European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0120OS00126.23F.1123.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier relevant – * P* des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 130 Abs 1 erster und zweiter Fall, 15 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 1 und Z 3 StGB) und als Mitglied einer aus ihm selbst und zumindest zwei weiteren Personen bestehenden kriminellen Vereinigung (US 3)
[...]
4. am 20. Mai 2023 in M* Mitarbeitern des „D*“ fremde bewegliche Sachen, nämlich Rasierklingen, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er die Gegenstände in einer mit Alufolie präparierten Tasche versteckte und ohne Bezahlung die Unternehmensräumlichkeiten verließ.
Rechtliche Beurteilung
[3] Gegen die Nichtannahme der Qualifikation nach § 131 erster Fall StGB (vgl zur Unbeachtlichkeit des dazu ergangenen Qualifikationsfreispruchs RIS‑Justiz RS0120128) richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der keine Berechtigung zukommt.
[4] Die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) behauptet eine offenbar unzureichende Begründung der Feststellung, dass der Angeklagte nicht vorsätzlich Gewalt ausübte (US 5). Im Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe (insbesondere US 7) erkennbar hielt es der Angeklagte weder ernstlich für möglich, noch fand er sich damit ab, jene Mitarbeiterin des „D*“, die seine Tasche kontrollierte, anzurempeln (US 5) oder „leicht“ wegzustoßen (US 7). Die Tatrichter leiteten diese Feststellungen aus der Videoaufnahme der Tatbegehung und der Aussage der Mitarbeiterin des „D*“ ab (US 6 f). Dass die dazu vorgenommene Begründung den Kriterien logischen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht (RIS‑Justiz RS0099413), zeigt die Rüge weder mit der Behauptung, es sei im Verfahren offen geblieben, was der Angeklagte unter Gewalt verstehe, noch mit dem Hinweis auf eine mit der Videoaufnahme nicht im Einklang stehende Schilderung des Tatgeschehens durch den Angeklagten auf.
[5] Indem die Beschwerdeführerin auch auf das zur Subsumtionsrüge erstattete Vorbringen verweist, verkennt sie den wesensmäßigen Unterschied der (demnach gesondert auszuführenden) Nichtigkeitsgründe (vgl RIS‑Justiz RS0115902).
[6] Weshalb trotz der – erfolglos bekämpften – Negativfeststellung zum auf die Gewaltanwendung gerichteten Vorsatz die Qualifikation nach § 131 erster Fall StGB begründet sein soll, legt die Subsumtionsrüge (Z 10), die einen Rechtsfehler bei der (rechtlichen) Verneinung von Gewalt (US 8 f) geltend macht, nicht dar (vgl aber RIS‑Justiz RS0116565).
[7] Soweit die Beschwerdeführerin (wie die von ihr verwendete Formulierung: „[…] anstelle der […] Feststellungen folgende Feststellungen zu treffen gehabt“, verdeutlicht) den Ersatz tatsächlich getroffener (Negativ‑)Feststellungen durch für ihren Standpunkt günstigere begehrt, macht sie keinen Feststellungsmangel geltend, sondern erstattet sie bloß ein Vorbringen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung (RIS‑Justiz RS0118580 [T25]).
[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen. Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
[9] Eine Kostenentscheidung hat gemäß § 390a Abs 1 erster Satz zweiter Halbsatz StPO zu unterbleiben.
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