OGH 12Os138/23w

OGH12Os138/23w11.1.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Jänner 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Drach in der Strafsache gegen * K* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Jugendschöffengericht vom 22. August 2023, GZ 39 Hv 64/23s‑51, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0120OS00138.23W.0111.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Suchtgiftdelikte

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * K* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.

[2] Danach hat er von Oktober 2021 bis Anfang Dezember 2021 in W* vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25‑fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er zumindest 800 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von durchschnittlich 13,4 % gewinnbringend teils an im Urteil namentlich genannte, teils an unbekannte Abnehmer verkaufte und weitere zumindest 45 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von durchschnittlich 13,4 % * P* zum Verkauf überließ.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und „9“ StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Dass die Tatrichter, jeweils unter ausdrücklicher Berücksichtigung des mehrfach abgeänderten Aussageinhalts (vgl US 3 ff), aus den Angaben des Angeklagten sowie des Zeugen * P* – ohne Verstoß gegen die Kriterien logischen Denkens und grundlegende Erfahrungssätze – andere als die vom Beschwerdeführer begehrten Schlüsse gezogen haben, stellt keinen Begründungsmangel iSd Z 5 dar (RIS‑Justiz RS0098400 [T11]).

[5] Der Sache nach beschränkt sich die Rüge darauf, die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung in unzulässiger Weise zu bekämpfen.

[6] Soweit die Beschwerde kritisiert, das Erstgericht hätte nicht dargelegt, aus welchen Gründen ein höherer Reinheitsgehalt des Suchtgifts herangezogen worden sei „als bei der Verurteilung des * P* zu 12 Hv 20/22w des LG Wels“ und damit erkennbar auf die Annahme eines Reinheitsgehalts von 10,8 % zielt, wendet sie sich nicht gegen eine entscheidende Tatsache. Denn selbst bei Zugrundelegung des letztgenannten Reinsubstanzgehalts wird die Erfüllung der Qualifikation des Abs 4 Z 3 des § 28a SMG nicht in Frage gestellt (vgl RIS‑Justiz RS0120681).

[7] Soweit die Beschwerde („Z 9“) Konstatierungen zu einem Mitgewahrsam des * P* an den ihm vom Angeklagten überlassenen 45 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von durchschnittlich 13,4 % vermisst, verabsäumt sie es angesichts der erfolglos bekämpften Feststellungen zur Überlassung von (weiteren) 800 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von durchschnittlich 13,4 % (US 2 f) darzulegen (RIS‑Justiz RS0116565), weshalb dies für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage relevant sein sollte.

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[9] Hinzuzufügen bleibt, dass die Heranziehung der mangelnden Schuldeinsicht des Angeklagten (US 9) als eine für die Nichtgewährung (teil‑)bedingter Strafnachsicht entscheidende Tatsache einen unvertretbaren Gesetzesverstoß im Sinn des § 281 Abs 1 Z 11 StPO darstellt. Das Recht des Angeklagten, seine Verantwortung frei zu wählen (§§ 49 Z 4, 164 Abs 1 und 4, 245 Abs 2 StPO) und sich nicht selbst zu belasten, ist ein wesentlicher Bestandteil eines fairen Verfahrens (Art 6 Abs 1 MRK [Grabenwarter/Pabel, EMRK7 § 24 Rn 138]). Dieses Recht darf durch den Vorwurf der mangelnden Schuldeinsicht bei der Sanktionsfindung nicht konterkariert werden (RIS‑Justiz RS0090897 [T11]).

[10] Diesen von der Beschwerde nicht aufgegriffenen Umstand wird das Oberlandesgericht bei der ihm zukommenden Berufungsentscheidung (§ 285i StPO) zu berücksichtigen haben (RIS‑Justiz RS0122140).

[11] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte