European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00078.23M.0627.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Amtshaftung inkl. StEG
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die gegen ein Auktionshaus auf Herausgabe eines (zur Versteigerung übergebenen) Saphirrings, in eventu Zahlung von 30.000 EUR sA gerichtete Klage des (nunmehrigen) Amtshaftungsklägers wurde im Anlassverfahren mangels Berechtigung seines Vertragsrücktritts abgewiesen.
[2] Die Vorinstanzen im Amtshaftungsprozess wiesen die Amtshaftungsklage ab, weil die der Klageabweisung im Anlassverfahren zugrunde liegende Rechtsauffassung, das Auktionshaus habe den Ring ohne Anschluss des vom Kläger beigebrachten Wertgutachtens über einen anderen Ring versteigern dürfen, vertretbar gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die außerordentliche Revision des Klägers ist nicht zulässig.
[4] 1. Die Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen und begründet regelmäßig keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RS0110837). Für die Zulässigkeit der Revision kommt es nicht darauf an, ob die vom Anlassgericht oder dem (nunmehrigen) Berufungsgericht als Amtshaftungsgericht vorgenommene Beurteilung richtig war, sondern nur darauf, ob die vom Berufungsgericht (als Amtshaftungsgericht) vorgenommene Beurteilung der Vertretbarkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts im Anlassverfahren nach den Maßstäben des § 502 Abs 1 ZPO korrekturbedürftig ist (1 Ob 229/21i [Rz 6] mwN; RS0110837 [T2]).
[5] 2. Das ist hier nicht der Fall:
[6] 2.1. Die Beurteilung der Vorinstanzen im Amtshaftungsprozess, das Berufungsgericht im Anlassverfahren sei vertretbar davon ausgegangen, dass nach dem objektiven Erklärungswert (vgl RS0014160) keine Vereinbarung vorliege, wonach der Ring nur unter Anschluss des bloß in Ansehung eines Saphirs mit dem Ring des Klägers übereinstimmenden Wertgutachtens versteigert werden dürfe, ist im Einzelfall nicht korrekturbedürftig.
[7] Im Hinblick auf die (im Anlassverfahren festgestellte) Klarstellung der Mitarbeiterin des Auktionshauses, dass „erst überlegt werden müsse, ob man das Gutachten in die Versteigerung einbringen könne“, weil es nur den gleichen Stein und nicht den gleichen Ring betreffe und deshalb geeignet scheine, einen Irrtum zu veranlassen, und der ausdrücklichen „Bitte um Abholung“ des Gutachtens im dem Kläger später übermittelten – einen unverbindlichen Auktionstermin für den Saphirring vorsehenden – Ausarbeitungsprotokoll, ist die Annahme nicht zu beanstanden, der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt von einer Zusage ausgehen dürfen, dass der Ring unter Anschluss des Gutachtens versteigert werde.
[8] Am objektiven Erklärungswert hätte auch die Feststellung nichts geändert, dass die Mitarbeiterin den Kläger die von ihr verfasste Versteigerungsanmeldung und Übergabsliste unterfertigen ließ. Abgesehen davon, dass die Gegenstände (auch) laut Liste nur „mit Vorbehalt“ übernommen wurden, lässt der Revisionswerber das in dem Zusammenhang geführte mündliche Gespräch und die Feststellung außer Acht, dass ihm daher klar war, dass die Aufnahme des Gutachtens in die Liste nur die Bestätigung für die Übergabe, nicht jedoch die Zusage war, das Gutachten auch „mit zu versteigern“. Warum der Umstand, dass das Übergabsprotokoll später um zwei weitere Gegenstände ergänzt wurde, zu einer anderen Beurteilung der maßgeblichen Erklärungen führen sollte, zeigt die Revision nicht nachvollziehbar auf. Auf eine allfällige subjektive Erwartungshaltung des Klägers kommt es nicht entscheidend an (RS0014160 [T4; T25]).
[9] 2.2. Die (Vertretbarkeit der) Vertretbarkeit der (weiteren) Ansicht des Berufungsgerichts im Anlassverfahren, das Auktionshaus habe den Kläger anhand seiner AGBV so behandelt, als hätte er sich die Zustimmung zur Versteigerung des Rings ohne Gutachten vorbehalten, und sei (auch) aufgrund § 8 Abs 3 AGBV zur Versteigerung ohne Anschluss des Gutachtens berechtigt gewesen, kann dahin gestellt bleiben. Das Berufungsgericht im Amtshaftungsprozess ist davon ausgegangen, dass die Äußerung des Klägers, ihm wäre es wichtig, dass das Gutachten mit angeboten werde, nicht dahin verstanden werden könne, dass die „gemeinsame Versteigerung“ zur Vertragsbedingung gemacht worden wäre, sondern nur dahin, dass ein allenfalls zu berücksichtigender Wunsch des Klägers bestanden habe. Ein Wunsch nach einer gemeinsamen Versteigerung ist aber als solcher noch kein Vorbehalt der Zustimmung zu einer Versteigerung des Rings ohne Gutachten. Dem setzt der Kläger in seiner Revision, in der er selbst bloß von einem „Wunsch“ spricht, nichts Stichhältiges entgegen. Auf die Auslegung der AGBV und die diese in Zweifel ziehenden Ausführungen des Klägers kommt es daher nicht mehr an.
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