European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0140OS00044.23M.0523.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Suchtgiftdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten * O* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – * O* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 3. August 2022 in W* zur Ausführung der strafbaren Handlung
der * M*, die vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25‑Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge einem anderen überließ, indem sie am 3. August 2022 zwei Kilogramm Kokain (enthaltend 1.496 Gramm Cocain) einem verdeckten Ermittler übergab, und
des * H*, der vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25‑Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge einem anderen verschaffte, indem er am 3. August 2022 * A* aufforderte, die das oben bezeichnete Suchtgift enthaltende Tragetasche an M* zu übergeben,
dadurch beigetragen, dass er in Kenntnis und Billigung des Tatplans die als Übergabeort für das Kokain bestimmte Straße beobachtete, eine verdächtige Person fotografierte und nach der Polizei Ausschau hielt.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen aus Z 5 und (der Sache nach) Z 9 lit a (bloß nominell auch Z 3, 8, 10 und 11) des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des O* ist nicht im Recht.
[4] Dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider hat das Erstgericht sowohl die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers als auch die ihn entlastenden Angaben des Angeklagten H* berücksichtigt und mit umfangreicher Begründung für unglaubwürdig erachtet (US 12). Unter dem Aspekt von Unvollständigkeit bestand daher keine Verpflichtung, auf diese Aussagen näher einzugehen (RIS‑Justiz RS0098642 [T1]).
[5] Der Hinweis auf die – nach der Rechtsprechung – erhöhten Anforderungen an die Begründungspflicht in Fällen, in denen „Aussage gegen Aussage“ steht (RIS‑Justiz RS0098429), geht im Übrigen schon mit Blick auf die beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter, die die Urteilskonstatierungen zum objektiven Tatgeschehen nicht (nur) auf die Aussage des Zeugen Z*, sondern auf eine Reihe von weiteren (auch objektiven) Verfahrensergebnissen (schriftlich und teilweise auch fotografisch dokumentierte Beobachtungen der Polizeibeamten vor Ort sowie der verdeckten Ermittler in der Wohnung der M* undErgebnisse der Auswertung des Mobiltelefons des O*)stützten (US 11), ins Leere. Davon abgesehen erklärt die Rüge (Z 5 zweiter Fall) auch nicht, welche weiteren „Kontrollbeweise“ das Erstgericht mit Stillschweigen übergangen haben soll.
[6] Entgegen dem unsubstantiierten (vgl aber RIS‑Justiz RS0099563 [T6]) weiteren Vorwurf von Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) bringen die Feststellungen zur subjektiven Tatseite unmissverständlich zum Ausdruck, dass der Beschwerdeführer vom Angeklagten H* „im Wesentlichen“ in den Tatplan eingeweiht war, den Genannten auf dessen Veranlassung bei der Umsetzung dieses Vorhabens bewusst und gewollt unterstützte, indem er vor und während der Tatausführung Aufpasserdienste (durch Observierung der dem Tatort umliegenden Straßenzüge und Ausspähung allenfalls anwesender Polizeikräfte) verrichtete und dass er dabei mit dem (zumindest bedingten) Vorsatz handelte, einen kausalen Beitrag zur Verschaffung und Überlassung von Kokain mit einem die Grenzmenge des § 28b SMG um das 25‑Fache übersteigenden Reinheitsgehalt an andere zu leisten (US 9 f).
[7] Die – von der weiteren Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) prozessordnungswidrig übergangene (RIS-Justiz RS0119370) – Ableitung dieser Konstatierungen aus dem äußeren Tatgeschehen, insbesondere dem – detailliert beschriebenen (US 9 f) – Verhalten des Beschwerdeführers vor und während der Tatausführung in Verbindung mit dem– die Manipulation großer Suchtgiftmengen indizierenden – Umstand, dass er zufolge befürchteter Anwesenheit verdeckter Ermittler tatplangemäß zur „Gegenobservation“ eingesetzt wurde und seinem freundschaftlichen Verhältnis zum Angeklagten H* (US 11 ff), ist weder undeutlich noch offenbar unzureichend iSd Z 5 vierter Fall.
[8] Weshalb diese Urteilskonstatierungen zur subjektiven Tatseite (im Zusammenhalt mit der Feststellung des Leistens von Aufpasserdiensten) keine ausreichende Tatsachenbasis für die Annahme eines Tatbeitrags (§ 12 dritter Fall StGB) zur strafbaren Handlung des H* in objektiver und subjektiver Hinsicht bilden sollten (zum Ganzen RIS‑Justiz RS0090516, RS0090508, RS0089451 [T1], RS0089944 [T2]), erklärt die Rüge (nominell Z 5, der Sache nach Z 9 lit a) nicht. Damit entbehrt sie der gebotenen Ableitung der behaupteten rechtlichen Konsequenz aus dem Gesetz (RIS‑Justiz RS0116565).
[9] Entgegen der Stellungnahme der Generalprokuratur bestand in Ansehung des Konfiskationserkenntnisses kein Anlass zu einer Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO, weil Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO im Zusammenhang mit der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht gegeben ist. Da § 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO auf keinen Sachverhaltsbezug abstellt, folgt daraus einerseits keine Pflicht zur Sachverhaltsfeststellung (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 677, 691). Andererseits zieht auch das bloße Fehlen rechtlicher Erwägungen zur Strafbemessung keine Nichtigkeit nach sich (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 681). Nichtigkeitsrelevant ist vielmehr nur die (rechts‑)fehlerhafte Beurteilung von Strafzumessungstatsachen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 680). Anhaltspunkte dafür, dass das Erstgericht die Verhältnismäßigkeitsprüfung zur Gänze unterlassen hätte (RIS‑Justiz RS0088035), sind nicht ersichtlich, zumal auch keine Verfahrensergebnisse vorliegen, die eine schlechthin unverständliche Vernachlässigung maßgeblicher rechtlicher Gesichtspunkte bei der Konfiskation der Mobiltelefone erkennen ließen (RIS‑Justiz RS0130616).
[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde des O* war daher – ebenso wie seine im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld – gemäß § 285d Abs 1 StPO; § 296 Abs 2 iVm § 294 Abs 4 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[11] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe (§ 285i StPO).
[12] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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