OGH 6Ob75/23g

OGH6Ob75/23g28.6.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. K*, vertreten durch Blum, Hagen & Partner Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, wider die beklagte Partei V*gesellschaft mit beschränkter Haftung, *, vertreten durch Dr. Michael Brandauer, LL.M., Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen 94.910,07 EUR sA, Feststellung und Rentenzahlung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 28. Februar 2023, GZ 2 R 17/23a‑67, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0060OB00075.23G.0628.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger wurde aufgrund eines Massenvorfalls einer Bandscheibe am 18. 6. 2018 im Landeskrankenhaus der Beklagten operiert. Die konservative Therapie hatte keine dauerhafte Besserung gebracht, und es bestand bereits eine Lähmung. Der Kläger war bereits 2011 im selben Bereich operiert worden, weswegen mit dem Vorliegen von Verwachsungen im Operationsgebiet gerechnet werden musste, die das Operationsrisiko für Nervenverletzungen erhöhen, und zwar üblicherweise von 1 bis 1,5 % bei Erstoperationen auf maximal 7 % bei Revisionsoperationen. Über das Risiko einer Nervenverletzung und darüber, dass es zu Lähmungen kommen kann war der Kläger (ohne Prozentangaben) aufgeklärt worden. Auf das erhöhte Risiko war er aber „nicht extra“ hingewiesen worden. Wäre er auf dieses erhöhte Risiko hingewiesen worden, hätte er sich dennoch zur Operation entschieden.

[2] Bei der schwierigen, lege artis vorgenommenen Operation wurde ein Nerv verletzt. Dies ist eine selten auftretende, aber nicht vermeidbare Komplikation. Es kam zwar noch am selben Tag zu einer ebenfalls lege artis durchgeführten Revisionsoperation. Trotzdem blieb es bei einer gewissen Schädigung mit negativen Folgen für den Kläger.

[3] Sein auf diese Folgen gestütztes Begehren auf Schadenersatz, Feststellung der Haftung und Rentenzahlung wiesen die Vorinstanzen übereinstimmend ab.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die dagegen erhobene außerordentliche Revision ist nicht zulässig:

[5] 1. Die vom Kläger behauptete Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des zweitinstanzlichen Verfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

[6] 2. Ob der Patient bei ausreichender Aufklärung seine Zustimmung zum Eingriff erteilt hätte, ist eine Tatfrage (RS0038485 [T16]). Die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen kann aber vor dem Obersten Gerichtshof als reine Rechtsinstanz (RS0123663) nicht mehr bekämpft werden (vgl RS0042903 [T5, T7, T8, T10]).

[7] Die in der Revision angestellten Überlegungen, die sich mit dem Ausmaß der Risikoerhöhung und der Frage befassen, ob (schon deswegen, weil es sich um ein behandlungstypisches Risiko gehandelt habe) eine gesonderte Hinweispflicht bestanden hatte, sind angesichts der Feststellung, dass sich der Kläger auch bei Aufklärung über das erhöhte Risiko für die Operation entschieden hätte, nicht entscheidungsrelevant.

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