OGH 14Os88/23g

OGH14Os88/23g6.9.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. September 2023 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Maringer in der Strafsache gegen * B* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, § 129 Abs 1 Z 2 und Abs 2 Z 1, § 15 StGB, AZ 503 Hv 33/17h des Landesgerichts Korneuburg, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des genannten Gerichts vom 21. Juni 2017, GZ 503 Hv 33/17h‑112, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Gföller, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0140OS00088.23G.0906.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

Der Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 21. Juni 2017, GZ 503 Hv 33/17h‑112, wonachdie * B* „mit Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main, Deutschland, gewährte bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe des Landesgerichts Innsbruck zu dg 39 Hv 104/11k“ widerrufen wird, verletzt § 53 Abs 1 StGB iVm § 494a Abs 1 Z 4 StPO.

Dieser Beschluss wird aufgehoben.

 

Gründe:

[1] Mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 2. Dezember 2011, GZ 39 Hv 104/11k‑21, wurde * B* des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 2, §§ 130 vierter Fall, 15 StGB (idF BGBl I 2002/134) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

[2] Die Vollstreckung dieser Strafe wurde mit Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 12. März 2014, AZ 5/19 StVK 420/13, von der Bundesrepublik Deutschland übernommen, ab 8. Jänner 2015 vollzogen und durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 3. Mai 2016, AZ 5/19 StVK 149/16, mit Wirkung zum 13. Mai 2016 unter Bestimmung einer „Bewährungszeit“ von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt (ON 46 S 5 f, ON 48 S 3 und ON 51 S 5 jeweils in AZ 39 Hv 104/11k des Landesgerichts Innsbruck sowie ON 5 S 9 ff und ON 8 S 18 im Akt AZ 2 Bl 32/23h des Landesgerichts Innsbruck).

[3] Mit Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 21. Juni 2017, GZ 503 Hv 33/17h‑112, wurde B* des (am 18. April 2017 begangenen) Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, § 129 Abs 1 Z 2 und Abs 2 Z 1, § 15 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Unter einem fasste das genannte Gericht den (unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen) Beschluss, „gemäß § 53 Abs 1 StGB iVm § 494a Abs 1 Z 4 StPO“ die B* „mit Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main, Deutschland, gewährte bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe des Landesgerichtes Innsbruck zu dg 39 Hv 104/11k“ zu widerrufen (US 3 f).

[4] Zu dieser Entscheidung erließ das Landesgericht Korneuburg am 17. Oktober 2017 eine (lediglich auf das Urteil des Landesgerichts Innsbruck Bezug nehmende) Strafvollzugsanordnung (ON 152), wobei der Beginn des diesbezüglichen Strafvollzugs mit 7. September 2023 errechnet wurde (vgl ON 3 in AZ 2 Bl 32/23h des Landesgerichts Innsbruck).

Rechtliche Beurteilung

[5] Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, steht der Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 21. Juni 2017, GZ 503 Hv 33/17h‑112, mit dem Gesetz nicht im Einklang:

[6] Soweit gegenständlich von Bedeutung ist nach § 53 Abs 1 StGB eine bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe zu widerrufen und der Strafrest zu vollziehen, wenn der Rechtsbrecher wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung verurteilt wird und dies in Anbetracht der neuerlichen Verurteilung zusätzlich zu dieser geboten erscheint, um den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.

[7] Diese Bestimmung bezieht sich nur auf eine von einem österreichischen Gericht gewährte bedingte Entlassung, während die Entscheidung über eine von einem ausländischen Gericht gewährte bedingte Nachsicht oder Entlassung ausschließlich in die Kompetenz des betreffenden Staats fällt (vgl RIS‑Justiz RS0107406; Jerabek/Ropper, WK‑StPO § 494a Rz 2).

[8] Da der gegenständliche Beschluss vom Gericht gefasst wurde, obwohl ihm diese Entscheidungskompetenz gar nicht zukommt, verletzt er § 53 Abs 1 StGB iVm § 494a Abs 1 Z 4 StPO. Infolge seiner Wirkungslosigkeit war er lediglich zur Klarstellung zu beseitigen (RIS‑Justiz RS0116267, RS0116583; Ratz, WK‑StPO § 292 Rz 45).

[9] Darauf beruhende Entscheidungen und Verfügungen – hier insbesondere die Strafvollzugsanordnung des Landesgerichts Korneuburg, GZ 503 Hv 33/17h‑152 – sind als gleichfalls beseitigt anzusehen (RIS‑Justiz RS0100444).

Stichworte