OGH 7Nc14/23b

OGH7Nc14/23b29.6.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende sowie den Hofrat Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch die Rechtsanwaltspartnerschaft Kolarz – Augustin – Mayer, Stockerau, gegen die beklagte Partei P* Aktiengesellschaft, *, vertreten durch Dr. Reinfried Eberl ua, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 22.492,70 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0070NC00014.23B.0629.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung dieser Rechtssache wird anstelle des Landesgerichts Salzburg das Landesgericht Korneuburg bestimmt.

Die Kosten der klagenden Partei im Delegierungsverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Mit der beim Landesgericht Salzburg eingebrachten Klage begehrt der Kläger die Versicherungsleistung aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Kaskoversicherungsvertrag aufgrund eines Verkehrsunfalls, der sich im Sprengel des Landesgerichts Korneuburg ereignet hat.

[2] DerKläger beantragt in seiner Klage, die Rechtssache an das Landesgericht Korneuburg zu delegieren.

[3] Der Wohnort des als Partei einzuvernehmenden Klägers sowie der dreier Zeugen befinde sich im Sprengel dieses Landesgerichts. Im Übrigen sei ein Lokalaugenschein beantragt worden; weiters werde der ebenfalls beantragte kfz‑technische Sachverständige seine Befundaufnahme ebenfalls an der Unfallstelle durchführen und die beim Kläger gelagerten Reifen besichtigen müssen.

[4] Die Beklagte spricht sich gegen die Delegierung aus. Dass der Kläger selbst im Sprengel des Landesgerichts Korneuburg wohnhaft sei, reiche als Delegierungsgrund nicht aus. Die von der Beklagten geführten Zeugen seien im Sprengel des Landesgerichts Salzburg wohnhaft.

Rechtliche Beurteilung

[5] Die Delegierung ist gerechtfertigt.

[6] 1. Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Nach ständiger Rechtsprechung (RS0046324; RS0046441) soll eine Delegierung den Ausnahmefall bilden, weil eine großzügige Anwendung zu einer unvertretbaren Lockerung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen würde (RS0046589 [T2]). Eine Delegierung kommt nur in Betracht, wenn überwiegende Zweckmäßigkeitsgründe dafür sprechen. Zweckmäßigkeitsgründe liegen vor, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung oder Verbilligung des Verfahrens oder zu einer Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit beiträgt, dafür ist auch auf ein Sachverständigengutachten mit Befundaufnahme an Ort und Stelle Bedacht zu nehmen (vgl RS0046333 [T18; T20]). Zweckmäßigkeitsgründe in diesem Sinn bilden der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen und die Lage eines Augenscheinsgegenstands oder ein voraussichtlich erforderlicher Lokalaugenschein (vgl RS0046540 [T3; T34]).

[7] 2. Der Kläger hat seine Einvernahme als Partei sowie die dreier Zeugen beantragt, alle Beteiligten wohnen im Sprengel des Landesgerichts Korneuburg. Der Kläger hat weiters einen Lokalaugenschein und die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Unfallhergang beantragt. In diesem Zusammenhang ist eine Befundaufnahme des Sachverständigen im Sprengel des Landesgerichts Korneuburg sowie eine Besichtigung der beim Kläger gelagerten Augenscheinsgegenstände (Reifen) zu erwarten. Demgegenüber hat die Beklagte eine nicht näher konkretisierte Parteieneinvernahme beantragt; der Wohnort von zwei beantragten Zeugen ist nicht bekannt, weil lediglich deren Ladung an der Adresse der Beklagten bzw der P* AG beantragt wurde. Auch der dritte beantragte Zeuge hat seinen Wohnsitz nicht im Sprengel des Landesgerichts Salzburg, sondern näher zum Landesgericht Korneuburg.

[8] 3. Insgesamt sprechen daher trotz der Ablehnung durch die Beklagte die besseren Argumente für die Zweckmäßigkeit der Delegierung (RS0046589; RS0046324), die zu einer Verkürzung des Prozesses und einer Erleichterung des Gerichtszugangs führt, insbesondere im Hinblick auf den beantragten Lokalaugenschein (vgl 2 Nc 21/16k; 2 Nc 9/15v; 4 Nc 18/16h).

[9] 4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 ZPO. DerKläger hat im Zwischenstreit obsiegt, seineÄußerungen im Delegierungsverfahren enthalten aber auch Vorbringen zur Sache und sind daher im Hauptverfahren verwertbar. Dies schließt die Honorierung im Zwischenstreit aus (RS0036025 [T5; T8]).

Stichworte