European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0120OS00097.23S.1019.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Der zugleich mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 9. Juni 2023, GZ 44 Hv 62/23t‑25, gefasste Beschluss verletzt im Ausspruch, vom Widerruf der * F* mit Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 13. Dezember 2019, GZ 507 Hv 66/19v‑74, gewährten bedingten Strafnachsicht sowie mit Beschluss dieses Gerichts vom 16. Jänner 2020, GZ 821 BE 2/20p‑4, gewährten bedingten Entlassung abzusehen und die Probezeiten jeweils auf fünf Jahre zu verlängern, § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB.
Dieser Beschluss wird im Umfang des Ausspruchs der Verlängerung der Probezeiten ersatzlos aufgehoben.
Gründe:
[1] Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 13. Dezember 2019, GZ 507 Hv 66/19v‑74, wurde * F* eines Verbrechens schuldig erkannt und hiefür zu einer gemäß § 43a Abs 3 StGB teilweise bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt.
[2] Mit ebenfalls rechtskräftigem Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Vollzugsgericht vom 16. Jänner 2020, GZ 821 BE 2/20p‑4, wurde F* per 7. Februar 2020 aus dem Vollzug des unbedingten Strafteils unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen (vgl ON 95 und 97 in AZ 507 Hv 66/19v des Landesgerichts Korneuburg).
[3] Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 9. Juni 2023, GZ 44 Hv 62/23t‑25, wurde * F* des im Zeitraum von März 2023 bis zum 15. April 2023 begangenen Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 2a zweiter Fall, Abs 5 SMG schuldig erkannt.
[4] Zugleich erging der auf § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO gestützte Beschluss, vom Widerruf (unter anderem) der zu AZ 507 Hv 66/19v des Landesgerichts Korneuburg gewährten bedingten Strafnachsicht sowie der zu AZ 821 BE 2/20p dieses Gerichts gewährten bedingten Entlassung abzusehen, jedoch die Probezeiten jeweils auf fünf Jahre zu verlängern (ON 25 S 4).
Rechtliche Beurteilung
[5] Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, steht dieser Beschluss mit dem Gesetz nicht im Einklang.
[6] Nach § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB kommt ein auf neuerliche Delinquenz gegründeter Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht oder bedingten Entlassung und Verlängerung der Probezeit – von hier nicht aktuellen Ausnahmen abgesehen – nur im Fall der Verurteilung des Rechtsbrechers wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung in Betracht (RIS‑Justiz RS0092019 [T1], RS0112811).
[7] Weil die der Beschlussfassung zugrunde liegende Straftat nicht während der in den Verfahren AZ 507 Hv 66/19v und AZ 821 BE 2/20p des Landesgerichts Korneuburg bestimmten dreijährigen Probezeiten, sondern erst nach deren (gemeinsamen) Ablauf (am 7. Februar 2023; §§ 49, 68 StGB), nämlich im Zeitraum von März 2023 bis zum 15. April 2023 begangen wurde, verletzt der Beschluss in diesem Umfang § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB.
[8] Die aufgezeigte Gesetzesverletzung gereicht dem Verurteilten im Umfang der Verlängerung der Probezeiten zum Nachteil. Der Oberste Gerichtshof sah sich daher veranlasst, deren Feststellung gemäß § 292 letzter Satz StPO mit der im Spruch ersichtlichen konkreten Wirkung zu verknüpfen.
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