OGH 15Os111/23x

OGH15Os111/23x8.11.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. November 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Mann und Dr. Sadoghi und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Maringer in der Strafsache gegen * S* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 20. Juni 2023, GZ 8 Hv 46/23p‑61, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen einen gleichzeitig gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0150OS00111.23X.1108.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Sexualdelikte

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 14. Jänner 2023 in G* mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) versucht, * Z* zur Vornahme oder Duldung des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung zu nötigen, indem er sie in ihrer Wohnung mit beiden Händen am Oberkörper erfasste und in Richtung Küchenzeile zerrte, ihr ein Küchenmesser am Hals ansetzte, sie ins Wohnzimmer zog und auf die Couch legte, sich mit dem Messer über sie beugte, sie niederdrückte und dabei erklärte, „Mord wär a scho wurscht“, ihre Hose über das Gesäß nach unten schob, ihr T‑Shirt im Bereich des Dekolletés nach unten zog, sie am Hals erfasste und würgte, wobei sie sich losreißen und flüchten konnte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – keine Berechtigung zukommt.

[4] Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) ließ das Erstgericht das Gutachten der Sachverständigen Mag. Dr. * R* über spurenkundliche DNA‑Untersuchungen von Abrieben eines sichergestellten Messers (ON 24) nicht unberücksichtigt (US 16 f). Soweit die Rüge aus dem Umstand, dass die von der Expertin begutachteten DNA-Spuren bloß einer – nicht näher individualisierbaren – Person weiblichen Geschlechts zugeordnet werden konnten, anhand eigener Beweiswerterwägungen für ihren Standpunkt günstigere Schlüsse zieht, wendet sie sich nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO). Im Übrigen ist es nicht entscheidend, ob der Angeklagte bei der Tat ein Messer verwendete (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 398 f).

[5] Die Subsumtionsrüge (Z 10) stellt spekulative Überlegungen zum Material der zur Tatzeit vom Opfer getragenen Kleidung an und bringt vor, diese wäre bei tatsächlicher Begehung der konstatierten Tat auf jeden Fall beschädigt worden. Davon ausgehend wäre anstelle des Versuchs einer Vergewaltigung mit Blick auf das beim Opfer diagnostizierte Kehlkopf- und Würgetrauma ein Vergehen der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 1 StGB anzunehmen gewesen. Dieses Vorbringen orientiert sich nicht an den im Urteil getroffenen Feststellungen (US 6 ff) und verfehlt solcherart den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).

[6] Der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) zuwider verstößt die Wertung der Tatbegehung während offener Probezeit als erschwerend (US 28) ungeachtet des erfolgten Widerrufs der bedingten Entlassung (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO; US 3, 32) nicht gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 StGB), weil Delinquenz innerhalb der Probezeit keine die Strafdrohung bestimmende Tatsache darstellt (RIS-Justiz RS0091096 [T3], RS0111324).

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte