OGH 4Ob57/23w

OGH4Ob57/23w27.6.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Schwarzenbacher und MMag. Matzka sowie die Hofrätinnen Mag. Istjan, LL.M., und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F* KG, *, vertreten durch Mag. Gerald Göllner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A* Ges.m.b.H., *, vertreten durch Dr. Alexandra Sedelmayer-Pammesberger, Rechtsanwältin in Wien, wegen 126.069,68 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 51.243,63 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 30. Jänner 2023, GZ 40 R 233/22v‑68, berichtigt mit Beschluss vom 27. Februar 2023, GZ 40 R 233/22v‑69, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0040OB00057.23W.0627.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1.1. Nach § 15 Abs 3 MRG hat der Mieter den Mietzins, sofern kein späterer Zahlungstermin vereinbart ist, am Fünften eines jeden Kalendermonats im Vorhinein zu entrichten.

[2] Schon durch § 11 UStG 1972 wurde ein zivilrechtlicher Anspruch des Leistungsempfängers eingeführt, die gesonderte Ausweisung der Steuer zu verlangen (vgl RS0037913). Die Fälligkeit seiner Schuld einschließlich der USt ist davon jedoch nicht abhängig (RS0037913); ebenso wenig ändert etwa auch das Unterbleiben von Angaben nach § 11 Abs 1a UStG 1994 in Rechnungen (UID der Beklagten; Hinweis auf deren Zahlungspflicht) nichts an der Fälligkeit des Gesamtmietzinses (vgl 4 Ob 262/14d).

[3] 1.2. Wenn die Vorinstanzen aus der Wendung im Mietvertrag, wonach die Betriebskosten monatlich gemeinsam mit der Mietzinsvorschreibung „in Rechnung gestellt werden“, keine Vereinbarung dahin ableiten, dass die Fälligkeit des Mietzinses von gesonderter Rechnungslegung abhängig ist, so ist dies im Einzelfall jedenfalls vertretbar, insbesondere im Hinblick auf die daran anschließende, dem § 15 Abs 3 MRG entsprechende ausdrückliche Vereinbarung, dass die Mieterin verpflichtet ist, den Mietzins sowie die Betriebskosten jeweils bis zum 5. eines jeden Monats im Vorhinein zu bezahlen.

[4] 1.3. Die Parteien haben in ihrem Bestandvertrag bezüglich des monatlichen Mietzinses und der pauschalierten Betriebskosten weiters vereinbart, dass diese jeweils „zuzüglich der jeweils gesetzlichen USt (derzeit 20 %)“ zu zahlen seien.

[5] Die Revision der Beklagten, die wie schon in ihrer Berufung gegen die Stattgebung der Klage auf Zahlung des vereinbarten Mietzinses auch aus einer nicht dem UStG 1994 entsprechenden Rechnungslegung die mangelnde Fälligkeit des Bestandzinses ableiten möchte, zeigt keine aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts auf, das sich im Rahmen der dargelegten Rechtsprechung hielt.

[6] Weiterführende Fragen der Vorsteuerabzugsberechtigung fallen grundsätzlich in die Zuständigkeit der Abgabenbehörden (RS0045702). Dem Obersten Gerichtshof kommt hier keine Leitfunktion zu (vgl RS0113455), sodass sich keine Rechtsfragen von der in § 502 Abs 1 ZPO genannten Qualität stellen.

[7] 1.4. Warum hier ein Fall von Lieferungen oder sonstigen Leistungen vorliegen sollte, für welche die Beklagte als Leistungsempfängerin nach § 11 Abs 1a iVm § 19 Abs 1 zweiter Satz, Abs 1a, Abs 1b, Abs 1c, Abs 1d oder Abs 1e UStG 1994 die Steuer schulden sollte, ist im Übrigen nicht ersichtlich; Hinweise der Revision auf einen Eigentumserwerb durch Zuschlag gehen am vorliegenden Sachverhalt vorbei.

[8] 2.1. Nach der auf alle schuldrechtlichen Verträge anzuwendenden Auslegungsregel der §§ 1047, 1061 ABGB umfasst die rechtsgeschäftliche Verfügung über die Hauptsache im Zweifel und mangels abweichender Vereinbarung sowohl alles Zubehör als auch selbständige Bestandteile; der Übergeber müsste beweisen, dass Bestandteile und Zubehör von der Übergabe ausgenommen worden wären (vgl RS0009825; 6 Ob 266/11b Pkt 7.1 mwN).

[9] 2.2. Hier wurde im schriftlichen Kaufvertrag zwischen den Parteien nichts über im verkauften Liegenschaftsobjekt verbliebene Möbel und Kunstgegenstände vereinbart und es konnte vom Erstgericht nicht festgestellt werden, was zwischen den Parteien darüber anderweitig vereinbart worden wäre. Die Beklagte führte in der Beweisrüge ihrer Berufung als von ihr gewünschte Ersatzfeststellung selbst ins Treffen, dass diesbezüglich „zwischen den Parteien nichts vereinbart“ worden sei, woraus sie jedoch andere Rechtsfolgen als die Vorinstanzen ableiten zu können glaubte.

[10] 2.3. Die Auffassung der Vorinstanzen, die Beklagte könne Ansprüche aus der Entsorgung nicht tragfähig begründen, ist angesichts des Fehlens einer konkreten Vereinbarung und des hier im Zweifel anzunehmenden Mitverkaufs der fraglichen Gegenstände im Einzelfall nicht zu beanstanden.

[11] Weder mit der Behauptung einer dem Berufungsgericht (dadurch, dass die Beklagte in erster Instanz keine Behauptungen dazu aufgestellt hätte, dass über Möbel und Kunstwerke gesprochen worden wäre) unterlaufenen, angesichts der vom Erstgericht aber getroffenen Feststellungen ohnehin irrelevanten Aktenwidrigkeit noch mit der kritisierten Nichtanwendung des § 273 ZPO oder angeblich fehlenden Feststellungen zur Höhe zeigt die Revision erhebliche Rechtsfragen auf.

[12] 3.1. Für Mängel, die objektiv zu keiner Gebrauchsbeeinträchtigung führen, braucht der Bestandgeber nicht einzustehen, hingegen grundsätzlich sehr wohl für Mängel, die zwar – mangels Kenntnis des Bestandnehmers – von diesem subjektiv nicht wahrgenommen wurden, aber an sich gebrauchsbeeinträchtigend sind; die Mangelhaftigkeit muss, wäre sie bekannt, bei objektiver Betrachtungsweise und vernünftigem Handeln des Mieters zu einer konkreten Gebrauchsbeeinträchtigung führen oder eine objektive reale und unzumutbare Gefahr sein (vgl RS0127095). Die Frage, ob konkret festgestellte Mängel einer in Bestand genommenen Sache diese zum bedungenen Gebrauch ganz oder teilweise untauglich oder unbrauchbar gemacht hätten, ist nicht erheblich im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO, sofern nicht eine krasse Verkennung der Rechtslage vorliegt (vgl RS0108260).

[13] 3.2. In der Revision wird – soweit nachvollziehbar – als erhebliche Rechtsfrage ins Treffen geführt, die Ungewissheit oder Besorgnis der Beklagten, ob ihr Bestandverhältnis aufrecht bleibe, rechtfertige Minderung oder gar Entfall des Bestandzinses.

[14] 3.3. Damit wird nicht aufgezeigt, warum die Rechtsansicht der Vorinstanzen, eine konkrete, die Verpflichtung zur Zinszahlung einschränkende Gebrauchsbeeinträchtigung sei nicht festgestellt, weshalb kein Zinsminderungsanspruch bestehe, eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung sein sollte.

[15] 4.1. Eine Rechtsrüge ist nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, wenn nicht dargelegt wird, aus welchen Gründen – ausgehend vom von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt – die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht unrichtig erscheint, oder wenn bloß allgemein die Unrichtigkeit der rechtlichen Beurteilung behauptet wird, ohne dies zu konkretisieren (vgl RS0043603).

[16] 4.2. Zur Frage der Zinsenberechnung setzt sich die Revision nicht mit den Ausführungen des Berufungsurteils (in seiner berichtigten Fassung) zur im vorliegenden Einzelfall sich aus den Beweisergebnissen – anders als von der Beklagten bereits in ihrer Berufung gewünscht – erschließenden Zahlungswidmung auf die älteste Schuld auseinander.

[17] 4.3. Auch hier stellt sich keine die Bedeutung des Einzelfalles übersteigende Rechtsfrage, welche einer Befassung des Obersten Gerichtshofs zugänglich wäre.

[18] 5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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