OGH 1Ob128/23i

OGH1Ob128/23i20.9.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin I*, vertreten durch Dr. Marco Nademleinsky, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner E*, vertreten durch Dr. Bertram Grass, Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über die außerordentlichen Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 6. Juni 2023, GZ 43 R 146/23y‑48, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00128.23I.0920.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Familienrecht (ohne Unterhalt)

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Vorinstanzen übertrugen im vorliegenden Aufteilungsverfahren die Miteigentumsanteile des Mannes an der während der aufrechten Ehe gemeinsam angekauften ehelichen Wohnung an die Frau und verpflichteten sie zur Leistung einer Ausgleichszahlung von 28.000 EUR.

[2] Gegen die Rekursentscheidung richten sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Frau, die keine Ausgleichszahlung leisten will, und des Mannes, der eine Ausgleichszahlung von zumindest 359.500 EUR begehrt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Beide Rechtsmittel sind nicht zulässig, weil eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht aufgezeigt wird.

I. Zum außerordentlichen Revisionsrekurs des Mannes

[4] Die Rechtsrüge des Mannes blendet entscheidungserhebliche Feststellungen aus und muss schon deshalb erfolglos bleiben:

[5] Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, dass die während der Ehe von beiden Parteien angeschaffte und mittels eines unter einem gemeinsam aufgenommenen Fremdwährungskredits finanzierte Eigentumswohnung der Aufteilung unterliegt. Der Einwand des Mannes, der Erwerb während aufrechter Ehe sei nicht berücksichtigt worden, ist daher unverständlich.

[6] Seine Behauptung, die Wertsteigerung der gemeinsamen Lebensversicherung, die die Eheleute als Tilgungsträger für den endfälligen Fremdwährungskredit abschlossen, sei nicht berücksichtigt worden, übergeht nicht nur den Umstand, dass der Einmalerlag für diese Versicherung ausschließlich aus vorehelichen (nicht der Aufteilung unterliegenden) Mitteln der Frau geleistet wurde, sondern auch, dass damit Schulden getilgt wurden, für die er ebenso wie die Frau haftete.

[7] Nach der Rechtsprechung sind auch mit dem gemeinsamen ehelichen Lebensaufwand zusammenhängende Schulden wie zB Konsumkredite, deren Äquivalent nicht in Sachwerten vorhanden ist, bei der Aufteilung zu berücksichtigen; auch solche Schulden sind im Innenverhältnis aufzuteilen (RS0057635 [T5]).

[8] Dass (auch) ein bei Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit dem Betrag von (richtig) 69.005,15 EUR aushaftender (zur Abdeckung ehelicher Schulden aufgenommener) Konsumkredit, der von der Frau alleine zurückgezahlt wurde, bei der Bemessung der Ausgleichszahlung mit einem Teil zu Lasten des Mannes veranschlagt wurde, ist daher nicht zu bemängeln.

[9] Die Behauptung des Mannes, die Ehewohnung sei aus gleichen Mitteln bedient und letztlich bezahlt worden, ignoriert die Feststellungen, wonach er lediglich zu während der aufrechten Ehe geleisteten Zinszahlungen in Höhe von gesamt 37.888,55 EUR beitrug, das gesamte Kapital des Kredits aber nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft von der Frau allein getilgt wurde.

[10] Konkrete Bedenken gegen den vom Erstgericht angenommenen Aufteilungsschlüssel trägt der Mann nicht vor.

[11] Er vermag daher nicht einmal im Ansatz zur Darstellung zu bringen, aus welchen Gründen ihm eine Ausgleichszahlung von 359.500 EUR zuzusprechen wäre.

II. Zum außerordentlichen Revisionsrekurs der Frau

[12] Die Frau meint, dem Mann stehe keine Ausgleichszahlung zu, weil sie die Ehewohnung alleine aus den von ihr in die Ehe eingebrachten Mitteln finanziert habe.

[13] Dies trifft in dieser Form nicht zu, denn nach den Feststellungen entschieden sich die Eheleute über Vorschlag des Mannes dazu, den Ankauf der ehelichen Wohnung mittels eines gemeinsam aufgenommenen endfälligen Fremdwährungskredits zu finanzieren und die vorehelichen Mittel der Frau in einem Tilgungsträger zu veranlagen. Die Frau blendet daher aus, dass sich der Mann durch den Kredit sehr wohl am wirtschaftlichen Risiko der Finanzierung der gemeinsamen Eigentumswohnung beteiligte. Auch aus diesem Grund scheint es angemessen, ihn an der – beachtlichen – Wertsteigerung der Liegenschaft partizipieren zu lassen. Dem Umstand, dass die Frau die Finanzierung – wenn man von den Zinszahlungen absieht – im Wesentlichen alleine gestemmt hat, hat das Erstgericht ohnehin durch den für sie sehr günstigen Aufteilungsschlüssel Rechnung getragen. Ihre Berechnung, die sowohl den Erlös aus dem Tilgungsträger als auch sämtliche aushaftenden Verbindlichkeiten (die damit letztlich zum Großteil gedeckt wurden) vom aktuellen Verkehrswert der Wohnung in Abzug bringt, verkennt, dass der Tilgungsträger, solange er nicht zugunsten des Kredits verwertet wurde, (noch) nicht in die Liegenschaft eingebracht war, sondern nur deren Finanzierung absicherte. Wollte man das jedoch anders sehen, dürften die dem Wert des Tilgungsträgers entsprechenden Schulden bei Berechnung der ehelichen Errungenschaft nicht noch einmal abgezogen werden.

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