lediglich aufgrund einer höchstens 30 Monate (18 Monate nach der Rechtslage vor dem 15. 12. 2007 [BGBl I 2007/72]) geltenden Ermächtigung der Hauptversammlung erfolgen (zum erforderlichen Beschlussinhalt § 65 Abs 1a AktG; vgl Karollus in Artmann/Karollus, AktG I6 § 65 Rz 31 ff).

[53] 5.3. Das Fehlen eines zulässigen Erwerbsgrundes nach § 65 Abs 1 AktG stünde dem klägerischen Anspruch ungeachtet der zusätzlich erforderlichen Einhaltung der 10 %‑Schwelle des § 65 Abs 2 AktG entgegen (vgl Karollus in Artmann/Karollus, AktG I6 § 65 Rz 36).

[54] 6. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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