OGH 10ObS125/23i

OGH10ObS125/23i21.11.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Nowotny als Vorsitzenden, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Annerl sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dora Camba (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Maria Buhr (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei H*, vertreten durch Dr. Karl Hepperger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich‑Hillegeist‑Straße 1, wegen Alterspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 18. Oktober 2023, GZ 25 Rs 34/23 w‑40, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:010OBS00125.23I.1121.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Sozialrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Vorinstanzen wiesen das auf Gewährung einer Alterspension in gesetzlichem Ausmaß ab 1. Dezember 2021 gerichtete Klagebegehren mangels Erfüllung der Wartezeit ab. Das Berufungsgericht führte aus, dass die Klägerin nicht bezweifle, dass sie die Wartezeit bei Heranziehung der gesetzlichen Regelungen zur Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten nicht erfülle. Ein Vorabentscheidungsverfahren diene der Auslegung von Unionsrecht und die Klägerin führe nicht aus, welche unionsrechtliche Regelung zum Gegenstand eines Vorlageverfahrens gemacht werden solle. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht.

[2] In ihrer außerordentlichen Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass sie die Regelung, wonach ihr maximal 48 Monate an Kindererziehungszeiten pro Kind angerechnet werden könnten, stark benachteilige, weil sie ihre Enkelin und ihren Urenkel insgesamt mehr als 19 Jahre gepflegt habe.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die außerordentliche Revision der Klägerin ist mangels Geltendmachung einer Rechtsfrage von im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erheblicher Bedeutung nicht zulässig.

[4] 1. Die Revision bezweifelt – wie schon in der Berufung – nicht, dass nach § 227a Abs 1 ASVG höchstens 48 Kalendermonate je Kind, gezählt ab der Geburt des Kindes, als Ersatzzeiten gelten und die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alterspension die Wartezeit nach § 236 ASVG unter Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten nach § 227a ASVG nicht erfüllt sind.

[5] 2.1. Bei Ersatzzeiten handelt es sich in der Regel um Zeiten, während derer der Versicherte aus verschiedenen vom Gesetzgeber anerkannten Gründen nicht in der Lage war, Beiträge zu entrichten, etwa weil er wegen Schulausbildung, Entbindung, Arbeitslosigkeit, Krankheit, Präsenz‑ oder Zivildienst zur Beitragsleistung nicht im Stande war (RIS‑Justiz RS0084574 [T5]). In der Rechtsprechung wurde bereits darauf hingewiesen, dass es in der rechtspolitischen Freiheit des Gesetzgebers stehe, festzulegen, ab wann Zeiten als Ersatzzeiten gelten, und dass Einschränkungen der Begünstigung wegen der besonderen finanziellen Belastung, die die Versichertengemeinschaft durch solche beitragsfrei anzurechnenden Ersatzzeiten treffe, durchaus sachgerecht seien (10 ObS 300/02v mwN; vgl RS0083750).

[6] 2.2. Mit dem Vorbringen, sie sei gegenüber anderen Personengruppen, die nicht in der Lage seien, Beiträge zu entrichten, stark benachteiligt, übergeht die Klägerin, dass auch diesen Personengruppen Zeiten nur eingeschränkt als Ersatzzeiten angerechnet werden. Inwiefern ihre Situation mit der einer anderen Person konkret vergleichbar ist, legt sie im Rechtsmittel im Übrigen nicht offen. Eine die Anrufung des Obersten Gerichtshofs rechtfertigende Rechtsfrage liegt nicht vor, wenn der Oberste Gerichtshof die verfassungsrechtlichen Bedenken des Rechtsmittelwerbers nicht teilt (RS0116943).

[7] 3. Der Anregung der Klägerin auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens beim EuGH hat bereits das Berufungsgericht entgegnet, dass die Klägerin keine unionsrechtliche Regelung nannte, die zum Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens gemacht werden könnte. Inwiefern im gegenständlichen Fall ein Bezug zum Unionsrecht vorläge, wird ebenso wenig in der außerordentlichen Revision dargetan und ist auch sonst nicht ersichtlich.

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