European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00173.23G.1116.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Amtshaftung inkl. StEG
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Der Kläger begehrte mit seiner am 28. 10. 2021 eingebrachten Amtshaftungsklage ua die Zahlung eines Verdienstentgangs für den Zeitraum von 91 Monaten. Zwei zueinander im Verhältnis der §§ 31 und 40 StGB stehende strafgerichtliche Verurteilungen aus dem Jahr 2005 (Landesgericht Wiener Neustadt) und 2007 (Landesgericht Krems an der Donau) seien fälschlich nicht nach Ablauf der fünfjährigen Tilgungsfrist mit 23. 11. 2012 im Strafregister gelöscht worden. Deswegen sei ihm auch nach dem 23. 11. 2012 die Führung eines auf seinen Namen lautenden Einzelunternehmens verboten gewesen, sodass er eine Einkommenseinbuße erlitten habe.
[2] Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze wegen Verjährung ab.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dieaußerordentliche Revision des Klägers ist mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zulässig.
[4] 1. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 6 Abs 1 AHG wird dann in Gang gesetzt, wenn dem Geschädigten neben der Kenntnis des Schadens der gesamte seinen Anspruch begründende Sachverhalt so weit bekannt ist oder zumutbarerweise bekannt sein muss, dass er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erheben kann. Es sind also die Kenntnisse des Geschädigten vom objektiven Sachverhalt maßgebend; auf die erforderlichen Rechtskenntnisse bzw auf die richtige rechtliche Qualifikation des – bekannten – Sachverhalts kommt es für die Ingangsetzung der Verjährungsfrist nicht an (RS0050355 [T5]). Wenn der Geschädigte die für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen kann, gilt die Kenntnisnahme als in dem Zeitpunkt erlangt, in welchem sie ihm bei angemessener Erkundigung zuteil geworden wäre (RS0034327 [T1]). Die Erkundigungsobliegenheit setzt deutliche Anhaltspunkte für einen Schadenseintritt im Sinn konkreter Verdachtsmomente voraus, aus denen der Anspruchsberechtigte schließen kann, dass Verhaltenspflichten nicht eingehalten wurden (RS0034327 [T42]) Das Ausmaß der Erkundigungspflicht – die keinesfalls überspannt werden darf (RS0034327) – hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0113916).
[5] 2. Ursache für den behaupteten Verdienstentgang war, dass die endgültige Nachsicht der vom Landesgericht Krems an der Donau verhängten bedingten Zusatzstrafe, über die der Kläger im Jahr 2011 verständigt wurde, fälschlich nicht in das Strafregister eingetragen wurde, sodass dort beide Verurteilungentrotz Ablauf der Tilgungsfristweiterhin aufschienen.
[6] Das Berufungsgericht lastete dem Kläger eine Verletzung seiner Erkundigungsobliegenheit an, weil er, obwohl er nach den Feststellungen anlässlich einer weiteren Strafverhandlung vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien im April 2016 erfuhr, dass die Vorstrafen noch immer im Strafregister aufschienen, was er – wie er vor Gericht damals selbst erklärte – „komisch“ fand, und die vom Landesgericht Krems verhängte Vorstrafe bei der neuerlichen Verurteilung auch als Erschwerungsgrund gewertet wurde, die Angelegenheit nicht mit seinem damaligen Verteidiger besprach und insbesondere nicht auf die schon 2011 erfolgte endgültige Strafnachsicht hinwies.
[7] Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die dreijährige Verjährungsfrist habe daher im April 2016 zu laufen begonnen, zumal der Kläger die Bedeutung der ungetilgten Verurteilungen für seine gewerbliche Tätigkeit schon seit dem Jahr 2012 kannte, als ihm die Gewerbebehörde deswegen die Anmeldung eines Gewerbes auf eigenen Namen untersagt hatte, hält sich im Rahmen der Rechtsprechung.
[8] 3. Eine ausnahmsweise auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung zeigt der Revisionswerber nicht auf:
[9] Sein Einwand, eine Unklarheit über die „Rechtsfrage“, ob die Schadenszufügung durch ein schuldhaft‑rechtswidriges Verhalten (hier Unterlassung der Löschung der Strafregistereintragungen) erfolgt sei, schiebe den Beginn der Verjährungsfrist hinaus, geht am Vorwurf einer Verletzung der Erkundigungsobliegenheit vorbei. Im Übrigen bezweifelt er nicht, bereits 2016 konkrete Verdachtsmomente gehabt zu haben, aus denen er in Bezug auf die Strafregisterauskunft auf die Nichteinhaltung von Verhaltenspflichten durch die Organe der Beklagten schließen konnte. Er argumentiert nur, er habe gegenüber dem Strafrichter ohnehin ein „komisches Gefühl“ ventiliert, dass die Vorstrafen noch immer aufscheinen würden, der Strafrichter habe diese dennoch zur Grundlage seines Urteils gemacht. Damit hat er weder behauptet noch bewiesen, dass er dem Strafrichter auch sein Wissen um die bereits 2011 erfolgte Nachsicht der Vorstrafen mitteilte, woraus sich aber gerade die Bedenklichkeit der 2016 eingeholten Strafregisterauskunft ergab und woran das Berufungsgericht die Pflicht des Klägers knüpfte, weitere Nachforschungen anzustellen.
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