OGH 12Os21/23i

OGH12Os21/23i26.4.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. April 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Fitzthum in der Strafsache gegen * I* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 14. Dezember 2022, GZ 14 Hv 108/22s‑168, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0120OS00021.23I.0426.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Suchtgiftdelikte

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagtenfallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Relevanz – * I* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I.), (ersichtlich gemeint) eines Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (II.) und (ersichtlich gemeint) mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG und nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG sowie eines Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 neunter Fall SMG (III.)schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in W*, G*, L*, F* und an anderen Orten vorschriftswidrig

I. von 1. Jänner 2018 bis 6. Juni 2021 mit von vornherein auf eine kontinuierliche Tatbegehung und den daran geknüpften Additionseffekt gerichtetem Vorsatz (US 6) Suchtgift in einer das 25-Fache der Grenzmenge übersteigenden Menge (§ 28b SMG) anderen überlassen, indem er in wiederholten Angriffen 18.475 Gramm THCA- und Delta-9-THC-hältiges Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von „nicht mehr als“ 332,55 Gramm Delta-9-THC (16,63-fache Grenzmenge) und „nicht weniger als“ 1.053,07 Gramm THCA (26,33-fache Grenzmenge) im Urteil genannten Personen teils unentgeltlich, größtenteils jedoch durch gewinnbringenden Verkauf überlassen;

II. am 9. Juli 2020 den abgesondert verfolgten * K* dazu bestimmt, Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde, zu erwerben und zu besitzen, indem er ihn anwies, zumindest 3 Kilogramm THCA- und Delta-9-THC-hältiges Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von „nicht mehr als“ 54 Gramm Delta-9-THC (2,7-fache Grenzmenge) und „nicht weniger als“ 171 Gramm THCA (4,27-fache Grenzmenge), das für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt war, aus der Wohnung des abgesondert verfolgten * O* zu holen und vorübergehend aufzubewahren;

III. von 18. Juli 2015 bis 7. Juni 2021 über I. und II. hinaus in wiederholten Angriffen weiteres Suchtgift, nämlich THCA- und Delta-9-THC-hältiges Cannabiskraut sowie cocainhältiges Kokain, „teils ausschließlich zum persönlichen Gebrauch“

1. und 2. erworben und besessen, indem er es von im Urteil genannten Personen teils unentgeltlich zur Verfügung gestellt erhielt, teils kaufte und „im Zuge des Suchtgiftkonsums und der Lagerung tatsächlich inne hatte“, und

3. * V* verschafft, indem er für ihn bei * G* Kokain bestellte und den Kauf „einfädelte“.

Rechtliche Beurteilung

[3] Gegen I. des Schuldspruchs richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Der Behandlung der Subsumtionsrüge (Z 10) sei klarstellend vorausgeschickt, dass das Erstgericht die zu I. des Schuldspruchs dargestellte Tat einem einzigen Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG subsumierte (US 3).

[5] Indem die Beschwerde die Annahme eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG zusätzlich zu dem von ihr nicht in Frage gestellten Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG einfordert, wird sie nicht zum Vorteil ausgeführt (Ratz, WK‑StPO § 282 Rz 15 f; vgl RIS-Justiz RS0117640 [T3, T4]; vgl im Übrigen RIS-Justiz RS0087874).

[6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

[7] Dieses wird zu beachten haben, dass – worauf die Generalprokuratur zutreffend hinweist – dem Schuldspruch zu II. nicht geltend gemachte Nichtigkeit (Z 10) anhaftet, weil Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 SMG in subjektiver Hinsicht (unter anderem) voraussetzt, dass sich der Vorsatz des Angeklagten auf den (hier) Erwerb und Besitz einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Suchtgiftmenge bezieht, wozu den Entscheidungsgründen aber keine Feststellungen zu entnehmen sind. Allerdings wäre die Tat aufgrund der Urteilskonstatierungen § 12 zweiter Fall StGB, § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG zu unterstellen gewesen.

[8] Anlass für eine amtswegige Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO bestand nicht, weil sich dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen bei der Strafrahmenbildung (nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG) nicht ausgewirkt hat und bei der Strafzumessung lediglich das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit mehreren Vergehen (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) als erschwerend gewertet wurde (US 10 f).

[9] Das Oberlandesgericht ist im Rahmen des Berufungsverfahrens an die fehlerhafte Subsumtion nicht gebunden (RIS‑Justiz RS0118870).

[10] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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