European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0050OB00045.23P.0425.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Wohnungseigentumsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Das Erstgericht wies den Antrag auf Berichtigung der Parteienbezeichnung der Antragsgegnerin sowie den zuletzt nur mehr gegen diese gerichteten Sachantrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung, der Überschreitung des zulässigen Hauptmietzinses und auf Rückzahlung zu viel bezahlter Mietzinse ab. Die Antragsgegnerin sei nicht Vermieterin.
[2] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 10.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs nicht zu.
[3] Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
Rechtliche Beurteilung
[4] 1. Im Hinblick auf die nach § 39 Abs 1 MRG zwingende Vorschaltung der Schlichtungsstelle in Gemeinden, in denen eine solche eingerichtet ist, geht die höchstgerichtliche Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0083775) davon aus, dass der Mieter nicht erst im Verfahren vor Gericht den Antragsgegner durch den tatsächlichen Vermieter ersetzen kann, wenn er eine Person, die nicht Vermieter ist, bei der Schlichtungsstelle wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG in Anspruch genommen hat, weil damit eine Änderung des vor der Schlichtungsstelle geltend gemachten Anspruchs verbunden wäre. Ebenso entsprach es der Rechtsprechung (RS0083777 [T4, T14, T17]), dass der Antrag nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG nur gegen alle Miteigentümer des Hauses als Vermieter gestellt werden kann, weil das Begehren gegen alle diese Personen notwendigerweise dasselbe sein muss. Wurde der Antrag an die Schlichtungsstelle nur gegen einen Teil der Miteigentümer gerichtet, so kann dieser Antrag nicht erst im Verfahren vor Gericht auf die anderen Miteigentümer ausgedehnt werden, weil dies eine wesentliche Änderung des Antragsinhalts bedeutete, einer solchen Änderung aber die Unzulässigkeit des Rechtswegs nach § 39 Abs 1 MRG entgegensteht. Diese Auffassung wird in der wohnrechtlichen Literatur geteilt (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht23 MRG § 37 Rz 66 und Klicka in Hausmann/Vonkilch Österreichisches Wohnrecht4 § 37 MRG Rz 88 mwN).
[5] 2. Die vom Revisionsrekurswerber ins Treffen geführten Entscheidungen, aus denen er die Zulässigkeit der Berichtigung der Parteienbezeichnung von der Antragsgegnerin auf die tatsächliche Vermieterin ableiten will, betrafen einerseits (5 Ob 93/07y, 5 Ob 272/09z) wohnrechtliche Außerstreitverfahren nach dem WEG, in denen es der zwingenden Vorschaltung einer Schlichtungsstelle nicht bedurfte. Beide Entscheidungen sprachen aus, dass im neuen wohnrechtlichen Außerstreitverfahren in den Fällen, in denen sich der Antrag seinem Sachvorbringen nach eindeutig gegen eine Person in ihrer bestimmten Eigenschaft richtet, eine jederzeitige Änderung der ursprünglich unrichtig bezeichneten Partei ohne formelle Beschlussfassung darüber zulässig ist, dies jedenfalls in den wohnrechtlichen Außerstreitverfahren, für die nicht eine sukzessive Zuständigkeit der Gerichte nach vorheriger Anrufung der Schlichtungsstelle iSd §§ 39, 40 MRG vorgesehen ist (RS0113769 [T2, T5]). Die Entscheidung 3 Ob 156/13g betraf ein Erlagsverfahren, in dem die Vorschaltung einer Schlichtungsstelle als Prozessvoraussetzung nicht in Betracht kommt. Für den vom Revisionsrekurswerber vertretenen Standpunkt, ihm stehe es zu, erst im Gerichtsverfahren anstelle der von ihm falsch bezeichneten Antragsgegnerin den richtigen Vermieter zu nennen, bieten diese Entscheidungen daher keine Grundlage.
[6] 3. Dass die Ausdehnung des Antrags auf weitere Miteigentümer im gerichtlichen Verfahren unzulässig ist, gilt nach der jüngeren Rechtsprechung dann nicht (RS0117152), wenn der Antrag vor der Schlichtungsstelle gegen die Person gerichtet ist, die im Mietvertrag als Hauseigentümer und Vermieter aufscheint (bzw gegen deren Rechtsnachfolger). Der Antrag ist dann dahin zu verstehen, dass er nur namentlich gegen den Mehrheitseigentümer (bzw dessen Rechtsnachfolger), inhaltlich aber gegen die „Vermieterseite“ gerichtet ist, was die amtswegige Beiziehung der Minderheitseigentümer auch erst im gerichtlichen Verfahren ermöglicht und erfordert. Die im Revisionsrekurs zitierte (Zurückweisungs‑)Entscheidung 5 Ob 99/11m hielt eine Durchbrechung des Grundsatzes, ein bei der Schlichtungsstelle nur gegen einen Teil der Miteigentümer gerichteter Antrag könne nicht vor Gericht auf andere Miteigentümer ausgedehnt werden, dann für angezeigt, wenn nach dem verfahrensleitenden Antrag an die Schlichtungsstelle eindeutig ist, dass er in Wahrheit gegen die Person gerichtet ist, die die Vermieterposition innehat und nur fälschlich ein anderer genannt wurde. Die Möglichkeit einer entsprechenden Umdeutung des Antrags ist aber eine Frage des Einzelfalls, die nur bei einer groben Fehlbeurteilung eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufwirft (RS0117152 [T1]). Dies ist hier nicht der Fall.
[7] 4. Im Gegensatz zu den zu RS0117152 indizierten Entscheidungen und den dort beurteilten Sachverhalten geht es hier nicht darum, dass im Verfahren vor der Schlichtungsstelle die Beiziehung eines weiteren Miteigentümers (und Vermieters) irrtümlich unterblieben wäre. Hier führte der Antragsteller vielmehr eine GmbH als Erstantragsgegnerin (und historische Eigentümerin) und die nunmehrige Antragsgegnerin als Zweitantragsgegnerin (und aktuelle Eigentümerin des Bestandobjekts) namentlich an und legte dazu auch einen Grundbuchauszug vor, in dem die Antragsgegnerin tatsächlich als Wohnungseigentümerin einer Wohnung Top 20/21 in einem Objekt mit anderer Liegenschaftsadresse aufschien. Der Mietvertrag wies als Vermieter die Hausinhabung des Hauses, vertreten durch eine Hausverwaltung auf. Ein Grundbuchsauszug mit der im Mietvertrag genannten Adresse wurde nicht vorgelegt. Die Schlichtungsstelle zog nur die im Antrag genannten Antragsgegner dem Verfahren bei (die sich dort nicht beteiligten). Wenn die Vorinstanzen diesen Antrag in Zusammenhang mit den vorgelegten Urkunden nicht dahin umzudeuten vermochten, dass er in Wahrheit nicht gegen die Antragsgegner, sondern die aus den vorgelegten Urkunden nicht ableitbare Liegenschaftseigentümerin gerichtet sein sollte, die der Antragsteller nun als Partei im Gerichtsverfahren einbezogen haben will, ist dies keine grobe Fehlbeurteilung, die des Eingreifens des Obersten Gerichtshofs bedürfte.
[8] 5. Auf die im Revisionsrekurs aufgeworfene Frage, ob die Erwägungen der Entscheidung 5 Ob 99/11m auch auf „Zweiparteienverfahren“ (gemeint offenbar: Verfahren ohne Parteienmehrheit auf Antragsgegnerseite) anzuwenden sind und ob es daher möglich sein muss, das rechtliche Gehör eines im Schlichtungsstellenverfahren zuvor nicht beteiligten Rechtssubjekts dadurch zu wahren, dass ihm der verfahrensleitende Antrag erst durch das Gericht zugestellt wird, ist daher nicht näher einzugehen.
[9] 6. Damit war der Revisionsrekurs zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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