OGH 15Os19/23t

OGH15Os19/23t19.4.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. April 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Mag. Gigl als Schriftführerin in der Strafsache gegen * R* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 12. Dezember 2022, GZ 16 Hv 109/22k‑37, ferner über dessen Beschwerde gegen den Beschluss auf Absehen vom Widerruf bedingter Strafnachsichten und Verlängerung der Probezeiten nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0150OS00019.23T.0419.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Suchtgiftdelikte

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * R* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (1./) und mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (2./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er – soweit im Folgenden von Relevanz – in G* und anderen Orten des Bundesgebiets vorschriftswidrig Suchtgift

1./ in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er im Zeitraum zumindest von Dezember 2020 bis 2. August 2022 1.130 Gramm Heroin (113 Gramm Heroin-Base in Reinsubstanz; 37,6 Grenzmengen) zum Grammpreis von zumindest 60 Euro sowie 16 Gramm Cannabiskraut zum Grammpreis von 10 Euro an * N*, * S*, * K*, * F* sowie * H* gewinnbringend veräußerte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Nach den erstgerichtlichen Feststellungen (US 4) verkaufte der Angeklagte an * N* 970 Gramm Heroin und überließ weitere 80 Gramm an * S*, 50 Gramm an * K* und 30 Gramm an * F*.

[5] Soweit die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) kritisiert, die Tatrichter hätten sich nicht mit – von der Beschwerde selektiv wiedergegebenen – Zeugenaussagen zu einem allenfalls späteren als den vom Schöffengericht mit Frühjahr 2021 angenommenen Verkaufsbeginn an N* auseinandergesetzt, und unsubstantiiert behauptet, eine Verkürzung des Tatzeitraums reduziere „zwangsläufig“ auch die überlassene Menge an Heroin, spricht sie weder eine entscheidende Tatsache noch eine notwendige Bedingung für deren Feststellung an (RIS-Justiz RS0116737; zum Tatzeitraum vgl RS0098557 [T1, T9, T11, T14]).

[6] Gleichfalls nicht subsumtionsrelevant ist es, ob N* (weitere) 60 Gramm Heroin von * B* als Fuhrlohn erhalten hat oder ob das zum Tod des Letztabnehmers * He* führende Suchtgift durch N* mit Heilerde gestreckt worden war.

[7] Die Urteilskonstatierungen zur zusätzlich an F* übergebenen Menge von insgesamt 30 Gramm Heroin stützten die Tatrichter – ohne Verstoß gegen die Grundsätze logischen Denkens und grundlegende Erfahrungssätze (Z 5 vierter Fall) – auf die Angaben der F*, deren Aussageverhalten in der Hauptverhandlung sowie Erwägungen zu ihrem damaligen Verhältnis zu N* (US 6).

[8] Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) einzelne Passagen der Angaben des Zeugen * Ka* vor der Kriminalpolizei (ON 19.3; ON 19.4) einer eigenständigen Interpretation und Beweiswerterwägung unterzieht, gelingt es ihr nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen den Ausspruch über entscheidende Tatsachen zu erwecken.

[9] Die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) fordert mit Blick auf die „kontinuierliche Tatbegehung“ des Rechtsmittelwerbers „trotz zwischenzeitlich erfolgter Verurteilungen“ den Entfall der aggravierenden Wertung des „raschen Rückfalls“ (US 10; vgl dazu auch RIS-Justiz RS0091041). Nichtigkeit in diesem Sinn bewirkt aber nur die unzutreffende Heranziehung eines für die Strafzumessung irrelevanten Umstands, nicht jedoch dessen verfehlte Einordnung unter einen (besonderen) Erschwerungs- oder Milderungsgrund, wenn es nicht offenbar unrichtig ist, den in Rede stehenden Umstand nach den allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung als erschwerend oder mildernd heranzuziehen (RIS-Justiz RS0100061; 15 Os 127/17s). Solcherart geht auch die Kritik an der gleichzeitigen Berücksichtigung des langen Tatzeitraums, der einschlägigen Vorverurteilungen und der Tatbegehung innerhalb offener Probezeiten (vgl US 10) ins Leere (zum Umfang des Doppelverwertungsverbots vgl RIS-Justiz RS0130193).

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde ergibt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

[11] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte