OGH 15Os54/23i

OGH15Os54/23i30.8.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. August 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz, Dr. Mann und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Eschenbacher als Schriftführerin in der Strafsache gegen * T* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 15, 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 24. Februar 2023, GZ 52 Hv 105/22s‑40.3, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0150OS00054.23I.0830.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Suchtgiftdelikte

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die (verbleibende) Berufung (wegen des Ausspruchs über die Strafe) werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * T* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG, §§ 15, 12 zweiter Fall StGB (A./), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 15, 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 3 SMG (B./) und „des Vergehens“ des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (C./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er

A./ im Zeitraum von Jänner 2018 bis März 2021 in W* und anderen Orten in wiederholten Angriffen vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen

I./ überlassen, und zwar

1./ * G* insgesamt zumindest 50 Gramm Crystal Meth/Pico in straßenüblicher Qualität mit einem Gehalt des Wirkstoffs Methamphetamin von durchschnittlich 50 % zum Preis von 100 Euro pro „Kubik“ (0,8 Gramm);

2./ * T* im Zeitraum von Juni 2021 bis Jänner 2022 insgesamt 9 Gramm Cannabiskraut mit den Wirkstoffen THCA und Delta‑9‑THC zum Preis von insgesamt 90 Euro sowie im Zeitraum von August 2021 bis Anfang 2022 in mehreren Angriffen methamphetaminhältiges Crystal Meth von durchschnittlich 50 % Reinheitsgehalt;

II./ „zu überlassen versucht, als Beteiligter gemäß § 12 zweiter Fall StGB“, indem er im Jahr 2020 * G* und im Herbst 2021 * T* aufforderte, für ihn methamphetaminhältiges Crystal Meth anderen zu verkaufen, sohin zur Ausführung der mit Strafe bedrohten Handlung zu bestimmen versuchte;

B./ im Zeitraum „von Jänner 2018 bis Jänner 2022“ in W* und anderen Orten andere dazu zu bestimmen versucht, vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge aus dem Ausland aus- und nach Österreich einzuführen, und zwar indem er

I./ * G* zu nicht mehr feststellbaren Zeitpunkten zwischen Februar 2021 und Jänner 2022 ersuchte, insgesamt 1.000 Gramm Speed mit durchschnittlich zumindest 20 % Reinheitsgehalt des Wirkstoffs Amphetamin im Darknet (aus dem Ausland; US 5) zu bestellen;

II./ * G* und andere in wiederholten Angriffen zwischen Februar 2021 bis Februar 2022 fragte, „ob sie für ihn in die Niederlande fahren und von dort Crystal Meth/Pico nach Österreich schmuggeln könnten“;

C./ im Zeitraum von Jänner bis November 2022 in W* und W* in wiederholten Angriffen vorschriftswidrig Suchtgift ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen, und zwar insgesamt 10 Gramm Cannabiskraut mit den Wirkstoffen THCA und Delta‑9‑THC sowie 5 Gramm Kokain mit dem Wirkstoff Cocain.

Rechtliche Beurteilung

[3] Gegen den Schulspruch zu B./ wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

[4] Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) bemängelt, zu B./ würde der im Urteilstenor im Obersatz angeführte Tatzeitraum („Jänner 2018 bis Jänner 2022“) nicht mit den zu B./I./ und B./II./ (im Urteilstenor und in den Entscheidungsgründen US 2, 5) konkret angeführten Tatzeiträumen (Februar 2021 bis Jänner 2022) übereinstimmen, macht die Beschwerde nicht klar, inwiefern dies in rechtlicher Hinsicht dem zu B./ gefällten Schuldspruch als solchem (oder auch nur der vom Erstgericht vorgenommenen Subsumtion nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall und Abs 2 Z 3 SMG) entgegenstehen sollte.

[5] Unter dem Aspekt eines Widerspruchs zwischen Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) und Entscheidungsgründen (Z 5 dritter Fall) ist der aufgezeigte Umstand fallkonkret schon deshalb irrelevant, weil der Tatzeitraum von Jänner 2018 bis Jänner 2022 jedenfalls jenen von Februar 2021 bis Jänner 2022 mitumfasst (vgl RIS‑Justiz RS0117402 [T10, T12, T15]). Im Übrigen kommt der Tatzeit und damit einem diesbezüglichen Widerspruch im Urteil auch sonst keine Bedeutung zu, wenn die Tat – wie hier – auf andere Weise hinlänglich individualisiert ist (vgl auch RIS‑Justiz RS0098551, RS0098557 [T10, T11, T16]).

[6] Die Behauptung eines Rechtsfehlers mangels Feststellungen zu B./II./ ist nicht – wie geboten – an den Sachverhaltsfeststellungen des Erstgerichts orientiert (vgl aber RIS‑Justiz RS0099810), wonach das einzuführende Crystal Meth (Pico) den (im Anhang IV zur Suchtgiftverordnung angeführten) Wirkstoff Methamphetamin beinhalten sollte (US 5).

[7] Gleiches gilt für den Einwand, die Feststellungen zu B./II./ würden die rechtliche Annahme eines strafbaren Bestimmungsversuchs nicht tragen, gingen die Tatrichter doch davon aus, dass der Angeklagte mit seinen Anfragen den Tatentschluss von * G* und anderen zu wecken trachtete, Crystal Meth (Methamphetamin) vorschriftswidrig aus dem Ausland nach Österreich einzuführen (US 5, 8).

[8] Der Sache nach wendet sich die Beschwerde bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld gegen die Feststellungen zum Bedeutungsinhalt der Anfragen des Angeklagten.

[9] Mit der Behauptung, dem Bestimmungsversuch zu B./II./ fehle es „an jeder Ausführungsnähe“ (siehe allerdings RIS-Justiz RS0112936), lässt die Beschwerde abermals den im Urteil festgestellten Sachverhalt außer Acht.

[10] Weshalb die Tat, zu welcher der Bestimmungstäter den anderen zu verleiten versucht, bereits in allen Einzelheiten (wie etwa der genauen Menge des zu schmuggelnden Suchtgifts) feststehen müsste (vgl RIS‑Justiz RS0089717), erklärt der Nichtigkeitswerber nicht (RIS‑Justiz RS0116565).

[11] Mit Blick auf B./I./ macht die Beschwerde zudem nicht klar, weshalb die Menge des vom Bestimmungsversuch zu B./II./ betroffenen Methamphetamins fallkonkret für die Subsumtion des zu B./ inkriminierten Geschehens nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG von Bedeutung sein sollte.

 

[12] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Ebenso war mit der (ausgeführten) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld zu verfahren (§ 296 Abs 2 StPO iVm § 294 Abs 4 StPO), weil ein solches Rechtsmittel im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen ist (§ 283 Abs 1 StPO).

[13] Die Zuständigkeit zur Entscheidung über die (verbleibende) Berufung (wegen des Ausspruchs über die Strafe) kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[14] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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